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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.

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dersprechen/ sondern dieses schmerzliche Geschwer auffs sanffteste außdrücken/ und ant-
wortete also: Meiner Schwacheit/ hochgeliebte Fr. Schwester/ habe ich sehr gute Kund-
schafft/ und wie leicht mich Unglük niderdrücken kan; weil mir aber eure Großmühtigkeit
bekant ist/ nimt mich wunder/ daß dieselbe so schleunig/ und durch ein blosses Geschrey er-
lieget; habe demnach versuchen wollen/ ob mirs glücken würde/ daß wie ein kleiner recht
angeschlagener Hebebaum einen grossen Block leicht umbwälzet/ ich durch mein gering-
fügiges Einreden euer Herz bewägen möchte/ daß sichs an den gewöhnlichen Ort setzete/
daraus es getreten ist/ und der Wiederwertigkeit troz böhte/ welche die Herschafft suchet.
Ach mein teures Schwesterchen/ sagte jene; meinet ihr dann/ daß mein Herz nur aus sei-
ner Stelle gesetzet/ und noch in mir sey? Ach nein! ich habe es gar verlohren/ es ist verschwun-
den und erloschen wie eine Flamme vom Wasser; dann alles was muhtig in mir wahr/
ist mit meinem Ladisla schon Tod und erstorben; ja derselbe wahr mein Muht und mein
Herz. Mit welchem Worte ihr eine Oh macht zustieß/ daß man gnug mit ihr zuschaffen
hatte/ sie wieder zuerquicken; da sie auffs neue anfing/ eine solche Trähnenbach zuvergiessen/
daß allen anwesenden die Augen übergingen; und endlich das Fräulein abermahl anfing:
Hilff Gott/ was wird dann endlich draus werden? wollet ihr dann dem Lebendigen die
Leichbegängniß halten? sehet da/ eine närrische Magd hat euch eine ungegründete Zei-
tung gebracht/ und die muß bey euch mehr gelten/ als eure Eltern/ und alle die es gut mit
euch meynen; In Warheit/ ihr verdienet hiemit/ daß Herr Ladisla auf seine glükliche Wie-
derkunfft euch hart genug angreiffe/ weil ihrs doch nicht besser haben wollet. Ich meyne/
ihr hättet uns versprochen/ biß auff eingebrachte gewisse Zeitung ruhig zu seyn/ und über-
häuffet das Klageleid je länger je hefftiger. Nun nun/ antwortete sie/ ich muß geduldig
seyn; aber wie habt ihrs doch mit mir im Sinne? ruhe ich durch Ohmacht (dann anders
weiß ich nicht zu ruhen) so rüttelt/ schüttelt und begiesset ihr mich so lange/ daß ich wieder
unruhig werden muß/ und also sol ich wider mein Vermögen/ und eure Bemühung ruhig
seyn; so gönnet mir nun die Ruhe/ die meinem elenden Zustande gleichmässig ist/ so lasset
mich (in der Unruhe/ welche ich weder einzwingen noch verjagen kan) wolte sie sagen/ aber
Ladisla mit seiner Geselschafft trat gleich zur Saal Tühre hinein/ gegen welche Fr. Sophia
gerade über saß/ daß sie seiner alsbald gewahr wurde/ und mit lauter Stimme rief: O mein
Ladisla komt daher! fiel auch vor grosser Freude auff den Tisch mit dem Häupt/ und blieb
unbewäglich liegen. Die andern stunden alle auff/ da Fr. Ursul ihrem Fabius/ die Stat-
halter in ihrem Schwieger Sohn umb den Hals fiel/ das Fräulein aber zu Frau Sophien
nahete/ und ihr einen grossen Becher vol kühles Weins in den Busem schüttete. Ladisla
lieff zu ihr hin/ und fragete die Anwesenden/ warumb sein Gemahl über seiner Ankunft sich
dergestalt bewägete/ daß ihr alle lebendige Geister entgingen; sie aber erhohlete sich bald/
umfing ihn mit beyden Armen/ und sagte: O mein trauten Schatz/ haben euch die Götter
mir vor dißmahl noch wieder gönnen wollen? O ich erkenne meinen grossen Fehler/ welchen
ich begangen/ indem ich umb ein Haar durch die Wunde meiner Kehle euch nidergestochen
hätte. Ladisla verstund diese Rede nicht/ biß Fr. Ursul ihn des ergangenen berichtete/ und
das Frl. Sibylla ihr das Leben erhalten/ aber auch darüber eine zimliche Wunde bekommen
hätte. Ladisla hatte bißdaher seinem lieben Gemahl noch nie hart zugeredet/ aber dißmal kun-

te er

Anderes Buch.
derſprechen/ ſondern dieſes ſchmerzliche Geſchwer auffs ſanffteſte außdruͤcken/ und ant-
wortete alſo: Meiner Schwacheit/ hochgeliebte Fr. Schweſter/ habe ich ſehr gute Kund-
ſchafft/ und wie leicht mich Ungluͤk niderdruͤcken kan; weil mir aber eure Großmuͤhtigkeit
bekant iſt/ nimt mich wunder/ daß dieſelbe ſo ſchleunig/ und durch ein bloſſes Geſchrey er-
lieget; habe demnach verſuchen wollen/ ob mirs gluͤcken wuͤrde/ daß wie ein kleiner recht
angeſchlagener Hebebaum einen groſſen Block leicht umbwaͤlzet/ ich durch mein gering-
fuͤgiges Einreden euer Herz bewaͤgen moͤchte/ daß ſichs an den gewoͤhnlichen Ort ſetzete/
daraus es getreten iſt/ und der Wiederwertigkeit troz boͤhte/ welche die Herſchafft ſuchet.
Ach mein teures Schweſterchen/ ſagte jene; meinet ihr dann/ daß mein Herz nur aus ſei-
ner Stelle geſetzet/ uñ noch in mir ſey? Ach nein! ich habe es gar verlohꝛẽ/ es iſt verſchwun-
den und erloſchen wie eine Flamme vom Waſſer; dann alles was muhtig in mir wahr/
iſt mit meinem Ladiſla ſchon Tod und erſtorben; ja derſelbe wahr mein Muht und mein
Herz. Mit welchem Worte ihr eine Oh macht zuſtieß/ daß man gnug mit ihr zuſchaffen
hatte/ ſie wieder zuerquicken; da ſie auffs neue anfing/ eine ſolche Traͤhnenbach zuvergieſſẽ/
daß allen anweſenden die Augen uͤbergingen; und endlich das Fraͤulein abermahl anfing:
Hilff Gott/ was wird dann endlich draus werden? wollet ihr dann dem Lebendigen die
Leichbegaͤngniß halten? ſehet da/ eine naͤrriſche Magd hat euch eine ungegruͤndete Zei-
tung gebracht/ und die muß bey euch mehr gelten/ als eure Eltern/ und alle die es gut mit
euch meynen; In Warheit/ ihr verdienet hiemit/ daß Herꝛ Ladiſla auf ſeine gluͤkliche Wie-
derkunfft euch hart genug angreiffe/ weil ihrs doch nicht beſſer haben wollet. Ich meyne/
ihr haͤttet uns verſprochen/ biß auff eingebrachte gewiſſe Zeitung ruhig zu ſeyn/ und uͤber-
haͤuffet das Klageleid je laͤnger je hefftiger. Nun nun/ antwortete ſie/ ich muß geduldig
ſeyn; aber wie habt ihrs doch mit mir im Sinne? ruhe ich durch Ohmacht (dann anders
weiß ich nicht zu ruhen) ſo ruͤttelt/ ſchuͤttelt und begieſſet ihr mich ſo lange/ daß ich wieder
unruhig werden muß/ und alſo ſol ich wider mein Vermoͤgen/ und eure Bemuͤhung ruhig
ſeyn; ſo goͤnnet mir nun die Ruhe/ die meinem elenden Zuſtande gleichmaͤſſig iſt/ ſo laſſet
mich (in der Unruhe/ welche ich weder einzwingen noch verjagen kan) wolte ſie ſagen/ aber
Ladiſla mit ſeiner Geſelſchafft trat gleich zur Saal Tuͤhre hinein/ gegen welche Fr. Sophia
gerade uͤber ſaß/ daß ſie ſeiner alsbald gewahr wurde/ und mit lauter Stimme rief: O mein
Ladiſla komt daher! fiel auch vor groſſer Freude auff den Tiſch mit dem Haͤupt/ und blieb
unbewaͤglich liegen. Die andern ſtunden alle auff/ da Fr. Urſul ihrem Fabius/ die Stat-
halter in ihrem Schwieger Sohn umb den Hals fiel/ das Fraͤulein aber zu Frau Sophien
nahete/ und ihr einen groſſen Becher vol kuͤhles Weins in den Buſem ſchuͤttete. Ladiſla
lieff zu ihr hin/ und fragete die Anweſenden/ warumb ſein Gemahl uͤber ſeiner Ankunft ſich
dergeſtalt bewaͤgete/ daß ihr alle lebendige Geiſter entgingen; ſie aber erhohlete ſich bald/
umfing ihn mit beyden Armen/ und ſagte: O mein trauten Schatz/ haben euch die Goͤtter
mir vor dißmahl noch wieder goͤnnen wollen? O ich erkenne meinen groſſen Fehler/ welchẽ
ich begangen/ indem ich umb ein Haar durch die Wunde meiner Kehle euch nidergeſtochẽ
haͤtte. Ladiſla verſtund dieſe Rede nicht/ biß Fr. Urſul ihn des ergangenen berichtete/ uñ
das Frl. Sibylla ihr das Leben erhalten/ aber auch daruͤber eine zimliche Wunde bekom̃en
haͤtte. Ladiſla hatte bißdaher ſeinem liebẽ Gemahl noch nie hart zugeredet/ abeꝛ dißmal kun-

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[294/0332] Anderes Buch. derſprechen/ ſondern dieſes ſchmerzliche Geſchwer auffs ſanffteſte außdruͤcken/ und ant- wortete alſo: Meiner Schwacheit/ hochgeliebte Fr. Schweſter/ habe ich ſehr gute Kund- ſchafft/ und wie leicht mich Ungluͤk niderdruͤcken kan; weil mir aber eure Großmuͤhtigkeit bekant iſt/ nimt mich wunder/ daß dieſelbe ſo ſchleunig/ und durch ein bloſſes Geſchrey er- lieget; habe demnach verſuchen wollen/ ob mirs gluͤcken wuͤrde/ daß wie ein kleiner recht angeſchlagener Hebebaum einen groſſen Block leicht umbwaͤlzet/ ich durch mein gering- fuͤgiges Einreden euer Herz bewaͤgen moͤchte/ daß ſichs an den gewoͤhnlichen Ort ſetzete/ daraus es getreten iſt/ und der Wiederwertigkeit troz boͤhte/ welche die Herſchafft ſuchet. Ach mein teures Schweſterchen/ ſagte jene; meinet ihr dann/ daß mein Herz nur aus ſei- ner Stelle geſetzet/ uñ noch in mir ſey? Ach nein! ich habe es gar verlohꝛẽ/ es iſt verſchwun- den und erloſchen wie eine Flamme vom Waſſer; dann alles was muhtig in mir wahr/ iſt mit meinem Ladiſla ſchon Tod und erſtorben; ja derſelbe wahr mein Muht und mein Herz. Mit welchem Worte ihr eine Oh macht zuſtieß/ daß man gnug mit ihr zuſchaffen hatte/ ſie wieder zuerquicken; da ſie auffs neue anfing/ eine ſolche Traͤhnenbach zuvergieſſẽ/ daß allen anweſenden die Augen uͤbergingen; und endlich das Fraͤulein abermahl anfing: Hilff Gott/ was wird dann endlich draus werden? wollet ihr dann dem Lebendigen die Leichbegaͤngniß halten? ſehet da/ eine naͤrriſche Magd hat euch eine ungegruͤndete Zei- tung gebracht/ und die muß bey euch mehr gelten/ als eure Eltern/ und alle die es gut mit euch meynen; In Warheit/ ihr verdienet hiemit/ daß Herꝛ Ladiſla auf ſeine gluͤkliche Wie- derkunfft euch hart genug angreiffe/ weil ihrs doch nicht beſſer haben wollet. Ich meyne/ ihr haͤttet uns verſprochen/ biß auff eingebrachte gewiſſe Zeitung ruhig zu ſeyn/ und uͤber- haͤuffet das Klageleid je laͤnger je hefftiger. Nun nun/ antwortete ſie/ ich muß geduldig ſeyn; aber wie habt ihrs doch mit mir im Sinne? ruhe ich durch Ohmacht (dann anders weiß ich nicht zu ruhen) ſo ruͤttelt/ ſchuͤttelt und begieſſet ihr mich ſo lange/ daß ich wieder unruhig werden muß/ und alſo ſol ich wider mein Vermoͤgen/ und eure Bemuͤhung ruhig ſeyn; ſo goͤnnet mir nun die Ruhe/ die meinem elenden Zuſtande gleichmaͤſſig iſt/ ſo laſſet mich (in der Unruhe/ welche ich weder einzwingen noch verjagen kan) wolte ſie ſagen/ aber Ladiſla mit ſeiner Geſelſchafft trat gleich zur Saal Tuͤhre hinein/ gegen welche Fr. Sophia gerade uͤber ſaß/ daß ſie ſeiner alsbald gewahr wurde/ und mit lauter Stimme rief: O mein Ladiſla komt daher! fiel auch vor groſſer Freude auff den Tiſch mit dem Haͤupt/ und blieb unbewaͤglich liegen. Die andern ſtunden alle auff/ da Fr. Urſul ihrem Fabius/ die Stat- halter in ihrem Schwieger Sohn umb den Hals fiel/ das Fraͤulein aber zu Frau Sophien nahete/ und ihr einen groſſen Becher vol kuͤhles Weins in den Buſem ſchuͤttete. Ladiſla lieff zu ihr hin/ und fragete die Anweſenden/ warumb ſein Gemahl uͤber ſeiner Ankunft ſich dergeſtalt bewaͤgete/ daß ihr alle lebendige Geiſter entgingen; ſie aber erhohlete ſich bald/ umfing ihn mit beyden Armen/ und ſagte: O mein trauten Schatz/ haben euch die Goͤtter mir vor dißmahl noch wieder goͤnnen wollen? O ich erkenne meinen groſſen Fehler/ welchẽ ich begangen/ indem ich umb ein Haar durch die Wunde meiner Kehle euch nidergeſtochẽ haͤtte. Ladiſla verſtund dieſe Rede nicht/ biß Fr. Urſul ihn des ergangenen berichtete/ uñ das Frl. Sibylla ihr das Leben erhalten/ aber auch daruͤber eine zimliche Wunde bekom̃en haͤtte. Ladiſla hatte bißdaher ſeinem liebẽ Gemahl noch nie hart zugeredet/ abeꝛ dißmal kun- te er

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/332>, abgerufen am 27.07.2024.