über die Steinart bemerkt, vermag ich nicht zu beurtheilen; und da er die Gemme selbst nicht gesehen hat, so ist eine nochmalige Untersuchung derselben sehr wünschens- werth. Im Abdruck erscheint die Arbeit allerdings ziem- lich unbedeutend, und namentlich verräth der Künstler wenig Geschick in der Benutzung des gegebenen Raumes: ein Mangel, der z. B. durch die Vergleichung der antiken Paste bei Winck. Descr. V, 24 (9 ist eine Venus) recht augen- fällig wird; weshalb auch ich meine Zweifel an der Echt- heit nicht unterdrücken kann.
Demnächst scheint die meiste Aufmerksamkeit ein Carneol des Kircher'schen Museums zu verdienen, auf dem das ideale Brustbild einer Frau mit einem Scepter neben der Schulter dargestellt ist. Die Inschrift [fremdsprachliches Material - fehlt] steht unter dem Ab- schnitte des Halses: Bracci I, t. 53 (als Cleopatra); Lippert I, 52 (als Juno, ohne Angabe der Inschrift); Raspe 3362 (als Muse). Während hier Köhler nur die Inschrift als neueren Zusatz betrachtet, die Arbeit dagegen als zart, ge- schmackvoll und fleissig sogar besonders lobt, drängen sich mir auch gegen das Alter der letzteren verschiedene Zweifel auf. Keine der vorgeschlagenen Benennungen genügt, und wenn z. B. Köhler das Scepter für Juno geltend macht, so erscheint gerade die Form dieses Attributs als eines dünnen knotigen Stabes mit wenig antiker Bekrönung auffällig. Für eine Juno ist ferner die ganze Anordnung des Haares un- passend, das überdem in den die Stirn umgebenden Partien im Nacken auf eine zierliche Wirkung in einer Weise be- rechnet erscheint, die sich schwerlich auf alten Steinen wie- derfindet. Endlich entbehrt das Gesicht bei aller äussern Reinheit der Formen doch des rechten innern Lebens im Ausdruck.
An einem mit einem Felle bedeckten Kopfe, den die Einen für Theseus, die Anderen für eine Juno Lanuvina er- klären, früher in der Rendorp'schen, jetzt in der Beverley'- schen Sammlung, ist nach Bracci's Zeugniss wenigstens die Inschrift [fremdsprachliches Material - fehlt] von J. Pichler's Hand eingeschnitten, wahr- scheinlich aber die ganze Arbeit modern: Bracci I, t. 48; p, 267; Winck. Descr. III, 69; [Lippert III, 355]; Raspe 8647; Cades III, B, 8; Köhler S. 98.
über die Steinart bemerkt, vermag ich nicht zu beurtheilen; und da er die Gemme selbst nicht gesehen hat, so ist eine nochmalige Untersuchung derselben sehr wünschens- werth. Im Abdruck erscheint die Arbeit allerdings ziem- lich unbedeutend, und namentlich verräth der Künstler wenig Geschick in der Benutzung des gegebenen Raumes: ein Mangel, der z. B. durch die Vergleichung der antiken Paste bei Winck. Descr. V, 24 (9 ist eine Venus) recht augen- fällig wird; weshalb auch ich meine Zweifel an der Echt- heit nicht unterdrücken kann.
Demnächst scheint die meiste Aufmerksamkeit ein Carneol des Kircher’schen Museums zu verdienen, auf dem das ideale Brustbild einer Frau mit einem Scepter neben der Schulter dargestellt ist. Die Inschrift [fremdsprachliches Material – fehlt] steht unter dem Ab- schnitte des Halses: Bracci I, t. 53 (als Cleopatra); Lippert I, 52 (als Juno, ohne Angabe der Inschrift); Raspe 3362 (als Muse). Während hier Köhler nur die Inschrift als neueren Zusatz betrachtet, die Arbeit dagegen als zart, ge- schmackvoll und fleissig sogar besonders lobt, drängen sich mir auch gegen das Alter der letzteren verschiedene Zweifel auf. Keine der vorgeschlagenen Benennungen genügt, und wenn z. B. Köhler das Scepter für Juno geltend macht, so erscheint gerade die Form dieses Attributs als eines dünnen knotigen Stabes mit wenig antiker Bekrönung auffällig. Für eine Juno ist ferner die ganze Anordnung des Haares un- passend, das überdem in den die Stirn umgebenden Partien im Nacken auf eine zierliche Wirkung in einer Weise be- rechnet erscheint, die sich schwerlich auf alten Steinen wie- derfindet. Endlich entbehrt das Gesicht bei aller äussern Reinheit der Formen doch des rechten innern Lebens im Ausdruck.
An einem mit einem Felle bedeckten Kopfe, den die Einen für Theseus, die Anderen für eine Juno Lanuvina er- klären, früher in der Rendorp’schen, jetzt in der Beverley’- schen Sammlung, ist nach Bracci’s Zeugniss wenigstens die Inschrift [fremdsprachliches Material – fehlt] von J. Pichler’s Hand eingeschnitten, wahr- scheinlich aber die ganze Arbeit modern: Bracci I, t. 48; p, 267; Winck. Descr. III, 69; [Lippert III, 355]; Raspe 8647; Cades III, B, 8; Köhler S. 98.
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über die Steinart bemerkt, vermag ich nicht zu beurtheilen;
und da er die Gemme selbst nicht gesehen hat, so ist
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werth. Im Abdruck erscheint die Arbeit allerdings ziem-
lich unbedeutend, und namentlich verräth der Künstler
wenig Geschick in der Benutzung des gegebenen Raumes:
ein Mangel, der z. B. durch die Vergleichung der antiken
Paste bei Winck. Descr. V, 24 (9 ist eine Venus) recht augen-
fällig wird; weshalb auch ich meine Zweifel an der Echt-
heit nicht unterdrücken kann.
Demnächst scheint die meiste Aufmerksamkeit ein Carneol
des Kircher’schen Museums zu verdienen, auf dem das ideale
Brustbild einer Frau mit einem Scepter neben der Schulter
dargestellt ist. Die Inschrift _ steht unter dem Ab-
schnitte des Halses: Bracci I, t. 53 (als Cleopatra); Lippert
I, 52 (als Juno, ohne Angabe der Inschrift); Raspe 3362
(als Muse). Während hier Köhler nur die Inschrift als
neueren Zusatz betrachtet, die Arbeit dagegen als zart, ge-
schmackvoll und fleissig sogar besonders lobt, drängen sich
mir auch gegen das Alter der letzteren verschiedene Zweifel
auf. Keine der vorgeschlagenen Benennungen genügt, und
wenn z. B. Köhler das Scepter für Juno geltend macht, so
erscheint gerade die Form dieses Attributs als eines dünnen
knotigen Stabes mit wenig antiker Bekrönung auffällig. Für
eine Juno ist ferner die ganze Anordnung des Haares un-
passend, das überdem in den die Stirn umgebenden Partien
im Nacken auf eine zierliche Wirkung in einer Weise be-
rechnet erscheint, die sich schwerlich auf alten Steinen wie-
derfindet. Endlich entbehrt das Gesicht bei aller äussern
Reinheit der Formen doch des rechten innern Lebens im
Ausdruck.
An einem mit einem Felle bedeckten Kopfe, den die
Einen für Theseus, die Anderen für eine Juno Lanuvina er-
klären, früher in der Rendorp’schen, jetzt in der Beverley’-
schen Sammlung, ist nach Bracci’s Zeugniss wenigstens die
Inschrift _ von J. Pichler’s Hand eingeschnitten, wahr-
scheinlich aber die ganze Arbeit modern: Bracci I, t. 48;
p, 267; Winck. Descr. III, 69; [Lippert III, 355]; Raspe
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Der zweite Band der "Geschichte der griechischen … [mehr]
Der zweite Band der "Geschichte der griechischen Künstler" von Heinrich von Brunn enthält ebenfalls den "Zweiten Teil der ersten Abteilung", die im Deutschen Textarchiv als eigenständiges Werk verzeichnet ist.
Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 2. Stuttgart, 1859, S. 564. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen02_1859/581>, abgerufen am 24.11.2024.
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