Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.Erstes Buch. machen/ daß der gelebet hat/ nicht solte gelebet haben/ der Ehrenämpter verwaltet hat/ sie nicht solteverwaltet haben. Habe auch über vergangene Dinge kein Recht/ als das Recht der Vergessenheit; könne endlich auch nicht machen/ daß zweymahl zehne nicht zwanzig währen. Nach verlesung bedachte er sich ein wenig/ und bald darauff sagete er: Gilt Bruder/ Die P ij
Erſtes Buch. machen/ daß der gelebet hat/ nicht ſolte gelebet haben/ der Ehrenaͤmpter verwaltet hat/ ſie nicht ſolteverwaltet haben. Habe auch uͤber vergangene Dinge kein Recht/ als das Recht der Vergeſſenheit; koͤnne endlich auch nicht machen/ daß zweymahl zehne nicht zwanzig waͤhren. Nach verleſung bedachte er ſich ein wenig/ und bald darauff ſagete er: Gilt Bruder/ Die P ij
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Erſtes Buch.
machen/ daß der gelebet hat/ nicht ſolte gelebet haben/ der Ehrenaͤmpter verwaltet hat/ ſie nicht ſolte
verwaltet haben. Habe auch uͤber vergangene Dinge kein Recht/ als das Recht der Vergeſſenheit;
koͤnne endlich auch nicht machen/ daß zweymahl zehne nicht zwanzig waͤhren.
Nach verleſung bedachte er ſich ein wenig/ und bald darauff ſagete er: Gilt Bruder/
dieſer hochgelehrte Man wird dich in die Schule fuͤhren/ und dir deinen Glauben (er re-
dete aber Boͤmiſch/ daß Fabius es nicht verſtehen ſolte) zur Tohrheit machen; maſſen ich
mit aller meiner Vernunfft nicht begreiffen kan/ wie dieſes zu wiederlegẽ ſey. Lieber Bru-
der/ antwortete er auff Lateiniſch/ es iſt mir lieb/ daß du mir deine Blindheit fein gerade
zu bekenneſt/ und mit dieſem Laͤſterer Gottes Allmacht in zweiffel zuzihen geſteheſt/ welches
mir doch nicht lieb iſt. Aber Herr Fabius/ was haltet ihr von dieſer Meynung? Ich halte
meine Urtel hieſelbſt billig zuruͤk/ ſagte er/ weil es uͤber meinen Verſtand gehet/ habe auch
wol ehemahls etliche davon reden hoͤren/ die am Ende ihres Geſpraͤchs weniger wuſten/
als im Anfange. Sie ſind darin zuentſchuldigen geweſen/ ſagte Herkules; Urſach; ſie ha-
ben den Felſen nicht erkennet/ auff welchem Gottes Almacht unbewaͤglich gegruͤndet iſt/
und wider das toben dieſes wuͤtigen Hundes auch wol in Ewigkeit feſt bleiben wird. Ich
wuͤrde mich vor gluͤkſelig ſchaͤtzen/ ſagte Fabius/ wann ich dieſes Felſens Erkaͤntniß haͤtte/
und des Plinius angefuͤhrte Worte auß dem Grunde zuwiderlegen wuͤſte. Mein Herr/
antwortete er; Er gebrauche ſich nur der geſunden Vernunfft/ ſo wird er beydes die un-
gezweifelte Allmacht Gottes erkennen/ und des Plinius kindiſche/ ja viehiſche Einwuͤrffe
mit leichter Muͤhe umſtoſſen. Weil ſie nun beyde von jhm gute Anleitung hierzu begehre-
ten/ fing er alſo an: Demnach der Menſch auß dem groſſen Weltbuche ſehen und lernen
kan/ daß ein Gott ſey/ und nohtwendig ein Gott ſeyn muͤſſe/ ſo wird er zugleich auch daher
erkennen/ die Allmacht Gottes des HErꝛn/ als des groſſen Schoͤpffers/ oder nur Erhal-
ters der Welt. Ja beſinnen wir uns ein wenig/ ſo gibt uns die Vernunfft alsbald an die
Hand/ daß Gott ein Allmaͤchtiges Weſen ſey. Dann ſolte es ihm an einiger Krafft oder
Macht mangeln/ ſo wuͤrde er nicht Gott/ das iſt/ er wuͤrde nicht der kraͤfftigſte noch mach-
tigſte ſeyn/ ſondern einen noch kraͤfftigern und maͤchtigern uͤbeꝛ ſich haben/ und alſo waͤhꝛe
er nicht Gott/ dann uͤber Gott kan und muß nichts ſeyn. Wer dann nun erkennet/ dz Gott
Gott iſt/ der ſihet und erkeñet zugleich/ daß er allmaͤchtig iſt/ und alles tuhn kan/ was er wil/
im Himmel/ auff Erden/ im Meer und in allen Tieffen; ja daß durchaus kein ding bey ihm
unmoͤglich iſt. Dann alſo ſchleuſt unſere Vernunfft ohn Anſtoß und Zweifel/ da ſie rich-
tig zugehet. Alle vernuͤnfftige Heyden haben einen Gott geglaͤubet/ und die denſelben ge-
glaͤubet haben/ die habẽ ihm zugleich auch die Allmacht zugelegt; Daher ſpricht Homerus
(Odyſ. XIV.) Gott kan alles. Und was iſt bey den Lateiniſchen Tichtern/ Virgilius/ Hora-
tius/ Ovidius und andern mehr/ gebraͤuchlicher/ als eben ihr Jupiter omnipotens, daß ſie jh-
ren hoͤchſten Gott den Allmaͤchtigen nennen? Zizero bekennet Gottes Allmacht mit klaren
Worten/ wann er im dritten Buch von der Goͤtter Art ſpricht: Nichts iſt/ das Gott nicht ſol-
te tuhn koͤnnen/ und zwar ohn alle Muͤhe. Der uhr alte Linus/ des Orpheus Lehrmeiſter hat ſol-
ches mit dieſen Worten geſtanden: Gotte iſt alles leicht zu tuhn/ und nichts iſt ihm unmoͤglich.
O ja/ wer nur das einige Geſchoͤpff Gottes/ das unvergleichliche Sonnenliecht anſihet uñ
betrachtet/ muß ſich freylich uͤber des Schoͤpffers Allmacht zum hoͤchſten verwundern.
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