Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brunn, Heinrich: Geschichte der griechischen Künstler. T. 2, Abt. 1. Braunschweig, 1856.

Bild:
<< vorherige Seite

der Chronologie widerspricht, indem zwischen dem Tode des
Erstern und dem Auftreten des Letztern als Lehrer wenig-
stens 70 Jahre verflossen sind, und also nur dadurch erklärt
werden kann, dass Diogenes den jüngern Metrodor mit dem
älteren Epikureer desselben Namens verwechselt hat. Auch
Cicero de orat. I, 11, 45 macht einen Metrodor, wahrschein-
lich denselben, zu einem Zuhörer des Karneades."

Heraklides.
"Einen Namen hat auch der Makedonier Heraklides; anfangs
malte er Schiffe und zog nach Besiegung des Perseus (168
v. Ch. G.) nach Athen:" Plin. 35, 135. Später führt ihn
Plinius unter den einer flüchtigen Erwähnung würdigen
Künstlern nochmals an: §. 146. Die Nachlässigkeit des Pli-
nius erklärt sich wahrscheinlich aus der Verschiedenheit der
Quellen, welche er benutzte, indem z. B. die erste Erwäh-
nung dadurch veranlasst erscheint, dass unmittelbar vorher
ein anderer Künstler aus dem Norden Griechenlands ange-
führt wird, nemlich:

Athenion
aus Maroneia in Thrakien, ein Schüler des sonst unbekann-
ten Glaukion von Korinth. Von ihm sagt Plinius (35, 134),
dass er mit Nikias verglichen und zuweilen diesem sogar
vorgezogen werde; er sei düsterer in der Farbe; doch habe
diese Düsterheit etwas angenehmes, indem nemlich aus dem
Gemälde selbst die grosse Kenntniss hervorleuchte. Wäre
er nicht in seiner Jugend gestorben, so würde ihm niemand
verglichen werden. Er malte im Tempel zu Eleusis den
Phylarchos, zu Athen eine Versammlung: frequentiam quam
vocavere syngenicon, ferner Achilles im Jungfrauenkleide
verborgen und Odysseus, der ihn ertappt; und auf einer
Tafel sechs Figuren, und wodurch er besonders berühmt
ward, das Bild eines Reitknechts mit dem Pferde. Um zu-
erst vom Texte des Plinius zu sprechen, so glaube ich, dass
die sechs Figuren auf einer Tafel die Erklärung zu der vor-
hergenannten frequentia bilden, sei es, dass die Worte "in
una tabula VI signa" an falscher Stelle vom Rande in den
Text aufgenommen, oder dass die Erwähnung des Gemäldes
des Achilles erst bei Gelegenheit einer zweiten Redaction
eingeschoben wurde. -- Eine Darstellung der Verkleidung
des Achill beschreibt der jüngere Philostratos (1); doch

der Chronologie widerspricht, indem zwischen dem Tode des
Erstern und dem Auftreten des Letztern als Lehrer wenig-
stens 70 Jahre verflossen sind, und also nur dadurch erklärt
werden kann, dass Diogenes den jüngern Metrodor mit dem
älteren Epikureer desselben Namens verwechselt hat. Auch
Cicero de orat. I, 11, 45 macht einen Metrodor, wahrschein-
lich denselben, zu einem Zuhörer des Karneades.“

Heraklides.
„Einen Namen hat auch der Makedonier Heraklides; anfangs
malte er Schiffe und zog nach Besiegung des Perseus (168
v. Ch. G.) nach Athen:“ Plin. 35, 135. Später führt ihn
Plinius unter den einer flüchtigen Erwähnung würdigen
Künstlern nochmals an: §. 146. Die Nachlässigkeit des Pli-
nius erklärt sich wahrscheinlich aus der Verschiedenheit der
Quellen, welche er benutzte, indem z. B. die erste Erwäh-
nung dadurch veranlasst erscheint, dass unmittelbar vorher
ein anderer Künstler aus dem Norden Griechenlands ange-
führt wird, nemlich:

Athenion
aus Maroneia in Thrakien, ein Schüler des sonst unbekann-
ten Glaukion von Korinth. Von ihm sagt Plinius (35, 134),
dass er mit Nikias verglichen und zuweilen diesem sogar
vorgezogen werde; er sei düsterer in der Farbe; doch habe
diese Düsterheit etwas angenehmes, indem nemlich aus dem
Gemälde selbst die grosse Kenntniss hervorleuchte. Wäre
er nicht in seiner Jugend gestorben, so würde ihm niemand
verglichen werden. Er malte im Tempel zu Eleusis den
Phylarchos, zu Athen eine Versammlung: frequentiam quam
vocavere syngenicon, ferner Achilles im Jungfrauenkleide
verborgen und Odysseus, der ihn ertappt; und auf einer
Tafel sechs Figuren, und wodurch er besonders berühmt
ward, das Bild eines Reitknechts mit dem Pferde. Um zu-
erst vom Texte des Plinius zu sprechen, so glaube ich, dass
die sechs Figuren auf einer Tafel die Erklärung zu der vor-
hergenannten frequentia bilden, sei es, dass die Worte „in
una tabula VI signa“ an falscher Stelle vom Rande in den
Text aufgenommen, oder dass die Erwähnung des Gemäldes
des Achilles erst bei Gelegenheit einer zweiten Redaction
eingeschoben wurde. — Eine Darstellung der Verkleidung
des Achill beschreibt der jüngere Philostratos (1); doch

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0302" n="294"/>
der Chronologie widerspricht, indem zwischen dem Tode des<lb/>
Erstern und dem Auftreten des Letztern als Lehrer wenig-<lb/>
stens 70 Jahre verflossen sind, und also nur dadurch erklärt<lb/>
werden kann, dass Diogenes den jüngern Metrodor mit dem<lb/>
älteren Epikureer desselben Namens verwechselt hat. Auch<lb/>
Cicero de orat. I, 11, 45 macht einen Metrodor, wahrschein-<lb/>
lich denselben, zu einem Zuhörer des Karneades.&#x201C;</p><lb/>
            <p><hi rendition="#g">Heraklides</hi>.<lb/>
&#x201E;Einen Namen hat auch der Makedonier Heraklides; anfangs<lb/>
malte er Schiffe und zog nach Besiegung des Perseus (168<lb/>
v. Ch. G.) nach Athen:&#x201C; Plin. 35, 135. Später führt ihn<lb/>
Plinius unter den einer flüchtigen Erwähnung würdigen<lb/>
Künstlern nochmals an: §. 146. Die Nachlässigkeit des Pli-<lb/>
nius erklärt sich wahrscheinlich aus der Verschiedenheit der<lb/>
Quellen, welche er benutzte, indem z. B. die erste Erwäh-<lb/>
nung dadurch veranlasst erscheint, dass unmittelbar vorher<lb/>
ein anderer Künstler aus dem Norden Griechenlands ange-<lb/>
führt wird, nemlich:</p><lb/>
            <p><hi rendition="#g">Athenion</hi><lb/>
aus Maroneia in Thrakien, ein Schüler des sonst unbekann-<lb/>
ten <hi rendition="#g">Glaukion</hi> von Korinth. Von ihm sagt Plinius (35, 134),<lb/>
dass er mit Nikias verglichen und zuweilen diesem sogar<lb/>
vorgezogen werde; er sei düsterer in der Farbe; doch habe<lb/>
diese Düsterheit etwas angenehmes, indem nemlich aus dem<lb/>
Gemälde selbst die grosse Kenntniss hervorleuchte. Wäre<lb/>
er nicht in seiner Jugend gestorben, so würde ihm niemand<lb/>
verglichen werden. Er malte im Tempel zu Eleusis den<lb/>
Phylarchos, zu Athen eine Versammlung: frequentiam quam<lb/>
vocavere syngenicon, ferner Achilles im Jungfrauenkleide<lb/>
verborgen und Odysseus, der ihn ertappt; und auf einer<lb/>
Tafel sechs Figuren, und wodurch er besonders berühmt<lb/>
ward, das Bild eines Reitknechts mit dem Pferde. Um zu-<lb/>
erst vom Texte des Plinius zu sprechen, so glaube ich, dass<lb/>
die sechs Figuren auf einer Tafel die Erklärung zu der vor-<lb/>
hergenannten frequentia bilden, sei es, dass die Worte &#x201E;in<lb/>
una tabula VI signa&#x201C; an falscher Stelle vom Rande in den<lb/>
Text aufgenommen, oder dass die Erwähnung des Gemäldes<lb/>
des Achilles erst bei Gelegenheit einer zweiten Redaction<lb/>
eingeschoben wurde. &#x2014; Eine Darstellung der Verkleidung<lb/>
des Achill beschreibt der jüngere Philostratos (1); doch<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[294/0302] der Chronologie widerspricht, indem zwischen dem Tode des Erstern und dem Auftreten des Letztern als Lehrer wenig- stens 70 Jahre verflossen sind, und also nur dadurch erklärt werden kann, dass Diogenes den jüngern Metrodor mit dem älteren Epikureer desselben Namens verwechselt hat. Auch Cicero de orat. I, 11, 45 macht einen Metrodor, wahrschein- lich denselben, zu einem Zuhörer des Karneades.“ Heraklides. „Einen Namen hat auch der Makedonier Heraklides; anfangs malte er Schiffe und zog nach Besiegung des Perseus (168 v. Ch. G.) nach Athen:“ Plin. 35, 135. Später führt ihn Plinius unter den einer flüchtigen Erwähnung würdigen Künstlern nochmals an: §. 146. Die Nachlässigkeit des Pli- nius erklärt sich wahrscheinlich aus der Verschiedenheit der Quellen, welche er benutzte, indem z. B. die erste Erwäh- nung dadurch veranlasst erscheint, dass unmittelbar vorher ein anderer Künstler aus dem Norden Griechenlands ange- führt wird, nemlich: Athenion aus Maroneia in Thrakien, ein Schüler des sonst unbekann- ten Glaukion von Korinth. Von ihm sagt Plinius (35, 134), dass er mit Nikias verglichen und zuweilen diesem sogar vorgezogen werde; er sei düsterer in der Farbe; doch habe diese Düsterheit etwas angenehmes, indem nemlich aus dem Gemälde selbst die grosse Kenntniss hervorleuchte. Wäre er nicht in seiner Jugend gestorben, so würde ihm niemand verglichen werden. Er malte im Tempel zu Eleusis den Phylarchos, zu Athen eine Versammlung: frequentiam quam vocavere syngenicon, ferner Achilles im Jungfrauenkleide verborgen und Odysseus, der ihn ertappt; und auf einer Tafel sechs Figuren, und wodurch er besonders berühmt ward, das Bild eines Reitknechts mit dem Pferde. Um zu- erst vom Texte des Plinius zu sprechen, so glaube ich, dass die sechs Figuren auf einer Tafel die Erklärung zu der vor- hergenannten frequentia bilden, sei es, dass die Worte „in una tabula VI signa“ an falscher Stelle vom Rande in den Text aufgenommen, oder dass die Erwähnung des Gemäldes des Achilles erst bei Gelegenheit einer zweiten Redaction eingeschoben wurde. — Eine Darstellung der Verkleidung des Achill beschreibt der jüngere Philostratos (1); doch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen0201_1856
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen0201_1856/302
Zitationshilfe: Brunn, Heinrich: Geschichte der griechischen Künstler. T. 2, Abt. 1. Braunschweig, 1856, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen0201_1856/302>, abgerufen am 27.11.2024.