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Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1892.

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§ 136. Die Bussen.
Texte der Lex Salica ersehen, dass für den Verlust von Auge, Hand
und Fuss eine Quote und zwar regelmässig die Hälfte des Wergeldes
bezahlt wurde38. Vermutlich ist auch die salische Gliederbusse von
621/2 Solidi aus einer Halbteilung des Wergeldes39 und zwar eines
um die Magsühne verkürzten Wergeldes hervorgegangen. Die daraus
abgeleitete Busse (66 2/3 Sol.) müsste dann freilich einer glatten Denar-
rechnung zu Liebe auf 2500 Denare (621/2 Solidi) abgerundet worden
sein40. Aus der Lösung der verwirkten Hand scheint die Busse der
Lebensgefährdung entstanden zu sein41.


38 Lex Burg. 11. Lex Rib. 5. Lex Angl. et Werin. 12, 15. Lex Fris. 22, 46.
Lex Sax. 11. Roth. 48. 62. 68. Cap. ital. v. J. 801, c. 5, I 205: medietas wiri-
geldi componatur. Ssp. Ldr. II 16, § 5. Richthofen, Rqu. S. 220, 15: en hand
of, en half lif; S. 222, 25: der fot al of, en half lif. Über nordische Rechte Wilda,
Strafrecht S. 762.
39 Wilda glaubt deshalb ein älteres salisches Wergeld von 125 Solidi an-
nehmen zu müssen. Für den Zusammenhang der Busszahl mit dem Wergelde spricht,
dass sie in Lex Sal. 14, 3 dem Romanus gegenüber etwa auf die Hälfte reduziert
wird, dagegen in Lex Sal. 64, 2 eine Verdreifachung erfährt.
40 Bei den Angelsachsen wurde nach Alfred 71 (vgl. Alfred 47, Leges Henrici
primi 93, 31) Auge, Hand und Fuss mit 66 Schillingen 6 1/3 Pfennigen gebüsst. Wie
bereits Schmid zu Alfred 47 bemerkt, müsste man 66 sh. 3 1/3 d. erwarten und
scheinen die 6 Pfennige nur wegen der Gleichheit der Ziffern eingesetzt zu sein.
Wilhelm I 19 rundet den Betrag auf 70 sh. ab. Da in Knut II 36 die halbe Were
dem Verluste der Hand gleichgestellt wird, dürfte jene Busse derart aus dem Wer-
gelde des Keorls gebildet worden sein, dass man dieses nach Abzug der Magsühne
halbierte. Die Magsühne betrug bei den Angelsachsen ein Drittel des Wergeldes.
Das Friedensgeld war in der Were nicht inbegriffen (vgl. Schmid, Ges. d. Ags.
S. 586). In der Lex Frisionum erscheint als Busse für Hand und Fuss der Betrag
von 53 1/3 Solidi, die Hälfte der friesischen Erbsühne, womit die Lösungstaxe der
Schwurhand übereinstimmt. Siehe von Richthofen in LL III 675, Anm. 80.
Die in Lex Fris. Add. 2, 1 genannte Handbusse von 25 Sol. 5 Denaren, die übri-
gens begründeten Bedenken unterliegt, wäre, wie der Schluss des Titels ergiebt, zu
verdreifachen. Das würde 80 Solidi, die Hälfte des vollen friesischen Manngeldes,
ergeben. Über das jüngere friesische Recht vgl. oben Anm. 38. Setzte man die
Hälfte des ganzen salischen Wergeldes (ohne Abzug der Magsühne) als Busse für
Hand, Fuss und Auge fest, so gelangte man zur Busse von 100 Solidi, wie sie
zahlreiche Texte der Lex Salica haben. Über das Verhältnis der Magsühne zur
Erbsühne siehe oben I 218 f.
41 Bei der Wassertauche hat Lex Sal. 41, 9, Cod. 2 die Busse von 621/2 Solidi,
wo die übrigen Handschriften 100 Solidi haben. Zwischen 621/2 und 100 Solidi
schwanken die Texte aber auch hinsichtlich der Handbusse. Siehe oben Anm. 40.
Dass nach fränkischem Rechte wegen Tötungsversuches auf Verlust der Hand er-
kannt werden konnte, bezeugt der Rechtsfall in Cartulaire de Redon Nr. 202, S. 157:
qualiter dedit A. clericus ... suam vineam ... pro redemptione manus sue
dextre, quam iudicaverunt incidere eo, quod voluit occidere A. presbiterum ..

§ 136. Die Buſsen.
Texte der Lex Salica ersehen, daſs für den Verlust von Auge, Hand
und Fuſs eine Quote und zwar regelmäſsig die Hälfte des Wergeldes
bezahlt wurde38. Vermutlich ist auch die salische Gliederbuſse von
62½ Solidi aus einer Halbteilung des Wergeldes39 und zwar eines
um die Magsühne verkürzten Wergeldes hervorgegangen. Die daraus
abgeleitete Buſse (66⅔ Sol.) müſste dann freilich einer glatten Denar-
rechnung zu Liebe auf 2500 Denare (62½ Solidi) abgerundet worden
sein40. Aus der Lösung der verwirkten Hand scheint die Buſse der
Lebensgefährdung entstanden zu sein41.


38 Lex Burg. 11. Lex Rib. 5. Lex Angl. et Werin. 12, 15. Lex Fris. 22, 46.
Lex Sax. 11. Roth. 48. 62. 68. Cap. ital. v. J. 801, c. 5, I 205: medietas wiri-
geldi componatur. Ssp. Ldr. II 16, § 5. Richthofen, Rqu. S. 220, 15: en hand
of, en half lif; S. 222, 25: der fot al of, en half lif. Über nordische Rechte Wilda,
Strafrecht S. 762.
39 Wilda glaubt deshalb ein älteres salisches Wergeld von 125 Solidi an-
nehmen zu müssen. Für den Zusammenhang der Buſszahl mit dem Wergelde spricht,
daſs sie in Lex Sal. 14, 3 dem Romanus gegenüber etwa auf die Hälfte reduziert
wird, dagegen in Lex Sal. 64, 2 eine Verdreifachung erfährt.
40 Bei den Angelsachsen wurde nach Alfred 71 (vgl. Alfred 47, Leges Henrici
primi 93, 31) Auge, Hand und Fuſs mit 66 Schillingen 6⅓ Pfennigen gebüſst. Wie
bereits Schmid zu Alfred 47 bemerkt, müſste man 66 sh. 3⅓ d. erwarten und
scheinen die 6 Pfennige nur wegen der Gleichheit der Ziffern eingesetzt zu sein.
Wilhelm I 19 rundet den Betrag auf 70 sh. ab. Da in Knut II 36 die halbe Were
dem Verluste der Hand gleichgestellt wird, dürfte jene Buſse derart aus dem Wer-
gelde des Keorls gebildet worden sein, daſs man dieses nach Abzug der Magsühne
halbierte. Die Magsühne betrug bei den Angelsachsen ein Drittel des Wergeldes.
Das Friedensgeld war in der Were nicht inbegriffen (vgl. Schmid, Ges. d. Ags.
S. 586). In der Lex Frisionum erscheint als Buſse für Hand und Fuſs der Betrag
von 53⅓ Solidi, die Hälfte der friesischen Erbsühne, womit die Lösungstaxe der
Schwurhand übereinstimmt. Siehe von Richthofen in LL III 675, Anm. 80.
Die in Lex Fris. Add. 2, 1 genannte Handbuſse von 25 Sol. 5 Denaren, die übri-
gens begründeten Bedenken unterliegt, wäre, wie der Schluſs des Titels ergiebt, zu
verdreifachen. Das würde 80 Solidi, die Hälfte des vollen friesischen Manngeldes,
ergeben. Über das jüngere friesische Recht vgl. oben Anm. 38. Setzte man die
Hälfte des ganzen salischen Wergeldes (ohne Abzug der Magsühne) als Buſse für
Hand, Fuſs und Auge fest, so gelangte man zur Buſse von 100 Solidi, wie sie
zahlreiche Texte der Lex Salica haben. Über das Verhältnis der Magsühne zur
Erbsühne siehe oben I 218 f.
41 Bei der Wassertauche hat Lex Sal. 41, 9, Cod. 2 die Buſse von 62½ Solidi,
wo die übrigen Handschriften 100 Solidi haben. Zwischen 62½ und 100 Solidi
schwanken die Texte aber auch hinsichtlich der Handbuſse. Siehe oben Anm. 40.
Daſs nach fränkischem Rechte wegen Tötungsversuches auf Verlust der Hand er-
kannt werden konnte, bezeugt der Rechtsfall in Cartulaire de Redon Nr. 202, S. 157:
qualiter dedit A. clericus … suam vineam … pro redemptione manus sue
dextre, quam iudicaverunt incidere eo, quod voluit occidere A. presbiterum ..
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[620/0638] § 136. Die Buſsen. Texte der Lex Salica ersehen, daſs für den Verlust von Auge, Hand und Fuſs eine Quote und zwar regelmäſsig die Hälfte des Wergeldes bezahlt wurde 38. Vermutlich ist auch die salische Gliederbuſse von 62½ Solidi aus einer Halbteilung des Wergeldes 39 und zwar eines um die Magsühne verkürzten Wergeldes hervorgegangen. Die daraus abgeleitete Buſse (66⅔ Sol.) müſste dann freilich einer glatten Denar- rechnung zu Liebe auf 2500 Denare (62½ Solidi) abgerundet worden sein 40. Aus der Lösung der verwirkten Hand scheint die Buſse der Lebensgefährdung entstanden zu sein 41. 38 Lex Burg. 11. Lex Rib. 5. Lex Angl. et Werin. 12, 15. Lex Fris. 22, 46. Lex Sax. 11. Roth. 48. 62. 68. Cap. ital. v. J. 801, c. 5, I 205: medietas wiri- geldi componatur. Ssp. Ldr. II 16, § 5. Richthofen, Rqu. S. 220, 15: en hand of, en half lif; S. 222, 25: der fot al of, en half lif. Über nordische Rechte Wilda, Strafrecht S. 762. 39 Wilda glaubt deshalb ein älteres salisches Wergeld von 125 Solidi an- nehmen zu müssen. Für den Zusammenhang der Buſszahl mit dem Wergelde spricht, daſs sie in Lex Sal. 14, 3 dem Romanus gegenüber etwa auf die Hälfte reduziert wird, dagegen in Lex Sal. 64, 2 eine Verdreifachung erfährt. 40 Bei den Angelsachsen wurde nach Alfred 71 (vgl. Alfred 47, Leges Henrici primi 93, 31) Auge, Hand und Fuſs mit 66 Schillingen 6⅓ Pfennigen gebüſst. Wie bereits Schmid zu Alfred 47 bemerkt, müſste man 66 sh. 3⅓ d. erwarten und scheinen die 6 Pfennige nur wegen der Gleichheit der Ziffern eingesetzt zu sein. Wilhelm I 19 rundet den Betrag auf 70 sh. ab. Da in Knut II 36 die halbe Were dem Verluste der Hand gleichgestellt wird, dürfte jene Buſse derart aus dem Wer- gelde des Keorls gebildet worden sein, daſs man dieses nach Abzug der Magsühne halbierte. Die Magsühne betrug bei den Angelsachsen ein Drittel des Wergeldes. Das Friedensgeld war in der Were nicht inbegriffen (vgl. Schmid, Ges. d. Ags. S. 586). In der Lex Frisionum erscheint als Buſse für Hand und Fuſs der Betrag von 53⅓ Solidi, die Hälfte der friesischen Erbsühne, womit die Lösungstaxe der Schwurhand übereinstimmt. Siehe von Richthofen in LL III 675, Anm. 80. Die in Lex Fris. Add. 2, 1 genannte Handbuſse von 25 Sol. 5 Denaren, die übri- gens begründeten Bedenken unterliegt, wäre, wie der Schluſs des Titels ergiebt, zu verdreifachen. Das würde 80 Solidi, die Hälfte des vollen friesischen Manngeldes, ergeben. Über das jüngere friesische Recht vgl. oben Anm. 38. Setzte man die Hälfte des ganzen salischen Wergeldes (ohne Abzug der Magsühne) als Buſse für Hand, Fuſs und Auge fest, so gelangte man zur Buſse von 100 Solidi, wie sie zahlreiche Texte der Lex Salica haben. Über das Verhältnis der Magsühne zur Erbsühne siehe oben I 218 f. 41 Bei der Wassertauche hat Lex Sal. 41, 9, Cod. 2 die Buſse von 62½ Solidi, wo die übrigen Handschriften 100 Solidi haben. Zwischen 62½ und 100 Solidi schwanken die Texte aber auch hinsichtlich der Handbuſse. Siehe oben Anm. 40. Daſs nach fränkischem Rechte wegen Tötungsversuches auf Verlust der Hand er- kannt werden konnte, bezeugt der Rechtsfall in Cartulaire de Redon Nr. 202, S. 157: qualiter dedit A. clericus … suam vineam … pro redemptione manus sue dextre, quam iudicaverunt incidere eo, quod voluit occidere A. presbiterum ..

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Zitationshilfe: Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1892, S. 620. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunner_rechtsgeschichte02_1892/638>, abgerufen am 22.11.2024.