Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1892.§ 138. Mord, Todschlag und Körperverletzung. verlangen, dass das Blut zur Erde fliesst, sanguis in terra cadat,terram tangat65. Die Lex Salica hält debilitationes und vulnera auseinander. Eine 1. Verstümmelung und Lähmung. Die Verstümmelungs- 65 Lex Sal. 17, 5. Lex Rib. 2. Lex Alam. 57, 2. 66 Lex Fris. 22, 90 i. f. 67 Grimm, WB VI 75 unter lähmen. 68 Nach fränkischem, friesischem, sächsischem, anglo-warnischem, langobardi- schem, angelsächsischem, burgundischem, dänischem und norwegischem Rechte für Hand und Fuss. 69 Siehe oben S. 620, Anm. 40. Die Lex Frisionum hat ihrem compilatori- schen Charakter entsprechend schwankende Angaben. Neben dem Ansatz von 80 und 53 1/3 Solidi finden wir in Lex Fris. 22, 27 eine Busse von 45 Solidi, die viel- leicht durch eine Zusatzbusse von 8 Solidi zu ergänzen ist. Siehe Richthofen, LL III 675 f. Anm. 80. Die Oberdeutschen haben für Hand, Fuss und Auge 40 Solidi (Lex Alam. 57, 14. 39. Lex Baiuw. IV 9), ein Viertel des vollen Wer- geldes, vielleicht die Hälfte der ursprünglichen Erbsühne. 70 So nach der Lex Angl. et Werin. Die Hälfte bei Franken und Sachsen. 71 Lex Sal. 29, 9. Lex Rib. 6. Lex Sax. 11. Cap. ital. v. J. 801, c. 5, I 205.
Lex Fris. 22, 57. 58. Aethelbirht 64 (das volle Wergeld, nämlich drei Leutgelder von je 100 Solidi; vgl. Hlo. und Eadric 1). Sunesen 65. § 138. Mord, Todschlag und Körperverletzung. verlangen, daſs das Blut zur Erde flieſst, sanguis in terra cadat,terram tangat65. Die Lex Salica hält debilitationes und vulnera auseinander. Eine 1. Verstümmelung und Lähmung. Die Verstümmelungs- 65 Lex Sal. 17, 5. Lex Rib. 2. Lex Alam. 57, 2. 66 Lex Fris. 22, 90 i. f. 67 Grimm, WB VI 75 unter lähmen. 68 Nach fränkischem, friesischem, sächsischem, anglo-warnischem, langobardi- schem, angelsächsischem, burgundischem, dänischem und norwegischem Rechte für Hand und Fuſs. 69 Siehe oben S. 620, Anm. 40. Die Lex Frisionum hat ihrem compilatori- schen Charakter entsprechend schwankende Angaben. Neben dem Ansatz von 80 und 53⅓ Solidi finden wir in Lex Fris. 22, 27 eine Buſse von 45 Solidi, die viel- leicht durch eine Zusatzbuſse von 8 Solidi zu ergänzen ist. Siehe Richthofen, LL III 675 f. Anm. 80. Die Oberdeutschen haben für Hand, Fuſs und Auge 40 Solidi (Lex Alam. 57, 14. 39. Lex Baiuw. IV 9), ein Viertel des vollen Wer- geldes, vielleicht die Hälfte der ursprünglichen Erbsühne. 70 So nach der Lex Angl. et Werin. Die Hälfte bei Franken und Sachsen. 71 Lex Sal. 29, 9. Lex Rib. 6. Lex Sax. 11. Cap. ital. v. J. 801, c. 5, I 205.
Lex Fris. 22, 57. 58. Aethelbirht 64 (das volle Wergeld, nämlich drei Leutgelder von je 100 Solidi; vgl. Hlo. und Eadric 1). Sunesen 65. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0653" n="635"/><fw place="top" type="header">§ 138. Mord, Todschlag und Körperverletzung.</fw><lb/> verlangen, daſs das Blut zur Erde flieſst, sanguis in terra cadat,<lb/> terram tangat<note place="foot" n="65">Lex Sal. 17, 5. Lex Rib. 2. Lex Alam. 57, 2.</note>.</p><lb/> <p>Die Lex Salica hält debilitationes und vulnera auseinander. Eine<lb/> Stelle der Lex Frisionum unterscheidet vulnera, percussiones, manca-<lb/> tiones<note place="foot" n="66">Lex Fris. 22, 90 i. f.</note>. Unter debilitatio oder mancatio ist eine Verletzung zu ver-<lb/> stehen, die ein Glied vom Körper trennt oder es unbrauchbar macht.<lb/> Die jüngere Rechtssprache redet diesfalls von Lähmung, leme,<lb/> lemnis<note place="foot" n="67"><hi rendition="#g">Grimm</hi>, WB VI 75 unter lähmen.</note>. Diese schlieſst die Verstümmelung, bair. lidiscarti, das am-<lb/> putare, truncare, abscindere, mutilare und die Lähmung im heutigen<lb/> Sinne in sich. Da sie sowohl mit scharfer Waffe als durch trockenen<lb/> Schlag, mit und ohne Blutverlust herbeigeführt werden kann, in bei-<lb/> den Fällen aber eine rechtlich ausgezeichnete Körperverletzung ist, so<lb/> haben wir im Sinne der deutschen Volksrechte drei Gruppen von<lb/> Leibesverletzungen zu unterscheiden.</p><lb/> <p>1. <hi rendition="#g">Verstümmelung und Lähmung</hi>. Die Verstümmelungs-<lb/> buſsen waren als Bruchteile des Wergeldes bestimmt. Und zwar wurde<lb/> für Auge, Hand und Fuſs<note place="foot" n="68">Nach fränkischem, friesischem, sächsischem, anglo-warnischem, langobardi-<lb/> schem, angelsächsischem, burgundischem, dänischem und norwegischem Rechte für<lb/> Hand und Fuſs.</note>, minder oft auch für Nase, Zunge und Ge-<lb/> hör das halbe Wergeld als Buſse gesetzt, wobei man aber mitunter<lb/> vor der Halbteilung des Wergeldes davon den Betrag der Mag-<lb/> sühne abzog<note place="foot" n="69">Siehe oben S. 620, Anm. 40. Die Lex Frisionum hat ihrem compilatori-<lb/> schen Charakter entsprechend schwankende Angaben. Neben dem Ansatz von 80<lb/> und 53⅓ Solidi finden wir in Lex Fris. 22, 27 eine Buſse von 45 Solidi, die viel-<lb/> leicht durch eine Zusatzbuſse von 8 Solidi zu ergänzen ist. Siehe <hi rendition="#g">Richthofen</hi>,<lb/> LL III 675 f. Anm. 80. Die Oberdeutschen haben für Hand, Fuſs und Auge<lb/> 40 Solidi (Lex Alam. 57, 14. 39. Lex Baiuw. IV 9), ein Viertel des vollen Wer-<lb/> geldes, vielleicht die Hälfte der ursprünglichen Erbsühne.</note>. Die Daumenbuſse betrug häufig die Hälfte oder<lb/> ein Drittel<note place="foot" n="70">So nach der Lex Angl. et Werin. Die Hälfte bei Franken und Sachsen.</note> der Handbuſse, oder man pflegte Daumen- und Finger-<lb/> buſsen derart zu normieren, daſs ihre Summe der vollen Handbuſse<lb/> oder dieser und einem für die Handfläche angesetzten Betrage gleich-<lb/> kam. Bei manchen Verstümmelungen stieg die Buſse bis zur Höhe<lb/> des Wergeldes; so bei Entmannung<note place="foot" n="71">Lex Sal. 29, 9. Lex Rib. 6. Lex Sax. 11. Cap. ital. v. J. 801, c. 5, I 205.<lb/> Lex Fris. 22, 57. 58. Aethelbirht 64 (das volle Wergeld, nämlich drei Leutgelder<lb/> von je 100 Solidi; vgl. Hlo. und Eadric 1). Sunesen 65.</note>, bei Verlust beider Hände,<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [635/0653]
§ 138. Mord, Todschlag und Körperverletzung.
verlangen, daſs das Blut zur Erde flieſst, sanguis in terra cadat,
terram tangat 65.
Die Lex Salica hält debilitationes und vulnera auseinander. Eine
Stelle der Lex Frisionum unterscheidet vulnera, percussiones, manca-
tiones 66. Unter debilitatio oder mancatio ist eine Verletzung zu ver-
stehen, die ein Glied vom Körper trennt oder es unbrauchbar macht.
Die jüngere Rechtssprache redet diesfalls von Lähmung, leme,
lemnis 67. Diese schlieſst die Verstümmelung, bair. lidiscarti, das am-
putare, truncare, abscindere, mutilare und die Lähmung im heutigen
Sinne in sich. Da sie sowohl mit scharfer Waffe als durch trockenen
Schlag, mit und ohne Blutverlust herbeigeführt werden kann, in bei-
den Fällen aber eine rechtlich ausgezeichnete Körperverletzung ist, so
haben wir im Sinne der deutschen Volksrechte drei Gruppen von
Leibesverletzungen zu unterscheiden.
1. Verstümmelung und Lähmung. Die Verstümmelungs-
buſsen waren als Bruchteile des Wergeldes bestimmt. Und zwar wurde
für Auge, Hand und Fuſs 68, minder oft auch für Nase, Zunge und Ge-
hör das halbe Wergeld als Buſse gesetzt, wobei man aber mitunter
vor der Halbteilung des Wergeldes davon den Betrag der Mag-
sühne abzog 69. Die Daumenbuſse betrug häufig die Hälfte oder
ein Drittel 70 der Handbuſse, oder man pflegte Daumen- und Finger-
buſsen derart zu normieren, daſs ihre Summe der vollen Handbuſse
oder dieser und einem für die Handfläche angesetzten Betrage gleich-
kam. Bei manchen Verstümmelungen stieg die Buſse bis zur Höhe
des Wergeldes; so bei Entmannung 71, bei Verlust beider Hände,
65 Lex Sal. 17, 5. Lex Rib. 2. Lex Alam. 57, 2.
66 Lex Fris. 22, 90 i. f.
67 Grimm, WB VI 75 unter lähmen.
68 Nach fränkischem, friesischem, sächsischem, anglo-warnischem, langobardi-
schem, angelsächsischem, burgundischem, dänischem und norwegischem Rechte für
Hand und Fuſs.
69 Siehe oben S. 620, Anm. 40. Die Lex Frisionum hat ihrem compilatori-
schen Charakter entsprechend schwankende Angaben. Neben dem Ansatz von 80
und 53⅓ Solidi finden wir in Lex Fris. 22, 27 eine Buſse von 45 Solidi, die viel-
leicht durch eine Zusatzbuſse von 8 Solidi zu ergänzen ist. Siehe Richthofen,
LL III 675 f. Anm. 80. Die Oberdeutschen haben für Hand, Fuſs und Auge
40 Solidi (Lex Alam. 57, 14. 39. Lex Baiuw. IV 9), ein Viertel des vollen Wer-
geldes, vielleicht die Hälfte der ursprünglichen Erbsühne.
70 So nach der Lex Angl. et Werin. Die Hälfte bei Franken und Sachsen.
71 Lex Sal. 29, 9. Lex Rib. 6. Lex Sax. 11. Cap. ital. v. J. 801, c. 5, I 205.
Lex Fris. 22, 57. 58. Aethelbirht 64 (das volle Wergeld, nämlich drei Leutgelder
von je 100 Solidi; vgl. Hlo. und Eadric 1). Sunesen 65.
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