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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 2. Stuttgart, 1859.

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Ich glaube ferner die Vortheile, welche die Enkaustik bot,
auch in Anschlag bringen zu müssen, wenn wir hören, dass
Pausias in der Blumenmalerei keinen geringen Ruhm erwor-
ben habe. Wenn wir freilich auch in diesem Genre von
einem Meisterwerke eine hohe Vollendung der Zeichnung zu
verlangen nicht umhin können, welche es sich namentlich
zur Aufgabe zu setzen hat, den Wuchs, die Schwingung der
Blätter, die Bildung und Entfaltung des Blüthenkelches im
mannigfachen Wechsel der Lagen dem Organismus der
Pflanze gemäss darzustellen, so hat man doch von jeher
hier vor Allem nach Illusion durch die Farbe gestrebt, nach
einem Wiedergeben jenes Schmelzes und jenes Reichthums
von Farbentönen, die auch in der Wirklichkeit, weit mehr
als die Form, das Auge anzuziehen pflegen. Dieses Ziel zu
erreichen war aber erst durch eine vollendete Technik mög-
lich, wie sie die Enkaustik bot. Doch wollen wir das Ver-
dienst des Pausias nicht auf diese allein beschränken, son-
dern es nach dem ausdrücklichen Zeugnisse des Plinius auch
darauf ausdehnen, dass er nicht minder in der Anordnung
der verschiedenen Blumen die reichste Mannigfaltigkeit zu
entwickeln verstanden habe, was vom künstlerischen Stand-
punkte einen feinen Sinn für Farbenzusammenstellung vor-
aussetzt.

Blicken wir jetzt noch einmal auf die Leistungen des
Pausias zurück, so können wir nicht behaupten, dass ihm in
der Wahl und der innerlichen Auffassung der Gegenstände,
im geistigen poetischen Schaffen ein hervorstechendes Ver-
dienst gebühre. Selbst bei dem Stieropfer wird nicht das
Poetische, sondern das Kunstreiche der Erfindung gepriesen.
Bei dem Bilde der Methe kann der sonst so trockene Pau-
sanias eine Bemerkung über das technische Verdienst nicht
unterdrücken. Plinius aber sagt geradezu, dass er haupt-
sächlich Kinder gemalt, also Darstellungen der naivsten Art
geliebt habe. Ja es scheint sogar, dass er in der Wahl
seiner Gegenstände nicht immer die Schranken strenger Sitte
wahrte. Polemon nemlich in der Schrift über die Gemälde
in Sikyon1) nennt unter den [fremdsprachliches Material - fehlt] neben Aristides und
Nikophanes einen ganz unbekannten Maler Pausanias, an

1) bei Athen. XIII, p. 567 B.

Ich glaube ferner die Vortheile, welche die Enkaustik bot,
auch in Anschlag bringen zu müssen, wenn wir hören, dass
Pausias in der Blumenmalerei keinen geringen Ruhm erwor-
ben habe. Wenn wir freilich auch in diesem Genre von
einem Meisterwerke eine hohe Vollendung der Zeichnung zu
verlangen nicht umhin können, welche es sich namentlich
zur Aufgabe zu setzen hat, den Wuchs, die Schwingung der
Blätter, die Bildung und Entfaltung des Blüthenkelches im
mannigfachen Wechsel der Lagen dem Organismus der
Pflanze gemäss darzustellen, so hat man doch von jeher
hier vor Allem nach Illusion durch die Farbe gestrebt, nach
einem Wiedergeben jenes Schmelzes und jenes Reichthums
von Farbentönen, die auch in der Wirklichkeit, weit mehr
als die Form, das Auge anzuziehen pflegen. Dieses Ziel zu
erreichen war aber erst durch eine vollendete Technik mög-
lich, wie sie die Enkaustik bot. Doch wollen wir das Ver-
dienst des Pausias nicht auf diese allein beschränken, son-
dern es nach dem ausdrücklichen Zeugnisse des Plinius auch
darauf ausdehnen, dass er nicht minder in der Anordnung
der verschiedenen Blumen die reichste Mannigfaltigkeit zu
entwickeln verstanden habe, was vom künstlerischen Stand-
punkte einen feinen Sinn für Farbenzusammenstellung vor-
aussetzt.

Blicken wir jetzt noch einmal auf die Leistungen des
Pausias zurück, so können wir nicht behaupten, dass ihm in
der Wahl und der innerlichen Auffassung der Gegenstände,
im geistigen poetischen Schaffen ein hervorstechendes Ver-
dienst gebühre. Selbst bei dem Stieropfer wird nicht das
Poetische, sondern das Kunstreiche der Erfindung gepriesen.
Bei dem Bilde der Methe kann der sonst so trockene Pau-
sanias eine Bemerkung über das technische Verdienst nicht
unterdrücken. Plinius aber sagt geradezu, dass er haupt-
sächlich Kinder gemalt, also Darstellungen der naivsten Art
geliebt habe. Ja es scheint sogar, dass er in der Wahl
seiner Gegenstände nicht immer die Schranken strenger Sitte
wahrte. Polemon nemlich in der Schrift über die Gemälde
in Sikyon1) nennt unter den [fremdsprachliches Material – fehlt] neben Aristides und
Nikophanes einen ganz unbekannten Maler Pausanias, an

1) bei Athen. XIII, p. 567 B.
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[152/0169] Ich glaube ferner die Vortheile, welche die Enkaustik bot, auch in Anschlag bringen zu müssen, wenn wir hören, dass Pausias in der Blumenmalerei keinen geringen Ruhm erwor- ben habe. Wenn wir freilich auch in diesem Genre von einem Meisterwerke eine hohe Vollendung der Zeichnung zu verlangen nicht umhin können, welche es sich namentlich zur Aufgabe zu setzen hat, den Wuchs, die Schwingung der Blätter, die Bildung und Entfaltung des Blüthenkelches im mannigfachen Wechsel der Lagen dem Organismus der Pflanze gemäss darzustellen, so hat man doch von jeher hier vor Allem nach Illusion durch die Farbe gestrebt, nach einem Wiedergeben jenes Schmelzes und jenes Reichthums von Farbentönen, die auch in der Wirklichkeit, weit mehr als die Form, das Auge anzuziehen pflegen. Dieses Ziel zu erreichen war aber erst durch eine vollendete Technik mög- lich, wie sie die Enkaustik bot. Doch wollen wir das Ver- dienst des Pausias nicht auf diese allein beschränken, son- dern es nach dem ausdrücklichen Zeugnisse des Plinius auch darauf ausdehnen, dass er nicht minder in der Anordnung der verschiedenen Blumen die reichste Mannigfaltigkeit zu entwickeln verstanden habe, was vom künstlerischen Stand- punkte einen feinen Sinn für Farbenzusammenstellung vor- aussetzt. Blicken wir jetzt noch einmal auf die Leistungen des Pausias zurück, so können wir nicht behaupten, dass ihm in der Wahl und der innerlichen Auffassung der Gegenstände, im geistigen poetischen Schaffen ein hervorstechendes Ver- dienst gebühre. Selbst bei dem Stieropfer wird nicht das Poetische, sondern das Kunstreiche der Erfindung gepriesen. Bei dem Bilde der Methe kann der sonst so trockene Pau- sanias eine Bemerkung über das technische Verdienst nicht unterdrücken. Plinius aber sagt geradezu, dass er haupt- sächlich Kinder gemalt, also Darstellungen der naivsten Art geliebt habe. Ja es scheint sogar, dass er in der Wahl seiner Gegenstände nicht immer die Schranken strenger Sitte wahrte. Polemon nemlich in der Schrift über die Gemälde in Sikyon 1) nennt unter den _ neben Aristides und Nikophanes einen ganz unbekannten Maler Pausanias, an 1) bei Athen. XIII, p. 567 B.

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Zitationshilfe: Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 2. Stuttgart, 1859, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen02_1859/169>, abgerufen am 05.12.2024.