unmöglich ist dies freilich nicht, aber bedenken wir, dass die mediceischen Gemmen in Neapel in den Besitz der Farnese's durch Margarethe, Gemahlin des Alexander Medici, kamen (Bracci II, p. 173), also seit Lorenzo's Zeit sich nicht in den Händen von Privaten oder Kunsthändlern befanden, so muss die Annahme, dass in dieser Zeit der Name in betrügerischer Absicht eingeschnitten worden, gewiss in hohem Grade un- wahrscheinlich erscheinen. Mir scheint demnach, ehe dieses Verdammungsurtheil als begründet anzuerkennen ist, eine nochmalige Prüfung des Steines selbst, und sofern dies mög- lich sein sollte, seiner Geschichte dringend nothwendig.
Ungünstig muss dagegen unser Urtheil über alle ande- ren Inschriften des Sostratos ausfallen. Bei Stosch finden sich deren zwei, die erste auf einem Camee, der aus dem Besitz des Cardinals Ottoboni in den des Herzogs von De- vonshire, und wie es scheint, später in die Beverley'sche Sammlung übergegangen ist. Leider ist derselbe fragmentirt und von einer Figur auf dem Wagen ist nur eine Hand er- halten. Der Wagen ist mit zwei Löwinnen bespannt, welche von einem Eros im Knabenalter gezügelt werden. Stosch t. 66; Bracci II, t. 110; Lippert I, 288; Raspe 6731; Cades II, A, 281; erwähnt auch von Winck. Descr. II, 1087; C. I. 7264. Das schöne, frei und elegant gearbeitete Bild ist allgemein als echt anerkannt. Die Echtheit der Inschrift jedoch, welche sich im untern Abschnitte findet, wird von Köhler (S. 191) und Stephani (Angebl. Steinschneider S. 231) bezweifelt und ich muss diesen Verdacht theilen, nicht sowohl aus den von ihnen angegebenen Gründen, als deshalb, weil ich auf einem sehr gutem Cades'schen Abdruck die Inschrift nicht [fremdsprachliches Material - fehlt]- [fremdsprachliches Material - fehlt], wie bisher allgemein üblich, sondern deutlich CO- CTPATOY lese. -- Ebenfalls fehlerhaft, nämlich [fremdsprachliches Material - fehlt] lautet die Inschrift auf dem zweiten Steine, einem Camee, der gleichfalls aus Ottoboni's Besitz in die Sammlung Devonshire kam. Dargestellt ist Meleager, die Eberhaut haltend, der sitzenden Atalante gegenüber stehend. Die Inschrift, vertieft geschnitten, findet sich hinter Meleager: Stosch 67; Bracci II, t. 111. Der Styl der Arbeit ist nach Stosch's Urtheil von dem der Löwenbiga wesentlich verschieden. Wenn aber Köhler (S. 178) die Arbeit als "wahrscheinlich neu" bezeichnet, so wundere ich mich, dass er sich in diesem Falle nicht be-
Brunn, Geschichte der griech. Künstler. II. 38
unmöglich ist dies freilich nicht, aber bedenken wir, dass die mediceischen Gemmen in Neapel in den Besitz der Farnese’s durch Margarethe, Gemahlin des Alexander Medici, kamen (Bracci II, p. 173), also seit Lorenzo’s Zeit sich nicht in den Händen von Privaten oder Kunsthändlern befanden, so muss die Annahme, dass in dieser Zeit der Name in betrügerischer Absicht eingeschnitten worden, gewiss in hohem Grade un- wahrscheinlich erscheinen. Mir scheint demnach, ehe dieses Verdammungsurtheil als begründet anzuerkennen ist, eine nochmalige Prüfung des Steines selbst, und sofern dies mög- lich sein sollte, seiner Geschichte dringend nothwendig.
Ungünstig muss dagegen unser Urtheil über alle ande- ren Inschriften des Sostratos ausfallen. Bei Stosch finden sich deren zwei, die erste auf einem Camee, der aus dem Besitz des Cardinals Ottoboni in den des Herzogs von De- vonshire, und wie es scheint, später in die Beverley’sche Sammlung übergegangen ist. Leider ist derselbe fragmentirt und von einer Figur auf dem Wagen ist nur eine Hand er- halten. Der Wagen ist mit zwei Löwinnen bespannt, welche von einem Eros im Knabenalter gezügelt werden. Stosch t. 66; Bracci II, t. 110; Lippert I, 288; Raspe 6731; Cades II, A, 281; erwähnt auch von Winck. Descr. II, 1087; C. I. 7264. Das schöne, frei und elegant gearbeitete Bild ist allgemein als echt anerkannt. Die Echtheit der Inschrift jedoch, welche sich im untern Abschnitte findet, wird von Köhler (S. 191) und Stephani (Angebl. Steinschneider S. 231) bezweifelt und ich muss diesen Verdacht theilen, nicht sowohl aus den von ihnen angegebenen Gründen, als deshalb, weil ich auf einem sehr gutem Cades’schen Abdruck die Inschrift nicht [fremdsprachliches Material – fehlt]- [fremdsprachliches Material – fehlt], wie bisher allgemein üblich, sondern deutlich CO- CTPATOY lese. — Ebenfalls fehlerhaft, nämlich [fremdsprachliches Material – fehlt] lautet die Inschrift auf dem zweiten Steine, einem Camee, der gleichfalls aus Ottoboni’s Besitz in die Sammlung Devonshire kam. Dargestellt ist Meleager, die Eberhaut haltend, der sitzenden Atalante gegenüber stehend. Die Inschrift, vertieft geschnitten, findet sich hinter Meleager: Stosch 67; Bracci II, t. 111. Der Styl der Arbeit ist nach Stosch’s Urtheil von dem der Löwenbiga wesentlich verschieden. Wenn aber Köhler (S. 178) die Arbeit als „wahrscheinlich neu‟ bezeichnet, so wundere ich mich, dass er sich in diesem Falle nicht be-
Brunn, Geschichte der griech. Künstler. II. 38
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unmöglich ist dies freilich nicht, aber bedenken wir, dass die
mediceischen Gemmen in Neapel in den Besitz der Farnese’s
durch Margarethe, Gemahlin des Alexander Medici, kamen
(Bracci II, p. 173), also seit Lorenzo’s Zeit sich nicht in den
Händen von Privaten oder Kunsthändlern befanden, so muss
die Annahme, dass in dieser Zeit der Name in betrügerischer
Absicht eingeschnitten worden, gewiss in hohem Grade un-
wahrscheinlich erscheinen. Mir scheint demnach, ehe dieses
Verdammungsurtheil als begründet anzuerkennen ist, eine
nochmalige Prüfung des Steines selbst, und sofern dies mög-
lich sein sollte, seiner Geschichte dringend nothwendig.
Ungünstig muss dagegen unser Urtheil über alle ande-
ren Inschriften des Sostratos ausfallen. Bei Stosch finden
sich deren zwei, die erste auf einem Camee, der aus dem
Besitz des Cardinals Ottoboni in den des Herzogs von De-
vonshire, und wie es scheint, später in die Beverley’sche
Sammlung übergegangen ist. Leider ist derselbe fragmentirt
und von einer Figur auf dem Wagen ist nur eine Hand er-
halten. Der Wagen ist mit zwei Löwinnen bespannt, welche
von einem Eros im Knabenalter gezügelt werden. Stosch
t. 66; Bracci II, t. 110; Lippert I, 288; Raspe 6731; Cades II,
A, 281; erwähnt auch von Winck. Descr. II, 1087; C. I. 7264.
Das schöne, frei und elegant gearbeitete Bild ist allgemein
als echt anerkannt. Die Echtheit der Inschrift jedoch, welche
sich im untern Abschnitte findet, wird von Köhler (S. 191)
und Stephani (Angebl. Steinschneider S. 231) bezweifelt und
ich muss diesen Verdacht theilen, nicht sowohl aus den von
ihnen angegebenen Gründen, als deshalb, weil ich auf einem
sehr gutem Cades’schen Abdruck die Inschrift nicht _ -
_ , wie bisher allgemein üblich, sondern deutlich CO-
CTPATOY lese. — Ebenfalls fehlerhaft, nämlich _
lautet die Inschrift auf dem zweiten Steine, einem Camee, der
gleichfalls aus Ottoboni’s Besitz in die Sammlung Devonshire
kam. Dargestellt ist Meleager, die Eberhaut haltend, der
sitzenden Atalante gegenüber stehend. Die Inschrift, vertieft
geschnitten, findet sich hinter Meleager: Stosch 67; Bracci
II, t. 111. Der Styl der Arbeit ist nach Stosch’s Urtheil von
dem der Löwenbiga wesentlich verschieden. Wenn aber Köhler
(S. 178) die Arbeit als „wahrscheinlich neu‟ bezeichnet, so
wundere ich mich, dass er sich in diesem Falle nicht be-
Brunn, Geschichte der griech. Künstler. II. 38
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Der zweite Band der "Geschichte der griechischen … [mehr]
Der zweite Band der "Geschichte der griechischen Künstler" von Heinrich von Brunn enthält ebenfalls den "Zweiten Teil der ersten Abteilung", die im Deutschen Textarchiv als eigenständiges Werk verzeichnet ist.
Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 2. Stuttgart, 1859, S. 585. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen02_1859/602>, abgerufen am 24.11.2024.
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