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Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1892.

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§ 75. Die Beamten der Domänenverwaltung.
curator regis 43, villicus 44. Ein oberdeutscher Ausdruck für den Guts-
verwalter ist uns in der latinisierten Form castaldus, castaldius er-
halten. Sie taucht gelegentlich in alamannischen und bairischen Ur-
kunden auf 45 und deckt sich sprachlich mit dem langobardischen
gastaldio, der als Domänenbeamter des Königs dem dux zur Seite
steht. Unter den actores wurden wohl verschiedenartige Domänen-
beamte zusammengefasst, solche, die gleich den merowingischen do-
mestici einen grösseren Domänenbezirk unter sich hatten, solche, die
einen einzelnen Fiskus oder eine einzelne Villa verwalteten.

Es konnte vorkommen, dass der Graf die Verwaltung des in
seiner Grafschaft befindlichen Krongutes hatte 46. Die Regel war dies
aber durchaus nicht 47. Dagegen wurde selbstverständlicherweise das
Königsgut, welches Amtsgut, Dotation der Grafschaft war und in

43 Waitz, VG IV 143, Anm. 3. Auch dieser Sprachgebrauch ist römisch
und westgotisch.
44 Waitz, VG IV 142, Anm. 4.
45 Mon. Boica XXVIII 1, S. 23, Nr. 25 (785--797), H 138. Meichelbeck,
Nr. 715. Wartmann I 276, Nr. 297 v. J. 826, II 393, Anhang Nr. 15. J. Grimm
verweist in einem Nachtrag zu RA S. 754 auf den nordfriesischen Staller.
46 Waitz, VG IV 168, Anm. 1.
47 Von den Belegen, die Sohm S. 16, Anm. 21 anführt, spricht keiner für
eine solche Regel. Die Stelle des Cap. de disciplina palatii c. 2, I 298: et comi-
tum, qui actores non sunt, kann keinesfalls herangezogen werden; denn unter den
actores sind Hof- und Pfalzbeamte zu verstehen. Die Verordnung hat den Zweck, die
Pfalz zu Aachen von lüderlichem und verdächtigem Gesindel zu reinigen. Zu
diesem Zwecke sollen die Wohnungen (mansiones) in und um Aachen untersucht
werden. Küchenmeister und Marschall führen die Untersuchung in den mansiones
actorum nostrorum. Der Quartiermeister führt sie in den Wohnungen der Bischöfe,
Äbte, jener comites, qui actores non sunt, und der königlichen Vassallen zur Zeit,
da sie nicht in ihren Wohnungen sind. Es mag zweifelhaft sein, ob unter den
actores Pfalzbeamte der Domänenverwaltung gemeint sind oder, was ich für wahr-
scheinlicher halte, Hof- und Pfalzbeamte überhaupt. Unter den comites, qui actores
non sunt, sind sicherlich comites inbegriffen, die, ohne ein Hof- oder Pfalzamt zu
haben, sich vorübergehend am Hofe aufhalten und daselbst einlogiert sind. Es
ist aber durchaus nicht abzusehen, warum es für jene comites bei der Untersuchung
ihrer mansiones nach Dirnen und schlechten Leuten einen Unterschied begründen
soll, ob sie zu Hause in ihrer Grafschaft nebenbei noch die daselbst befindlichen
Domänen verwalten oder nicht. Der Quartiermeister, der die Besucher der Pfalz,
die zum König kommen, einzuquartieren hat, ist nach Lage der Sache berufen, die
Wohnungen derjenigen zu untersuchen, die keinerlei Hof- oder Pfalzamt haben.
In Cap. Worm. v. J. 829, c. 10, II 14 sind die agri dominicati zehntpflichtiges
Salland, welches im Privatbesitz steht. Der Graf oder missus hat nicht die Auf-
sicht darüber, sondern soll einschreiten, wenn der Besitzer das Gut brach liegen
lässt, um der Zehntpflicht zu entgehen.

§ 75. Die Beamten der Domänenverwaltung.
curator regis 43, villicus 44. Ein oberdeutscher Ausdruck für den Guts-
verwalter ist uns in der latinisierten Form castaldus, castaldius er-
halten. Sie taucht gelegentlich in alamannischen und bairischen Ur-
kunden auf 45 und deckt sich sprachlich mit dem langobardischen
gastaldio, der als Domänenbeamter des Königs dem dux zur Seite
steht. Unter den actores wurden wohl verschiedenartige Domänen-
beamte zusammengefaſst, solche, die gleich den merowingischen do-
mestici einen gröſseren Domänenbezirk unter sich hatten, solche, die
einen einzelnen Fiskus oder eine einzelne Villa verwalteten.

Es konnte vorkommen, daſs der Graf die Verwaltung des in
seiner Grafschaft befindlichen Krongutes hatte 46. Die Regel war dies
aber durchaus nicht 47. Dagegen wurde selbstverständlicherweise das
Königsgut, welches Amtsgut, Dotation der Grafschaft war und in

43 Waitz, VG IV 143, Anm. 3. Auch dieser Sprachgebrauch ist römisch
und westgotisch.
44 Waitz, VG IV 142, Anm. 4.
45 Mon. Boica XXVIII 1, S. 23, Nr. 25 (785—797), H 138. Meichelbeck,
Nr. 715. Wartmann I 276, Nr. 297 v. J. 826, II 393, Anhang Nr. 15. J. Grimm
verweist in einem Nachtrag zu RA S. 754 auf den nordfriesischen Staller.
46 Waitz, VG IV 168, Anm. 1.
47 Von den Belegen, die Sohm S. 16, Anm. 21 anführt, spricht keiner für
eine solche Regel. Die Stelle des Cap. de disciplina palatii c. 2, I 298: et comi-
tum, qui actores non sunt, kann keinesfalls herangezogen werden; denn unter den
actores sind Hof- und Pfalzbeamte zu verstehen. Die Verordnung hat den Zweck, die
Pfalz zu Aachen von lüderlichem und verdächtigem Gesindel zu reinigen. Zu
diesem Zwecke sollen die Wohnungen (mansiones) in und um Aachen untersucht
werden. Küchenmeister und Marschall führen die Untersuchung in den mansiones
actorum nostrorum. Der Quartiermeister führt sie in den Wohnungen der Bischöfe,
Äbte, jener comites, qui actores non sunt, und der königlichen Vassallen zur Zeit,
da sie nicht in ihren Wohnungen sind. Es mag zweifelhaft sein, ob unter den
actores Pfalzbeamte der Domänenverwaltung gemeint sind oder, was ich für wahr-
scheinlicher halte, Hof- und Pfalzbeamte überhaupt. Unter den comites, qui actores
non sunt, sind sicherlich comites inbegriffen, die, ohne ein Hof- oder Pfalzamt zu
haben, sich vorübergehend am Hofe aufhalten und daselbst einlogiert sind. Es
ist aber durchaus nicht abzusehen, warum es für jene comites bei der Untersuchung
ihrer mansiones nach Dirnen und schlechten Leuten einen Unterschied begründen
soll, ob sie zu Hause in ihrer Grafschaft nebenbei noch die daselbst befindlichen
Domänen verwalten oder nicht. Der Quartiermeister, der die Besucher der Pfalz,
die zum König kommen, einzuquartieren hat, ist nach Lage der Sache berufen, die
Wohnungen derjenigen zu untersuchen, die keinerlei Hof- oder Pfalzamt haben.
In Cap. Worm. v. J. 829, c. 10, II 14 sind die agri dominicati zehntpflichtiges
Salland, welches im Privatbesitz steht. Der Graf oder missus hat nicht die Auf-
sicht darüber, sondern soll einschreiten, wenn der Besitzer das Gut brach liegen
läſst, um der Zehntpflicht zu entgehen.
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[124/0142] § 75. Die Beamten der Domänenverwaltung. curator regis 43, villicus 44. Ein oberdeutscher Ausdruck für den Guts- verwalter ist uns in der latinisierten Form castaldus, castaldius er- halten. Sie taucht gelegentlich in alamannischen und bairischen Ur- kunden auf 45 und deckt sich sprachlich mit dem langobardischen gastaldio, der als Domänenbeamter des Königs dem dux zur Seite steht. Unter den actores wurden wohl verschiedenartige Domänen- beamte zusammengefaſst, solche, die gleich den merowingischen do- mestici einen gröſseren Domänenbezirk unter sich hatten, solche, die einen einzelnen Fiskus oder eine einzelne Villa verwalteten. Es konnte vorkommen, daſs der Graf die Verwaltung des in seiner Grafschaft befindlichen Krongutes hatte 46. Die Regel war dies aber durchaus nicht 47. Dagegen wurde selbstverständlicherweise das Königsgut, welches Amtsgut, Dotation der Grafschaft war und in 43 Waitz, VG IV 143, Anm. 3. Auch dieser Sprachgebrauch ist römisch und westgotisch. 44 Waitz, VG IV 142, Anm. 4. 45 Mon. Boica XXVIII 1, S. 23, Nr. 25 (785—797), H 138. Meichelbeck, Nr. 715. Wartmann I 276, Nr. 297 v. J. 826, II 393, Anhang Nr. 15. J. Grimm verweist in einem Nachtrag zu RA S. 754 auf den nordfriesischen Staller. 46 Waitz, VG IV 168, Anm. 1. 47 Von den Belegen, die Sohm S. 16, Anm. 21 anführt, spricht keiner für eine solche Regel. Die Stelle des Cap. de disciplina palatii c. 2, I 298: et comi- tum, qui actores non sunt, kann keinesfalls herangezogen werden; denn unter den actores sind Hof- und Pfalzbeamte zu verstehen. Die Verordnung hat den Zweck, die Pfalz zu Aachen von lüderlichem und verdächtigem Gesindel zu reinigen. Zu diesem Zwecke sollen die Wohnungen (mansiones) in und um Aachen untersucht werden. Küchenmeister und Marschall führen die Untersuchung in den mansiones actorum nostrorum. Der Quartiermeister führt sie in den Wohnungen der Bischöfe, Äbte, jener comites, qui actores non sunt, und der königlichen Vassallen zur Zeit, da sie nicht in ihren Wohnungen sind. Es mag zweifelhaft sein, ob unter den actores Pfalzbeamte der Domänenverwaltung gemeint sind oder, was ich für wahr- scheinlicher halte, Hof- und Pfalzbeamte überhaupt. Unter den comites, qui actores non sunt, sind sicherlich comites inbegriffen, die, ohne ein Hof- oder Pfalzamt zu haben, sich vorübergehend am Hofe aufhalten und daselbst einlogiert sind. Es ist aber durchaus nicht abzusehen, warum es für jene comites bei der Untersuchung ihrer mansiones nach Dirnen und schlechten Leuten einen Unterschied begründen soll, ob sie zu Hause in ihrer Grafschaft nebenbei noch die daselbst befindlichen Domänen verwalten oder nicht. Der Quartiermeister, der die Besucher der Pfalz, die zum König kommen, einzuquartieren hat, ist nach Lage der Sache berufen, die Wohnungen derjenigen zu untersuchen, die keinerlei Hof- oder Pfalzamt haben. In Cap. Worm. v. J. 829, c. 10, II 14 sind die agri dominicati zehntpflichtiges Salland, welches im Privatbesitz steht. Der Graf oder missus hat nicht die Auf- sicht darüber, sondern soll einschreiten, wenn der Besitzer das Gut brach liegen läſst, um der Zehntpflicht zu entgehen.

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Zitationshilfe: Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1892, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunner_rechtsgeschichte02_1892/142>, abgerufen am 22.11.2024.