landes I 1, 1886. v. Sybel, Entstehung des deutschen Königthums, 2. Aufl. 1881. Waitz, Verfassungsgesch. I 97 ff. L. v. Maurer, Gesch. der Markverfassung, 1856; derselbe, Einleitung zur Gesch. der Mark-, Hof-, Dorf- u. Stadtverfassung, 1854; derselbe, Gesch. der Dorfverf., 1865. 1866. Thudichum, Die Gau- u. Markverf., 1860. Gierke, Rechtsgesch. der deutschen Genossenschaft I 56. -- Laveleye, Das Ureigenthum, übersetzt u. vervollständigt von Bücher 1879. Dazu Kohler, KrV XXIII 24. Viollet, Caractere collectif des premieres proprietes immobilieres, Biblioth. de l'ecole des chartes 1872. Fustel de Coulanges, Recherches sur quelques problemes ch. 2 u. 3, 1885. Francesco Schupfer, L'Allodio, studi sulla proprieta dei secoli barbarici, 1885. Denman Ross, The early history of landholding among the Germans, 1883. Seebohm, English Village Community, 1. Ausg. 1883, übers. unter dem Titel: Die englische Dorfgemeinde in ihren Beziehungen zur Gutsherrlichkeit ... zur Flureinteilung und Feldgemein- schaft, nach der 3. Ausg. von Th. v. Bunsen 1885.
Als ein Volk, dem ein Städtewesen durchaus fehlte, bewegten sich die Germanen in einfachen wirtschaftlichen Zuständen, welchen eine gewisse Gleichförmigkeit der Besitzverhältnisse entsprechen musste. Sie betreiben mit Vorliebe die Jagd, stehen aber nicht mehr auf der Stufe des Jägervolkes. Vielmehr bildet den Mittelpunkt ihres Wirt- schaftslebens die Viehzucht. Sie liefert die Hauptnahrung des Volkes. Das Vieh ist Geld, in Viehhäuptern zahlt man die Bussen 1, der Vieh- stand bestimmt den Reichtum des einzelnen, wie denn die ältesten, Geld und Habe bezeichnenden Ausdrücke der Sprache auf ihn hin- weisen 2. Trotzdem sind die Germanen auch kein nomadisierendes Hirtenvolk. Sie haben Wohnsitze und treiben Ackerbau.
Die Sesshaftigkeit ist aber noch eine lose, das Volk nicht fest mit Grund und Boden verwachsen, sondern leicht imstande und leicht entschlossen seine Sitze aufzugeben. Und der Ackerbau, den schon ihre arischen Ahnen gekannt haben müssen, wurde von den Germanen nur nebensächlich und oberflächlich betrieben. Dass sie auf die Bebauung des Bodens geringe Sorgfalt verwendeten, sagen die überein- stimmenden Berichte der Alten 3, und noch in den fränkischen Volks- rechten stehen die dürftigen Angaben über Ackergeräte und Hausein- richtungen in bezeichnendem Gegensatze zu dem Reichtum an Rechts- sätzen, welche den Viehstand und die Jagdbedürfnisse betreffen 4. Über die herrschende Art der Bodenbewirtschaftung sind nur Ver-
1 Über Vieh als Zahlungsmittel Inama-Sternegg I 181.
2 Vieh, got. faihu; Schatz, fries. sket. Vgl. got. maithms und s. Vilmar, Deutsche altertümer im Heliand S 32 f.
3 Caesar, De bello gall. VI 29: minime homines Germani agriculturae student. Pomponius Mela III 3: nam ne illa quidem enixe colunt. Tacitus, Germania c. 15.
4Lamprecht I 1. 9. 15.
§ 10. Das Wirtschaftsleben der Urzeit.
landes I 1, 1886. v. Sybel, Entstehung des deutschen Königthums, 2. Aufl. 1881. Waitz, Verfassungsgesch. I 97 ff. L. v. Maurer, Gesch. der Markverfassung, 1856; derselbe, Einleitung zur Gesch. der Mark-, Hof-, Dorf- u. Stadtverfassung, 1854; derselbe, Gesch. der Dorfverf., 1865. 1866. Thudichum, Die Gau- u. Markverf., 1860. Gierke, Rechtsgesch. der deutschen Genossenschaft I 56. — Laveleye, Das Ureigenthum, übersetzt u. vervollständigt von Bücher 1879. Dazu Kohler, KrV XXIII 24. Viollet, Caractère collectif des premières propriétés immobilières, Biblioth. de l’école des chartes 1872. Fustel de Coulanges, Recherches sur quelques problèmes ch. 2 u. 3, 1885. Francesco Schupfer, L’Allodio, studi sulla proprietà dei secoli barbarici, 1885. Denman Roſs, The early history of landholding among the Germans, 1883. Seebohm, English Village Community, 1. Ausg. 1883, übers. unter dem Titel: Die englische Dorfgemeinde in ihren Beziehungen zur Gutsherrlichkeit … zur Flureinteilung und Feldgemein- schaft, nach der 3. Ausg. von Th. v. Bunsen 1885.
Als ein Volk, dem ein Städtewesen durchaus fehlte, bewegten sich die Germanen in einfachen wirtschaftlichen Zuständen, welchen eine gewisse Gleichförmigkeit der Besitzverhältnisse entsprechen muſste. Sie betreiben mit Vorliebe die Jagd, stehen aber nicht mehr auf der Stufe des Jägervolkes. Vielmehr bildet den Mittelpunkt ihres Wirt- schaftslebens die Viehzucht. Sie liefert die Hauptnahrung des Volkes. Das Vieh ist Geld, in Viehhäuptern zahlt man die Buſsen 1, der Vieh- stand bestimmt den Reichtum des einzelnen, wie denn die ältesten, Geld und Habe bezeichnenden Ausdrücke der Sprache auf ihn hin- weisen 2. Trotzdem sind die Germanen auch kein nomadisierendes Hirtenvolk. Sie haben Wohnsitze und treiben Ackerbau.
Die Seſshaftigkeit ist aber noch eine lose, das Volk nicht fest mit Grund und Boden verwachsen, sondern leicht imstande und leicht entschlossen seine Sitze aufzugeben. Und der Ackerbau, den schon ihre arischen Ahnen gekannt haben müssen, wurde von den Germanen nur nebensächlich und oberflächlich betrieben. Daſs sie auf die Bebauung des Bodens geringe Sorgfalt verwendeten, sagen die überein- stimmenden Berichte der Alten 3, und noch in den fränkischen Volks- rechten stehen die dürftigen Angaben über Ackergeräte und Hausein- richtungen in bezeichnendem Gegensatze zu dem Reichtum an Rechts- sätzen, welche den Viehstand und die Jagdbedürfnisse betreffen 4. Über die herrschende Art der Bodenbewirtschaftung sind nur Ver-
1 Über Vieh als Zahlungsmittel Inama-Sternegg I 181.
2 Vieh, got. faíhu; Schatz, fries. sket. Vgl. got. maiþms und s. Vilmar, Deutsche altertümer im Hêliand S 32 f.
3 Caesar, De bello gall. VI 29: minime homines Germani agriculturae student. Pomponius Mela III 3: nam ne illa quidem enixe colunt. Tacitus, Germania c. 15.
4Lamprecht I 1. 9. 15.
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[57/0075]
§ 10. Das Wirtschaftsleben der Urzeit.
landes I 1, 1886. v. Sybel, Entstehung des deutschen Königthums, 2. Aufl. 1881.
Waitz, Verfassungsgesch. I 97 ff. L. v. Maurer, Gesch. der Markverfassung,
1856; derselbe, Einleitung zur Gesch. der Mark-, Hof-, Dorf- u. Stadtverfassung,
1854; derselbe, Gesch. der Dorfverf., 1865. 1866. Thudichum, Die Gau- u.
Markverf., 1860. Gierke, Rechtsgesch. der deutschen Genossenschaft I 56. —
Laveleye, Das Ureigenthum, übersetzt u. vervollständigt von Bücher 1879. Dazu
Kohler, KrV XXIII 24. Viollet, Caractère collectif des premières propriétés
immobilières, Biblioth. de l’école des chartes 1872. Fustel de Coulanges,
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L’Allodio, studi sulla proprietà dei secoli barbarici, 1885. Denman Roſs, The
early history of landholding among the Germans, 1883. Seebohm, English Village
Community, 1. Ausg. 1883, übers. unter dem Titel: Die englische Dorfgemeinde in
ihren Beziehungen zur Gutsherrlichkeit … zur Flureinteilung und Feldgemein-
schaft, nach der 3. Ausg. von Th. v. Bunsen 1885.
Als ein Volk, dem ein Städtewesen durchaus fehlte, bewegten
sich die Germanen in einfachen wirtschaftlichen Zuständen, welchen
eine gewisse Gleichförmigkeit der Besitzverhältnisse entsprechen muſste.
Sie betreiben mit Vorliebe die Jagd, stehen aber nicht mehr auf der
Stufe des Jägervolkes. Vielmehr bildet den Mittelpunkt ihres Wirt-
schaftslebens die Viehzucht. Sie liefert die Hauptnahrung des Volkes.
Das Vieh ist Geld, in Viehhäuptern zahlt man die Buſsen 1, der Vieh-
stand bestimmt den Reichtum des einzelnen, wie denn die ältesten,
Geld und Habe bezeichnenden Ausdrücke der Sprache auf ihn hin-
weisen 2. Trotzdem sind die Germanen auch kein nomadisierendes
Hirtenvolk. Sie haben Wohnsitze und treiben Ackerbau.
Die Seſshaftigkeit ist aber noch eine lose, das Volk nicht fest
mit Grund und Boden verwachsen, sondern leicht imstande und leicht
entschlossen seine Sitze aufzugeben. Und der Ackerbau, den schon
ihre arischen Ahnen gekannt haben müssen, wurde von den Germanen
nur nebensächlich und oberflächlich betrieben. Daſs sie auf die
Bebauung des Bodens geringe Sorgfalt verwendeten, sagen die überein-
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rechten stehen die dürftigen Angaben über Ackergeräte und Hausein-
richtungen in bezeichnendem Gegensatze zu dem Reichtum an Rechts-
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Über die herrschende Art der Bodenbewirtschaftung sind nur Ver-
1 Über Vieh als Zahlungsmittel Inama-Sternegg I 181.
2 Vieh, got. faíhu; Schatz, fries. sket. Vgl. got. maiþms und s. Vilmar,
Deutsche altertümer im Hêliand S 32 f.
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Pomponius Mela III 3: nam ne illa quidem enixe colunt. Tacitus, Germania c. 15.
4 Lamprecht I 1. 9. 15.
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Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 1. Leipzig, 1887, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunner_rechtsgeschichte01_1887/75>, abgerufen am 16.02.2025.
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