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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.

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Anderes Buch.
sich etwa ein Stündichen unter dem Schatten jener lustigen Bäume zuerquicken. Alexan-
der wolte ihm solches nicht abschlagen/ und warb es bey seiner Geselschafft auffs beste;
welche es aber nicht vor rahtsam hielten/ angesehen es sich leicht begeben möchte/ daß ei-
ner seiner bekanten ihnen auffstiesse/ worüber sie umb Gut und Leben kommen dürfften.
Dieser antwortete; es währe diese Furcht vergeblich/ massen die Gefangene dieses Orts
ganz unbekant/ und aus weit abgelegenen Westnordischen Ländern währen; würden auch
nur unter den nähesten Bäumen sich ein wenig aufhalten/ da man ihnen gnugsame Huht und
Wache zu geben könte; man müste ihnen ein wenig Willen und Freyheit gönnen/ und ihre
zarten Leiber betrachten; wie leicht könte es geschehen/ daß ihnen wegen Unmuhts und des
Meers Ungewohnheit/ einige Krankheiten/ ja der Tod selber zustiesse; was ihnen alsdann
mit den todten Leichnamben würde gedienet seyn; hielte demnach vor rahtsam/ ihnen die-
ses begehren einzuwilligen. Hiemit bewägete er sie/ daß sie endlich zu frieden wahren/ und
sie mit sich auffs Land führeten; gaben ihnen doch zehn Hüter zu/ und liessen sie an der
Heerstrasse eine halbe Welsche Meile vom Meer/ unter etlichen Nußbäumen ihre Ruhe
halten. Herkuliskus sahe der Bäume einen am Wege stehen/ so noch jung wahr/ ging
hinzu/ und schnitte mit einem kleinen Messer folgende Lateinische Worte mit Böhmischer
Schrifft gar zierlich hinein: Valisca, nunc Herculiscus, in Parthiam ducta. Das ist: Valis-
ka/ lezt Herkuliskus genennet/ ist nach Parthen geführet. Und ob man gleich diese Buchstaben
nicht lesen kunte/ zweiffelte sie doch nicht/ daß sie in wenig Tagen sich öffnen undgnug auß-
wachsen würden. Weil er nun mit Jungfer Brelen allein/ und von den Hütern zimlich
abgesondert wahr/ daß sie ihr Gespräch nicht vernehmen kunten/ welches sie ohn daß nit
würden verstanden haben/ wolte er diese Gelegenheit nicht lassen vorbey gehen/ und sagete
zu ihr: Herzliebes Kind/ ich sehe aus Alexanders beginnen/ daß er eine sonderliche Liebe
zu euch träget/ welches auch die einige Ursach ist/ daß man uns so schön tuht; so haltet euch
nun nicht unfreundlich oder störrisch gegen ihn/ damit uns nicht ärgers wiederfahre. Er
hat mir seinen Stand zuwissen gemacht/ und ist von gutem Adel; dafern nun seine Liebe
gegen euch auff Ehre und Treue gegründer währe/ wie ich nicht zweiffele/ und ihr mit ihm
köntet friedlich seyn/ würde solches zu unserm besten erspriessen. Ihr habt vernommen/
wie man willens ist/ uns dem Parther Könige zuzuführen/ welches trauen auff Ehre nicht
kan angesehen seyn; dann die groben Morgenvölker sind vor anderen der Unkeuscheit er-
geben; offenbahret mir derwegen euer Herz und Willen/ daß ich wisse/ wie ich auff allen
Fal mich gegen Alexander zu verhalten habe. Brela wahr eines vornehmen Bömischen
Herren Tochter/ wiewol Elterlos/ und von Jugend auff im Königlichen Frauenzimmer
erzogen/ hatte nunmehr das XIIX de Jahr erreichet/ und wahr eine sitsame schöne Jung-
fer. Als sie das Fräulein also reden hörete/ lachete sie anfangs darüber/ und zeigete an; al-
lem muhtmassen nach würden ihre Gn. sich in diesen Gedanken irren/ und fürchtete sie
gar sehr/ Alexander hätte ihre Verstellung etwa gemerket/ und in sie selbst sich verliebet/
welches daher zuschliessen/ daß er sich ungleich mehr ihrer Gn. als ihrer geringfügigkeit
nahete. Herkuliskus bedachte sich hierauff ein wenig/ und bald sagete er zu ihr; Nein mein
Kind/ du bist ganz unrecht dran/ und erinnere ich mich anjezt etlicher Reden/ so ich von
ihm gehöret/ und daraus versichert bin/ daß er sein ganzes Absehen allein auff dich hat.

Die

Anderes Buch.
ſich etwa ein Stuͤndichen unter dem Schatten jener luſtigen Baͤume zuerquicken. Alexan-
der wolte ihm ſolches nicht abſchlagen/ und warb es bey ſeiner Geſelſchafft auffs beſte;
welche es aber nicht vor rahtſam hielten/ angeſehen es ſich leicht begeben moͤchte/ daß ei-
ner ſeiner bekanten ihnen auffſtieſſe/ woruͤber ſie umb Gut und Leben kommen duͤrfften.
Dieſer antwortete; es waͤhre dieſe Furcht vergeblich/ maſſen die Gefangene dieſes Orts
ganz unbekant/ und aus weit abgelegenen Weſtnordiſchen Laͤndern waͤhren; wuͤrden auch
nur unter den naͤheſtẽ Baͤumen ſich ein wenig aufhaltẽ/ da man ihnen gnugſame Huht uñ
Wache zu geben koͤnte; man muͤſte ihnen ein wenig Willen und Freyheit goͤnnen/ und ihre
zarten Leiber betrachten; wie leicht koͤnte es geſchehen/ daß ihnen wegen Unmuhts und des
Meers Ungewohnheit/ einige Krankheiten/ ja der Tod ſelber zuſtieſſe; was ihnen alsdañ
mit den todten Leichnamben wuͤrde gedienet ſeyn; hielte demnach vor rahtſam/ ihnen die-
ſes begehren einzuwilligen. Hiemit bewaͤgete er ſie/ daß ſie endlich zu frieden wahren/ und
ſie mit ſich auffs Land fuͤhreten; gaben ihnen doch zehn Huͤter zu/ und lieſſen ſie an der
Heerſtraſſe eine halbe Welſche Meile vom Meer/ unter etlichen Nußbaͤumen ihre Ruhe
halten. Herkuliſkus ſahe der Baͤume einen am Wege ſtehen/ ſo noch jung wahr/ ging
hinzu/ und ſchnitte mit einem kleinen Meſſer folgende Lateiniſche Worte mit Boͤhmiſcheꝛ
Schrifft gar zierlich hinein: Valiſca, nunc Herculiscus, in Parthiam ducta. Das iſt: Valiſ-
ka/ lezt Herkuliſkus genennet/ iſt nach Parthen gefuͤhret. Und ob man gleich dieſe Buchſtaben
nicht leſen kunte/ zweiffelte ſie doch nicht/ daß ſie in wenig Tagen ſich oͤffnen undgnug auß-
wachſen wuͤrden. Weil er nun mit Jungfer Brelen allein/ und von den Huͤtern zimlich
abgeſondert wahr/ daß ſie ihr Geſpraͤch nicht vernehmen kunten/ welches ſie ohn daß nit
wuͤrden verſtanden haben/ wolte er dieſe Gelegenheit nicht laſſen vorbey gehen/ und ſagete
zu ihr: Herzliebes Kind/ ich ſehe aus Alexanders beginnen/ daß er eine ſonderliche Liebe
zu euch traͤget/ welches auch die einige Urſach iſt/ daß man uns ſo ſchoͤn tuht; ſo haltet euch
nun nicht unfreundlich oder ſtoͤrriſch gegen ihn/ damit uns nicht aͤrgers wiederfahre. Er
hat mir ſeinen Stand zuwiſſen gemacht/ und iſt von gutem Adel; dafern nun ſeine Liebe
gegen euch auff Ehre und Treue gegruͤnder waͤhre/ wie ich nicht zweiffele/ und ihr mit ihm
koͤntet friedlich ſeyn/ wuͤrde ſolches zu unſerm beſten erſprieſſen. Ihr habt vernommen/
wie man willens iſt/ uns dem Parther Koͤnige zuzufuͤhren/ welches trauen auff Ehre nicht
kan angeſehen ſeyn; dann die groben Morgenvoͤlker ſind vor anderen der Unkeuſcheit er-
geben; offenbahret mir derwegen euer Herz und Willen/ daß ich wiſſe/ wie ich auff allen
Fal mich gegen Alexander zu verhalten habe. Brela wahr eines vornehmen Boͤmiſchen
Herren Tochter/ wiewol Elterlos/ und von Jugend auff im Koͤniglichen Frauenzimmer
erzogen/ hatte nunmehr das XIIX de Jahr erreichet/ und wahr eine ſitſame ſchoͤne Jung-
fer. Als ſie das Fraͤulein alſo reden hoͤrete/ lachete ſie anfangs daruͤber/ und zeigete an; al-
lem muhtmaſſen nach wuͤrden ihre Gn. ſich in dieſen Gedanken irren/ und fuͤrchtete ſie
gar ſehr/ Alexander haͤtte ihre Verſtellung etwa gemerket/ und in ſie ſelbſt ſich verliebet/
welches daher zuſchlieſſen/ daß er ſich ungleich mehr ihrer Gn. als ihrer geringfuͤgigkeit
nahete. Herkuliſkus bedachte ſich hierauff ein wenig/ uñ bald ſagete er zu ihr; Nein mein
Kind/ du biſt ganz unrecht dran/ und erinnere ich mich anjezt etlicher Reden/ ſo ich von
ihm gehoͤret/ und daraus verſichert bin/ daß er ſein ganzes Abſehen allein auff dich hat.

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[302/0340] Anderes Buch. ſich etwa ein Stuͤndichen unter dem Schatten jener luſtigen Baͤume zuerquicken. Alexan- der wolte ihm ſolches nicht abſchlagen/ und warb es bey ſeiner Geſelſchafft auffs beſte; welche es aber nicht vor rahtſam hielten/ angeſehen es ſich leicht begeben moͤchte/ daß ei- ner ſeiner bekanten ihnen auffſtieſſe/ woruͤber ſie umb Gut und Leben kommen duͤrfften. Dieſer antwortete; es waͤhre dieſe Furcht vergeblich/ maſſen die Gefangene dieſes Orts ganz unbekant/ und aus weit abgelegenen Weſtnordiſchen Laͤndern waͤhren; wuͤrden auch nur unter den naͤheſtẽ Baͤumen ſich ein wenig aufhaltẽ/ da man ihnen gnugſame Huht uñ Wache zu geben koͤnte; man muͤſte ihnen ein wenig Willen und Freyheit goͤnnen/ und ihre zarten Leiber betrachten; wie leicht koͤnte es geſchehen/ daß ihnen wegen Unmuhts und des Meers Ungewohnheit/ einige Krankheiten/ ja der Tod ſelber zuſtieſſe; was ihnen alsdañ mit den todten Leichnamben wuͤrde gedienet ſeyn; hielte demnach vor rahtſam/ ihnen die- ſes begehren einzuwilligen. Hiemit bewaͤgete er ſie/ daß ſie endlich zu frieden wahren/ und ſie mit ſich auffs Land fuͤhreten; gaben ihnen doch zehn Huͤter zu/ und lieſſen ſie an der Heerſtraſſe eine halbe Welſche Meile vom Meer/ unter etlichen Nußbaͤumen ihre Ruhe halten. Herkuliſkus ſahe der Baͤume einen am Wege ſtehen/ ſo noch jung wahr/ ging hinzu/ und ſchnitte mit einem kleinen Meſſer folgende Lateiniſche Worte mit Boͤhmiſcheꝛ Schrifft gar zierlich hinein: Valiſca, nunc Herculiscus, in Parthiam ducta. Das iſt: Valiſ- ka/ lezt Herkuliſkus genennet/ iſt nach Parthen gefuͤhret. Und ob man gleich dieſe Buchſtaben nicht leſen kunte/ zweiffelte ſie doch nicht/ daß ſie in wenig Tagen ſich oͤffnen undgnug auß- wachſen wuͤrden. Weil er nun mit Jungfer Brelen allein/ und von den Huͤtern zimlich abgeſondert wahr/ daß ſie ihr Geſpraͤch nicht vernehmen kunten/ welches ſie ohn daß nit wuͤrden verſtanden haben/ wolte er dieſe Gelegenheit nicht laſſen vorbey gehen/ und ſagete zu ihr: Herzliebes Kind/ ich ſehe aus Alexanders beginnen/ daß er eine ſonderliche Liebe zu euch traͤget/ welches auch die einige Urſach iſt/ daß man uns ſo ſchoͤn tuht; ſo haltet euch nun nicht unfreundlich oder ſtoͤrriſch gegen ihn/ damit uns nicht aͤrgers wiederfahre. Er hat mir ſeinen Stand zuwiſſen gemacht/ und iſt von gutem Adel; dafern nun ſeine Liebe gegen euch auff Ehre und Treue gegruͤnder waͤhre/ wie ich nicht zweiffele/ und ihr mit ihm koͤntet friedlich ſeyn/ wuͤrde ſolches zu unſerm beſten erſprieſſen. Ihr habt vernommen/ wie man willens iſt/ uns dem Parther Koͤnige zuzufuͤhren/ welches trauen auff Ehre nicht kan angeſehen ſeyn; dann die groben Morgenvoͤlker ſind vor anderen der Unkeuſcheit er- geben; offenbahret mir derwegen euer Herz und Willen/ daß ich wiſſe/ wie ich auff allen Fal mich gegen Alexander zu verhalten habe. Brela wahr eines vornehmen Boͤmiſchen Herren Tochter/ wiewol Elterlos/ und von Jugend auff im Koͤniglichen Frauenzimmer erzogen/ hatte nunmehr das XIIX de Jahr erreichet/ und wahr eine ſitſame ſchoͤne Jung- fer. Als ſie das Fraͤulein alſo reden hoͤrete/ lachete ſie anfangs daruͤber/ und zeigete an; al- lem muhtmaſſen nach wuͤrden ihre Gn. ſich in dieſen Gedanken irren/ und fuͤrchtete ſie gar ſehr/ Alexander haͤtte ihre Verſtellung etwa gemerket/ und in ſie ſelbſt ſich verliebet/ welches daher zuſchlieſſen/ daß er ſich ungleich mehr ihrer Gn. als ihrer geringfuͤgigkeit nahete. Herkuliſkus bedachte ſich hierauff ein wenig/ uñ bald ſagete er zu ihr; Nein mein Kind/ du biſt ganz unrecht dran/ und erinnere ich mich anjezt etlicher Reden/ ſo ich von ihm gehoͤret/ und daraus verſichert bin/ daß er ſein ganzes Abſehen allein auff dich hat. Die

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 302. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/340>, abgerufen am 21.12.2024.