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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 2. Stuttgart, 1859.

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spreche es in seiner seelen- und lebensvollen Behandlung so
sehr dem, was wir von dem Charakter, den Tugenden und
Fehlern des Sextus wissen, dass es nur nach dem Leben
modellirt sein könne: ein Fälscher könnte eben so gut den
ganzen Menschen als dieses Abbild erdichten. "Es trägt für
jeden Kundigen seine Beglaubigung in sich, was selbst Raspe
bekennt, indem er es ""des Zeitalters des Augustus würdig""
erklärt." -- Was ferner die äussere Beglaubigung des Wer-
kes anlangt, so bemerkt auch Tölken, dass die Verdächtigung
eigentlich nur auf Vettori's noch möglichst vorsichtig ausge-
drücktem Urtheil beruhe: Vettori's, den Köhler selbst wieder-
holt mit den härtesten Worten für einen Betrüger erkläre.
Ausführlich wird sodann die Schreibung des Namens mit [fremdsprachliches Material - fehlt]
gerechtfertigt: "Schon Winckelmann beruft sich auf das Vor-
kommen derselben Abweichung in unzweifelhaft antiken Stein-
schriften, besonders auf die von Gruter (Index gramm. lit. N)
beigebrachten Beispiele, und dass nach dem Zeugniss des
Stephanus (Paralip. gramm. gr. p. 7 et 8) gerade das Wort
angelus, [fremdsprachliches Material - fehlt], sich in den Handschriften häufig [fremdsprachliches Material - fehlt] buch-
stabirt finde, ohne Zweifel, weil es so ganz in die lateinische
Sprache übergegangen war, dass der eigenthümliche griechi-
sche Laut des [fremdsprachliches Material - fehlt] sich ganz daraus verloren hatte. ..." An-
dere Beispiele werden aus Franz Elem. epigr. gr. angeführt:
[fremdsprachliches Material - fehlt] (S. 49), dann namentlich [fremdsprachliches Material - fehlt],
[fremdsprachliches Material - fehlt] (S. 232) gerade aus der Zeit des Pompeius; fer-
ner aus Guasco Mus. Cap. III, n. 1276: [fremdsprachliches Material - fehlt]; 1284:
[fremdsprachliches Material - fehlt]; dazu endlich eine Münze von Ilion mit [fremdsprachliches Material - fehlt]-
[fremdsprachliches Material - fehlt], Mionnet II, p. 664, n. 228. "Ist es zu verwundern,
dass zu Rom in einem Privatdenkmal dieselbe Verwechselung
vorkommt? Ist nicht vielmehr gerade diese Abweichung ein
neuer Beweis für die Echtheit der Inschrift? Kein Fälscher
hätte wahrlich einen so leicht zu vermeidenden Fehler ge-
macht."

Wenn demnach für die Annahme der Unechtheit des Stei-
nes und der Inschrift kein zwingender Grund vorliegt (denn
auch Stephani's Bemerkungen über den Styl beruhen doch zu-
nächst auf dessen subjectiver Anschauung), freilich aber auch
für die Echtheit kein äusserer thatsächlicher Beweis gelie-
fert werden konnte, so bleibt bloss noch ein Wort über die
Bedeutung der Inschrift zu sagen übrig. Tölken nämlich be-

spreche es in seiner seelen- und lebensvollen Behandlung so
sehr dem, was wir von dem Charakter, den Tugenden und
Fehlern des Sextus wissen, dass es nur nach dem Leben
modellirt sein könne: ein Fälscher könnte eben so gut den
ganzen Menschen als dieses Abbild erdichten. „Es trägt für
jeden Kundigen seine Beglaubigung in sich, was selbst Raspe
bekennt, indem er es „„des Zeitalters des Augustus würdig‟‟
erklärt.‟ — Was ferner die äussere Beglaubigung des Wer-
kes anlangt, so bemerkt auch Tölken, dass die Verdächtigung
eigentlich nur auf Vettori’s noch möglichst vorsichtig ausge-
drücktem Urtheil beruhe: Vettori’s, den Köhler selbst wieder-
holt mit den härtesten Worten für einen Betrüger erkläre.
Ausführlich wird sodann die Schreibung des Namens mit [fremdsprachliches Material – fehlt]
gerechtfertigt: „Schon Winckelmann beruft sich auf das Vor-
kommen derselben Abweichung in unzweifelhaft antiken Stein-
schriften, besonders auf die von Gruter (Index gramm. lit. N)
beigebrachten Beispiele, und dass nach dem Zeugniss des
Stephanus (Paralip. gramm. gr. p. 7 et 8) gerade das Wort
angelus, [fremdsprachliches Material – fehlt], sich in den Handschriften häufig [fremdsprachliches Material – fehlt] buch-
stabirt finde, ohne Zweifel, weil es so ganz in die lateinische
Sprache übergegangen war, dass der eigenthümliche griechi-
sche Laut des [fremdsprachliches Material – fehlt] sich ganz daraus verloren hatte. …‟ An-
dere Beispiele werden aus Franz Elem. epigr. gr. angeführt:
[fremdsprachliches Material – fehlt] (S. 49), dann namentlich [fremdsprachliches Material – fehlt],
[fremdsprachliches Material – fehlt] (S. 232) gerade aus der Zeit des Pompeius; fer-
ner aus Guasco Mus. Cap. III, n. 1276: [fremdsprachliches Material – fehlt]; 1284:
[fremdsprachliches Material – fehlt]; dazu endlich eine Münze von Ilion mit [fremdsprachliches Material – fehlt]-
[fremdsprachliches Material – fehlt], Mionnet II, p. 664, n. 228. „Ist es zu verwundern,
dass zu Rom in einem Privatdenkmal dieselbe Verwechselung
vorkommt? Ist nicht vielmehr gerade diese Abweichung ein
neuer Beweis für die Echtheit der Inschrift? Kein Fälscher
hätte wahrlich einen so leicht zu vermeidenden Fehler ge-
macht.‟

Wenn demnach für die Annahme der Unechtheit des Stei-
nes und der Inschrift kein zwingender Grund vorliegt (denn
auch Stephani’s Bemerkungen über den Styl beruhen doch zu-
nächst auf dessen subjectiver Anschauung), freilich aber auch
für die Echtheit kein äusserer thatsächlicher Beweis gelie-
fert werden konnte, so bleibt bloss noch ein Wort über die
Bedeutung der Inschrift zu sagen übrig. Tölken nämlich be-

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[542/0559] spreche es in seiner seelen- und lebensvollen Behandlung so sehr dem, was wir von dem Charakter, den Tugenden und Fehlern des Sextus wissen, dass es nur nach dem Leben modellirt sein könne: ein Fälscher könnte eben so gut den ganzen Menschen als dieses Abbild erdichten. „Es trägt für jeden Kundigen seine Beglaubigung in sich, was selbst Raspe bekennt, indem er es „„des Zeitalters des Augustus würdig‟‟ erklärt.‟ — Was ferner die äussere Beglaubigung des Wer- kes anlangt, so bemerkt auch Tölken, dass die Verdächtigung eigentlich nur auf Vettori’s noch möglichst vorsichtig ausge- drücktem Urtheil beruhe: Vettori’s, den Köhler selbst wieder- holt mit den härtesten Worten für einen Betrüger erkläre. Ausführlich wird sodann die Schreibung des Namens mit _ gerechtfertigt: „Schon Winckelmann beruft sich auf das Vor- kommen derselben Abweichung in unzweifelhaft antiken Stein- schriften, besonders auf die von Gruter (Index gramm. lit. N) beigebrachten Beispiele, und dass nach dem Zeugniss des Stephanus (Paralip. gramm. gr. p. 7 et 8) gerade das Wort angelus, _ , sich in den Handschriften häufig _ buch- stabirt finde, ohne Zweifel, weil es so ganz in die lateinische Sprache übergegangen war, dass der eigenthümliche griechi- sche Laut des _ sich ganz daraus verloren hatte. …‟ An- dere Beispiele werden aus Franz Elem. epigr. gr. angeführt: _ (S. 49), dann namentlich _ , _ (S. 232) gerade aus der Zeit des Pompeius; fer- ner aus Guasco Mus. Cap. III, n. 1276: _ ; 1284: _ ; dazu endlich eine Münze von Ilion mit _ - _ , Mionnet II, p. 664, n. 228. „Ist es zu verwundern, dass zu Rom in einem Privatdenkmal dieselbe Verwechselung vorkommt? Ist nicht vielmehr gerade diese Abweichung ein neuer Beweis für die Echtheit der Inschrift? Kein Fälscher hätte wahrlich einen so leicht zu vermeidenden Fehler ge- macht.‟ Wenn demnach für die Annahme der Unechtheit des Stei- nes und der Inschrift kein zwingender Grund vorliegt (denn auch Stephani’s Bemerkungen über den Styl beruhen doch zu- nächst auf dessen subjectiver Anschauung), freilich aber auch für die Echtheit kein äusserer thatsächlicher Beweis gelie- fert werden konnte, so bleibt bloss noch ein Wort über die Bedeutung der Inschrift zu sagen übrig. Tölken nämlich be-

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Zitationshilfe: Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 2. Stuttgart, 1859, S. 542. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen02_1859/559>, abgerufen am 28.11.2024.