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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 2. Stuttgart, 1859.

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gestellt ist hier ein ruhig stehender Tiger oder Panther,
auf dem ein bärtiger Mann reitet; vor ihm sitzt quer auf dem
Thiere eine weibliche Gestalt in der Art, dass man von ihr
hauptsächlich den Rücken sieht. Im untern Abschnitte die In-
schrift [fremdsprachliches Material - fehlt]. Richtig bemerkt Köhler S. 198, dass dem
Betrachtenden nicht deutlich wird, was der Künstler eigent-
lich habe vorstellen wollen. Denn bei der Deutung auf Her-
cules und Deianira oder Omphale bleibt sowohl der Thyrsus,
den beide halten, als der Panther ohne Erklärung, und Hercu-
les wäre weder durch den künstlerischen Typus, noch durch
Attribute irgendwie genügend charakterisirt, indem das über
die Brust geknüpfte sichtbare Stück eines Thierfelles vielmehr
an eine Nebris erinnert. Gegen die Deutung auf Bacchus
und Ariadne spricht aber die Bärtigkeit des Mannes, die nur,
und auch da nur in anderer künstlerischer Ausführung, dem
bekleideten sogenannten indischen Bacchus zukommen würde.
Was soll ferner der an die Zeit der Antonine erinnernde
Kopfputz der Frau in einer Darstellung dieser Art? Endlich
ist die Biegung des Thyrsus, der oben von der Frau, unten
vom Manne gefasst wird, als sollte dadurch das Herunterfal-
len der Frau verhindert werden, ein sehr gesuchtes und, um es
kurz zu sagen, unantikes Motiv. Köhler, der merkwürdiger-
weise hier nur die Inschrift bezweifelt, möchte alle diese Un-
gehörigkeiten nur auf das Ungeschick eines der Mythologie
wenig kundigen Künstlers oder Bestellers schieben. Betrachte
ich jedoch nach den bisherigen Bemerkungen noch das Ganze
der Composition, so glaube ich auch darin eine grosse Aengst-
lichkeit und einen Mangel an demjenigem innern Leben, an
der Frische der Conception zu bemerken, welche auch den
Werken der spätem Zeit, selbst bei mangelhafter Ausfüh-
rung noch eigen ist.

Mit nicht weniger als drei Werken des Karpos beschenkt
uns die Miliotti'sche Sammlung (Descr. d'une coll. d. p. gr.,
Vienne 1803), der wir ausserdem nur einen falschen Pyrgote-
les, einen nicht minder verdächtigen Teukros, und einen [fremdsprachliches Material - fehlt]
(sic) auf einem sicher modernen Steine verdanken. Das erste
(pl. 19) ist ein Camee in Achat-Onyx: eine Wiederholung der
Leierspielerin des Onesas, die auch zu Fälschungen der Na-
men des Allion und Kronios benutzt ist. Die des Karpos
zeichnet sich vor den andern nur dadurch aus, dass der

gestellt ist hier ein ruhig stehender Tiger oder Panther,
auf dem ein bärtiger Mann reitet; vor ihm sitzt quer auf dem
Thiere eine weibliche Gestalt in der Art, dass man von ihr
hauptsächlich den Rücken sieht. Im untern Abschnitte die In-
schrift [fremdsprachliches Material – fehlt]. Richtig bemerkt Köhler S. 198, dass dem
Betrachtenden nicht deutlich wird, was der Künstler eigent-
lich habe vorstellen wollen. Denn bei der Deutung auf Her-
cules und Deianira oder Omphale bleibt sowohl der Thyrsus,
den beide halten, als der Panther ohne Erklärung, und Hercu-
les wäre weder durch den künstlerischen Typus, noch durch
Attribute irgendwie genügend charakterisirt, indem das über
die Brust geknüpfte sichtbare Stück eines Thierfelles vielmehr
an eine Nebris erinnert. Gegen die Deutung auf Bacchus
und Ariadne spricht aber die Bärtigkeit des Mannes, die nur,
und auch da nur in anderer künstlerischer Ausführung, dem
bekleideten sogenannten indischen Bacchus zukommen würde.
Was soll ferner der an die Zeit der Antonine erinnernde
Kopfputz der Frau in einer Darstellung dieser Art? Endlich
ist die Biegung des Thyrsus, der oben von der Frau, unten
vom Manne gefasst wird, als sollte dadurch das Herunterfal-
len der Frau verhindert werden, ein sehr gesuchtes und, um es
kurz zu sagen, unantikes Motiv. Köhler, der merkwürdiger-
weise hier nur die Inschrift bezweifelt, möchte alle diese Un-
gehörigkeiten nur auf das Ungeschick eines der Mythologie
wenig kundigen Künstlers oder Bestellers schieben. Betrachte
ich jedoch nach den bisherigen Bemerkungen noch das Ganze
der Composition, so glaube ich auch darin eine grosse Aengst-
lichkeit und einen Mangel an demjenigem innern Leben, an
der Frische der Conception zu bemerken, welche auch den
Werken der spätem Zeit, selbst bei mangelhafter Ausfüh-
rung noch eigen ist.

Mit nicht weniger als drei Werken des Karpos beschenkt
uns die Miliotti’sche Sammlung (Descr. d’une coll. d. p. gr.,
Vienne 1803), der wir ausserdem nur einen falschen Pyrgote-
les, einen nicht minder verdächtigen Teukros, und einen [fremdsprachliches Material – fehlt]
(sic) auf einem sicher modernen Steine verdanken. Das erste
(pl. 19) ist ein Camee in Achat-Onyx: eine Wiederholung der
Leierspielerin des Onesas, die auch zu Fälschungen der Na-
men des Allion und Kronios benutzt ist. Die des Karpos
zeichnet sich vor den andern nur dadurch aus, dass der

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[616/0633] gestellt ist hier ein ruhig stehender Tiger oder Panther, auf dem ein bärtiger Mann reitet; vor ihm sitzt quer auf dem Thiere eine weibliche Gestalt in der Art, dass man von ihr hauptsächlich den Rücken sieht. Im untern Abschnitte die In- schrift _ . Richtig bemerkt Köhler S. 198, dass dem Betrachtenden nicht deutlich wird, was der Künstler eigent- lich habe vorstellen wollen. Denn bei der Deutung auf Her- cules und Deianira oder Omphale bleibt sowohl der Thyrsus, den beide halten, als der Panther ohne Erklärung, und Hercu- les wäre weder durch den künstlerischen Typus, noch durch Attribute irgendwie genügend charakterisirt, indem das über die Brust geknüpfte sichtbare Stück eines Thierfelles vielmehr an eine Nebris erinnert. Gegen die Deutung auf Bacchus und Ariadne spricht aber die Bärtigkeit des Mannes, die nur, und auch da nur in anderer künstlerischer Ausführung, dem bekleideten sogenannten indischen Bacchus zukommen würde. Was soll ferner der an die Zeit der Antonine erinnernde Kopfputz der Frau in einer Darstellung dieser Art? Endlich ist die Biegung des Thyrsus, der oben von der Frau, unten vom Manne gefasst wird, als sollte dadurch das Herunterfal- len der Frau verhindert werden, ein sehr gesuchtes und, um es kurz zu sagen, unantikes Motiv. Köhler, der merkwürdiger- weise hier nur die Inschrift bezweifelt, möchte alle diese Un- gehörigkeiten nur auf das Ungeschick eines der Mythologie wenig kundigen Künstlers oder Bestellers schieben. Betrachte ich jedoch nach den bisherigen Bemerkungen noch das Ganze der Composition, so glaube ich auch darin eine grosse Aengst- lichkeit und einen Mangel an demjenigem innern Leben, an der Frische der Conception zu bemerken, welche auch den Werken der spätem Zeit, selbst bei mangelhafter Ausfüh- rung noch eigen ist. Mit nicht weniger als drei Werken des Karpos beschenkt uns die Miliotti’sche Sammlung (Descr. d’une coll. d. p. gr., Vienne 1803), der wir ausserdem nur einen falschen Pyrgote- les, einen nicht minder verdächtigen Teukros, und einen _ (sic) auf einem sicher modernen Steine verdanken. Das erste (pl. 19) ist ein Camee in Achat-Onyx: eine Wiederholung der Leierspielerin des Onesas, die auch zu Fälschungen der Na- men des Allion und Kronios benutzt ist. Die des Karpos zeichnet sich vor den andern nur dadurch aus, dass der

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Zitationshilfe: Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 2. Stuttgart, 1859, S. 616. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen02_1859/633>, abgerufen am 24.11.2024.