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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 2. Stuttgart, 1859.

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lichen keineswegs gänzlich fehlte. Offenbar liessen sich ihre
Werke, weil sie an den Wänden hafteten, nicht nach Willkür
von einem Orte zum andern versetzen; und ihr Ruhm blieb
daher hauptsächlich nur an den Orten ihrer Thätigkeit le-
bendig.

Jetzt werden wir nun auch einigen Werth auf die Aus-
drücke legen dürfen, mit denen Plinius, Pausanias u. a. die
Werke dieser älteren Künstler erwähnen: hic Delphis aedem
pinxit; hic et Athenis porticum; [fremdsprachliches Material - fehlt]
[fremdsprachliches Material - fehlt] u. s. w. Zwar hat man die Bedeutung auch dieser
Ausdrücke durch die Annahme zu schwächen gesucht, dass
ja ganze Wände mit Holz getäfelt gewesen sein könnten.
Allein für ein solches Auskunftmittel sind nicht einmal Ana-
logien, geschweige denn Beweise beizubringen. Kein Ge-
mälde auf Holz aus dem ganzen Mittelalter und der neueren
Zeit ist von solcher Ausdehnung, dass es seinen Charakter als
Staffeleibild verleugnen könnte. Wohl aber haben wir Nach-
richten von wirklichen Wandgemälden aus der ältesten Zeit
in Italien. Mag auch Plinius1) das Alter der Gemälde in
Ardea, Lanuvium, Caere gar zu hoch anschlagen, so waren
sie doch immerhin alt, und die Werke des Damophilos und
Gorgasos im Cerestempel zu Rom2) sind auf keinen Fall
jünger als Polygnot; Wandgemälde alten Styls sind endlich
noch jetzt in etrurischen Gräbern erhalten. Einen Gegen-
satz aber zwischen Italien und Griechenland im Gebrauche
dieser Gattung der Malerei anzunehmen, sind wir durch nichts
berechtigt, ja durch die Nachricht über die eben angeführten
beiden griechischen Maler geradezu verhindert.

Sehen wir aber endlich von den äusseren Zeugnissen
gänzlich ab, so müssen wir in unserer Auffassung durch die
Betrachtung des Wesens der Malerei selbst nur bestärkt
werden. Wir haben in der Geschichte der Bildhauer wieder-
holt darauf hingewiesen, dass die Bronze eine andere Behand-
lung der Form verlangt, als der Marmor. Nicht minder gross
ist der stylistische Unterschied in der Malerei, je nachdem
ein Gemälde auf der Fläche der Wand oder auf einer Tafel von
Holz ausgeführt wird. Das Wandgemälde soll nicht für sich
allein bestehen, sondern steht auch mit dem ganzen archi-

1) 35, 17.
2) Plin. 35, 154.
Brunn, Geschichte der griech. Künstler. II. 5

lichen keineswegs gänzlich fehlte. Offenbar liessen sich ihre
Werke, weil sie an den Wänden hafteten, nicht nach Willkür
von einem Orte zum andern versetzen; und ihr Ruhm blieb
daher hauptsächlich nur an den Orten ihrer Thätigkeit le-
bendig.

Jetzt werden wir nun auch einigen Werth auf die Aus-
drücke legen dürfen, mit denen Plinius, Pausanias u. a. die
Werke dieser älteren Künstler erwähnen: hic Delphis aedem
pinxit; hic et Athenis porticum; [fremdsprachliches Material – fehlt]
[fremdsprachliches Material – fehlt] u. s. w. Zwar hat man die Bedeutung auch dieser
Ausdrücke durch die Annahme zu schwächen gesucht, dass
ja ganze Wände mit Holz getäfelt gewesen sein könnten.
Allein für ein solches Auskunftmittel sind nicht einmal Ana-
logien, geschweige denn Beweise beizubringen. Kein Ge-
mälde auf Holz aus dem ganzen Mittelalter und der neueren
Zeit ist von solcher Ausdehnung, dass es seinen Charakter als
Staffeleibild verleugnen könnte. Wohl aber haben wir Nach-
richten von wirklichen Wandgemälden aus der ältesten Zeit
in Italien. Mag auch Plinius1) das Alter der Gemälde in
Ardea, Lanuvium, Caere gar zu hoch anschlagen, so waren
sie doch immerhin alt, und die Werke des Damophilos und
Gorgasos im Cerestempel zu Rom2) sind auf keinen Fall
jünger als Polygnot; Wandgemälde alten Styls sind endlich
noch jetzt in etrurischen Gräbern erhalten. Einen Gegen-
satz aber zwischen Italien und Griechenland im Gebrauche
dieser Gattung der Malerei anzunehmen, sind wir durch nichts
berechtigt, ja durch die Nachricht über die eben angeführten
beiden griechischen Maler geradezu verhindert.

Sehen wir aber endlich von den äusseren Zeugnissen
gänzlich ab, so müssen wir in unserer Auffassung durch die
Betrachtung des Wesens der Malerei selbst nur bestärkt
werden. Wir haben in der Geschichte der Bildhauer wieder-
holt darauf hingewiesen, dass die Bronze eine andere Behand-
lung der Form verlangt, als der Marmor. Nicht minder gross
ist der stylistische Unterschied in der Malerei, je nachdem
ein Gemälde auf der Fläche der Wand oder auf einer Tafel von
Holz ausgeführt wird. Das Wandgemälde soll nicht für sich
allein bestehen, sondern steht auch mit dem ganzen archi-

1) 35, 17.
2) Plin. 35, 154.
Brunn, Geschichte der griech. Künstler. II. 5
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[65/0082] lichen keineswegs gänzlich fehlte. Offenbar liessen sich ihre Werke, weil sie an den Wänden hafteten, nicht nach Willkür von einem Orte zum andern versetzen; und ihr Ruhm blieb daher hauptsächlich nur an den Orten ihrer Thätigkeit le- bendig. Jetzt werden wir nun auch einigen Werth auf die Aus- drücke legen dürfen, mit denen Plinius, Pausanias u. a. die Werke dieser älteren Künstler erwähnen: hic Delphis aedem pinxit; hic et Athenis porticum; _ _ u. s. w. Zwar hat man die Bedeutung auch dieser Ausdrücke durch die Annahme zu schwächen gesucht, dass ja ganze Wände mit Holz getäfelt gewesen sein könnten. Allein für ein solches Auskunftmittel sind nicht einmal Ana- logien, geschweige denn Beweise beizubringen. Kein Ge- mälde auf Holz aus dem ganzen Mittelalter und der neueren Zeit ist von solcher Ausdehnung, dass es seinen Charakter als Staffeleibild verleugnen könnte. Wohl aber haben wir Nach- richten von wirklichen Wandgemälden aus der ältesten Zeit in Italien. Mag auch Plinius 1) das Alter der Gemälde in Ardea, Lanuvium, Caere gar zu hoch anschlagen, so waren sie doch immerhin alt, und die Werke des Damophilos und Gorgasos im Cerestempel zu Rom 2) sind auf keinen Fall jünger als Polygnot; Wandgemälde alten Styls sind endlich noch jetzt in etrurischen Gräbern erhalten. Einen Gegen- satz aber zwischen Italien und Griechenland im Gebrauche dieser Gattung der Malerei anzunehmen, sind wir durch nichts berechtigt, ja durch die Nachricht über die eben angeführten beiden griechischen Maler geradezu verhindert. Sehen wir aber endlich von den äusseren Zeugnissen gänzlich ab, so müssen wir in unserer Auffassung durch die Betrachtung des Wesens der Malerei selbst nur bestärkt werden. Wir haben in der Geschichte der Bildhauer wieder- holt darauf hingewiesen, dass die Bronze eine andere Behand- lung der Form verlangt, als der Marmor. Nicht minder gross ist der stylistische Unterschied in der Malerei, je nachdem ein Gemälde auf der Fläche der Wand oder auf einer Tafel von Holz ausgeführt wird. Das Wandgemälde soll nicht für sich allein bestehen, sondern steht auch mit dem ganzen archi- 1) 35, 17. 2) Plin. 35, 154. Brunn, Geschichte der griech. Künstler. II. 5

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Zitationshilfe: Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 2. Stuttgart, 1859, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen02_1859/82>, abgerufen am 21.11.2024.