logisanti sunetheken e tekhne teleion kalon nach Dionysius), indem er richtig erkennt, wie, was die Wirklichkeit selbst im gün- stigsten Falle bietet, mit Mängeln im Einzelnen behaftet ist. Zugleich aber zeigt doch der eingeschlagene Weg, dass die Rücksicht auf eben diese Wirklichkeit jene Art des künstle- rischen Schaffens zu überwiegen beginnt, welche das Kunst- werk als ein freies Product des den Gesetzen der Natur con- gruent bildenden Geistes erscheinen lässt. In dem Gemälde der Helena sollte vielmehr, wie Cicero sich ausdrückt, "in das stumme Abbild aus dem lebenden Muster die Wahrheit übertragen werden: ut mutum in simulacrum ex animali ex- emplo veritas transferatur." Diese Wahrheit aber, welche unmittelbar aus der Benutzung des Modells in das Werk übergeht, kann keine andere sein, als diejenige, welche ich in der Geschichte der Bildhauer vielleicht etwas zu allgemein als die äussere bezeichnet habe, dieselbe, in welcher Praxi- teles und Lysipp am weitesten vorgeschritten waren. Sie geht nicht sowohl das Wesen der dargestellten Dinge an, als deren sinnliche Erscheinung, und beruht auf dem Be- streben, die Sinne durch den Schein der Wirklichkeit zu täuschen, oder mit einem Worte, Illusion zu bewirken. Wem aber an der Richtigkeit dieser Behauptung noch ein Zweifel übrig bleiben sollte, den müssen wir auf die Erzählung von den Bildern mit den gemalten Trauben verweisen, deren ganzer Ruhm darin begründet war, dass sie durch ihre Na- türlichkeit die Vögel getäuscht hatten. Man wende nicht ein, dass solchen Anekdoten ein geringer Werth beizulegen sei, oder dass man, selbst ihre Richtigkeit zugegeben, nicht gut thue, aus solchen vielleicht durch einen Scherz hervorgeru- fenen beiläufigen Arbeiten den Werth eines Künstlers bestim- men zu wollen. Nicht selten verräth der Künstler gerade darin, eben weil er unbefangen ist, seine Eigenthümlichkeit; und verbindet sich, was wir auf diese Weise entdecken, mit andern Thatsachen, so dürfen wir wohl diese Beobachtung als Ausgangspunkt nehmen, um daraus das Verhältniss des Künstlers zur Aussenwelt und die Art, wie er diese für Zwecke der Kunst benutzt hat, deutlicher zu erkennen.
Es leuchtet nun ein, dass hier, wo jede geistige Bezie- hung ausgeschlossen ist, es allein auf das künstlerische Mach- werk ankommen kann; und es fragt sich daher nur, ob Zeuxis
λογίσαντι συνέϑηκεν ἡ τέχνη τέλειον καλὸν nach Dionysius), indem er richtig erkennt, wie, was die Wirklichkeit selbst im gün- stigsten Falle bietet, mit Mängeln im Einzelnen behaftet ist. Zugleich aber zeigt doch der eingeschlagene Weg, dass die Rücksicht auf eben diese Wirklichkeit jene Art des künstle- rischen Schaffens zu überwiegen beginnt, welche das Kunst- werk als ein freies Product des den Gesetzen der Natur con- gruent bildenden Geistes erscheinen lässt. In dem Gemälde der Helena sollte vielmehr, wie Cicero sich ausdrückt, „in das stumme Abbild aus dem lebenden Muster die Wahrheit übertragen werden: ut mutum in simulacrum ex animali ex- emplo veritas transferatur.“ Diese Wahrheit aber, welche unmittelbar aus der Benutzung des Modells in das Werk übergeht, kann keine andere sein, als diejenige, welche ich in der Geschichte der Bildhauer vielleicht etwas zu allgemein als die äussere bezeichnet habe, dieselbe, in welcher Praxi- teles und Lysipp am weitesten vorgeschritten waren. Sie geht nicht sowohl das Wesen der dargestellten Dinge an, als deren sinnliche Erscheinung, und beruht auf dem Be- streben, die Sinne durch den Schein der Wirklichkeit zu täuschen, oder mit einem Worte, Illusion zu bewirken. Wem aber an der Richtigkeit dieser Behauptung noch ein Zweifel übrig bleiben sollte, den müssen wir auf die Erzählung von den Bildern mit den gemalten Trauben verweisen, deren ganzer Ruhm darin begründet war, dass sie durch ihre Na- türlichkeit die Vögel getäuscht hatten. Man wende nicht ein, dass solchen Anekdoten ein geringer Werth beizulegen sei, oder dass man, selbst ihre Richtigkeit zugegeben, nicht gut thue, aus solchen vielleicht durch einen Scherz hervorgeru- fenen beiläufigen Arbeiten den Werth eines Künstlers bestim- men zu wollen. Nicht selten verräth der Künstler gerade darin, eben weil er unbefangen ist, seine Eigenthümlichkeit; und verbindet sich, was wir auf diese Weise entdecken, mit andern Thatsachen, so dürfen wir wohl diese Beobachtung als Ausgangspunkt nehmen, um daraus das Verhältniss des Künstlers zur Aussenwelt und die Art, wie er diese für Zwecke der Kunst benutzt hat, deutlicher zu erkennen.
Es leuchtet nun ein, dass hier, wo jede geistige Bezie- hung ausgeschlossen ist, es allein auf das künstlerische Mach- werk ankommen kann; und es fragt sich daher nur, ob Zeuxis
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λογίσαντι συνέϑηκεν ἡ τέχνη τέλειον καλὸν nach Dionysius), indem
er richtig erkennt, wie, was die Wirklichkeit selbst im gün-
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Zugleich aber zeigt doch der eingeschlagene Weg, dass die
Rücksicht auf eben diese Wirklichkeit jene Art des künstle-
rischen Schaffens zu überwiegen beginnt, welche das Kunst-
werk als ein freies Product des den Gesetzen der Natur con-
gruent bildenden Geistes erscheinen lässt. In dem Gemälde
der Helena sollte vielmehr, wie Cicero sich ausdrückt, „in
das stumme Abbild aus dem lebenden Muster die Wahrheit
übertragen werden: ut mutum in simulacrum ex animali ex-
emplo veritas transferatur.“ Diese Wahrheit aber, welche
unmittelbar aus der Benutzung des Modells in das Werk
übergeht, kann keine andere sein, als diejenige, welche ich
in der Geschichte der Bildhauer vielleicht etwas zu allgemein
als die äussere bezeichnet habe, dieselbe, in welcher Praxi-
teles und Lysipp am weitesten vorgeschritten waren. Sie
geht nicht sowohl das Wesen der dargestellten Dinge an,
als deren sinnliche Erscheinung, und beruht auf dem Be-
streben, die Sinne durch den Schein der Wirklichkeit zu
täuschen, oder mit einem Worte, Illusion zu bewirken. Wem
aber an der Richtigkeit dieser Behauptung noch ein Zweifel
übrig bleiben sollte, den müssen wir auf die Erzählung von
den Bildern mit den gemalten Trauben verweisen, deren
ganzer Ruhm darin begründet war, dass sie durch ihre Na-
türlichkeit die Vögel getäuscht hatten. Man wende nicht ein,
dass solchen Anekdoten ein geringer Werth beizulegen sei,
oder dass man, selbst ihre Richtigkeit zugegeben, nicht gut
thue, aus solchen vielleicht durch einen Scherz hervorgeru-
fenen beiläufigen Arbeiten den Werth eines Künstlers bestim-
men zu wollen. Nicht selten verräth der Künstler gerade
darin, eben weil er unbefangen ist, seine Eigenthümlichkeit;
und verbindet sich, was wir auf diese Weise entdecken, mit
andern Thatsachen, so dürfen wir wohl diese Beobachtung
als Ausgangspunkt nehmen, um daraus das Verhältniss des
Künstlers zur Aussenwelt und die Art, wie er diese für
Zwecke der Kunst benutzt hat, deutlicher zu erkennen.
Es leuchtet nun ein, dass hier, wo jede geistige Bezie-
hung ausgeschlossen ist, es allein auf das künstlerische Mach-
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Brunn, Heinrich: Geschichte der griechischen Künstler. T. 2, Abt. 1. Braunschweig, 1856, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen0201_1856/97>, abgerufen am 24.11.2024.
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