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Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1892.

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§ 91. Das Benefizialwesen.
merowingischen Landschenkungen. Das Recht des Besitzers wurde
daher nach dem Vorbilde der Precarien, welche die Kirche von alters
her freiwillig ausgethan hatte, als precarium oder beneficium be-
zeichnet.

Für die Nutzung des Gutes hatte der Besitzer an die Kirche
einen Zins zu zahlen. Karlmann setzte als solchen zu Estinnes einen
Solidus von der Hufe fest 23. Später erfuhr der Zins eine Verände-
rung. Ein Kapitular Karls des Grossen v. J. 779 schreibt die Zah-
lung eines doppelten Zehenten (decima et nona) vor, in dem der all-
gemeine Kirchenzehent inbegriffen war 24. Ausserdem soll ein Zins
bezahlt werden, der bei Gütern, von denen bis dahin noch nicht ge-
zinst wurde, so niedrig gegriffen war, dass er nur die Bedeutung
eines Rekognitionszinses besass, bei anderen durch das Herkommen
bestimmt wurde 25. Die Entrichtung der nonae et decimae muss im
allgemeinen eine unpünktliche gewesen sein; denn Karl und seine
Nachfolger sahen sich wiederholt veranlasst, sie aufs neue einzuschärfen.
Wie jeder, der ein kirchliches Benefizium innehatte, musste auch der
Inhaber eines königlichen Benefiziums aus Kirchengut zu den Kirchen-
baulasten beitragen, sofern es sich nicht um den Bau von neuen
Kirchen handelte 26.


23 Siehe oben Anm. 19. Papst Zacharias schrieb 751 an Bonifatius: de censu
autem aecclesiarum id est solidum de cassata suscipe ... Jaffe, Bibl. III 225.
24 Von den neun Zehnteln, die nach Abzug des allgemeinen Kirchenzehenten
übrig blieben, musste der neunte Teil, also ein zweites Zehntel des ganzen Er-
trages, gezehntet werden.
25 Cap. Haristall. v. J. 779, c. 13, I 50. Roth, BW S. 364, Feudal. S. 125,
Waitz, VG III 38, Anm. 2. Der Zins erscheint neben den nonae et decimae in
Form. imper. 21: quicumque ex largitione nostra de rebus praefatae ecclesiae
beneficia habetis, nonas et decimas vel census ... dare non negligatis. Siehe noch
die in Anm. 26 angeführte Stelle aus Benedictus und die darauffolgenden Stellen.
26 Cap. Aquitan. v. J. 768, c. 1, I 42. Cap. miss. v. J. 802, c. 56, I 104:
ut ii, qui per beneficium domni imperatoris ecclesiasticas res habent, decimam et
nonam dare et ecclesiarum restaurationem facere studeant. Cap. canonibus excerpta
v. J. 813, c. 24, I 175. Cap. miss. Aquit. v. J. 789, c. 2, I 65. Synod. Franconof.
v. J. 794, c. 26, I 76. Cap. per se scrib. v. J. 818/9, c. 5, I 287. Conv. Sparnac.
v. J. 846, c. 63, Pertz, LL I 392. Die oben Anm. 25 citierte Stelle der Form.
imper. 21 fährt fort: ad domus ipsius ecclesiae restaurandas unusquisque pro
viribus suis adiutorium ferre non differat. Benedictus Levita V 13: ut illi homines,
qui res ecclesiasticas per verbum domni regis tenent ... ut illas ecclesias unde
sunt ... iuxta quod de ipsis rebus tenent, emendare debeant et illos census vel
illas decimas et nonas ibidem dare pleniter debeant ... Vgl. Mühlbacher Nr. 379.
Nach den angeblichen Acta epp. Cenom. c. 17, S. 289 gab Karl d. Gr. Güter der
Kirche von Le Mans zu Benefizium, de quibus nonas et decimas et census legiti-

§ 91. Das Benefizialwesen.
merowingischen Landschenkungen. Das Recht des Besitzers wurde
daher nach dem Vorbilde der Precarien, welche die Kirche von alters
her freiwillig ausgethan hatte, als precarium oder beneficium be-
zeichnet.

Für die Nutzung des Gutes hatte der Besitzer an die Kirche
einen Zins zu zahlen. Karlmann setzte als solchen zu Estinnes einen
Solidus von der Hufe fest 23. Später erfuhr der Zins eine Verände-
rung. Ein Kapitular Karls des Groſsen v. J. 779 schreibt die Zah-
lung eines doppelten Zehenten (decima et nona) vor, in dem der all-
gemeine Kirchenzehent inbegriffen war 24. Auſserdem soll ein Zins
bezahlt werden, der bei Gütern, von denen bis dahin noch nicht ge-
zinst wurde, so niedrig gegriffen war, daſs er nur die Bedeutung
eines Rekognitionszinses besaſs, bei anderen durch das Herkommen
bestimmt wurde 25. Die Entrichtung der nonae et decimae muſs im
allgemeinen eine unpünktliche gewesen sein; denn Karl und seine
Nachfolger sahen sich wiederholt veranlaſst, sie aufs neue einzuschärfen.
Wie jeder, der ein kirchliches Benefizium innehatte, muſste auch der
Inhaber eines königlichen Benefiziums aus Kirchengut zu den Kirchen-
baulasten beitragen, sofern es sich nicht um den Bau von neuen
Kirchen handelte 26.


23 Siehe oben Anm. 19. Papst Zacharias schrieb 751 an Bonifatius: de censu
autem aecclesiarum id est solidum de cassata suscipe … Jaffé, Bibl. III 225.
24 Von den neun Zehnteln, die nach Abzug des allgemeinen Kirchenzehenten
übrig blieben, muſste der neunte Teil, also ein zweites Zehntel des ganzen Er-
trages, gezehntet werden.
25 Cap. Haristall. v. J. 779, c. 13, I 50. Roth, BW S. 364, Feudal. S. 125,
Waitz, VG III 38, Anm. 2. Der Zins erscheint neben den nonae et decimae in
Form. imper. 21: quicumque ex largitione nostra de rebus praefatae ecclesiae
beneficia habetis, nonas et decimas vel census … dare non negligatis. Siehe noch
die in Anm. 26 angeführte Stelle aus Benedictus und die darauffolgenden Stellen.
26 Cap. Aquitan. v. J. 768, c. 1, I 42. Cap. miss. v. J. 802, c. 56, I 104:
ut ii, qui per beneficium domni imperatoris ecclesiasticas res habent, decimam et
nonam dare et ecclesiarum restaurationem facere studeant. Cap. canonibus excerpta
v. J. 813, c. 24, I 175. Cap. miss. Aquit. v. J. 789, c. 2, I 65. Synod. Franconof.
v. J. 794, c. 26, I 76. Cap. per se scrib. v. J. 818/9, c. 5, I 287. Conv. Sparnac.
v. J. 846, c. 63, Pertz, LL I 392. Die oben Anm. 25 citierte Stelle der Form.
imper. 21 fährt fort: ad domus ipsius ecclesiae restaurandas unusquisque pro
viribus suis adiutorium ferre non differat. Benedictus Levita V 13: ut illi homines,
qui res ecclesiasticas per verbum domni regis tenent … ut illas ecclesias unde
sunt … iuxta quod de ipsis rebus tenent, emendare debeant et illos census vel
illas decimas et nonas ibidem dare pleniter debeant … Vgl. Mühlbacher Nr. 379.
Nach den angeblichen Acta epp. Cenom. c. 17, S. 289 gab Karl d. Gr. Güter der
Kirche von Le Mans zu Benefizium, de quibus nonas et decimas et census legiti-
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[249/0267] § 91. Das Benefizialwesen. merowingischen Landschenkungen. Das Recht des Besitzers wurde daher nach dem Vorbilde der Precarien, welche die Kirche von alters her freiwillig ausgethan hatte, als precarium oder beneficium be- zeichnet. Für die Nutzung des Gutes hatte der Besitzer an die Kirche einen Zins zu zahlen. Karlmann setzte als solchen zu Estinnes einen Solidus von der Hufe fest 23. Später erfuhr der Zins eine Verände- rung. Ein Kapitular Karls des Groſsen v. J. 779 schreibt die Zah- lung eines doppelten Zehenten (decima et nona) vor, in dem der all- gemeine Kirchenzehent inbegriffen war 24. Auſserdem soll ein Zins bezahlt werden, der bei Gütern, von denen bis dahin noch nicht ge- zinst wurde, so niedrig gegriffen war, daſs er nur die Bedeutung eines Rekognitionszinses besaſs, bei anderen durch das Herkommen bestimmt wurde 25. Die Entrichtung der nonae et decimae muſs im allgemeinen eine unpünktliche gewesen sein; denn Karl und seine Nachfolger sahen sich wiederholt veranlaſst, sie aufs neue einzuschärfen. Wie jeder, der ein kirchliches Benefizium innehatte, muſste auch der Inhaber eines königlichen Benefiziums aus Kirchengut zu den Kirchen- baulasten beitragen, sofern es sich nicht um den Bau von neuen Kirchen handelte 26. 23 Siehe oben Anm. 19. Papst Zacharias schrieb 751 an Bonifatius: de censu autem aecclesiarum id est solidum de cassata suscipe … Jaffé, Bibl. III 225. 24 Von den neun Zehnteln, die nach Abzug des allgemeinen Kirchenzehenten übrig blieben, muſste der neunte Teil, also ein zweites Zehntel des ganzen Er- trages, gezehntet werden. 25 Cap. Haristall. v. J. 779, c. 13, I 50. Roth, BW S. 364, Feudal. S. 125, Waitz, VG III 38, Anm. 2. Der Zins erscheint neben den nonae et decimae in Form. imper. 21: quicumque ex largitione nostra de rebus praefatae ecclesiae beneficia habetis, nonas et decimas vel census … dare non negligatis. Siehe noch die in Anm. 26 angeführte Stelle aus Benedictus und die darauffolgenden Stellen. 26 Cap. Aquitan. v. J. 768, c. 1, I 42. Cap. miss. v. J. 802, c. 56, I 104: ut ii, qui per beneficium domni imperatoris ecclesiasticas res habent, decimam et nonam dare et ecclesiarum restaurationem facere studeant. Cap. canonibus excerpta v. J. 813, c. 24, I 175. Cap. miss. Aquit. v. J. 789, c. 2, I 65. Synod. Franconof. v. J. 794, c. 26, I 76. Cap. per se scrib. v. J. 818/9, c. 5, I 287. Conv. Sparnac. v. J. 846, c. 63, Pertz, LL I 392. Die oben Anm. 25 citierte Stelle der Form. imper. 21 fährt fort: ad domus ipsius ecclesiae restaurandas unusquisque pro viribus suis adiutorium ferre non differat. Benedictus Levita V 13: ut illi homines, qui res ecclesiasticas per verbum domni regis tenent … ut illas ecclesias unde sunt … iuxta quod de ipsis rebus tenent, emendare debeant et illos census vel illas decimas et nonas ibidem dare pleniter debeant … Vgl. Mühlbacher Nr. 379. Nach den angeblichen Acta epp. Cenom. c. 17, S. 289 gab Karl d. Gr. Güter der Kirche von Le Mans zu Benefizium, de quibus nonas et decimas et census legiti-

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Zitationshilfe: Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1892, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunner_rechtsgeschichte02_1892/267>, abgerufen am 25.11.2024.