Q. Pedius. "Zu bemerken ist ein Rathschluss der ersten Männer im Staate über die Malerei: da Q. Pedius, der Enkel des Q. Pe- dius, der Consul und Triumphator gewesen und von Caesar als Dictator dem Augustus zum Miterben gegeben war, von Natur stumm war, so beschloss der Redner Messala, aus dessen Familie des Knaben Grossmutter stammte, ihn die Malerei lernen zu lassen, was auch Augustus billigte. Der Knabe hatte bereits grosse Fortschritte in dieser Kunst ge- macht, als er starb:" Plin. 35, 21.
Amulius. "Vor kurzem lebte auch Amulius, ein ernster und strenger und zugleich glänzender Maler (gravis ac severus idemque floridus pictor). Von ihm war eine Minerva, welche den Beschauer anblickte, von welcher Seite man sie auch ansah. Wenige Stunden des Tages malte er und auch das mit ernst- hafter Würde, nämlich in der Toga, obwohl auf den Gerüsten stehend. Der Kerker seiner Kunst war das goldene Haus (des Nero), weshalb sich sonst nicht viele Stücke von ihm finden:" Plin. 35, 120. Der Name des Künstlers ward früher Fa- bullus geschrieben. Ferner findet sich nach floridus in den Handschriften noch ein Wort, in der besten umidus, in den schlechtern stufenweise bis zu humilis, humilis rei verderbt. Umidus, d. h. humidus, giebt keinen passenden Sinn. Will man daher das ganze Wort nicht für eine Interpolation hal- ten, was Sillig nicht ohne Wahrscheinlichkeit vermuthet, so entspricht noch am meisten den Spuren der Handschriften die v. Jan'sche Conjectur: et tumidus, wodurch dem Künst- ler ein gewisser Schwulst, ein Uebermaass blühenden Styls beigelegt würde, wie z. B. von einigen dem Cicero hinsicht- lich der Sprache: Quintil. XII, 10, 12. Freilich brauchte auch dieses Wort nicht ursprünglich von Plinius herzurühren, sondern könnte ein Glossem zur näheren Erklärung von flo- ridus sein. Was seine Minerva anlangt, so ist keineswegs, wie nach Durand Sillig annimmt, an eine schielende Bildung zu denken. Bildnisse, welche der Künstler so auffasst, dass der Dargestellte ihm selbst scharf ins Auge blickt, werden, richtig durchgeführt, stets dieselbe Wirkung üben.
Cornelius Pinus und Attius Priscus. "Nach dem eben Genannten standen in Ansehen Cornelius
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Q. Pedius. „Zu bemerken ist ein Rathschluss der ersten Männer im Staate über die Malerei: da Q. Pedius, der Enkel des Q. Pe- dius, der Consul und Triumphator gewesen und von Caesar als Dictator dem Augustus zum Miterben gegeben war, von Natur stumm war, so beschloss der Redner Messala, aus dessen Familie des Knaben Grossmutter stammte, ihn die Malerei lernen zu lassen, was auch Augustus billigte. Der Knabe hatte bereits grosse Fortschritte in dieser Kunst ge- macht, als er starb:“ Plin. 35, 21.
Amulius. „Vor kurzem lebte auch Amulius, ein ernster und strenger und zugleich glänzender Maler (gravis ac severus idemque floridus pictor). Von ihm war eine Minerva, welche den Beschauer anblickte, von welcher Seite man sie auch ansah. Wenige Stunden des Tages malte er und auch das mit ernst- hafter Würde, nämlich in der Toga, obwohl auf den Gerüsten stehend. Der Kerker seiner Kunst war das goldene Haus (des Nero), weshalb sich sonst nicht viele Stücke von ihm finden:“ Plin. 35, 120. Der Name des Künstlers ward früher Fa- bullus geschrieben. Ferner findet sich nach floridus in den Handschriften noch ein Wort, in der besten umidus, in den schlechtern stufenweise bis zu humilis, humilis rei verderbt. Umidus, d. h. humidus, giebt keinen passenden Sinn. Will man daher das ganze Wort nicht für eine Interpolation hal- ten, was Sillig nicht ohne Wahrscheinlichkeit vermuthet, so entspricht noch am meisten den Spuren der Handschriften die v. Jan’sche Conjectur: et tumidus, wodurch dem Künst- ler ein gewisser Schwulst, ein Uebermaass blühenden Styls beigelegt würde, wie z. B. von einigen dem Cicero hinsicht- lich der Sprache: Quintil. XII, 10, 12. Freilich brauchte auch dieses Wort nicht ursprünglich von Plinius herzurühren, sondern könnte ein Glossem zur näheren Erklärung von flo- ridus sein. Was seine Minerva anlangt, so ist keineswegs, wie nach Durand Sillig annimmt, an eine schielende Bildung zu denken. Bildnisse, welche der Künstler so auffasst, dass der Dargestellte ihm selbst scharf ins Auge blickt, werden, richtig durchgeführt, stets dieselbe Wirkung üben.
Cornelius Pinus und Attius Priscus. „Nach dem eben Genannten standen in Ansehen Cornelius
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Q. Pedius.
„Zu bemerken ist ein Rathschluss der ersten Männer im
Staate über die Malerei: da Q. Pedius, der Enkel des Q. Pe-
dius, der Consul und Triumphator gewesen und von Caesar
als Dictator dem Augustus zum Miterben gegeben war, von
Natur stumm war, so beschloss der Redner Messala, aus
dessen Familie des Knaben Grossmutter stammte, ihn die
Malerei lernen zu lassen, was auch Augustus billigte. Der
Knabe hatte bereits grosse Fortschritte in dieser Kunst ge-
macht, als er starb:“ Plin. 35, 21.
Amulius.
„Vor kurzem lebte auch Amulius, ein ernster und strenger
und zugleich glänzender Maler (gravis ac severus idemque
floridus pictor). Von ihm war eine Minerva, welche den
Beschauer anblickte, von welcher Seite man sie auch ansah.
Wenige Stunden des Tages malte er und auch das mit ernst-
hafter Würde, nämlich in der Toga, obwohl auf den Gerüsten
stehend. Der Kerker seiner Kunst war das goldene Haus
(des Nero), weshalb sich sonst nicht viele Stücke von ihm
finden:“ Plin. 35, 120. Der Name des Künstlers ward früher Fa-
bullus geschrieben. Ferner findet sich nach floridus in den
Handschriften noch ein Wort, in der besten umidus, in den
schlechtern stufenweise bis zu humilis, humilis rei verderbt.
Umidus, d. h. humidus, giebt keinen passenden Sinn. Will
man daher das ganze Wort nicht für eine Interpolation hal-
ten, was Sillig nicht ohne Wahrscheinlichkeit vermuthet, so
entspricht noch am meisten den Spuren der Handschriften
die v. Jan’sche Conjectur: et tumidus, wodurch dem Künst-
ler ein gewisser Schwulst, ein Uebermaass blühenden Styls
beigelegt würde, wie z. B. von einigen dem Cicero hinsicht-
lich der Sprache: Quintil. XII, 10, 12. Freilich brauchte
auch dieses Wort nicht ursprünglich von Plinius herzurühren,
sondern könnte ein Glossem zur näheren Erklärung von flo-
ridus sein. Was seine Minerva anlangt, so ist keineswegs,
wie nach Durand Sillig annimmt, an eine schielende Bildung
zu denken. Bildnisse, welche der Künstler so auffasst, dass
der Dargestellte ihm selbst scharf ins Auge blickt, werden,
richtig durchgeführt, stets dieselbe Wirkung üben.
Cornelius Pinus und Attius Priscus.
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Brunn, Heinrich: Geschichte der griechischen Künstler. T. 2, Abt. 1. Braunschweig, 1856, S. 307. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen0201_1856/315>, abgerufen am 25.11.2024.
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