beseitigen, indem er auf die Möglichkeit hinweist: "dieser Stein in Paris habe mit mehreren andern Steinen aus alter Zeit gemein gehabt, dass der Grund oder das Feld von neuem abgeschliffen und geglättet wurde, wodurch man die Umrisse beschädigte und die zarten Buchstaben des Steines verschwan- den. Letztere wurden in der Folge durch weniger zarte er- setzt, wobei man vielleicht auch den im Schnitte flach ge- haltenen Stellen zwischen Stirn und Nase und um die Lippen nachgeholfen hat." Eine Ueberarbeitung durch ungeschickte Hand nahm auch Bracci an, der auf die Auctorität der bei- den Pichler hin die Arbeit noch in anderer Beziehung tadelt und deshalb fast Anstand nimmt, sie dem Dioskurides beizu- legen (II, p. 19). Wir werden sie dagegen jetzt als ein Werk dieses Künstlers, wenn auch freilich als kein in unversehr- tem Zustande erhaltenes anerkennen müssen.
Dass Dioskurides das Bild des Augustus geschnitten, steht durch das Zeugniss des Sueton und Plinius fest (s. o. S. 469); und bei dem Werthe, welcher diesem Bildniss beigelegt ward, ist es gewiss erlaubt anzunehmen, dass der Künstler es öfter und in verschiedener Weise wiederholt habe. Es ist daher ohne Zweifel möglich, dass das eine oder das andere sich bis auf unsere Zeit erhalten habe, wogegen freilich auch zu- zugeben ist, dass die noch vorhandenen Exemplare einer be- sonders strengen Prüfung zu unterwerfen sind, indem gerade wegen der obigen früh bekannten Nachrichten die Fälschung schon bald nach dem Wiederaufleben der Wissenschaften be- gonnen haben kann, ganz abgesehen von der Möglichkeit des Betruges selbst in den Zeiten des Alterthums. Wenn bei der wenig ausgebildeten Kritik des sechszehnten und sieb- zehnten Jahrhunderts manche Gemme ohne Namensaufschrift dem Dioskurides beigelegt ward, so haben wir für unsere Zwecke keinen Werth darauf zu legen. Unsere Untersuchun- gen haben zu beginnen, wo ausdrücklich der Inschrift gedacht wird. Dies geschieht von Faber in den Erläuterungen zu Ursinus illust. imag. t. 87, p. 52: Augustus deificatus cum corona radiante, in sarda gemma sive corniola incisus, quae exstat apud Fulvium Ursinum cum nomine DIOSCORIDIS. Dass die Inschrift lateinisch gewesen, ist nicht glaublich; sie ist wohl nur aus Bequemlichkeit so gedruckt. Ueber die- sen Stein ist nichts weiter bekannt geworden. Denn die
beseitigen, indem er auf die Möglichkeit hinweist: „dieser Stein in Paris habe mit mehreren andern Steinen aus alter Zeit gemein gehabt, dass der Grund oder das Feld von neuem abgeschliffen und geglättet wurde, wodurch man die Umrisse beschädigte und die zarten Buchstaben des Steines verschwan- den. Letztere wurden in der Folge durch weniger zarte er- setzt, wobei man vielleicht auch den im Schnitte flach ge- haltenen Stellen zwischen Stirn und Nase und um die Lippen nachgeholfen hat.‟ Eine Ueberarbeitung durch ungeschickte Hand nahm auch Bracci an, der auf die Auctorität der bei- den Pichler hin die Arbeit noch in anderer Beziehung tadelt und deshalb fast Anstand nimmt, sie dem Dioskurides beizu- legen (II, p. 19). Wir werden sie dagegen jetzt als ein Werk dieses Künstlers, wenn auch freilich als kein in unversehr- tem Zustande erhaltenes anerkennen müssen.
Dass Dioskurides das Bild des Augustus geschnitten, steht durch das Zeugniss des Sueton und Plinius fest (s. o. S. 469); und bei dem Werthe, welcher diesem Bildniss beigelegt ward, ist es gewiss erlaubt anzunehmen, dass der Künstler es öfter und in verschiedener Weise wiederholt habe. Es ist daher ohne Zweifel möglich, dass das eine oder das andere sich bis auf unsere Zeit erhalten habe, wogegen freilich auch zu- zugeben ist, dass die noch vorhandenen Exemplare einer be- sonders strengen Prüfung zu unterwerfen sind, indem gerade wegen der obigen früh bekannten Nachrichten die Fälschung schon bald nach dem Wiederaufleben der Wissenschaften be- gonnen haben kann, ganz abgesehen von der Möglichkeit des Betruges selbst in den Zeiten des Alterthums. Wenn bei der wenig ausgebildeten Kritik des sechszehnten und sieb- zehnten Jahrhunderts manche Gemme ohne Namensaufschrift dem Dioskurides beigelegt ward, so haben wir für unsere Zwecke keinen Werth darauf zu legen. Unsere Untersuchun- gen haben zu beginnen, wo ausdrücklich der Inschrift gedacht wird. Dies geschieht von Faber in den Erläuterungen zu Ursinus illust. imag. t. 87, p. 52: Augustus deificatus cum corona radiante, in sarda gemma sive corniola incisus, quae exstat apud Fulvium Ursinum cum nomine DIOSCORIDIS. Dass die Inschrift lateinisch gewesen, ist nicht glaublich; sie ist wohl nur aus Bequemlichkeit so gedruckt. Ueber die- sen Stein ist nichts weiter bekannt geworden. Denn die
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beseitigen, indem er auf die Möglichkeit hinweist: „dieser
Stein in Paris habe mit mehreren andern Steinen aus alter
Zeit gemein gehabt, dass der Grund oder das Feld von neuem
abgeschliffen und geglättet wurde, wodurch man die Umrisse
beschädigte und die zarten Buchstaben des Steines verschwan-
den. Letztere wurden in der Folge durch weniger zarte er-
setzt, wobei man vielleicht auch den im Schnitte flach ge-
haltenen Stellen zwischen Stirn und Nase und um die Lippen
nachgeholfen hat.‟ Eine Ueberarbeitung durch ungeschickte
Hand nahm auch Bracci an, der auf die Auctorität der bei-
den Pichler hin die Arbeit noch in anderer Beziehung tadelt
und deshalb fast Anstand nimmt, sie dem Dioskurides beizu-
legen (II, p. 19). Wir werden sie dagegen jetzt als ein Werk
dieses Künstlers, wenn auch freilich als kein in unversehr-
tem Zustande erhaltenes anerkennen müssen.
Dass Dioskurides das Bild des Augustus geschnitten, steht
durch das Zeugniss des Sueton und Plinius fest (s. o. S. 469);
und bei dem Werthe, welcher diesem Bildniss beigelegt ward,
ist es gewiss erlaubt anzunehmen, dass der Künstler es öfter
und in verschiedener Weise wiederholt habe. Es ist daher
ohne Zweifel möglich, dass das eine oder das andere sich
bis auf unsere Zeit erhalten habe, wogegen freilich auch zu-
zugeben ist, dass die noch vorhandenen Exemplare einer be-
sonders strengen Prüfung zu unterwerfen sind, indem gerade
wegen der obigen früh bekannten Nachrichten die Fälschung
schon bald nach dem Wiederaufleben der Wissenschaften be-
gonnen haben kann, ganz abgesehen von der Möglichkeit des
Betruges selbst in den Zeiten des Alterthums. Wenn bei
der wenig ausgebildeten Kritik des sechszehnten und sieb-
zehnten Jahrhunderts manche Gemme ohne Namensaufschrift
dem Dioskurides beigelegt ward, so haben wir für unsere
Zwecke keinen Werth darauf zu legen. Unsere Untersuchun-
gen haben zu beginnen, wo ausdrücklich der Inschrift gedacht
wird. Dies geschieht von Faber in den Erläuterungen zu
Ursinus illust. imag. t. 87, p. 52: Augustus deificatus cum
corona radiante, in sarda gemma sive corniola incisus, quae
exstat apud Fulvium Ursinum cum nomine DIOSCORIDIS.
Dass die Inschrift lateinisch gewesen, ist nicht glaublich;
sie ist wohl nur aus Bequemlichkeit so gedruckt. Ueber die-
sen Stein ist nichts weiter bekannt geworden. Denn die
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Der zweite Band der "Geschichte der griechischen … [mehr]
Der zweite Band der "Geschichte der griechischen Künstler" von Heinrich von Brunn enthält ebenfalls den "Zweiten Teil der ersten Abteilung", die im Deutschen Textarchiv als eigenständiges Werk verzeichnet ist.
Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 2. Stuttgart, 1859, S. 484. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen02_1859/501>, abgerufen am 24.11.2024.
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