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Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1892.

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§ 133. Die Lebensstrafen.
Strafgewalt verhängen und wenn sie der Verletzte an dem preis-
gegebenen Missethäter vollstreckt. Privatstrafe kann auch die Tötung
sein, durch die der Leibherr an dem eigenen Knechte Vergeltung nimmt.

Die Art der Todesstrafe pflegte weder durch die Strafsatzung,
noch durch das Todesurteil bestimmt zu werden19, sondern war Sache
des Strafvollzuges. Die Ausnahmen von der Regel betreffen hauptsäch-
lich die Privatstrafen, welche in dieser Beziehung zu normieren noch
am ehesten ein Bedürfnis vorlag20.

Als Vollzugsarten der Todesstrafe nennen die Quellen der fränki-
schen Zeit: 1. das Hängen, ahd. hahan, hangjan, die Hinrichtung am
Galgen (ahd. galgo, ags. gealgtreow, alts. waragtreo, ahd. weizipoum,
bargus, furca, patibulum), die häufigste Todesstrafe21, die namentlich
dem Diebe zu Teil wurde und nur bei Männern üblich war22; 2. das
Steinigen, ahd. steinon, steinum bivellan, ags. haenan, torfung, nord.
gryta, schwedisch stenka, eine Strafe zu gesamter Hand, die nicht
immer auf den Tod des Verbrechers berechnet war23; 3. die Ent-
hauptung mit dem Schwerte, decollare24; 4. das Ersticken im Schlamme
und das Ertränken25, necare, negare, enegare26, hauptsächlich bei
Weibern angewendet; 5. das Verbrennen27; 6. das Rädern, Rade-

19 Siehe oben S. 474 f. und die oben S. 595, Anm. 32 angeführte Stelle der
Annales Bertiniani.
20 Ein anderer Ausnahmefall in Annales Bertiniani z. J. 846, rec. Waitz
S. 34: iunior, cum equa coiens repertus, iudicio Francorum vivus incendio crematur,
ein Fall handhafter That.
21 Siehe oben S. 476. Beschreibung des Hängens in Arbeos Vita Corbiniani
ed. Riezler, 1888, S. 36. Siehe die Citate bei Waitz, VG II 2, S. 360, Anm. 2,
Sohm, Z. f. RG V 413. Vgl. Grimm, WB IV 2, S. 440 f.
22 Die ältere Zeit vermied es, Frauen dem Galgen zu überliefern. Grimm,
RA S. 687. Unbegründet ist der Widerspruch, den Glasson, Histoire III 546,
mit Berufung auf Jaffe, Bibl. III 172 gegen Wilda erhebt; denn in der angegebenen
Stelle erhängt das Weib sich selbst. Ein Beispiel eines an einer Frau vollstreckten
Galgentodes erst in Annales Fuldenses z. J. 899, ed. Kurze S. 133.
23 Siehe oben S. 469 f. 468, Anm. 2.
24 Greg. Tur. Hist. Franc. VIII 11, X 21. Fredegar IV 44. 52. Vita Rade-
gundis I 10, SS rer. Merow. II 368. Vita Arnulfi c. 13. Annales Mosell. z. J. 791,
MG SS XVI 498. Annales Einhardi z. J. 792. Annales Bertiniani z. J. 866, rec.
Waitz. S. 84. Annales Fuldenses z. J. 899.
25 Tacitus, Germ. c. 12. Lex Burg. 34, 1. Greg. Tur. Hist. Franc. II 28,
III 26, V 38, VI 35. Aethelstan IV 6, § 4 und die bei Grimm, RA S. 696, an-
geführten Stellen.
26 Franz. noyer. Diez, WB. I s. v. negare.
27 Greg. Tur. Hist. Franc. VI 35; V 39: legatam ad stipitem vivens exuritur
flammis. Annales Bertiniani z. J. 846, rec. Waitz S. 34. Aethelstan IV 6. 7.

§ 133. Die Lebensstrafen.
Strafgewalt verhängen und wenn sie der Verletzte an dem preis-
gegebenen Missethäter vollstreckt. Privatstrafe kann auch die Tötung
sein, durch die der Leibherr an dem eigenen Knechte Vergeltung nimmt.

Die Art der Todesstrafe pflegte weder durch die Strafsatzung,
noch durch das Todesurteil bestimmt zu werden19, sondern war Sache
des Strafvollzuges. Die Ausnahmen von der Regel betreffen hauptsäch-
lich die Privatstrafen, welche in dieser Beziehung zu normieren noch
am ehesten ein Bedürfnis vorlag20.

Als Vollzugsarten der Todesstrafe nennen die Quellen der fränki-
schen Zeit: 1. das Hängen, ahd. hâhan, hangjan, die Hinrichtung am
Galgen (ahd. galgo, ags. gealgtréow, alts. waragtreo, ahd. wîzipoum,
bargus, furca, patibulum), die häufigste Todesstrafe21, die namentlich
dem Diebe zu Teil wurde und nur bei Männern üblich war22; 2. das
Steinigen, ahd. steinôn, steinum bivellan, ags. hænan, torfung, nord.
grýta, schwedisch stenka, eine Strafe zu gesamter Hand, die nicht
immer auf den Tod des Verbrechers berechnet war23; 3. die Ent-
hauptung mit dem Schwerte, decollare24; 4. das Ersticken im Schlamme
und das Ertränken25, necare, negare, enegare26, hauptsächlich bei
Weibern angewendet; 5. das Verbrennen27; 6. das Rädern, Rade-

19 Siehe oben S. 474 f. und die oben S. 595, Anm. 32 angeführte Stelle der
Annales Bertiniani.
20 Ein anderer Ausnahmefall in Annales Bertiniani z. J. 846, rec. Waitz
S. 34: iunior, cum equa coiens repertus, iudicio Francorum vivus incendio crematur,
ein Fall handhafter That.
21 Siehe oben S. 476. Beschreibung des Hängens in Arbeos Vita Corbiniani
ed. Riezler, 1888, S. 36. Siehe die Citate bei Waitz, VG II 2, S. 360, Anm. 2,
Sohm, Z. f. RG V 413. Vgl. Grimm, WB IV 2, S. 440 f.
22 Die ältere Zeit vermied es, Frauen dem Galgen zu überliefern. Grimm,
RA S. 687. Unbegründet ist der Widerspruch, den Glasson, Histoire III 546,
mit Berufung auf Jaffé, Bibl. III 172 gegen Wilda erhebt; denn in der angegebenen
Stelle erhängt das Weib sich selbst. Ein Beispiel eines an einer Frau vollstreckten
Galgentodes erst in Annales Fuldenses z. J. 899, ed. Kurze S. 133.
23 Siehe oben S. 469 f. 468, Anm. 2.
24 Greg. Tur. Hist. Franc. VIII 11, X 21. Fredegar IV 44. 52. Vita Rade-
gundis I 10, SS rer. Merow. II 368. Vita Arnulfi c. 13. Annales Mosell. z. J. 791,
MG SS XVI 498. Annales Einhardi z. J. 792. Annales Bertiniani z. J. 866, rec.
Waitz. S. 84. Annales Fuldenses z. J. 899.
25 Tacitus, Germ. c. 12. Lex Burg. 34, 1. Greg. Tur. Hist. Franc. II 28,
III 26, V 38, VI 35. Aethelstan IV 6, § 4 und die bei Grimm, RA S. 696, an-
geführten Stellen.
26 Franz. noyer. Diez, WB. I s. v. negare.
27 Greg. Tur. Hist. Franc. VI 35; V 39: legatam ad stipitem vivens exuritur
flammis. Annales Bertiniani z. J. 846, rec. Waitz S. 34. Aethelstan IV 6. 7.
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[601/0619] § 133. Die Lebensstrafen. Strafgewalt verhängen und wenn sie der Verletzte an dem preis- gegebenen Missethäter vollstreckt. Privatstrafe kann auch die Tötung sein, durch die der Leibherr an dem eigenen Knechte Vergeltung nimmt. Die Art der Todesstrafe pflegte weder durch die Strafsatzung, noch durch das Todesurteil bestimmt zu werden 19, sondern war Sache des Strafvollzuges. Die Ausnahmen von der Regel betreffen hauptsäch- lich die Privatstrafen, welche in dieser Beziehung zu normieren noch am ehesten ein Bedürfnis vorlag 20. Als Vollzugsarten der Todesstrafe nennen die Quellen der fränki- schen Zeit: 1. das Hängen, ahd. hâhan, hangjan, die Hinrichtung am Galgen (ahd. galgo, ags. gealgtréow, alts. waragtreo, ahd. wîzipoum, bargus, furca, patibulum), die häufigste Todesstrafe 21, die namentlich dem Diebe zu Teil wurde und nur bei Männern üblich war 22; 2. das Steinigen, ahd. steinôn, steinum bivellan, ags. hænan, torfung, nord. grýta, schwedisch stenka, eine Strafe zu gesamter Hand, die nicht immer auf den Tod des Verbrechers berechnet war 23; 3. die Ent- hauptung mit dem Schwerte, decollare 24; 4. das Ersticken im Schlamme und das Ertränken 25, necare, negare, enegare 26, hauptsächlich bei Weibern angewendet; 5. das Verbrennen 27; 6. das Rädern, Rade- 19 Siehe oben S. 474 f. und die oben S. 595, Anm. 32 angeführte Stelle der Annales Bertiniani. 20 Ein anderer Ausnahmefall in Annales Bertiniani z. J. 846, rec. Waitz S. 34: iunior, cum equa coiens repertus, iudicio Francorum vivus incendio crematur, ein Fall handhafter That. 21 Siehe oben S. 476. Beschreibung des Hängens in Arbeos Vita Corbiniani ed. Riezler, 1888, S. 36. Siehe die Citate bei Waitz, VG II 2, S. 360, Anm. 2, Sohm, Z. f. RG V 413. Vgl. Grimm, WB IV 2, S. 440 f. 22 Die ältere Zeit vermied es, Frauen dem Galgen zu überliefern. Grimm, RA S. 687. Unbegründet ist der Widerspruch, den Glasson, Histoire III 546, mit Berufung auf Jaffé, Bibl. III 172 gegen Wilda erhebt; denn in der angegebenen Stelle erhängt das Weib sich selbst. Ein Beispiel eines an einer Frau vollstreckten Galgentodes erst in Annales Fuldenses z. J. 899, ed. Kurze S. 133. 23 Siehe oben S. 469 f. 468, Anm. 2. 24 Greg. Tur. Hist. Franc. VIII 11, X 21. Fredegar IV 44. 52. Vita Rade- gundis I 10, SS rer. Merow. II 368. Vita Arnulfi c. 13. Annales Mosell. z. J. 791, MG SS XVI 498. Annales Einhardi z. J. 792. Annales Bertiniani z. J. 866, rec. Waitz. S. 84. Annales Fuldenses z. J. 899. 25 Tacitus, Germ. c. 12. Lex Burg. 34, 1. Greg. Tur. Hist. Franc. II 28, III 26, V 38, VI 35. Aethelstan IV 6, § 4 und die bei Grimm, RA S. 696, an- geführten Stellen. 26 Franz. noyer. Diez, WB. I s. v. negare. 27 Greg. Tur. Hist. Franc. VI 35; V 39: legatam ad stipitem vivens exuritur flammis. Annales Bertiniani z. J. 846, rec. Waitz S. 34. Aethelstan IV 6. 7.

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Zitationshilfe: Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1892, S. 601. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunner_rechtsgeschichte02_1892/619>, abgerufen am 22.11.2024.