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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 2. Stuttgart, 1859.

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werke zuzutheilen. Es genügt hier des Beispiels halber an
des Aristides verwundete Mutter mit dem Kinde, an seine
Jäger, an Pausias Stieropfer zu erinnern, um klar zu machen,
wie wenig auf solche Darstellungen die Bezeichnung von
Genrebildern passen würde. Daneben freilich erhält auch
die Genremalerei, namentlich gegen das Ende dieser Periode,
immer mehr Ausdehnung und versucht ihre Kräfte an Gegen-
ständen, welche bisher der Kunst fern lagen. So erwirbt
Pausias sich Ruhm durch das Malen von Kindern und von
Blumen; Antiphilos weiss der Betrachtung einer rein ge-
werksmässigen Thätigkeit, wie die Wollebereitung ist, künst-
lerische Motive abzugewinnen; eines besonderen Rufes fängt
ferner die Kleinmalerei und Rhopographie sich zu erfreuen
an, und endlich erhebt sich auch die Karikatur in den Grylli
zu einer besonderen Gattung. Die rechte Blüthe dieser ver-
schiedenen Arten von Genremalerei mag sich freilich erst
während der eigentlichen Diadochenperiode entwickelt haben;
doch zeigt sie sich auch in der Zeit vorher schon so weit
begründet, dass man sie wenigstens ihrem Ursprunge nach
durchaus als ein Kind dieser Periode ansehen darf. Ja sie
stellt sich sogar als eine nothwendige Ergänzung, als ein
Abschluss aller der mannigfaltigen Bestrebungen derselben
dar, sobald wir diese auf ihre inneren Gründe zurückführen
und unter den Gesichtspunkt der Einheit des darin waltenden
Geistes zu bringen suchen.

Wenn wir aber auf eine solche Einheit als nothwendig
vorhanden hinweisen, so gehen wir dabei keineswegs von
einer willkürlichen Voraussetzung aus; vielmehr folgen wir
nur einem Principe, welches bei Untersuchungen über grie-
chisches Leben nie vernachlässigt werden darf. Und was
nun speciell die Malerei anlangt, so haben wir um so we-
niger Grund an seiner Geltung für dieselbe zu zweifeln, als
es sich auf dem Gebiete der Schwesterkunst, der Bildhauerei,
durchaus bewährt hat. Ja bei genauerer Betrachtung wird
es sich zeigen, dass, was wir dort gefunden haben, hier in
ausgedehntem Maasse und nur unter den durch die beson-
dere Kunstgattung bedingten Modificationen Anwendung fin-
det. Vor Allem wiesen wir dort1) mit Nachdruck darauf

1) I, 436 fg.

werke zuzutheilen. Es genügt hier des Beispiels halber an
des Aristides verwundete Mutter mit dem Kinde, an seine
Jäger, an Pausias Stieropfer zu erinnern, um klar zu machen,
wie wenig auf solche Darstellungen die Bezeichnung von
Genrebildern passen würde. Daneben freilich erhält auch
die Genremalerei, namentlich gegen das Ende dieser Periode,
immer mehr Ausdehnung und versucht ihre Kräfte an Gegen-
ständen, welche bisher der Kunst fern lagen. So erwirbt
Pausias sich Ruhm durch das Malen von Kindern und von
Blumen; Antiphilos weiss der Betrachtung einer rein ge-
werksmässigen Thätigkeit, wie die Wollebereitung ist, künst-
lerische Motive abzugewinnen; eines besonderen Rufes fängt
ferner die Kleinmalerei und Rhopographie sich zu erfreuen
an, und endlich erhebt sich auch die Karikatur in den Grylli
zu einer besonderen Gattung. Die rechte Blüthe dieser ver-
schiedenen Arten von Genremalerei mag sich freilich erst
während der eigentlichen Diadochenperiode entwickelt haben;
doch zeigt sie sich auch in der Zeit vorher schon so weit
begründet, dass man sie wenigstens ihrem Ursprunge nach
durchaus als ein Kind dieser Periode ansehen darf. Ja sie
stellt sich sogar als eine nothwendige Ergänzung, als ein
Abschluss aller der mannigfaltigen Bestrebungen derselben
dar, sobald wir diese auf ihre inneren Gründe zurückführen
und unter den Gesichtspunkt der Einheit des darin waltenden
Geistes zu bringen suchen.

Wenn wir aber auf eine solche Einheit als nothwendig
vorhanden hinweisen, so gehen wir dabei keineswegs von
einer willkürlichen Voraussetzung aus; vielmehr folgen wir
nur einem Principe, welches bei Untersuchungen über grie-
chisches Leben nie vernachlässigt werden darf. Und was
nun speciell die Malerei anlangt, so haben wir um so we-
niger Grund an seiner Geltung für dieselbe zu zweifeln, als
es sich auf dem Gebiete der Schwesterkunst, der Bildhauerei,
durchaus bewährt hat. Ja bei genauerer Betrachtung wird
es sich zeigen, dass, was wir dort gefunden haben, hier in
ausgedehntem Maasse und nur unter den durch die beson-
dere Kunstgattung bedingten Modificationen Anwendung fin-
det. Vor Allem wiesen wir dort1) mit Nachdruck darauf

1) I, 436 fg.
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[272/0289] werke zuzutheilen. Es genügt hier des Beispiels halber an des Aristides verwundete Mutter mit dem Kinde, an seine Jäger, an Pausias Stieropfer zu erinnern, um klar zu machen, wie wenig auf solche Darstellungen die Bezeichnung von Genrebildern passen würde. Daneben freilich erhält auch die Genremalerei, namentlich gegen das Ende dieser Periode, immer mehr Ausdehnung und versucht ihre Kräfte an Gegen- ständen, welche bisher der Kunst fern lagen. So erwirbt Pausias sich Ruhm durch das Malen von Kindern und von Blumen; Antiphilos weiss der Betrachtung einer rein ge- werksmässigen Thätigkeit, wie die Wollebereitung ist, künst- lerische Motive abzugewinnen; eines besonderen Rufes fängt ferner die Kleinmalerei und Rhopographie sich zu erfreuen an, und endlich erhebt sich auch die Karikatur in den Grylli zu einer besonderen Gattung. Die rechte Blüthe dieser ver- schiedenen Arten von Genremalerei mag sich freilich erst während der eigentlichen Diadochenperiode entwickelt haben; doch zeigt sie sich auch in der Zeit vorher schon so weit begründet, dass man sie wenigstens ihrem Ursprunge nach durchaus als ein Kind dieser Periode ansehen darf. Ja sie stellt sich sogar als eine nothwendige Ergänzung, als ein Abschluss aller der mannigfaltigen Bestrebungen derselben dar, sobald wir diese auf ihre inneren Gründe zurückführen und unter den Gesichtspunkt der Einheit des darin waltenden Geistes zu bringen suchen. Wenn wir aber auf eine solche Einheit als nothwendig vorhanden hinweisen, so gehen wir dabei keineswegs von einer willkürlichen Voraussetzung aus; vielmehr folgen wir nur einem Principe, welches bei Untersuchungen über grie- chisches Leben nie vernachlässigt werden darf. Und was nun speciell die Malerei anlangt, so haben wir um so we- niger Grund an seiner Geltung für dieselbe zu zweifeln, als es sich auf dem Gebiete der Schwesterkunst, der Bildhauerei, durchaus bewährt hat. Ja bei genauerer Betrachtung wird es sich zeigen, dass, was wir dort gefunden haben, hier in ausgedehntem Maasse und nur unter den durch die beson- dere Kunstgattung bedingten Modificationen Anwendung fin- det. Vor Allem wiesen wir dort 1) mit Nachdruck darauf 1) I, 436 fg.

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Zitationshilfe: Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 2. Stuttgart, 1859, S. 272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen02_1859/289>, abgerufen am 24.11.2024.