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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.

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Erstes Buch.
ches aus jhrer folgenden Bezeigung erscheinen wird/ wil ich allen Unwillen ablegen/ und
als eine Freundin jhr Unglük beklagen helffen. Unglük? sagte Fr. Sophia; stehet jhr dann
ein Unglük vor/ so helffets nicht beklagen/ sondern abwenden/ und offenbahret es mir/ daß
man demselben vorbaue/ ehe es loßbricht. Ja wann sichs nur wolte lassen vorbauen/ ant-
wortete sie; die Liebe ist blind und eigensinnig/ wo nicht wol gar unsinnig/ und lässet jhr nit
rahten wie die geübten zu klagen pflegen; nun kan ich aber aus allen jhren Geberden und
Vornehmen nicht anders schliessen/ als daß sie wegen Herrn Herkules Heyraht nicht ge-
ringe Hofnung gefasset/ worin sie ohn zweifel sich wird heßlich betrogen finden/ als viel ich
auß eurer jetzigen Erzählung verstehe. Ach nein/ sagte Fr. Sophia/ jhr jrret in eurer Urtel
sehr weit/ und kan ich euch dessen wol versichern/ massen ich weiß/ daß sie jhren Anteil zu
Rom schon hat/ ob sie mir gleich solches nicht gestehen wil. Ja/ Fr. Schwester/ antworte-
te sie/ warumb wil sie es aber nicht gestehen? Je/ daß sie dessen gerne wieder abseyn wolte/
weil jhr dieses Leckerbißlein ungleich besser gefält. Ey ey/ geliebte Schwester/ sagte sie/ wie
habt jhr so unehrbare Gedanken von diesem überauß frommen und keuschen Fräulein; ich
habe euch ja nie von einer fremden viel geringern so verächtlich reden hören/ und wolte nit
ein grosses drumb nehmen/ daß sie solches erfahren solte; darumb verschonet sie mit der-
gleichen ungebührlichen Aufflagen/ weil sie dessen gantz unschuldig ist/ und gebet nicht ur-
sach/ daß sie sich gegen meine und eure Eltern über euch zubeschweren habe. Diese fing an
sich zuschämen/ und es vor einen halben Schertz außzugeben; aber Fr. Sophia wolte sie
von solchem Unwege abführen/ und sagete; es währe diese Entschuldigung zumahl uner-
heblich/ und müste man trauen von solchen hohen Standes Fräulein dergleichen schlim-
men und ehrenverkleinerlichen Schertz nicht tichten/ vielweniger über die Zunge lauffen
lassen; Sie vor jhr Häupt wolte die ursach jhres Widerwillens zum teil schier errahten/
welches aber alles in einem falschen Wahn bestünde/ wolten demnach dieses Gespräch
auffruffen/ und dessen nimmermehr wieder gedenken. Gingen darauff wieder nach der
Geselschaft/ und funden Herkules mit dem Fräulein ein liebliches Gespräch halten/ welches
in diesem Herzen den Eiver auffs neue anzündete/ so dz sie aus Mißmuht nach hause ging.

Des folgenden tages wurden auff Fr. Sophien Angeben/ die vornehmsten jungen
von Adel/ nebest den ädlen Jungfern/ jene im nahmen Herkules/ diese im namen Frll. Si-
byllen/ und Helenen auff eine Maalzeit und Tanz eingeladen/ deren eine zimliche Menge
fast in gleicher Anzahl erschiene. Herkules muste auff Fr. Sophien Anhalten sich zu dem
Frauenzimmer setzen/ da er seine stelle bey Frl. Luzilla Antenoria nam/ und sie ingesamt ne-
best fleissiger nöhtigung zum essen/ mit einem freundlichen Gespräch ergetzete/ durch wel-
ches ihrer viel/ ungleich vergnüglicher/ als mit den Speisen gesättiget wurden. Nach der
Mahlzeit gieng der Tantz an/ und ward dadurch ein bundter Reihen-Sitz veraulasset/ da
ein Paduanischer ädler Jüngling/ Nahmens Avonius Priscus sich zu Frl. Helenen
fand; er wahr gutes herkommens/ reich/ und in ritterlichen Ubungen wol unterwiesen/ der
auch seinen Mann wol stehen durffte/ nur das er von Gesicht etwas Ungestalt/ und in der
Welt wenig versucht wahr/ wovon seine Eltern ihn als ihren einzigen Sohn durch
Zwang abgehalten hatten. Er hatte durch seinen Vater bey der Fräulein Eltern schon
unterschiedliche mahl Ansuchung getahn/ auch biß auff der Tochter Erklärung gute ver-

tröstung

Erſtes Buch.
ches aus jhrer folgenden Bezeigung erſcheinen wird/ wil ich allen Unwillen ablegen/ und
als eine Freundin jhr Ungluͤk beklagen helffen. Ungluͤk? ſagte Fr. Sophia; ſtehet jhr dann
ein Ungluͤk vor/ ſo helffets nicht beklagen/ ſondern abwenden/ und offenbahret es mir/ daß
man demſelben vorbaue/ ehe es loßbricht. Ja wann ſichs nur wolte laſſen vorbauen/ ant-
wortete ſie; die Liebe iſt blind und eigenſinnig/ wo nicht wol gar unſinnig/ und laͤſſet jhr nit
rahten wie die geuͤbten zu klagen pflegen; nun kan ich aber aus allen jhren Geberden und
Vornehmen nicht anders ſchlieſſen/ als daß ſie wegen Herrn Herkules Heyraht nicht ge-
ringe Hofnung gefaſſet/ worin ſie ohn zweifel ſich wird heßlich betrogen finden/ als viel ich
auß eurer jetzigen Erzaͤhlung verſtehe. Ach nein/ ſagte Fr. Sophia/ jhr jrret in eurer Urtel
ſehr weit/ und kan ich euch deſſen wol verſichern/ maſſen ich weiß/ daß ſie jhren Anteil zu
Rom ſchon hat/ ob ſie mir gleich ſolches nicht geſtehen wil. Ja/ Fr. Schweſter/ antworte-
te ſie/ warumb wil ſie es aber nicht geſtehen? Je/ daß ſie deſſen gerne wieder abſeyn wolte/
weil jhr dieſes Leckerbißlein ungleich beſſer gefaͤlt. Ey ey/ geliebte Schweſter/ ſagte ſie/ wie
habt jhr ſo unehrbare Gedanken von dieſem uͤberauß frommen und keuſchen Fraͤulein; ich
habe euch ja nie von einer fremden viel geringern ſo veraͤchtlich reden hoͤren/ und wolte nit
ein groſſes drumb nehmen/ daß ſie ſolches erfahren ſolte; darumb verſchonet ſie mit der-
gleichen ungebuͤhrlichen Aufflagen/ weil ſie deſſen gantz unſchuldig iſt/ und gebet nicht ur-
ſach/ daß ſie ſich gegen meine und eure Eltern uͤber euch zubeſchweren habe. Dieſe fing an
ſich zuſchaͤmen/ und es vor einen halben Schertz außzugeben; aber Fr. Sophia wolte ſie
von ſolchem Unwege abfuͤhren/ und ſagete; es waͤhre dieſe Entſchuldigung zumahl uner-
heblich/ und muͤſte man trauen von ſolchen hohen Standes Fraͤulein dergleichen ſchlim-
men und ehrenverkleinerlichen Schertz nicht tichten/ vielweniger uͤber die Zunge lauffen
laſſen; Sie vor jhr Haͤupt wolte die urſach jhres Widerwillens zum teil ſchier errahten/
welches aber alles in einem falſchen Wahn beſtuͤnde/ wolten demnach dieſes Geſpraͤch
auffruffen/ und deſſen nimmermehr wieder gedenken. Gingen darauff wieder nach der
Geſelſchaft/ uñ funden Herkules mit dem Fraͤulein ein liebliches Geſpꝛaͤch halten/ welches
in dieſem Herzen den Eiver auffs neue anzuͤndete/ ſo dz ſie aus Mißmuht nach hauſe ging.

Des folgenden tages wurden auff Fr. Sophien Angeben/ die vornehmſten jungen
von Adel/ nebeſt den aͤdlen Jungfern/ jene im nahmen Herkules/ dieſe im namen Frll. Si-
byllen/ und Helenen auff eine Maalzeit und Tanz eingeladen/ deren eine zimliche Menge
faſt in gleicher Anzahl erſchiene. Herkules muſte auff Fr. Sophien Anhalten ſich zu dem
Frauenzimmer ſetzen/ da er ſeine ſtelle bey Frl. Luzilla Antenoria nam/ und ſie ingeſamt ne-
beſt fleiſſiger noͤhtigung zum eſſen/ mit einem freundlichen Geſpraͤch ergetzete/ durch wel-
ches ihrer viel/ ungleich vergnuͤglicher/ als mit den Speiſen geſaͤttiget wurden. Nach der
Mahlzeit gieng der Tantz an/ und ward dadurch ein bundter Reihen-Sitz veraulaſſet/ da
ein Paduaniſcher aͤdler Juͤngling/ Nahmens Avonius Priſcus ſich zu Frl. Helenen
fand; er wahr gutes herkommens/ reich/ und in ritterlichen Ubungen wol unterwieſen/ der
auch ſeinen Mann wol ſtehen durffte/ nur das er von Geſicht etwas Ungeſtalt/ und in der
Welt wenig verſucht wahr/ wovon ſeine Eltern ihn als ihren einzigen Sohn durch
Zwang abgehalten hatten. Er hatte durch ſeinen Vater bey der Fraͤulein Eltern ſchon
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[162/0200] Erſtes Buch. ches aus jhrer folgenden Bezeigung erſcheinen wird/ wil ich allen Unwillen ablegen/ und als eine Freundin jhr Ungluͤk beklagen helffen. Ungluͤk? ſagte Fr. Sophia; ſtehet jhr dann ein Ungluͤk vor/ ſo helffets nicht beklagen/ ſondern abwenden/ und offenbahret es mir/ daß man demſelben vorbaue/ ehe es loßbricht. Ja wann ſichs nur wolte laſſen vorbauen/ ant- wortete ſie; die Liebe iſt blind und eigenſinnig/ wo nicht wol gar unſinnig/ und laͤſſet jhr nit rahten wie die geuͤbten zu klagen pflegen; nun kan ich aber aus allen jhren Geberden und Vornehmen nicht anders ſchlieſſen/ als daß ſie wegen Herrn Herkules Heyraht nicht ge- ringe Hofnung gefaſſet/ worin ſie ohn zweifel ſich wird heßlich betrogen finden/ als viel ich auß eurer jetzigen Erzaͤhlung verſtehe. Ach nein/ ſagte Fr. Sophia/ jhr jrret in eurer Urtel ſehr weit/ und kan ich euch deſſen wol verſichern/ maſſen ich weiß/ daß ſie jhren Anteil zu Rom ſchon hat/ ob ſie mir gleich ſolches nicht geſtehen wil. Ja/ Fr. Schweſter/ antworte- te ſie/ warumb wil ſie es aber nicht geſtehen? Je/ daß ſie deſſen gerne wieder abſeyn wolte/ weil jhr dieſes Leckerbißlein ungleich beſſer gefaͤlt. Ey ey/ geliebte Schweſter/ ſagte ſie/ wie habt jhr ſo unehrbare Gedanken von dieſem uͤberauß frommen und keuſchen Fraͤulein; ich habe euch ja nie von einer fremden viel geringern ſo veraͤchtlich reden hoͤren/ und wolte nit ein groſſes drumb nehmen/ daß ſie ſolches erfahren ſolte; darumb verſchonet ſie mit der- gleichen ungebuͤhrlichen Aufflagen/ weil ſie deſſen gantz unſchuldig iſt/ und gebet nicht ur- ſach/ daß ſie ſich gegen meine und eure Eltern uͤber euch zubeſchweren habe. Dieſe fing an ſich zuſchaͤmen/ und es vor einen halben Schertz außzugeben; aber Fr. Sophia wolte ſie von ſolchem Unwege abfuͤhren/ und ſagete; es waͤhre dieſe Entſchuldigung zumahl uner- heblich/ und muͤſte man trauen von ſolchen hohen Standes Fraͤulein dergleichen ſchlim- men und ehrenverkleinerlichen Schertz nicht tichten/ vielweniger uͤber die Zunge lauffen laſſen; Sie vor jhr Haͤupt wolte die urſach jhres Widerwillens zum teil ſchier errahten/ welches aber alles in einem falſchen Wahn beſtuͤnde/ wolten demnach dieſes Geſpraͤch auffruffen/ und deſſen nimmermehr wieder gedenken. Gingen darauff wieder nach der Geſelſchaft/ uñ funden Herkules mit dem Fraͤulein ein liebliches Geſpꝛaͤch halten/ welches in dieſem Herzen den Eiver auffs neue anzuͤndete/ ſo dz ſie aus Mißmuht nach hauſe ging. Des folgenden tages wurden auff Fr. Sophien Angeben/ die vornehmſten jungen von Adel/ nebeſt den aͤdlen Jungfern/ jene im nahmen Herkules/ dieſe im namen Frll. Si- byllen/ und Helenen auff eine Maalzeit und Tanz eingeladen/ deren eine zimliche Menge faſt in gleicher Anzahl erſchiene. Herkules muſte auff Fr. Sophien Anhalten ſich zu dem Frauenzimmer ſetzen/ da er ſeine ſtelle bey Frl. Luzilla Antenoria nam/ und ſie ingeſamt ne- beſt fleiſſiger noͤhtigung zum eſſen/ mit einem freundlichen Geſpraͤch ergetzete/ durch wel- ches ihrer viel/ ungleich vergnuͤglicher/ als mit den Speiſen geſaͤttiget wurden. Nach der Mahlzeit gieng der Tantz an/ und ward dadurch ein bundter Reihen-Sitz veraulaſſet/ da ein Paduaniſcher aͤdler Juͤngling/ Nahmens Avonius Priſcus ſich zu Frl. Helenen fand; er wahr gutes herkommens/ reich/ und in ritterlichen Ubungen wol unterwieſen/ der auch ſeinen Mann wol ſtehen durffte/ nur das er von Geſicht etwas Ungeſtalt/ und in der Welt wenig verſucht wahr/ wovon ſeine Eltern ihn als ihren einzigen Sohn durch Zwang abgehalten hatten. Er hatte durch ſeinen Vater bey der Fraͤulein Eltern ſchon unterſchiedliche mahl Anſuchung getahn/ auch biß auff der Tochter Erklaͤrung gute ver- troͤſtung

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/200>, abgerufen am 09.11.2024.