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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.

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Anderes Buch.
Schiff sich setzen und den Seeräubern folgen/ auch nicht ümkehren werden/ biß sie gewisse
Kundschafft wegen des Jünglings eingezogen haben. Dem Vornehmsten aber unter ih-
nen soltu sagen/ mein Begehren an ihn sey vor erst/ daß/ wo er mein Freund ist/ er mir nicht
folge/ biß ich ihm schreibe/ welches geliebts Gott/ in weniger Zeit geschehen sol; dieses solt
du keines weges in Vergeßstellen. Hernach/ daß ich dir Leben/ Freyheit und so viel Gelder
versprochen/ als mein ädler Diener Vierteljahrs Bestallung hat/ welches er dir alsbald
einreichen wird; und sihe da/ nim dieses Trinkgeld mit auf den Weg/ und laß dich an deiner
Mögligkeit nichts irren; doch soltu eben nicht eilen/ sondern kömst morgen noch zeitig gnug
daselbst an. Hiemit reichte er ihm X Kronen/ und nam von ihm äidliche Zusage/ daß er al-
les auffs träulichste verrichten wolte. Nach dieses Abfertigung begaben sie sich auff den
Weg nach dem Meere zu/ und hatten mancherley Gespräch von geistlichen Sachen/ gin-
gen fast biß Mitternacht/ ehe sie Leute antraffen/ weil sie wegen der See Räuber ausgewi-
chen wahren; endlich höreten sie ein Gemurmel hinter einem Gehäge/ wohin sie sich in al-
ler stille wendeten/ und eine zimliche Rotte Bauren ansichtig wurden/ welche ihren Ver-
lust höchlich beklageten/ daß ihnen alle Speise und Baarschafft samt dem besten leinen Ge-
rähte hinweg geraubet währe. Valikules trat hin zu ihnen/ grüssete sie freundlich/ und fra-
gete/ warumb sie bey so später Nacht in solcher Versamlung unter dem freyen Himmel lä-
gen? Diese Leute sahen ihn stillschweigens an/ und hielten ihn anfangs vor einen Ausspeher
und Räubergenossen; welchen Argwohn ihnen zubenehmen/ er sich unerschrocken bezei-
gete/ und gab vor/ er währe neben diesem seinen Gefärten von dem Römischen Stathal-
ter zu Padua ausgeschicket/ umb zuerforschen/ wohin die See Räuber sich gewendet hät-
ten/ von deren Einfall das Geschrey schon erschollen währe/ und würde man nicht unter-
lassen/ ihnen nachzusetzen/ es geschähe gleich zu Lande oder über Meer. Der älteste unter
diesem Hauffen antwortete: Ach ja! so pfleget mans ins gemein zumachen/ daß man den
Brunnen zuleget/ wann das Kind ersoffen ist; Hielte man gebührliche Auffsicht bey dem
Meer/ so kähmen wir armen Leute nicht so schlimlich umb das unsere. Valikules stellete
sich ernsthafftig/ und gab zur Antwort: Ey mein Freund kan dann die Obrigkeit von sol-
chen und dergleichen unvermuhtlichen fällen Rechenschafft geben? müsten nicht vielmehr
des Meers Anwohner acht haben/ nicht zu sicher seyn/ sondern der Obrigkeit es andeuten/
wann etwa Gefahr zubefürchten währe? Ihr sprechet aber/ es sey ohn euer vermuhten ge-
schehen. Aber hats dann die Obrigkeit können riechen? oder kan dieselbe allenthalben ge-
genwärtig seyn? Sol man aber den ganzen Meerstrand besetzen/ und zwar in Friedeszeiten?
das würde euch guten Leuten erst verdrießlich seyn; dann hie würdet ihr durch so uner-
trägliche Dienste oder Unkosten gar zu hart belastet werden. Doch hievon haben wir mit
einander nicht zu zanken/ sondern man muß darauff bedacht seyn/ wie man sich an den ver-
wägenen Buben am besten rächen möge; da ihr nun geträue Leute und Untertahnen eu-
rer Obrigkeit seyd/ werdet ihr mir unwegerlich zuwissen tuhn/ wohin die See Räuber sich
gewendet/ welche zuverfolgen alsbald Anordnung sol gemacht werden. Vorgedachter
Baur entschuldigte sich/ wegen seiner unvorsichtig-ausgelassenen Reden/ und hätte er aus
Betrübniß wegen seines nicht geringen Verlustes etwas ungebührliches vorgebracht/
möchte es nicht im argen auffgenommen werden. Ein ander frecher Baur redete darzwi-

schen;

Anderes Buch.
Schiff ſich ſetzen und den Seeraͤubern folgen/ auch nicht uͤmkehren werden/ biß ſie gewiſſe
Kundſchafft wegen des Juͤnglings eingezogen haben. Dem Vornehmſten aber unter ih-
nen ſoltu ſagen/ mein Begehren an ihn ſey vor erſt/ daß/ wo er mein Freund iſt/ eꝛ mir nicht
folge/ biß ich ihm ſchreibe/ welches geliebts Gott/ in weniger Zeit geſchehen ſol; dieſes ſolt
du keines weges in Vergeßſtellen. Hernach/ daß ich dir Leben/ Freyheit und ſo viel Gelder
verſprochen/ als mein aͤdler Diener Vierteljahrs Beſtallung hat/ welches er dir alsbald
einreichen wird; und ſihe da/ nim dieſes Trinkgeld mit auf den Weg/ und laß dich an deineꝛ
Moͤgligkeit nichts irren; doch ſoltu eben nicht eilen/ ſondern koͤmſt morgẽ noch zeitig gnug
daſelbſt an. Hiemit reichte er ihm X Kronen/ und nam von ihm aͤidliche Zuſage/ daß er al-
les auffs traͤulichſte verrichten wolte. Nach dieſes Abfertigung begaben ſie ſich auff den
Weg nach dem Meere zu/ und hatten mancherley Geſpraͤch von geiſtlichen Sachen/ gin-
gen faſt biß Mitternacht/ ehe ſie Leute antraffen/ weil ſie wegen der See Raͤuber ausgewi-
chen wahren; endlich hoͤreten ſie ein Gemurmel hinter einem Gehaͤge/ wohin ſie ſich in al-
ler ſtille wendeten/ und eine zimliche Rotte Bauren anſichtig wurden/ welche ihren Ver-
luſt hoͤchlich beklageten/ daß ihnen alle Speiſe und Baarſchafft ſamt dem beſten leinẽ Ge-
raͤhte hinweg geraubet waͤhre. Valikules trat hin zu ihnen/ gruͤſſete ſie freundlich/ uñ fra-
gete/ warumb ſie bey ſo ſpaͤter Nacht in ſolcher Verſamlung unter dem freyen Himmel laͤ-
gen? Dieſe Leute ſahen ihn ſtillſchweigens an/ und hielten ihn anfangs vor einen Ausſpeheꝛ
und Raͤubergenoſſen; welchen Argwohn ihnen zubenehmen/ er ſich unerſchrocken bezei-
gete/ und gab vor/ er waͤhre neben dieſem ſeinen Gefaͤrten von dem Roͤmiſchen Stathal-
ter zu Padua ausgeſchicket/ umb zuerforſchen/ wohin die See Raͤuber ſich gewendet haͤt-
ten/ von deren Einfall das Geſchrey ſchon erſchollen waͤhre/ und wuͤrde man nicht unter-
laſſen/ ihnen nachzuſetzen/ es geſchaͤhe gleich zu Lande oder uͤber Meer. Der aͤlteſte unter
dieſem Hauffen antwortete: Ach ja! ſo pfleget mans ins gemein zumachen/ daß man den
Brunnen zuleget/ wann das Kind erſoffen iſt; Hielte man gebuͤhrliche Auffſicht bey dem
Meer/ ſo kaͤhmen wir armen Leute nicht ſo ſchlimlich umb das unſere. Valikules ſtellete
ſich ernſthafftig/ und gab zur Antwort: Ey mein Freund kan dann die Obrigkeit von ſol-
chen und dergleichen unvermuhtlichen faͤllen Rechenſchafft geben? muͤſten nicht vielmehꝛ
des Meers Anwohner acht haben/ nicht zu ſicher ſeyn/ ſondern der Obꝛigkeit es andeuten/
wann etwa Gefahr zubefuͤrchten waͤhre? Ihr ſprechet aber/ es ſey ohn euer vermuhten ge-
ſchehen. Aber hats dann die Obrigkeit koͤnnen riechen? oder kan dieſelbe allenthalben ge-
genwaͤrtig ſeyn? Sol man aber den ganzen Meerſtrand beſetzen/ und zwar in Friedeszeitẽ?
das wuͤrde euch guten Leuten erſt verdrießlich ſeyn; dann hie wuͤrdet ihr durch ſo uner-
traͤgliche Dienſte oder Unkoſten gar zu hart belaſtet werden. Doch hievon haben wir mit
einander nicht zu zanken/ ſondern man muß darauff bedacht ſeyn/ wie man ſich an den ver-
waͤgenen Buben am beſten raͤchen moͤge; da ihr nun getraͤue Leute und Untertahnen eu-
rer Obrigkeit ſeyd/ werdet ihr mir unwegerlich zuwiſſen tuhn/ wohin die See Raͤuber ſich
gewendet/ welche zuverfolgen alsbald Anordnung ſol gemacht werden. Vorgedachter
Baur entſchuldigte ſich/ wegen ſeiner unvorſichtig-ausgelaſſenen Reden/ und haͤtte er aus
Betruͤbniß wegen ſeines nicht geringen Verluſtes etwas ungebuͤhrliches vorgebracht/
moͤchte es nicht im argen auffgenommen werden. Ein ander frecher Baur redete darzwi-

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[282/0320] Anderes Buch. Schiff ſich ſetzen und den Seeraͤubern folgen/ auch nicht uͤmkehren werden/ biß ſie gewiſſe Kundſchafft wegen des Juͤnglings eingezogen haben. Dem Vornehmſten aber unter ih- nen ſoltu ſagen/ mein Begehren an ihn ſey vor erſt/ daß/ wo er mein Freund iſt/ eꝛ mir nicht folge/ biß ich ihm ſchreibe/ welches geliebts Gott/ in weniger Zeit geſchehen ſol; dieſes ſolt du keines weges in Vergeßſtellen. Hernach/ daß ich dir Leben/ Freyheit und ſo viel Gelder verſprochen/ als mein aͤdler Diener Vierteljahrs Beſtallung hat/ welches er dir alsbald einreichen wird; und ſihe da/ nim dieſes Trinkgeld mit auf den Weg/ und laß dich an deineꝛ Moͤgligkeit nichts irren; doch ſoltu eben nicht eilen/ ſondern koͤmſt morgẽ noch zeitig gnug daſelbſt an. Hiemit reichte er ihm X Kronen/ und nam von ihm aͤidliche Zuſage/ daß er al- les auffs traͤulichſte verrichten wolte. Nach dieſes Abfertigung begaben ſie ſich auff den Weg nach dem Meere zu/ und hatten mancherley Geſpraͤch von geiſtlichen Sachen/ gin- gen faſt biß Mitternacht/ ehe ſie Leute antraffen/ weil ſie wegen der See Raͤuber ausgewi- chen wahren; endlich hoͤreten ſie ein Gemurmel hinter einem Gehaͤge/ wohin ſie ſich in al- ler ſtille wendeten/ und eine zimliche Rotte Bauren anſichtig wurden/ welche ihren Ver- luſt hoͤchlich beklageten/ daß ihnen alle Speiſe und Baarſchafft ſamt dem beſten leinẽ Ge- raͤhte hinweg geraubet waͤhre. Valikules trat hin zu ihnen/ gruͤſſete ſie freundlich/ uñ fra- gete/ warumb ſie bey ſo ſpaͤter Nacht in ſolcher Verſamlung unter dem freyen Himmel laͤ- gen? Dieſe Leute ſahen ihn ſtillſchweigens an/ und hielten ihn anfangs vor einen Ausſpeheꝛ und Raͤubergenoſſen; welchen Argwohn ihnen zubenehmen/ er ſich unerſchrocken bezei- gete/ und gab vor/ er waͤhre neben dieſem ſeinen Gefaͤrten von dem Roͤmiſchen Stathal- ter zu Padua ausgeſchicket/ umb zuerforſchen/ wohin die See Raͤuber ſich gewendet haͤt- ten/ von deren Einfall das Geſchrey ſchon erſchollen waͤhre/ und wuͤrde man nicht unter- laſſen/ ihnen nachzuſetzen/ es geſchaͤhe gleich zu Lande oder uͤber Meer. Der aͤlteſte unter dieſem Hauffen antwortete: Ach ja! ſo pfleget mans ins gemein zumachen/ daß man den Brunnen zuleget/ wann das Kind erſoffen iſt; Hielte man gebuͤhrliche Auffſicht bey dem Meer/ ſo kaͤhmen wir armen Leute nicht ſo ſchlimlich umb das unſere. Valikules ſtellete ſich ernſthafftig/ und gab zur Antwort: Ey mein Freund kan dann die Obrigkeit von ſol- chen und dergleichen unvermuhtlichen faͤllen Rechenſchafft geben? muͤſten nicht vielmehꝛ des Meers Anwohner acht haben/ nicht zu ſicher ſeyn/ ſondern der Obꝛigkeit es andeuten/ wann etwa Gefahr zubefuͤrchten waͤhre? Ihr ſprechet aber/ es ſey ohn euer vermuhten ge- ſchehen. Aber hats dann die Obrigkeit koͤnnen riechen? oder kan dieſelbe allenthalben ge- genwaͤrtig ſeyn? Sol man aber den ganzen Meerſtrand beſetzen/ und zwar in Friedeszeitẽ? das wuͤrde euch guten Leuten erſt verdrießlich ſeyn; dann hie wuͤrdet ihr durch ſo uner- traͤgliche Dienſte oder Unkoſten gar zu hart belaſtet werden. Doch hievon haben wir mit einander nicht zu zanken/ ſondern man muß darauff bedacht ſeyn/ wie man ſich an den ver- waͤgenen Buben am beſten raͤchen moͤge; da ihr nun getraͤue Leute und Untertahnen eu- rer Obrigkeit ſeyd/ werdet ihr mir unwegerlich zuwiſſen tuhn/ wohin die See Raͤuber ſich gewendet/ welche zuverfolgen alsbald Anordnung ſol gemacht werden. Vorgedachter Baur entſchuldigte ſich/ wegen ſeiner unvorſichtig-ausgelaſſenen Reden/ und haͤtte er aus Betruͤbniß wegen ſeines nicht geringen Verluſtes etwas ungebuͤhrliches vorgebracht/ moͤchte es nicht im argen auffgenommen werden. Ein ander frecher Baur redete darzwi- ſchen;

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 282. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/320>, abgerufen am 30.12.2024.