1) "wenn der Schnitt der Buchstaben von dem des Bildes so verschieden ist, dass es wahrscheinlich oder gewiss wird, dass nicht beides von denselben Händen herrühre," oder "wenn sich die Inschrift auf irgend eine andere Weise als nicht ursprünglich beabsichtigt, sondern als erst später hin- zugefügt zu erkennen giebt" (S. 254);
2) "wenn das dem Steine eingeschnittene Bild seinem Inhalte oder seinem Kunstwerthe nach so unbedeutend ist, dass man nicht glauben kann, ein Künstler habe es der Mühe werth finden können, seinen Namen beizufügen" (S. 257);
3) "wenn der Name identisch ist mit dem des Bildes oder doch als dessen Beiname oder nähere Bestimmung auf- gefasst werden kann", oder wenn der Name auf einem Sie- gelsteine "einen mehr oder weniger engen Begriffs-Zusam- menhang mit dem Bilde zeigt, so dass man in dem Bilde eine Anspielung auf den beigeschriebenen Namen finden kann" (S. 256).
4) Ein lateinisch geschriebener Künstlername ist auf Gem- men bis jetzt wenigstens noch nicht nachgewiesen worden. Dagegen wird die Annahme Stephani's, dass auch ein römi- scher, aber griechisch geschriebener Name den Künstler nicht bezeichnen könne (S. 256), einige Einschränkung erfahren müssen. Römische Steinschneider mögen selten sein; aber in einem Falle, bei Gelegenheit des Felix, hat Stephani selbst die Vertheidigung übernommen. Eben so ist es im Allgemei- nen gewiss richtig, wenn er die Beziehung von Frauennamen auf künstlerische Thätigkeit ausschliesst; aber wie es ein- zelne berühmte Malerinnen im Alterthum gab, so lässt sich an und für sich die Möglichkeit nicht leugnen, dass ausnahms- weise eine Frau sich auch mit der Kunst des Gemmenschnei- dens befasst haben könne.
Für die Beziehung eines Namens auf den Künstler spricht es, wenn derselbe als Name eines Steinschneiders durch an- derweitige Zeugnisse des Alterthums bekannt ist. Aber aller- dings wird (von modernen Fälschungen ganz abgesehen) die Bedeutung dieses Gesichtspunktes sehr durch den Umstand verringert, dass nur sehr wenige Namen in dieser Weise über- liefert sind, indem die namentlich von Raoul-Rochette viel- fach behauptete Identität der Steinschneider mit den gemmarii,
1) „wenn der Schnitt der Buchstaben von dem des Bildes so verschieden ist, dass es wahrscheinlich oder gewiss wird, dass nicht beides von denselben Händen herrühre,‟ oder „wenn sich die Inschrift auf irgend eine andere Weise als nicht ursprünglich beabsichtigt, sondern als erst später hin- zugefügt zu erkennen giebt‟ (S. 254);
2) „wenn das dem Steine eingeschnittene Bild seinem Inhalte oder seinem Kunstwerthe nach so unbedeutend ist, dass man nicht glauben kann, ein Künstler habe es der Mühe werth finden können, seinen Namen beizufügen‟ (S. 257);
3) „wenn der Name identisch ist mit dem des Bildes oder doch als dessen Beiname oder nähere Bestimmung auf- gefasst werden kann‟, oder wenn der Name auf einem Sie- gelsteine „einen mehr oder weniger engen Begriffs-Zusam- menhang mit dem Bilde zeigt, so dass man in dem Bilde eine Anspielung auf den beigeschriebenen Namen finden kann‟ (S. 256).
4) Ein lateinisch geschriebener Künstlername ist auf Gem- men bis jetzt wenigstens noch nicht nachgewiesen worden. Dagegen wird die Annahme Stephani’s, dass auch ein römi- scher, aber griechisch geschriebener Name den Künstler nicht bezeichnen könne (S. 256), einige Einschränkung erfahren müssen. Römische Steinschneider mögen selten sein; aber in einem Falle, bei Gelegenheit des Felix, hat Stephani selbst die Vertheidigung übernommen. Eben so ist es im Allgemei- nen gewiss richtig, wenn er die Beziehung von Frauennamen auf künstlerische Thätigkeit ausschliesst; aber wie es ein- zelne berühmte Malerinnen im Alterthum gab, so lässt sich an und für sich die Möglichkeit nicht leugnen, dass ausnahms- weise eine Frau sich auch mit der Kunst des Gemmenschnei- dens befasst haben könne.
Für die Beziehung eines Namens auf den Künstler spricht es, wenn derselbe als Name eines Steinschneiders durch an- derweitige Zeugnisse des Alterthums bekannt ist. Aber aller- dings wird (von modernen Fälschungen ganz abgesehen) die Bedeutung dieses Gesichtspunktes sehr durch den Umstand verringert, dass nur sehr wenige Namen in dieser Weise über- liefert sind, indem die namentlich von Raoul-Rochette viel- fach behauptete Identität der Steinschneider mit den gemmarii,
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1) „wenn der Schnitt der Buchstaben von dem des Bildes so
verschieden ist, dass es wahrscheinlich oder gewiss wird,
dass nicht beides von denselben Händen herrühre,‟ oder
„wenn sich die Inschrift auf irgend eine andere Weise als
nicht ursprünglich beabsichtigt, sondern als erst später hin-
zugefügt zu erkennen giebt‟ (S. 254);
2) „wenn das dem Steine eingeschnittene Bild seinem
Inhalte oder seinem Kunstwerthe nach so unbedeutend ist,
dass man nicht glauben kann, ein Künstler habe es der
Mühe werth finden können, seinen Namen beizufügen‟ (S.
257);
3) „wenn der Name identisch ist mit dem des Bildes
oder doch als dessen Beiname oder nähere Bestimmung auf-
gefasst werden kann‟, oder wenn der Name auf einem Sie-
gelsteine „einen mehr oder weniger engen Begriffs-Zusam-
menhang mit dem Bilde zeigt, so dass man in dem Bilde eine
Anspielung auf den beigeschriebenen Namen finden kann‟
(S. 256).
4) Ein lateinisch geschriebener Künstlername ist auf Gem-
men bis jetzt wenigstens noch nicht nachgewiesen worden.
Dagegen wird die Annahme Stephani’s, dass auch ein römi-
scher, aber griechisch geschriebener Name den Künstler nicht
bezeichnen könne (S. 256), einige Einschränkung erfahren
müssen. Römische Steinschneider mögen selten sein; aber
in einem Falle, bei Gelegenheit des Felix, hat Stephani selbst
die Vertheidigung übernommen. Eben so ist es im Allgemei-
nen gewiss richtig, wenn er die Beziehung von Frauennamen
auf künstlerische Thätigkeit ausschliesst; aber wie es ein-
zelne berühmte Malerinnen im Alterthum gab, so lässt sich
an und für sich die Möglichkeit nicht leugnen, dass ausnahms-
weise eine Frau sich auch mit der Kunst des Gemmenschnei-
dens befasst haben könne.
Für die Beziehung eines Namens auf den Künstler spricht
es, wenn derselbe als Name eines Steinschneiders durch an-
derweitige Zeugnisse des Alterthums bekannt ist. Aber aller-
dings wird (von modernen Fälschungen ganz abgesehen) die
Bedeutung dieses Gesichtspunktes sehr durch den Umstand
verringert, dass nur sehr wenige Namen in dieser Weise über-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Der zweite Band der "Geschichte der griechischen … [mehr]
Der zweite Band der "Geschichte der griechischen Künstler" von Heinrich von Brunn enthält ebenfalls den "Zweiten Teil der ersten Abteilung", die im Deutschen Textarchiv als eigenständiges Werk verzeichnet ist.
Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 2. Stuttgart, 1859, S. 445. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen02_1859/462>, abgerufen am 24.11.2024.
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