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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 2. Stuttgart, 1859.

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schrieben ward, und von welchem eines der zu heiligen
Sendungen bestimmten Staatsschiffe den Namen erhalten hatte.
Hammonias war der Name eines ähnlichen Schiffes, welches
aber erst in späterer Zeit, wahrscheinlich als Alexander sich
für einen Sohn des Ammon erklärt hatte, gebaut und zu
gleichen Sendungen verwendet wurde. War nun Paralos als
Seemann dem Odysseus ähnlich dargestellt und ihm gegen-
über die Personification der Hammonias als Frauengestalt,
so kann es nicht auffallen, wenn der Haufe der weniger un-
terrichteten Beschauer an die weit bekanntere Begegnung
des Odysseus und der Nausikaa erinnert wurde und danach
seine Bezeichnung wählte. Neben den Personificationen der
beiden Schiffe aber, für welche sich in künstlerischer Bezie-
hung ein Verhältniss, wie zwischen Vater und Tochter fast
von selbst ergab, sind die kleinen langen Schiffe ein durch-
aus sachgemässes Beiwerk, für dessen Erklärung die ge-
suchte Anspielung auf die Schiffsmalerei des Protogenes
gänzlich überflüssig erscheint. Wenn man nun endlich dar-
auf hingewiesen hat, dass Pausanias (I, 22, 5) als in der
Pinakothek neben den Propyläen befindlich eine Darstellung
der Nausikaa erwähnt, so wie dass dort der Name des Po-
lygnot als des Malers aus dem des Protogenes verderbt sein
könne und also möglicher Weise Pausanias und Plinius von
demselben Werke sprächen, so verliert diese Vermuthung
ihren Werth durch die früher gelieferte Nachweisung, dass
dort Pausanias einen Cyklus von sechs heroischen Bildern
beschreibt, wie er der Kunstrichtung des Polygnot durchaus
entsprechend, bei Protogenes ohne Analogie ist, während
jene Personificationen wieder mit der Eigenthümlichkeit des
Letztern durchaus übereinstimmen. Des Paralos als in Athen
befindlich gedenkt endlich auch Cicero.1) -- Ueber die
übrigen Werke genügen wenige Bemerkungen. Von mytho-
logischen Gegenständen wird nur noch ein Pan genannt.
Aber auch dieser bildete schwerlich ein Gemälde für sich.
Denn da Plinius Alexandrum ac Pana anführt, durch ac aber
bei ihm zwei zu einem und demselben Werke gehörige Fi-
guren verbunden zu werden pflegen, so liegt die Vermuthung
nahe, dass Alexander, wie von Apelles als Zeus, so von

1) Verr. IV, 60, §. 135.

schrieben ward, und von welchem eines der zu heiligen
Sendungen bestimmten Staatsschiffe den Namen erhalten hatte.
Hammonias war der Name eines ähnlichen Schiffes, welches
aber erst in späterer Zeit, wahrscheinlich als Alexander sich
für einen Sohn des Ammon erklärt hatte, gebaut und zu
gleichen Sendungen verwendet wurde. War nun Paralos als
Seemann dem Odysseus ähnlich dargestellt und ihm gegen-
über die Personification der Hammonias als Frauengestalt,
so kann es nicht auffallen, wenn der Haufe der weniger un-
terrichteten Beschauer an die weit bekanntere Begegnung
des Odysseus und der Nausikaa erinnert wurde und danach
seine Bezeichnung wählte. Neben den Personificationen der
beiden Schiffe aber, für welche sich in künstlerischer Bezie-
hung ein Verhältniss, wie zwischen Vater und Tochter fast
von selbst ergab, sind die kleinen langen Schiffe ein durch-
aus sachgemässes Beiwerk, für dessen Erklärung die ge-
suchte Anspielung auf die Schiffsmalerei des Protogenes
gänzlich überflüssig erscheint. Wenn man nun endlich dar-
auf hingewiesen hat, dass Pausanias (I, 22, 5) als in der
Pinakothek neben den Propyläen befindlich eine Darstellung
der Nausikaa erwähnt, so wie dass dort der Name des Po-
lygnot als des Malers aus dem des Protogenes verderbt sein
könne und also möglicher Weise Pausanias und Plinius von
demselben Werke sprächen, so verliert diese Vermuthung
ihren Werth durch die früher gelieferte Nachweisung, dass
dort Pausanias einen Cyklus von sechs heroischen Bildern
beschreibt, wie er der Kunstrichtung des Polygnot durchaus
entsprechend, bei Protogenes ohne Analogie ist, während
jene Personificationen wieder mit der Eigenthümlichkeit des
Letztern durchaus übereinstimmen. Des Paralos als in Athen
befindlich gedenkt endlich auch Cicero.1) — Ueber die
übrigen Werke genügen wenige Bemerkungen. Von mytho-
logischen Gegenständen wird nur noch ein Pan genannt.
Aber auch dieser bildete schwerlich ein Gemälde für sich.
Denn da Plinius Alexandrum ac Pana anführt, durch ac aber
bei ihm zwei zu einem und demselben Werke gehörige Fi-
guren verbunden zu werden pflegen, so liegt die Vermuthung
nahe, dass Alexander, wie von Apelles als Zeus, so von

1) Verr. IV, 60, §. 135.
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[239/0256] schrieben ward, und von welchem eines der zu heiligen Sendungen bestimmten Staatsschiffe den Namen erhalten hatte. Hammonias war der Name eines ähnlichen Schiffes, welches aber erst in späterer Zeit, wahrscheinlich als Alexander sich für einen Sohn des Ammon erklärt hatte, gebaut und zu gleichen Sendungen verwendet wurde. War nun Paralos als Seemann dem Odysseus ähnlich dargestellt und ihm gegen- über die Personification der Hammonias als Frauengestalt, so kann es nicht auffallen, wenn der Haufe der weniger un- terrichteten Beschauer an die weit bekanntere Begegnung des Odysseus und der Nausikaa erinnert wurde und danach seine Bezeichnung wählte. Neben den Personificationen der beiden Schiffe aber, für welche sich in künstlerischer Bezie- hung ein Verhältniss, wie zwischen Vater und Tochter fast von selbst ergab, sind die kleinen langen Schiffe ein durch- aus sachgemässes Beiwerk, für dessen Erklärung die ge- suchte Anspielung auf die Schiffsmalerei des Protogenes gänzlich überflüssig erscheint. Wenn man nun endlich dar- auf hingewiesen hat, dass Pausanias (I, 22, 5) als in der Pinakothek neben den Propyläen befindlich eine Darstellung der Nausikaa erwähnt, so wie dass dort der Name des Po- lygnot als des Malers aus dem des Protogenes verderbt sein könne und also möglicher Weise Pausanias und Plinius von demselben Werke sprächen, so verliert diese Vermuthung ihren Werth durch die früher gelieferte Nachweisung, dass dort Pausanias einen Cyklus von sechs heroischen Bildern beschreibt, wie er der Kunstrichtung des Polygnot durchaus entsprechend, bei Protogenes ohne Analogie ist, während jene Personificationen wieder mit der Eigenthümlichkeit des Letztern durchaus übereinstimmen. Des Paralos als in Athen befindlich gedenkt endlich auch Cicero. 1) — Ueber die übrigen Werke genügen wenige Bemerkungen. Von mytho- logischen Gegenständen wird nur noch ein Pan genannt. Aber auch dieser bildete schwerlich ein Gemälde für sich. Denn da Plinius Alexandrum ac Pana anführt, durch ac aber bei ihm zwei zu einem und demselben Werke gehörige Fi- guren verbunden zu werden pflegen, so liegt die Vermuthung nahe, dass Alexander, wie von Apelles als Zeus, so von 1) Verr. IV, 60, §. 135.

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Zitationshilfe: Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 2. Stuttgart, 1859, S. 239. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen02_1859/256>, abgerufen am 24.11.2024.