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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 2. Stuttgart, 1859.

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den Scholien zu Dionys, oder Milesier bei Aelian und Athe-
näus, welche letztere Angabe sich mit der ersteren vielleicht
durch die Annahme vereinigen lässt, dass er aus dem atti-
schen Demos Milet stammte (vgl. C. J. gr. zu n. 692). Die
Verschiedenheit des Vaterlandes beider Künstler giebt uns
die Gewissheit, dass wir es wirklich mit zwei Personen zu
thun haben, während in den weiteren Nachrichten Manches
auf die auch gelegentlich schon ausgesprochene Vermuthung
leiten könnte, dass etwa Myrmekides (der Ameisenbildner)
nur ein Beiname des Kallikrates sei. Namentlich ist es eine
Arbeit, bei welcher fast regelmässig von beiden Künstlern
die Rede ist, ein Viergespann nebst Lenker von solcher
Kleinheit, dass es durch die Flügel einer zugleich gefertigten
Fliege ganz bedeckt wurde: Plut. adv. Stoicos p. 1083 D.
Aelian l. l. Schol. Dion. l. l.; nur Plinius (7, 85; 36, 43) nennt
Myrmekides allein. Ob nun beide gemeinschaftlich daran
thätig gewesen oder ob jeder für sich denselben Gegenstand
behandelt, lässt sich nicht entscheiden. Sehr wohl möglich
und auch wahrscheinlich ist das Letztere: denn bei ähnlichen
Kunststücken der Technik werden häufig verschiedene
Künstler in der Lösung nicht verwandter, sondern identi-
scher Aufgaben mit einander wetteifern. So lässt Aelian
Distichen, Plutarch homerische Verse mit goldenen Buch-
staben auf ein Sesamkorn von beiden Künstlern geschrieben
sein; und während der Name des Myrmekides als Beiname
gefasst uns unwillkürlich auf die Darstellung von Ameisen
hinweist, wird die Bildung dieser und ähnlicher Thiere von
Plinius dem Kallikrates beigelegt. Berühmter, vielleicht weil
er zuerst die Technik in solcher Weise verfeinerte, scheint
Myrmekides gewesen zu sein. Zwar wird ein Werk, ein
Schiff, welches durch die Flügel einer Biene verdeckt wurde,
von Plinius dem Kallikrates allein zugesprochen. Dagegen
erscheint Myrmekides allein als Repräsentant dieser Kunst-
richtung bei Varro de l. l. VII, 1; Cicero qu. Acad. IV, 38;
Julian orat. III, p. 208 und Suidas s. v. [fremdsprachliches Material - fehlt]. Wir ver-
mögen indessen über dieses Verhältniss nichts Sicheres zu
bestimmen, da uns die Nachrichten der Alten weiter auch
über die Zeit der beiden Künstler völlig im Ungewissen las-
sen, wenn auch das Raffinement ihrer Technik uns vor
allem auf eine Periode der vollendeten Kunstbildung, also

den Scholien zu Dionys, oder Milesier bei Aelian und Athe-
näus, welche letztere Angabe sich mit der ersteren vielleicht
durch die Annahme vereinigen lässt, dass er aus dem atti-
schen Demos Milet stammte (vgl. C. J. gr. zu n. 692). Die
Verschiedenheit des Vaterlandes beider Künstler giebt uns
die Gewissheit, dass wir es wirklich mit zwei Personen zu
thun haben, während in den weiteren Nachrichten Manches
auf die auch gelegentlich schon ausgesprochene Vermuthung
leiten könnte, dass etwa Myrmekides (der Ameisenbildner)
nur ein Beiname des Kallikrates sei. Namentlich ist es eine
Arbeit, bei welcher fast regelmässig von beiden Künstlern
die Rede ist, ein Viergespann nebst Lenker von solcher
Kleinheit, dass es durch die Flügel einer zugleich gefertigten
Fliege ganz bedeckt wurde: Plut. adv. Stoicos p. 1083 D.
Aelian l. l. Schol. Dion. l. l.; nur Plinius (7, 85; 36, 43) nennt
Myrmekides allein. Ob nun beide gemeinschaftlich daran
thätig gewesen oder ob jeder für sich denselben Gegenstand
behandelt, lässt sich nicht entscheiden. Sehr wohl möglich
und auch wahrscheinlich ist das Letztere: denn bei ähnlichen
Kunststücken der Technik werden häufig verschiedene
Künstler in der Lösung nicht verwandter, sondern identi-
scher Aufgaben mit einander wetteifern. So lässt Aelian
Distichen, Plutarch homerische Verse mit goldenen Buch-
staben auf ein Sesamkorn von beiden Künstlern geschrieben
sein; und während der Name des Myrmekides als Beiname
gefasst uns unwillkürlich auf die Darstellung von Ameisen
hinweist, wird die Bildung dieser und ähnlicher Thiere von
Plinius dem Kallikrates beigelegt. Berühmter, vielleicht weil
er zuerst die Technik in solcher Weise verfeinerte, scheint
Myrmekides gewesen zu sein. Zwar wird ein Werk, ein
Schiff, welches durch die Flügel einer Biene verdeckt wurde,
von Plinius dem Kallikrates allein zugesprochen. Dagegen
erscheint Myrmekides allein als Repräsentant dieser Kunst-
richtung bei Varro de l. l. VII, 1; Cicero qu. Acad. IV, 38;
Julian orat. III, p. 208 und Suidas s. v. [fremdsprachliches Material – fehlt]. Wir ver-
mögen indessen über dieses Verhältniss nichts Sicheres zu
bestimmen, da uns die Nachrichten der Alten weiter auch
über die Zeit der beiden Künstler völlig im Ungewissen las-
sen, wenn auch das Raffinement ihrer Technik uns vor
allem auf eine Periode der vollendeten Kunstbildung, also

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[406/0423] den Scholien zu Dionys, oder Milesier bei Aelian und Athe- näus, welche letztere Angabe sich mit der ersteren vielleicht durch die Annahme vereinigen lässt, dass er aus dem atti- schen Demos Milet stammte (vgl. C. J. gr. zu n. 692). Die Verschiedenheit des Vaterlandes beider Künstler giebt uns die Gewissheit, dass wir es wirklich mit zwei Personen zu thun haben, während in den weiteren Nachrichten Manches auf die auch gelegentlich schon ausgesprochene Vermuthung leiten könnte, dass etwa Myrmekides (der Ameisenbildner) nur ein Beiname des Kallikrates sei. Namentlich ist es eine Arbeit, bei welcher fast regelmässig von beiden Künstlern die Rede ist, ein Viergespann nebst Lenker von solcher Kleinheit, dass es durch die Flügel einer zugleich gefertigten Fliege ganz bedeckt wurde: Plut. adv. Stoicos p. 1083 D. Aelian l. l. Schol. Dion. l. l.; nur Plinius (7, 85; 36, 43) nennt Myrmekides allein. Ob nun beide gemeinschaftlich daran thätig gewesen oder ob jeder für sich denselben Gegenstand behandelt, lässt sich nicht entscheiden. Sehr wohl möglich und auch wahrscheinlich ist das Letztere: denn bei ähnlichen Kunststücken der Technik werden häufig verschiedene Künstler in der Lösung nicht verwandter, sondern identi- scher Aufgaben mit einander wetteifern. So lässt Aelian Distichen, Plutarch homerische Verse mit goldenen Buch- staben auf ein Sesamkorn von beiden Künstlern geschrieben sein; und während der Name des Myrmekides als Beiname gefasst uns unwillkürlich auf die Darstellung von Ameisen hinweist, wird die Bildung dieser und ähnlicher Thiere von Plinius dem Kallikrates beigelegt. Berühmter, vielleicht weil er zuerst die Technik in solcher Weise verfeinerte, scheint Myrmekides gewesen zu sein. Zwar wird ein Werk, ein Schiff, welches durch die Flügel einer Biene verdeckt wurde, von Plinius dem Kallikrates allein zugesprochen. Dagegen erscheint Myrmekides allein als Repräsentant dieser Kunst- richtung bei Varro de l. l. VII, 1; Cicero qu. Acad. IV, 38; Julian orat. III, p. 208 und Suidas s. v. _ . Wir ver- mögen indessen über dieses Verhältniss nichts Sicheres zu bestimmen, da uns die Nachrichten der Alten weiter auch über die Zeit der beiden Künstler völlig im Ungewissen las- sen, wenn auch das Raffinement ihrer Technik uns vor allem auf eine Periode der vollendeten Kunstbildung, also

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Zitationshilfe: Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 2. Stuttgart, 1859, S. 406. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen02_1859/423>, abgerufen am 24.11.2024.