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Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1892.

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§ 63. Der unmündige König.
Grossen zustande und wurde von ihnen beschworen 35. Als Karl III.
das gesamte Reich wieder vereinigte, verdankte er dies dem Entschluss
der westfränkischen Grossen, die ihn mit Umgehung eines unmündigen
Thronerben zur Herrschaft in Westfranken beriefen. Andererseits war
ein Wahlakt, die Erhebung Arnulfs durch die ostrheinischen Stämme,
der Anlass zur Auflösung der fränkischen Monarchie.

So ist der Sieg, welchen das Erbrecht seit Chlodovech über das
Wahlprinzip errungen und lange Zeit hindurch behauptet hatte, im
Verlauf der fränkischen Geschichte wiederum gründlich abgeschwächt
worden. Erbrecht und Wahlrecht ergänzen sich in spätkarolingischer
etwa wie in germanischer Zeit, nur dass die Wahl zwar formell
dem Volke, aber thatsächlich den Grossen zusteht. Die Geschichte
der fränkischen Thronfolge endigt ohne reine Lösung der Gegensätze.
Es blieb der folgenden Periode vorbehalten, im deutschen Reiche das
Wahlprinzip, im westfränkischen das Erbrecht, und hier wie dort die
Unteilbarkeit des Reiches zur vollen Geltung zu bringen.

§ 63. Der unmündige König.

Waitz, VG II 1, S. 172. Pardessus, Loi Salique S. 452. Kraut, Die Vor-
mundschaft nach den Grundsätzen des deutschen Rechts III (1859) 113 f. Her-
mann Schulze
, Z. f. RG VII 368. Schröder, Z2 f. RG II 41 f. Derselbe,
RG S. 112. W. Sickel in den Götting. gel. Anzeigen 1889, S. 996.

Mündigkeit oder Waffenfähigkeit war keine rechtliche Voraus-
setzung der Thronfolge. Auch der unmündige, der noch nicht wehr-
hafte Sprosse des Königsgeschlechtes succedierte in die Herrschaft.
Doch war das Alter massgebend für die Übernahme der selbständigen
Regierung.

Die Merowinger lebten nach salischem Rechte. Der Mündigkeits-
termin des salischen Rechtes war das zwölfte Lebensjahr. Allein es
finden sich Anhaltspunkte, dass im Hause der Merowinger ein von
dem privatrechtlichen abweichender staatsrechtlicher Mündigkeitstermin
bestand, welcher durch die Wehrhaftmachung bestimmt wurde, und
dass diese erst nach vollendetem fünfzehnten Lebensjahre stattzufinden
pflegte. So war Childebert II. fünfzehn Jahre alt, als sein Oheim
Guntchram ihn feierlich für regierungsfähig erklärte und ihm das Symbol

35 Ep. Hincm. ad Ludow. Balbum c. 4 bei Migne, Patrol. lat. CXXV 986: do-
nec, vellent nollent, et seniores et regni primores in tres partes regnum diviserunt
et per sacramenta ipsam divisionem stabilem esse debere confirmaverunt.

§ 63. Der unmündige König.
Groſsen zustande und wurde von ihnen beschworen 35. Als Karl III.
das gesamte Reich wieder vereinigte, verdankte er dies dem Entschluſs
der westfränkischen Groſsen, die ihn mit Umgehung eines unmündigen
Thronerben zur Herrschaft in Westfranken beriefen. Andererseits war
ein Wahlakt, die Erhebung Arnulfs durch die ostrheinischen Stämme,
der Anlaſs zur Auflösung der fränkischen Monarchie.

So ist der Sieg, welchen das Erbrecht seit Chlodovech über das
Wahlprinzip errungen und lange Zeit hindurch behauptet hatte, im
Verlauf der fränkischen Geschichte wiederum gründlich abgeschwächt
worden. Erbrecht und Wahlrecht ergänzen sich in spätkarolingischer
etwa wie in germanischer Zeit, nur daſs die Wahl zwar formell
dem Volke, aber thatsächlich den Groſsen zusteht. Die Geschichte
der fränkischen Thronfolge endigt ohne reine Lösung der Gegensätze.
Es blieb der folgenden Periode vorbehalten, im deutschen Reiche das
Wahlprinzip, im westfränkischen das Erbrecht, und hier wie dort die
Unteilbarkeit des Reiches zur vollen Geltung zu bringen.

§ 63. Der unmündige König.

Waitz, VG II 1, S. 172. Pardessus, Loi Salique S. 452. Kraut, Die Vor-
mundschaft nach den Grundsätzen des deutschen Rechts III (1859) 113 f. Her-
mann Schulze
, Z. f. RG VII 368. Schröder, Z2 f. RG II 41 f. Derselbe,
RG S. 112. W. Sickel in den Götting. gel. Anzeigen 1889, S. 996.

Mündigkeit oder Waffenfähigkeit war keine rechtliche Voraus-
setzung der Thronfolge. Auch der unmündige, der noch nicht wehr-
hafte Sprosse des Königsgeschlechtes succedierte in die Herrschaft.
Doch war das Alter maſsgebend für die Übernahme der selbständigen
Regierung.

Die Merowinger lebten nach salischem Rechte. Der Mündigkeits-
termin des salischen Rechtes war das zwölfte Lebensjahr. Allein es
finden sich Anhaltspunkte, daſs im Hause der Merowinger ein von
dem privatrechtlichen abweichender staatsrechtlicher Mündigkeitstermin
bestand, welcher durch die Wehrhaftmachung bestimmt wurde, und
daſs diese erst nach vollendetem fünfzehnten Lebensjahre stattzufinden
pflegte. So war Childebert II. fünfzehn Jahre alt, als sein Oheim
Guntchram ihn feierlich für regierungsfähig erklärte und ihm das Symbol

35 Ep. Hincm. ad Ludow. Balbum c. 4 bei Migne, Patrol. lat. CXXV 986: do-
nec, vellent nollent, et seniores et regni primores in tres partes regnum diviserunt
et per sacramenta ipsam divisionem stabilem esse debere confirmaverunt.
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[31/0049] § 63. Der unmündige König. Groſsen zustande und wurde von ihnen beschworen 35. Als Karl III. das gesamte Reich wieder vereinigte, verdankte er dies dem Entschluſs der westfränkischen Groſsen, die ihn mit Umgehung eines unmündigen Thronerben zur Herrschaft in Westfranken beriefen. Andererseits war ein Wahlakt, die Erhebung Arnulfs durch die ostrheinischen Stämme, der Anlaſs zur Auflösung der fränkischen Monarchie. So ist der Sieg, welchen das Erbrecht seit Chlodovech über das Wahlprinzip errungen und lange Zeit hindurch behauptet hatte, im Verlauf der fränkischen Geschichte wiederum gründlich abgeschwächt worden. Erbrecht und Wahlrecht ergänzen sich in spätkarolingischer etwa wie in germanischer Zeit, nur daſs die Wahl zwar formell dem Volke, aber thatsächlich den Groſsen zusteht. Die Geschichte der fränkischen Thronfolge endigt ohne reine Lösung der Gegensätze. Es blieb der folgenden Periode vorbehalten, im deutschen Reiche das Wahlprinzip, im westfränkischen das Erbrecht, und hier wie dort die Unteilbarkeit des Reiches zur vollen Geltung zu bringen. § 63. Der unmündige König. Waitz, VG II 1, S. 172. Pardessus, Loi Salique S. 452. Kraut, Die Vor- mundschaft nach den Grundsätzen des deutschen Rechts III (1859) 113 f. Her- mann Schulze, Z. f. RG VII 368. Schröder, Z2 f. RG II 41 f. Derselbe, RG S. 112. W. Sickel in den Götting. gel. Anzeigen 1889, S. 996. Mündigkeit oder Waffenfähigkeit war keine rechtliche Voraus- setzung der Thronfolge. Auch der unmündige, der noch nicht wehr- hafte Sprosse des Königsgeschlechtes succedierte in die Herrschaft. Doch war das Alter maſsgebend für die Übernahme der selbständigen Regierung. Die Merowinger lebten nach salischem Rechte. Der Mündigkeits- termin des salischen Rechtes war das zwölfte Lebensjahr. Allein es finden sich Anhaltspunkte, daſs im Hause der Merowinger ein von dem privatrechtlichen abweichender staatsrechtlicher Mündigkeitstermin bestand, welcher durch die Wehrhaftmachung bestimmt wurde, und daſs diese erst nach vollendetem fünfzehnten Lebensjahre stattzufinden pflegte. So war Childebert II. fünfzehn Jahre alt, als sein Oheim Guntchram ihn feierlich für regierungsfähig erklärte und ihm das Symbol 35 Ep. Hincm. ad Ludow. Balbum c. 4 bei Migne, Patrol. lat. CXXV 986: do- nec, vellent nollent, et seniores et regni primores in tres partes regnum diviserunt et per sacramenta ipsam divisionem stabilem esse debere confirmaverunt.

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Zitationshilfe: Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1892, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunner_rechtsgeschichte02_1892/49>, abgerufen am 28.11.2024.