deuten zwar auf gewisse Wechselbeziehungen mit der asia- tischen Schule hin. Allein als sein Vaterland wird von Quin- tilian1) die Insel Kythnos, von Eustathius2) Sikyon genannt, welche letztere Angabe dahin zu deuten sein wird, dass Ti- manthes wegen des Aufschwunges, den dort die Malerei nahm, ebendaselbst seinen Wohnsitz aufgeschlagen habe. Die Zeit seiner Thätigkeit muss etwa zwischen Ol. 90--100 fallen, da er von Plinius3) als Zeitgenosse des Zeuxis, Par- rhasios, Androkydes, Eupompos hingestellt wird.
Die Zahl der uns bekannten Werke dieses Künstlers ist sehr gering. Am meisten gefeiert war:
Iphigeneia am Altar stehend, um geopfert zu werden, mit welcher er den uns sonst ganz unbekannten Kolotes von Teos besiegte. In diesem Gemälde hatte der Künstler, nach- dem er in den Nebenfiguren den Ausdruck der Trauer nach allen Seiten erschöpft, so dass eine Steigerung nicht mehr möglich schien, die höchste Stufe des Schmerzes im Bilde des Vaters nicht in Wirklichkeit darzustellen versucht, son- dern ihn vielmehr in seiner Unaussprechlichkeit nur ahnen lassen, indem er den Agamemnon mit verhülltem Haupte bil- dete. Die Abstufungen in dem Schmerze der übrigen Fi- guren lernen wir aus mehrfachen Anführungen kennen: Kal- chas war traurig, betrübter Odysseus, Aias klagte laut, in Menelaos aber sprach sich schon der höchste Jammer aus: Plin. 35, 73; Cicero orat. 22; Valer. Max. VIII, 11, ext. 6; Quintil. II, 13, Lucil. Aetna v. 595; Eustath. 1. 1. Einzelne Motive aus diesem Bilde scheinen in einem pompeianischen Gemälde benutzt zu sein, das jedoch in manchen Punkten wieder zu viele Abweichungen darbietet, um geradezu für eine Copie nach Timanthes gehalten zu werden: Raoul-Roch. Mon. ined. 27; Müller und Oest. A. D. I, 44, 206.
Palamedes, hinterlistig ermordet; zu Ephesos, nach Tzetzes Chil. VIII, 198. Von diesem Bilde erzählt Ptole- maeus Hephaestio bei Photius (cod. 190; p. 243 Hoesch.), dass Alexander bei seinem Anblicke durch die Aehnlich- keit beunruhigt wurde, die er zwischen seinem Genossen im Ballspiele Aristoneikos und dem Gemordeten zu finden glaubte.
1) II, 13.
2) ad II. 24, 163. p. 1343, 60 R.
3) 35, 64.
deuten zwar auf gewisse Wechselbeziehungen mit der asia- tischen Schule hin. Allein als sein Vaterland wird von Quin- tilian1) die Insel Kythnos, von Eustathius2) Sikyon genannt, welche letztere Angabe dahin zu deuten sein wird, dass Ti- manthes wegen des Aufschwunges, den dort die Malerei nahm, ebendaselbst seinen Wohnsitz aufgeschlagen habe. Die Zeit seiner Thätigkeit muss etwa zwischen Ol. 90—100 fallen, da er von Plinius3) als Zeitgenosse des Zeuxis, Par- rhasios, Androkydes, Eupompos hingestellt wird.
Die Zahl der uns bekannten Werke dieses Künstlers ist sehr gering. Am meisten gefeiert war:
Iphigeneia am Altar stehend, um geopfert zu werden, mit welcher er den uns sonst ganz unbekannten Kolotes von Teos besiegte. In diesem Gemälde hatte der Künstler, nach- dem er in den Nebenfiguren den Ausdruck der Trauer nach allen Seiten erschöpft, so dass eine Steigerung nicht mehr möglich schien, die höchste Stufe des Schmerzes im Bilde des Vaters nicht in Wirklichkeit darzustellen versucht, son- dern ihn vielmehr in seiner Unaussprechlichkeit nur ahnen lassen, indem er den Agamemnon mit verhülltem Haupte bil- dete. Die Abstufungen in dem Schmerze der übrigen Fi- guren lernen wir aus mehrfachen Anführungen kennen: Kal- chas war traurig, betrübter Odysseus, Aias klagte laut, in Menelaos aber sprach sich schon der höchste Jammer aus: Plin. 35, 73; Cicero orat. 22; Valer. Max. VIII, 11, ext. 6; Quintil. II, 13, Lucil. Aetna v. 595; Eustath. 1. 1. Einzelne Motive aus diesem Bilde scheinen in einem pompeianischen Gemälde benutzt zu sein, das jedoch in manchen Punkten wieder zu viele Abweichungen darbietet, um geradezu für eine Copie nach Timanthes gehalten zu werden: Raoul-Roch. Mon. inéd. 27; Müller und Oest. A. D. I, 44, 206.
Palamedes, hinterlistig ermordet; zu Ephesos, nach Tzetzes Chil. VIII, 198. Von diesem Bilde erzählt Ptole- maeus Hephaestio bei Photius (cod. 190; p. 243 Hoesch.), dass Alexander bei seinem Anblicke durch die Aehnlich- keit beunruhigt wurde, die er zwischen seinem Genossen im Ballspiele Aristoneikos und dem Gemordeten zu finden glaubte.
1) II, 13.
2) ad II. 24, 163. p. 1343, 60 R.
3) 35, 64.
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[121/0138]
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tilian 1) die Insel Kythnos, von Eustathius 2) Sikyon genannt,
welche letztere Angabe dahin zu deuten sein wird, dass Ti-
manthes wegen des Aufschwunges, den dort die Malerei
nahm, ebendaselbst seinen Wohnsitz aufgeschlagen habe.
Die Zeit seiner Thätigkeit muss etwa zwischen Ol. 90—100
fallen, da er von Plinius 3) als Zeitgenosse des Zeuxis, Par-
rhasios, Androkydes, Eupompos hingestellt wird.
Die Zahl der uns bekannten Werke dieses Künstlers ist
sehr gering. Am meisten gefeiert war:
Iphigeneia am Altar stehend, um geopfert zu werden,
mit welcher er den uns sonst ganz unbekannten Kolotes von
Teos besiegte. In diesem Gemälde hatte der Künstler, nach-
dem er in den Nebenfiguren den Ausdruck der Trauer nach
allen Seiten erschöpft, so dass eine Steigerung nicht mehr
möglich schien, die höchste Stufe des Schmerzes im Bilde
des Vaters nicht in Wirklichkeit darzustellen versucht, son-
dern ihn vielmehr in seiner Unaussprechlichkeit nur ahnen
lassen, indem er den Agamemnon mit verhülltem Haupte bil-
dete. Die Abstufungen in dem Schmerze der übrigen Fi-
guren lernen wir aus mehrfachen Anführungen kennen: Kal-
chas war traurig, betrübter Odysseus, Aias klagte laut, in
Menelaos aber sprach sich schon der höchste Jammer aus:
Plin. 35, 73; Cicero orat. 22; Valer. Max. VIII, 11, ext. 6;
Quintil. II, 13, Lucil. Aetna v. 595; Eustath. 1. 1. Einzelne
Motive aus diesem Bilde scheinen in einem pompeianischen
Gemälde benutzt zu sein, das jedoch in manchen Punkten
wieder zu viele Abweichungen darbietet, um geradezu für
eine Copie nach Timanthes gehalten zu werden: Raoul-Roch.
Mon. inéd. 27; Müller und Oest. A. D. I, 44, 206.
Palamedes, hinterlistig ermordet; zu Ephesos, nach
Tzetzes Chil. VIII, 198. Von diesem Bilde erzählt Ptole-
maeus Hephaestio bei Photius (cod. 190; p. 243 Hoesch.),
dass Alexander bei seinem Anblicke durch die Aehnlich-
keit beunruhigt wurde, die er zwischen seinem Genossen
im Ballspiele Aristoneikos und dem Gemordeten zu finden
glaubte.
1) II, 13.
2) ad II. 24, 163. p. 1343, 60 R.
3) 35, 64.
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Der zweite Band der "Geschichte der griechischen … [mehr]
Der zweite Band der "Geschichte der griechischen Künstler" von Heinrich von Brunn enthält ebenfalls den "Zweiten Teil der ersten Abteilung", die im Deutschen Textarchiv als eigenständiges Werk verzeichnet ist.
Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 2. Stuttgart, 1859, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen02_1859/138>, abgerufen am 28.11.2024.
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