gedient hat, ob etwa die Greville'sche, wie Stephani meint, lässt sich nicht mit Sicherheit ausmachen.
Philemon.
Auf einem Sardonyx des wiener Museums ist Theseus stehend gebildet, die Keule neben sich auf den Boden haltend; er blickt auf den getödteten Minotaurus, dessen Körper in einer bogenförmigen Oeffnung des Labyrinthes liegend halb sicht- bar ist; hinter Theseus: [fremdsprachliches Material - fehlt]: Stosch t. 51; Bracci II, t. 94; Winck. Descr. III, 74; Lippert II, 53; Raspe 8663; Cades III, B, 31; C. I. 7273. Nach Köhler S. 160 ist die Gemme "von einem geschickten neuen Steinschneider gear- beitet. Ein wenig verzeichnet ist der linke Fuss und die Gestalt des Theseus viel zu schwerfällig und dick. Kein alter Künstler würde diesen jugendlichen Heros mit einem so gemeinen Körper dargestellt, oder ihn in einen so übel aus- sehenden Sardonyx von zwei schmutzigen Schichten geschnit- ten haben. Die Buchstaben der Namensschrift sind nicht übel gerathen, ohne vorzüglich zu sein." In diesem Urtheil will Köhler durch den Anblick des Steines selbst bestärkt worden sein. Stephani (bei Köhler S. 328) will ihn wenig- stens zu den verdächtigen und ungewissen rechnen und na- mentlich soll die Inschrift weit mehr mit den gefälschten, als mit den echten gemein haben. Wie freigebig Köhler und Stephani in der Anwendung dieses letzten Kriteriums sind, ist schon einige Male bemerkt worden. Weshalb nicht auch ein alter Künstler einmal einen schlechten Sardonyx be- nutzt haben könne, sondern nur ein neuer, ist ebenfalls nicht abzusehen; und endlich vermag ich auch nicht die etwas kräf- tige Körperbildung des jugendlichen Heros als einen genügen- den Grund gegen die Echtheit des Bildes ohne Weiteres anzuer- kennen. Die Verdächtigung beruht demnach bis jetzt nur auf subjectiven Ansichten. Als subjective Ansicht möchte ich aber dagegen geltend machen, dass mir kein Grund bekannt ist, wel- cher zu der Wahl des Namens als Inschrift Anlass gegeben ha- ben könnte, sowie, dass ich nicht einsehe, wie ein moderner Künstler zu der sehr eigenthümlichen Darstellung des Laby- rinthes gekommen sein sollte. Hiernach wird eine nochma- malige Prüfung des Steines selbst gewiss nothwendig er- scheinen.
gedient hat, ob etwa die Greville’sche, wie Stephani meint, lässt sich nicht mit Sicherheit ausmachen.
Philemon.
Auf einem Sardonyx des wiener Museums ist Theseus stehend gebildet, die Keule neben sich auf den Boden haltend; er blickt auf den getödteten Minotaurus, dessen Körper in einer bogenförmigen Oeffnung des Labyrinthes liegend halb sicht- bar ist; hinter Theseus: [fremdsprachliches Material – fehlt]: Stosch t. 51; Bracci II, t. 94; Winck. Descr. III, 74; Lippert II, 53; Raspe 8663; Cades III, B, 31; C. I. 7273. Nach Köhler S. 160 ist die Gemme „von einem geschickten neuen Steinschneider gear- beitet. Ein wenig verzeichnet ist der linke Fuss und die Gestalt des Theseus viel zu schwerfällig und dick. Kein alter Künstler würde diesen jugendlichen Heros mit einem so gemeinen Körper dargestellt, oder ihn in einen so übel aus- sehenden Sardonyx von zwei schmutzigen Schichten geschnit- ten haben. Die Buchstaben der Namensschrift sind nicht übel gerathen, ohne vorzüglich zu sein.‟ In diesem Urtheil will Köhler durch den Anblick des Steines selbst bestärkt worden sein. Stephani (bei Köhler S. 328) will ihn wenig- stens zu den verdächtigen und ungewissen rechnen und na- mentlich soll die Inschrift weit mehr mit den gefälschten, als mit den echten gemein haben. Wie freigebig Köhler und Stephani in der Anwendung dieses letzten Kriteriums sind, ist schon einige Male bemerkt worden. Weshalb nicht auch ein alter Künstler einmal einen schlechten Sardonyx be- nutzt haben könne, sondern nur ein neuer, ist ebenfalls nicht abzusehen; und endlich vermag ich auch nicht die etwas kräf- tige Körperbildung des jugendlichen Heros als einen genügen- den Grund gegen die Echtheit des Bildes ohne Weiteres anzuer- kennen. Die Verdächtigung beruht demnach bis jetzt nur auf subjectiven Ansichten. Als subjective Ansicht möchte ich aber dagegen geltend machen, dass mir kein Grund bekannt ist, wel- cher zu der Wahl des Namens als Inschrift Anlass gegeben ha- ben könnte, sowie, dass ich nicht einsehe, wie ein moderner Künstler zu der sehr eigenthümlichen Darstellung des Laby- rinthes gekommen sein sollte. Hiernach wird eine nochma- malige Prüfung des Steines selbst gewiss nothwendig er- scheinen.
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[576/0593]
gedient hat, ob etwa die Greville’sche, wie Stephani meint,
lässt sich nicht mit Sicherheit ausmachen.
Philemon.
Auf einem Sardonyx des wiener Museums ist Theseus stehend
gebildet, die Keule neben sich auf den Boden haltend; er
blickt auf den getödteten Minotaurus, dessen Körper in einer
bogenförmigen Oeffnung des Labyrinthes liegend halb sicht-
bar ist; hinter Theseus: _ : Stosch t. 51; Bracci
II, t. 94; Winck. Descr. III, 74; Lippert II, 53; Raspe 8663;
Cades III, B, 31; C. I. 7273. Nach Köhler S. 160 ist die
Gemme „von einem geschickten neuen Steinschneider gear-
beitet. Ein wenig verzeichnet ist der linke Fuss und die
Gestalt des Theseus viel zu schwerfällig und dick. Kein
alter Künstler würde diesen jugendlichen Heros mit einem so
gemeinen Körper dargestellt, oder ihn in einen so übel aus-
sehenden Sardonyx von zwei schmutzigen Schichten geschnit-
ten haben. Die Buchstaben der Namensschrift sind nicht
übel gerathen, ohne vorzüglich zu sein.‟ In diesem Urtheil
will Köhler durch den Anblick des Steines selbst bestärkt
worden sein. Stephani (bei Köhler S. 328) will ihn wenig-
stens zu den verdächtigen und ungewissen rechnen und na-
mentlich soll die Inschrift weit mehr mit den gefälschten,
als mit den echten gemein haben. Wie freigebig Köhler
und Stephani in der Anwendung dieses letzten Kriteriums
sind, ist schon einige Male bemerkt worden. Weshalb nicht
auch ein alter Künstler einmal einen schlechten Sardonyx be-
nutzt haben könne, sondern nur ein neuer, ist ebenfalls nicht
abzusehen; und endlich vermag ich auch nicht die etwas kräf-
tige Körperbildung des jugendlichen Heros als einen genügen-
den Grund gegen die Echtheit des Bildes ohne Weiteres anzuer-
kennen. Die Verdächtigung beruht demnach bis jetzt nur auf
subjectiven Ansichten. Als subjective Ansicht möchte ich aber
dagegen geltend machen, dass mir kein Grund bekannt ist, wel-
cher zu der Wahl des Namens als Inschrift Anlass gegeben ha-
ben könnte, sowie, dass ich nicht einsehe, wie ein moderner
Künstler zu der sehr eigenthümlichen Darstellung des Laby-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Der zweite Band der "Geschichte der griechischen … [mehr]
Der zweite Band der "Geschichte der griechischen Künstler" von Heinrich von Brunn enthält ebenfalls den "Zweiten Teil der ersten Abteilung", die im Deutschen Textarchiv als eigenständiges Werk verzeichnet ist.
Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 2. Stuttgart, 1859, S. 576. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen02_1859/593>, abgerufen am 24.11.2024.
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