Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.

Bild:
<< vorherige Seite

Anderes Buch.
leute währen/ und sie umb anderer willen nicht ausweisen könte; wer ehe kähme der mah-
lete ehe; müsten also nach einer andern Herberge sich umsehen/ deren es im Flecken gnug
gäbe. Herkules aber sagte zu ihm: Gebet euch zufrieden/ guter Freund/ ich kan hinte nicht
weiter gehen/ und wollen wir noch vorschlaffens gut Geschir machen; zeigete ihm hiemit
eine Hand vol Kronen/ und sagete weiter: Diese müssen verzehret seyn/ ehe ich aus dieser
Herberge gehe/ doch mit dem bedinge/ daß mir Raum bey der schönen Jungfer gemacht
werde; dann ich sehe schon/ ihr Buhler gefället ihr nicht/ ob ich mich etwa zutähtiger ma-
chen/ und ihr Herz besser gewinnen könte. Zu dem Räuber aber sagete er: Guter Freund/
stehet nicht mit euch zuhandeln/ daß mir die Jungfer zu teil würde/ nachdem/ wie ich mer-
ke/ sie euch ihre Gunst nicht geben wil. Dieser merkete unraht/ und stellete sich gleichwol
zornig; was er ihm die Jungfer anzufodern hätte? dieselbe währe sein/ und hätte sonst nie-
mand Ansprache auff sie/ hoffete auch vor sich allein Freude mit ihr zu haben. Herkules
antwortete: wie aber/ meine liebe Jungfer/ wollet ihr nicht lieber mir beywohnen? Se-
het da/ ich versichere euch Ehr und Leben/ und alles was ihr wünschet/ das in meinen Hän-
den stehet. Die Jungfer ward inniglich seuffzen/ empfing doch etwas Hoffnung aus die-
ser Rede/ und durffte gleichwol vor Angst kein Wort sprechen; dann ihr nähester Beysit-
zer machte sich schon zum Gefechte bereit/ greiff zum Degen/ und ermahnete die seinen/ ge-
herzt und frisch drauff zuschlagen. Aber Herkules zog von Leder samt die bey ihm wahren/
und sagte: Ihr meinäidigen ehrvergessenen Bösewichter/ bald ergebet euch dem Römi-
schen Stathalter zu Padua/ oder ihr sollet alsbald in stücken zerhauen werden; rief auch
zur Tühr hinaus: Herein/ und packet mir diese leichtfertigen Schelmen an/ daß ihrer kei-
ner entrinne. Worauff Leches mit etlichen ungestüm zur Tühr hinein drang/ welches die
Räuber sehend/ sich nach den Fenstern kehreten/ in Meynung hinaus zuspringen/ sahen a-
ber nach Eröffnung/ daß alles mit Bewapneten besetzet wahr. Herkules foderte ihnen die
Schwerter ab/ welche sie willig von sich gaben/ und vor Angst kein Wort sprechen kunten.
Leches/ so bald er die Jungfer sahe/ deren er sein Herz schon etliche Jahr/ aber bißher umb-
sonst angebohten hatte/ kunte seine Flammen länger nicht bergen/ trat mit entblössetem
Häupte vor den Tisch/ damit sie ihn kennen möchte/ und sagte: Jungfer Libussa/ hochge-
liebte Wase/ wie gehets euch alhier? habt ihr auch irgend Schande und Schmach von
diesen Buben erleiden müssen? Die geängstete Jungfer kennete ihn alsbald/ und antwor-
tete: O herzlieber Vetter Leches/ wie kommet ihr mir zu so gelegener Zeit zuhülffe! sprang
hiemit über den Tisch zu ihm/ und sagte weiter: Meine Ehre ist Gott Lob annoch unverletzet/
wann nur unser Gn. Frl. möchte gerettet seyn. Herkules befahl/ dz man die Räuber samt den
Wirte festbinden solte/ zohe den Helm ab/ und ümfing die Jungfer gar freundlich/ boht jhr
auch einen Kuß/ und sagte zu jhr: Ich freue mich sehr/ daß ich meine geliebete Freundin
gesund und ungeschmähet antreffe/ und an jhr einen guten Anfang der Erlösung gemacht
habe. O Durchl. Fürst/ antwortete sie/ hat jhre Gn. üm mich unwirdige so grosse Mühe
über sich genommen? Nun nun/ die Götter retten nur unser allerliebstes Fräulein; was
ich dann zu vergelten zu unvermögen bin/ werden andere zuverschulden jhnen lassen ange-
legen seyn. Wolte jhm hiemit die Hand küssen/ welches er doch nicht zugeben wolte/ sondern
zeigete jhr Ladisla/ zu dem sie ganz ehrerbietig nahete/ und von jhm wol empfangen ward.

In-

Anderes Buch.
leute waͤhren/ und ſie umb anderer willen nicht ausweiſen koͤnte; wer ehe kaͤhme der mah-
lete ehe; muͤſten alſo nach einer andern Herberge ſich umſehen/ deren es im Flecken gnug
gaͤbe. Herkules aber ſagte zu ihm: Gebet euch zufrieden/ guter Freund/ ich kan hinte nicht
weiter gehen/ und wollen wir noch vorſchlaffens gut Geſchir machen; zeigete ihm hiemit
eine Hand vol Kronen/ und ſagete weiter: Dieſe muͤſſen verzehret ſeyn/ ehe ich aus dieſer
Herberge gehe/ doch mit dem bedinge/ daß mir Raum bey der ſchoͤnen Jungfer gemacht
werde; dann ich ſehe ſchon/ ihr Buhler gefaͤllet ihr nicht/ ob ich mich etwa zutaͤhtiger ma-
chen/ und ihr Herz beſſer gewinnen koͤnte. Zu dem Raͤuber aber ſagete er: Guter Freund/
ſtehet nicht mit euch zuhandeln/ daß mir die Jungfer zu teil wuͤrde/ nachdem/ wie ich mer-
ke/ ſie euch ihre Gunſt nicht geben wil. Dieſer merkete unraht/ und ſtellete ſich gleichwol
zornig; was er ihm die Jungfer anzufodern haͤtte? dieſelbe waͤhre ſein/ und haͤtte ſonſt nie-
mand Anſprache auff ſie/ hoffete auch vor ſich allein Freude mit ihr zu haben. Herkules
antwortete: wie aber/ meine liebe Jungfer/ wollet ihr nicht lieber mir beywohnen? Se-
het da/ ich verſichere euch Ehr und Leben/ und alles was ihr wuͤnſchet/ das in meinen Haͤn-
den ſtehet. Die Jungfer ward inniglich ſeuffzen/ empfing doch etwas Hoffnung aus die-
ſer Rede/ und durffte gleichwol vor Angſt kein Wort ſprechen; dann ihr naͤheſter Beyſit-
zer machte ſich ſchon zum Gefechte bereit/ greiff zum Degen/ und ermahnete die ſeinen/ ge-
herzt und friſch drauff zuſchlagen. Aber Herkules zog von Leder ſamt die bey ihm wahren/
und ſagte: Ihr meinaͤidigen ehrvergeſſenen Boͤſewichter/ bald ergebet euch dem Roͤmi-
ſchen Stathalter zu Padua/ oder ihr ſollet alsbald in ſtuͤcken zerhauen werden; rief auch
zur Tuͤhr hinaus: Herein/ und packet mir dieſe leichtfertigen Schelmen an/ daß ihrer kei-
ner entrinne. Worauff Leches mit etlichen ungeſtuͤm zur Tuͤhr hinein drang/ welches die
Raͤuber ſehend/ ſich nach den Fenſtern kehreten/ in Meynung hinaus zuſpringen/ ſahen a-
ber nach Eroͤffnung/ daß alles mit Bewapneten beſetzet wahr. Herkules foderte ihnen die
Schwerter ab/ welche ſie willig von ſich gaben/ und vor Angſt kein Wort ſprechen kunten.
Leches/ ſo bald er die Jungfer ſahe/ deren er ſein Herz ſchon etliche Jahr/ aber bißher umb-
ſonſt angebohten hatte/ kunte ſeine Flammen laͤnger nicht bergen/ trat mit entbloͤſſetem
Haͤupte vor den Tiſch/ damit ſie ihn kennen moͤchte/ und ſagte: Jungfer Libuſſa/ hochge-
liebte Waſe/ wie gehets euch alhier? habt ihr auch irgend Schande und Schmach von
dieſen Buben erleiden muͤſſen? Die geaͤngſtete Jungfer kennete ihn alsbald/ und antwor-
tete: O herzlieber Vetter Leches/ wie kommet ihr mir zu ſo gelegener Zeit zuhuͤlffe! ſprang
hiemit uͤber den Tiſch zu ihm/ und ſagte weiter: Meine Ehre iſt Gott Lob añoch unverletzet/
wañ nur unſer Gn. Frl. moͤchte gerettet ſeyn. Herkules befahl/ dz man die Raͤubeꝛ ſamt dẽ
Wirte feſtbinden ſolte/ zohe den Helm ab/ und uͤmfing die Jungfer gar freundlich/ boht jhr
auch einen Kuß/ und ſagte zu jhr: Ich freue mich ſehr/ daß ich meine geliebete Freundin
geſund und ungeſchmaͤhet antreffe/ und an jhr einen guten Anfang der Erloͤſung gemacht
habe. O Durchl. Fuͤrſt/ antwortete ſie/ hat jhre Gn. uͤm mich unwirdige ſo groſſe Muͤhe
uͤber ſich genommen? Nun nun/ die Goͤtter retten nur unſer allerliebſtes Fraͤulein; was
ich dann zu vergelten zu unvermoͤgen bin/ werden andere zuverſchulden jhnen laſſen ange-
legen ſeyn. Wolte jhm hiemit die Hand kuͤſſen/ welches er doch nicht zugebẽ wolte/ ſondeꝛn
zeigete jhr Ladiſla/ zu dem ſie ganz ehrerbietig nahete/ und von jhm wol empfangen ward.

In-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <p><pb facs="#f0300" n="262"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Anderes Buch.</hi></fw><lb/>
leute wa&#x0364;hren/ und &#x017F;ie umb anderer willen nicht auswei&#x017F;en ko&#x0364;nte; wer ehe ka&#x0364;hme der mah-<lb/>
lete ehe; mu&#x0364;&#x017F;ten al&#x017F;o nach einer andern Herberge &#x017F;ich um&#x017F;ehen/ deren es im Flecken gnug<lb/>
ga&#x0364;be. Herkules aber &#x017F;agte zu ihm: Gebet euch zufrieden/ guter Freund/ ich kan hinte nicht<lb/>
weiter gehen/ und wollen wir noch vor&#x017F;chlaffens gut Ge&#x017F;chir machen; zeigete ihm hiemit<lb/>
eine Hand vol Kronen/ und &#x017F;agete weiter: Die&#x017F;e mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en verzehret &#x017F;eyn/ ehe ich aus die&#x017F;er<lb/>
Herberge gehe/ doch mit dem bedinge/ daß mir Raum bey der &#x017F;cho&#x0364;nen Jungfer gemacht<lb/>
werde; dann ich &#x017F;ehe &#x017F;chon/ ihr Buhler gefa&#x0364;llet ihr nicht/ ob ich mich etwa zuta&#x0364;htiger ma-<lb/>
chen/ und ihr Herz be&#x017F;&#x017F;er gewinnen ko&#x0364;nte. Zu dem Ra&#x0364;uber aber &#x017F;agete er: Guter Freund/<lb/>
&#x017F;tehet nicht mit euch zuhandeln/ daß mir die Jungfer zu teil wu&#x0364;rde/ nachdem/ wie ich mer-<lb/>
ke/ &#x017F;ie euch ihre Gun&#x017F;t nicht geben wil. Die&#x017F;er merkete unraht/ und &#x017F;tellete &#x017F;ich gleichwol<lb/>
zornig; was er ihm die Jungfer anzufodern ha&#x0364;tte? die&#x017F;elbe wa&#x0364;hre &#x017F;ein/ und ha&#x0364;tte &#x017F;on&#x017F;t nie-<lb/>
mand An&#x017F;prache auff &#x017F;ie/ hoffete auch vor &#x017F;ich allein Freude mit ihr zu haben. Herkules<lb/>
antwortete: wie aber/ meine liebe Jungfer/ wollet ihr nicht lieber mir beywohnen? Se-<lb/>
het da/ ich ver&#x017F;ichere euch Ehr und Leben/ und alles was ihr wu&#x0364;n&#x017F;chet/ das in meinen Ha&#x0364;n-<lb/>
den &#x017F;tehet. Die Jungfer ward inniglich &#x017F;euffzen/ empfing doch etwas Hoffnung aus die-<lb/>
&#x017F;er Rede/ und durffte gleichwol vor Ang&#x017F;t kein Wort &#x017F;prechen; dann ihr na&#x0364;he&#x017F;ter Bey&#x017F;it-<lb/>
zer machte &#x017F;ich &#x017F;chon zum Gefechte bereit/ greiff zum Degen/ und ermahnete die &#x017F;einen/ ge-<lb/>
herzt und fri&#x017F;ch drauff zu&#x017F;chlagen. Aber Herkules zog von Leder &#x017F;amt die bey ihm wahren/<lb/>
und &#x017F;agte: Ihr meina&#x0364;idigen ehrverge&#x017F;&#x017F;enen Bo&#x0364;&#x017F;ewichter/ bald ergebet euch dem Ro&#x0364;mi-<lb/>
&#x017F;chen Stathalter zu Padua/ oder ihr &#x017F;ollet alsbald in &#x017F;tu&#x0364;cken zerhauen werden; rief auch<lb/>
zur Tu&#x0364;hr hinaus: Herein/ und packet mir die&#x017F;e leichtfertigen Schelmen an/ daß ihrer kei-<lb/>
ner entrinne. Worauff Leches mit etlichen unge&#x017F;tu&#x0364;m zur Tu&#x0364;hr hinein drang/ welches die<lb/>
Ra&#x0364;uber &#x017F;ehend/ &#x017F;ich nach den Fen&#x017F;tern kehreten/ in Meynung hinaus zu&#x017F;pringen/ &#x017F;ahen a-<lb/>
ber nach Ero&#x0364;ffnung/ daß alles mit Bewapneten be&#x017F;etzet wahr. Herkules foderte ihnen die<lb/>
Schwerter ab/ welche &#x017F;ie willig von &#x017F;ich gaben/ und vor Ang&#x017F;t kein Wort &#x017F;prechen kunten.<lb/>
Leches/ &#x017F;o bald er die Jungfer &#x017F;ahe/ deren er &#x017F;ein Herz &#x017F;chon etliche Jahr/ aber bißher umb-<lb/>
&#x017F;on&#x017F;t angebohten hatte/ kunte &#x017F;eine Flammen la&#x0364;nger nicht bergen/ trat mit entblo&#x0364;&#x017F;&#x017F;etem<lb/>
Ha&#x0364;upte vor den Ti&#x017F;ch/ damit &#x017F;ie ihn kennen mo&#x0364;chte/ und &#x017F;agte: Jungfer Libu&#x017F;&#x017F;a/ hochge-<lb/>
liebte Wa&#x017F;e/ wie gehets euch alhier? habt ihr auch irgend Schande und Schmach von<lb/>
die&#x017F;en Buben erleiden mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en? Die gea&#x0364;ng&#x017F;tete Jungfer kennete ihn alsbald/ und antwor-<lb/>
tete: O herzlieber Vetter Leches/ wie kommet ihr mir zu &#x017F;o gelegener Zeit zuhu&#x0364;lffe! &#x017F;prang<lb/>
hiemit u&#x0364;ber den Ti&#x017F;ch zu ihm/ und &#x017F;agte weiter: Meine Ehre i&#x017F;t Gott Lob an&#x0303;och unverletzet/<lb/>
wan&#x0303; nur un&#x017F;er Gn. Frl. mo&#x0364;chte gerettet &#x017F;eyn. Herkules befahl/ dz man die Ra&#x0364;ube&#xA75B; &#x017F;amt de&#x0303;<lb/>
Wirte fe&#x017F;tbinden &#x017F;olte/ zohe den Helm ab/ und u&#x0364;mfing die Jungfer gar freundlich/ boht jhr<lb/>
auch einen Kuß/ und &#x017F;agte zu jhr: Ich freue mich &#x017F;ehr/ daß ich meine geliebete Freundin<lb/>
ge&#x017F;und und unge&#x017F;chma&#x0364;het antreffe/ und an jhr einen guten Anfang der Erlo&#x0364;&#x017F;ung gemacht<lb/>
habe. O Durchl. Fu&#x0364;r&#x017F;t/ antwortete &#x017F;ie/ hat jhre Gn. u&#x0364;m mich unwirdige &#x017F;o gro&#x017F;&#x017F;e Mu&#x0364;he<lb/>
u&#x0364;ber &#x017F;ich genommen? Nun nun/ die Go&#x0364;tter retten nur un&#x017F;er allerlieb&#x017F;tes Fra&#x0364;ulein; was<lb/>
ich dann zu vergelten zu unvermo&#x0364;gen bin/ werden andere zuver&#x017F;chulden jhnen la&#x017F;&#x017F;en ange-<lb/>
legen &#x017F;eyn. Wolte jhm hiemit die Hand ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;en/ welches er doch nicht zugebe&#x0303; wolte/ &#x017F;onde&#xA75B;n<lb/>
zeigete jhr Ladi&#x017F;la/ zu dem &#x017F;ie ganz ehrerbietig nahete/ und von jhm wol empfangen ward.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">In-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[262/0300] Anderes Buch. leute waͤhren/ und ſie umb anderer willen nicht ausweiſen koͤnte; wer ehe kaͤhme der mah- lete ehe; muͤſten alſo nach einer andern Herberge ſich umſehen/ deren es im Flecken gnug gaͤbe. Herkules aber ſagte zu ihm: Gebet euch zufrieden/ guter Freund/ ich kan hinte nicht weiter gehen/ und wollen wir noch vorſchlaffens gut Geſchir machen; zeigete ihm hiemit eine Hand vol Kronen/ und ſagete weiter: Dieſe muͤſſen verzehret ſeyn/ ehe ich aus dieſer Herberge gehe/ doch mit dem bedinge/ daß mir Raum bey der ſchoͤnen Jungfer gemacht werde; dann ich ſehe ſchon/ ihr Buhler gefaͤllet ihr nicht/ ob ich mich etwa zutaͤhtiger ma- chen/ und ihr Herz beſſer gewinnen koͤnte. Zu dem Raͤuber aber ſagete er: Guter Freund/ ſtehet nicht mit euch zuhandeln/ daß mir die Jungfer zu teil wuͤrde/ nachdem/ wie ich mer- ke/ ſie euch ihre Gunſt nicht geben wil. Dieſer merkete unraht/ und ſtellete ſich gleichwol zornig; was er ihm die Jungfer anzufodern haͤtte? dieſelbe waͤhre ſein/ und haͤtte ſonſt nie- mand Anſprache auff ſie/ hoffete auch vor ſich allein Freude mit ihr zu haben. Herkules antwortete: wie aber/ meine liebe Jungfer/ wollet ihr nicht lieber mir beywohnen? Se- het da/ ich verſichere euch Ehr und Leben/ und alles was ihr wuͤnſchet/ das in meinen Haͤn- den ſtehet. Die Jungfer ward inniglich ſeuffzen/ empfing doch etwas Hoffnung aus die- ſer Rede/ und durffte gleichwol vor Angſt kein Wort ſprechen; dann ihr naͤheſter Beyſit- zer machte ſich ſchon zum Gefechte bereit/ greiff zum Degen/ und ermahnete die ſeinen/ ge- herzt und friſch drauff zuſchlagen. Aber Herkules zog von Leder ſamt die bey ihm wahren/ und ſagte: Ihr meinaͤidigen ehrvergeſſenen Boͤſewichter/ bald ergebet euch dem Roͤmi- ſchen Stathalter zu Padua/ oder ihr ſollet alsbald in ſtuͤcken zerhauen werden; rief auch zur Tuͤhr hinaus: Herein/ und packet mir dieſe leichtfertigen Schelmen an/ daß ihrer kei- ner entrinne. Worauff Leches mit etlichen ungeſtuͤm zur Tuͤhr hinein drang/ welches die Raͤuber ſehend/ ſich nach den Fenſtern kehreten/ in Meynung hinaus zuſpringen/ ſahen a- ber nach Eroͤffnung/ daß alles mit Bewapneten beſetzet wahr. Herkules foderte ihnen die Schwerter ab/ welche ſie willig von ſich gaben/ und vor Angſt kein Wort ſprechen kunten. Leches/ ſo bald er die Jungfer ſahe/ deren er ſein Herz ſchon etliche Jahr/ aber bißher umb- ſonſt angebohten hatte/ kunte ſeine Flammen laͤnger nicht bergen/ trat mit entbloͤſſetem Haͤupte vor den Tiſch/ damit ſie ihn kennen moͤchte/ und ſagte: Jungfer Libuſſa/ hochge- liebte Waſe/ wie gehets euch alhier? habt ihr auch irgend Schande und Schmach von dieſen Buben erleiden muͤſſen? Die geaͤngſtete Jungfer kennete ihn alsbald/ und antwor- tete: O herzlieber Vetter Leches/ wie kommet ihr mir zu ſo gelegener Zeit zuhuͤlffe! ſprang hiemit uͤber den Tiſch zu ihm/ und ſagte weiter: Meine Ehre iſt Gott Lob añoch unverletzet/ wañ nur unſer Gn. Frl. moͤchte gerettet ſeyn. Herkules befahl/ dz man die Raͤubeꝛ ſamt dẽ Wirte feſtbinden ſolte/ zohe den Helm ab/ und uͤmfing die Jungfer gar freundlich/ boht jhr auch einen Kuß/ und ſagte zu jhr: Ich freue mich ſehr/ daß ich meine geliebete Freundin geſund und ungeſchmaͤhet antreffe/ und an jhr einen guten Anfang der Erloͤſung gemacht habe. O Durchl. Fuͤrſt/ antwortete ſie/ hat jhre Gn. uͤm mich unwirdige ſo groſſe Muͤhe uͤber ſich genommen? Nun nun/ die Goͤtter retten nur unſer allerliebſtes Fraͤulein; was ich dann zu vergelten zu unvermoͤgen bin/ werden andere zuverſchulden jhnen laſſen ange- legen ſeyn. Wolte jhm hiemit die Hand kuͤſſen/ welches er doch nicht zugebẽ wolte/ ſondeꝛn zeigete jhr Ladiſla/ zu dem ſie ganz ehrerbietig nahete/ und von jhm wol empfangen ward. In-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/300
Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/300>, abgerufen am 22.12.2024.