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Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1892.

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§ 145. Zauberei, Meineid und Walraub.
erhielten sie als Lohn ihrer Thätigkeit. Eidlich mussten die Unter-
beamten dem iudex geloben, hierin nichts versäumen zu wollen. Im
fränkischen Reiche wurde seit karolingischer Zeit die Aufdeckung und
Verfolgung von Zauberwerken und heidnischen Gebräuchen in erster
Linie den kirchlichen Organen überlassen. Bei den Sachsen sollten
Zauberer und Wahrsager nach einer Vorschrift Karls des Grossen, wie
es scheint mit Verlust ihrer Freiheit, den Priestern übergeben werden.
Amtliche Ausrottung der Zauberer, der Hexen und aller, die sie
begünstigen, ordnet ein Kapitular Karls II. an 20. Verwandte Vor-
schriften finden sich im angelsächsischen Rechte 21. Sie stützen sich
auf Stellen der Bibel, nach welchen Zauberinnen und Wahrsager nicht
am Leben bleiben sollen 22.

2. Der Meineid und das falsche Zeugnis.

Der Meineid zählte zwar nach germanischer Volksanschauung zu
den Meinwerken; doch scheint man in älterer Zeit die Bestrafung des
Meineides in erster Linie von den Wirkungen des Fluches erwartet
zu haben, die der Schwörende für den Fall der Unwahrheit auf sich
herabrief 23. Denn die volksrechtlichen Strafen, die uns in den für
das älteste Recht massgebenden Quellen begegnen, sind verhältnis-
mässig gering. Die fränkischen Volksrechte haben für Meineid die
Busse von 15 Solidi; ja, der Eidhelfer, der nicht zu den tres seniores
gehört, büsst bei den Saliern nur 5 Solidi 24. In Baiern beträgt
die Meineidsbusse zwölf Schillinge, in nordischen Rechten drei Mark 25.
Bei den Angelsachsen taucht eine weltliche Meineidstrafe erst in
Knuts Gesetzen auf. Bis dahin scheint man den Meineidigen nur
kirchlicher Busse unterworfen zu haben 26.

Die Steigerung der Meineidstrafen erfolgte erst unter christlichem
Einfluss. Dies geht deutlich aus der vielfach übersehenen Thatsache
hervor, dass die schwereren Meineidstrafen, die in den karolingischen
Volksrechten begegnen, nur den in der Kirche oder auf die Reliquien
der Heiligen geschworenen Eid, also nur die neuen christlichen, nicht
aber die fortlebenden nationalen Formen des Eides betreffen 27.


20 Liu. 85. -- Karlomanni Cap. v. J. 742, c. 5, I 25. Karoli magni Cap.
primum c. 7, I 45. Admonitio generalis v. J. 789, c. 65, Cap. I 58 f. Cap. de
part. Sax. c. 23, I 69. Cap. Carisiac. v. J. 873, c. 7, Pertz, LL I 520.
21 Edward und Guthrum 11. Aethelred VI 7.
22 2 Moses 22, 18. 3 Moses 20, 27. Vgl. Alfred Einl. 30.
23 Liu. 144 sagt von dem Meineidigen, dass er: in se ipso et, quod plus est,
in Deo peccavit ... et sibimet ipsi non pepercit.
24 Siehe oben S. 386. 389.
25 Wilda, Strafr. S. 981.
26 Knut II 36. Schmid, Ges. der Ags. S. 631.
27 Lex Fris. 10: si quis homo super reliquiis sanctorum falsum sacramentum

§ 145. Zauberei, Meineid und Walraub.
erhielten sie als Lohn ihrer Thätigkeit. Eidlich muſsten die Unter-
beamten dem iudex geloben, hierin nichts versäumen zu wollen. Im
fränkischen Reiche wurde seit karolingischer Zeit die Aufdeckung und
Verfolgung von Zauberwerken und heidnischen Gebräuchen in erster
Linie den kirchlichen Organen überlassen. Bei den Sachsen sollten
Zauberer und Wahrsager nach einer Vorschrift Karls des Groſsen, wie
es scheint mit Verlust ihrer Freiheit, den Priestern übergeben werden.
Amtliche Ausrottung der Zauberer, der Hexen und aller, die sie
begünstigen, ordnet ein Kapitular Karls II. an 20. Verwandte Vor-
schriften finden sich im angelsächsischen Rechte 21. Sie stützen sich
auf Stellen der Bibel, nach welchen Zauberinnen und Wahrsager nicht
am Leben bleiben sollen 22.

2. Der Meineid und das falsche Zeugnis.

Der Meineid zählte zwar nach germanischer Volksanschauung zu
den Meinwerken; doch scheint man in älterer Zeit die Bestrafung des
Meineides in erster Linie von den Wirkungen des Fluches erwartet
zu haben, die der Schwörende für den Fall der Unwahrheit auf sich
herabrief 23. Denn die volksrechtlichen Strafen, die uns in den für
das älteste Recht maſsgebenden Quellen begegnen, sind verhältnis-
mäſsig gering. Die fränkischen Volksrechte haben für Meineid die
Buſse von 15 Solidi; ja, der Eidhelfer, der nicht zu den tres seniores
gehört, büſst bei den Saliern nur 5 Solidi 24. In Baiern beträgt
die Meineidsbuſse zwölf Schillinge, in nordischen Rechten drei Mark 25.
Bei den Angelsachsen taucht eine weltliche Meineidstrafe erst in
Knuts Gesetzen auf. Bis dahin scheint man den Meineidigen nur
kirchlicher Buſse unterworfen zu haben 26.

Die Steigerung der Meineidstrafen erfolgte erst unter christlichem
Einfluſs. Dies geht deutlich aus der vielfach übersehenen Thatsache
hervor, daſs die schwereren Meineidstrafen, die in den karolingischen
Volksrechten begegnen, nur den in der Kirche oder auf die Reliquien
der Heiligen geschworenen Eid, also nur die neuen christlichen, nicht
aber die fortlebenden nationalen Formen des Eides betreffen 27.


20 Liu. 85. — Karlomanni Cap. v. J. 742, c. 5, I 25. Karoli magni Cap.
primum c. 7, I 45. Admonitio generalis v. J. 789, c. 65, Cap. I 58 f. Cap. de
part. Sax. c. 23, I 69. Cap. Carisiac. v. J. 873, c. 7, Pertz, LL I 520.
21 Edward und Guthrum 11. Aethelred VI 7.
22 2 Moses 22, 18. 3 Moses 20, 27. Vgl. Alfred Einl. 30.
23 Liu. 144 sagt von dem Meineidigen, daſs er: in se ipso et, quod plus est,
in Deo peccavit … et sibimet ipsi non pepercit.
24 Siehe oben S. 386. 389.
25 Wilda, Strafr. S. 981.
26 Knut II 36. Schmid, Ges. der Ags. S. 631.
27 Lex Fris. 10: si quis homo super reliquiis sanctorum falsum sacramentum
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[681/0699] § 145. Zauberei, Meineid und Walraub. erhielten sie als Lohn ihrer Thätigkeit. Eidlich muſsten die Unter- beamten dem iudex geloben, hierin nichts versäumen zu wollen. Im fränkischen Reiche wurde seit karolingischer Zeit die Aufdeckung und Verfolgung von Zauberwerken und heidnischen Gebräuchen in erster Linie den kirchlichen Organen überlassen. Bei den Sachsen sollten Zauberer und Wahrsager nach einer Vorschrift Karls des Groſsen, wie es scheint mit Verlust ihrer Freiheit, den Priestern übergeben werden. Amtliche Ausrottung der Zauberer, der Hexen und aller, die sie begünstigen, ordnet ein Kapitular Karls II. an 20. Verwandte Vor- schriften finden sich im angelsächsischen Rechte 21. Sie stützen sich auf Stellen der Bibel, nach welchen Zauberinnen und Wahrsager nicht am Leben bleiben sollen 22. 2. Der Meineid und das falsche Zeugnis. Der Meineid zählte zwar nach germanischer Volksanschauung zu den Meinwerken; doch scheint man in älterer Zeit die Bestrafung des Meineides in erster Linie von den Wirkungen des Fluches erwartet zu haben, die der Schwörende für den Fall der Unwahrheit auf sich herabrief 23. Denn die volksrechtlichen Strafen, die uns in den für das älteste Recht maſsgebenden Quellen begegnen, sind verhältnis- mäſsig gering. Die fränkischen Volksrechte haben für Meineid die Buſse von 15 Solidi; ja, der Eidhelfer, der nicht zu den tres seniores gehört, büſst bei den Saliern nur 5 Solidi 24. In Baiern beträgt die Meineidsbuſse zwölf Schillinge, in nordischen Rechten drei Mark 25. Bei den Angelsachsen taucht eine weltliche Meineidstrafe erst in Knuts Gesetzen auf. Bis dahin scheint man den Meineidigen nur kirchlicher Buſse unterworfen zu haben 26. Die Steigerung der Meineidstrafen erfolgte erst unter christlichem Einfluſs. Dies geht deutlich aus der vielfach übersehenen Thatsache hervor, daſs die schwereren Meineidstrafen, die in den karolingischen Volksrechten begegnen, nur den in der Kirche oder auf die Reliquien der Heiligen geschworenen Eid, also nur die neuen christlichen, nicht aber die fortlebenden nationalen Formen des Eides betreffen 27. 20 Liu. 85. — Karlomanni Cap. v. J. 742, c. 5, I 25. Karoli magni Cap. primum c. 7, I 45. Admonitio generalis v. J. 789, c. 65, Cap. I 58 f. Cap. de part. Sax. c. 23, I 69. Cap. Carisiac. v. J. 873, c. 7, Pertz, LL I 520. 21 Edward und Guthrum 11. Aethelred VI 7. 22 2 Moses 22, 18. 3 Moses 20, 27. Vgl. Alfred Einl. 30. 23 Liu. 144 sagt von dem Meineidigen, daſs er: in se ipso et, quod plus est, in Deo peccavit … et sibimet ipsi non pepercit. 24 Siehe oben S. 386. 389. 25 Wilda, Strafr. S. 981. 26 Knut II 36. Schmid, Ges. der Ags. S. 631. 27 Lex Fris. 10: si quis homo super reliquiis sanctorum falsum sacramentum

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Zitationshilfe: Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1892, S. 681. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunner_rechtsgeschichte02_1892/699>, abgerufen am 21.11.2024.