aus als wahrscheinlich, dass Antiphilos als geborner Aegyp- ter am Hofe des ersten Ptolemäers lebte, und so mögen wir denn auch den weitern Umstand der Erzählung Lucians, nemlich die Feindschaft der beiden Künstler, nicht weiter in Zweifel ziehen.
Für den Ruhm des Antiphilos im Allgemeinen zeugen Theon, 1) welcher ihn neben Apelles und Protogenes, so wie Varro, 2) welcher ihn als Maler neben Lysipp als Bildhauer stellt. Sein besonderes Verdienst dagegen, welches ihm un- ter den sieben vorzüglichsten Malern zur Zeit Alexanders eine Stelle sichert, bezeichnet Quintilian 3) durch ein einziges Wort: facilitas, Leichtigkeit im weitesten Sinne, also sowohl hinsichtlich der Auffassung, als der Darstellung. Sie zeigt sich zunächst in der Vielseitigkeit bei der Wahl der Gegen- stände. Wir finden ein selbstständiges Götterbild, den Dio- nysos; daneben einen Satyr; ferner ein Götterbild in Ver- bindung mit Königsportraits: Athene mit Alexander und Phi- lipp; sodann mythologische Begebenheiten: Hesione, Hippo- lyt, Kadmos und Europa; Bildnisse im Knaben-, im Mannes- alter, in feierlicher Haltung, mit Athene vereint; in freier Bewegung: Ptolemaeos auf der Jagd; wir finden Genrebilder: die Weberei, den feueranblasenden Knaben; und endlich die scharf ausgesprochene Komik oder vollständige Karikatur: denn das Lächerliche in dem Bilde des Gryllos bestand doch wahrscheinlich, wie Sillig vermuthet, in der Aehnlichkeit, welche der Künstler zwischen diesem Menschen und einem wirklichen Ferkel herausgefunden hatte.
Hinsichtlich der Auffassung würden wir für unser Ur- theil eine vortreffliche Grundlage gewinnen, sofern wir die Erfindung der Gemälde des Hippolytos, welches der ältere Philostrat, 4) und der Hesione, welches der jüngere 5) be- schreibt, mit Sicherheit auf Antiphilos zurückführen dürften. An Wahrscheinlichkeit für diese Annahme fehlt es nicht, in- dem ja ein grosser Theil dieser Beschreibungen auf be- rühmte Originale zurückgeht. Die Gegenstände der beiden genannten Gemälde gehören überhaupt nicht zu den häufig dargestellten, und unter den Werken bekannter Künstler werden sie nicht weiter angeführt, so dass auch hierdurch
1) Progymn. I.
2) R. R. III, 2.
3) XII, 10.
4) II, 4.
5) 12.
aus als wahrscheinlich, dass Antiphilos als geborner Aegyp- ter am Hofe des ersten Ptolemäers lebte, und so mögen wir denn auch den weitern Umstand der Erzählung Lucians, nemlich die Feindschaft der beiden Künstler, nicht weiter in Zweifel ziehen.
Für den Ruhm des Antiphilos im Allgemeinen zeugen Theon, 1) welcher ihn neben Apelles und Protogenes, so wie Varro, 2) welcher ihn als Maler neben Lysipp als Bildhauer stellt. Sein besonderes Verdienst dagegen, welches ihm un- ter den sieben vorzüglichsten Malern zur Zeit Alexanders eine Stelle sichert, bezeichnet Quintilian 3) durch ein einziges Wort: facilitas, Leichtigkeit im weitesten Sinne, also sowohl hinsichtlich der Auffassung, als der Darstellung. Sie zeigt sich zunächst in der Vielseitigkeit bei der Wahl der Gegen- stände. Wir finden ein selbstständiges Götterbild, den Dio- nysos; daneben einen Satyr; ferner ein Götterbild in Ver- bindung mit Königsportraits: Athene mit Alexander und Phi- lipp; sodann mythologische Begebenheiten: Hesione, Hippo- lyt, Kadmos und Europa; Bildnisse im Knaben-, im Mannes- alter, in feierlicher Haltung, mit Athene vereint; in freier Bewegung: Ptolemaeos auf der Jagd; wir finden Genrebilder: die Weberei, den feueranblasenden Knaben; und endlich die scharf ausgesprochene Komik oder vollständige Karikatur: denn das Lächerliche in dem Bilde des Gryllos bestand doch wahrscheinlich, wie Sillig vermuthet, in der Aehnlichkeit, welche der Künstler zwischen diesem Menschen und einem wirklichen Ferkel herausgefunden hatte.
Hinsichtlich der Auffassung würden wir für unser Ur- theil eine vortreffliche Grundlage gewinnen, sofern wir die Erfindung der Gemälde des Hippolytos, welches der ältere Philostrat, 4) und der Hesione, welches der jüngere 5) be- schreibt, mit Sicherheit auf Antiphilos zurückführen dürften. An Wahrscheinlichkeit für diese Annahme fehlt es nicht, in- dem ja ein grosser Theil dieser Beschreibungen auf be- rühmte Originale zurückgeht. Die Gegenstände der beiden genannten Gemälde gehören überhaupt nicht zu den häufig dargestellten, und unter den Werken bekannter Künstler werden sie nicht weiter angeführt, so dass auch hierdurch
1) Progymn. I.
2) R. R. III, 2.
3) XII, 10.
4) II, 4.
5) 12.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0257"n="249"/>
aus als wahrscheinlich, dass Antiphilos als geborner Aegyp-<lb/>
ter am Hofe des ersten Ptolemäers lebte, und so mögen<lb/>
wir denn auch den weitern Umstand der Erzählung Lucians,<lb/>
nemlich die Feindschaft der beiden Künstler, nicht weiter in<lb/>
Zweifel ziehen.</p><lb/><p>Für den Ruhm des Antiphilos im Allgemeinen zeugen<lb/>
Theon, <noteplace="foot"n="1)">Progymn. I.</note> welcher ihn neben Apelles und Protogenes, so wie<lb/>
Varro, <noteplace="foot"n="2)">R. R. III, 2.</note> welcher ihn als Maler neben Lysipp als Bildhauer<lb/>
stellt. Sein besonderes Verdienst dagegen, welches ihm un-<lb/>
ter den sieben vorzüglichsten Malern zur Zeit Alexanders<lb/>
eine Stelle sichert, bezeichnet Quintilian <noteplace="foot"n="3)">XII, 10.</note> durch ein einziges<lb/>
Wort: facilitas, Leichtigkeit im weitesten Sinne, also sowohl<lb/>
hinsichtlich der Auffassung, als der Darstellung. Sie zeigt<lb/>
sich zunächst in der Vielseitigkeit bei der Wahl der Gegen-<lb/>
stände. Wir finden ein selbstständiges Götterbild, den Dio-<lb/>
nysos; daneben einen Satyr; ferner ein Götterbild in Ver-<lb/>
bindung mit Königsportraits: Athene mit Alexander und Phi-<lb/>
lipp; sodann mythologische Begebenheiten: Hesione, Hippo-<lb/>
lyt, Kadmos und Europa; Bildnisse im Knaben-, im Mannes-<lb/>
alter, in feierlicher Haltung, mit Athene vereint; in freier<lb/>
Bewegung: Ptolemaeos auf der Jagd; wir finden Genrebilder:<lb/>
die Weberei, den feueranblasenden Knaben; und endlich die<lb/>
scharf ausgesprochene Komik oder vollständige Karikatur:<lb/>
denn das Lächerliche in dem Bilde des Gryllos bestand doch<lb/>
wahrscheinlich, wie Sillig vermuthet, in der Aehnlichkeit,<lb/>
welche der Künstler zwischen diesem Menschen und einem<lb/>
wirklichen Ferkel herausgefunden hatte.</p><lb/><p>Hinsichtlich der Auffassung würden wir für unser Ur-<lb/>
theil eine vortreffliche Grundlage gewinnen, sofern wir die<lb/>
Erfindung der Gemälde des Hippolytos, welches der ältere<lb/>
Philostrat, <noteplace="foot"n="4)">II, 4.</note> und der Hesione, welches der jüngere <noteplace="foot"n="5)">12.</note> be-<lb/>
schreibt, mit Sicherheit auf Antiphilos zurückführen dürften.<lb/>
An Wahrscheinlichkeit für diese Annahme fehlt es nicht, in-<lb/>
dem ja ein grosser Theil dieser Beschreibungen auf be-<lb/>
rühmte Originale zurückgeht. Die Gegenstände der beiden<lb/>
genannten Gemälde gehören überhaupt nicht zu den häufig<lb/>
dargestellten, und unter den Werken bekannter Künstler<lb/>
werden sie nicht weiter angeführt, so dass auch hierdurch<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[249/0257]
aus als wahrscheinlich, dass Antiphilos als geborner Aegyp-
ter am Hofe des ersten Ptolemäers lebte, und so mögen
wir denn auch den weitern Umstand der Erzählung Lucians,
nemlich die Feindschaft der beiden Künstler, nicht weiter in
Zweifel ziehen.
Für den Ruhm des Antiphilos im Allgemeinen zeugen
Theon, 1) welcher ihn neben Apelles und Protogenes, so wie
Varro, 2) welcher ihn als Maler neben Lysipp als Bildhauer
stellt. Sein besonderes Verdienst dagegen, welches ihm un-
ter den sieben vorzüglichsten Malern zur Zeit Alexanders
eine Stelle sichert, bezeichnet Quintilian 3) durch ein einziges
Wort: facilitas, Leichtigkeit im weitesten Sinne, also sowohl
hinsichtlich der Auffassung, als der Darstellung. Sie zeigt
sich zunächst in der Vielseitigkeit bei der Wahl der Gegen-
stände. Wir finden ein selbstständiges Götterbild, den Dio-
nysos; daneben einen Satyr; ferner ein Götterbild in Ver-
bindung mit Königsportraits: Athene mit Alexander und Phi-
lipp; sodann mythologische Begebenheiten: Hesione, Hippo-
lyt, Kadmos und Europa; Bildnisse im Knaben-, im Mannes-
alter, in feierlicher Haltung, mit Athene vereint; in freier
Bewegung: Ptolemaeos auf der Jagd; wir finden Genrebilder:
die Weberei, den feueranblasenden Knaben; und endlich die
scharf ausgesprochene Komik oder vollständige Karikatur:
denn das Lächerliche in dem Bilde des Gryllos bestand doch
wahrscheinlich, wie Sillig vermuthet, in der Aehnlichkeit,
welche der Künstler zwischen diesem Menschen und einem
wirklichen Ferkel herausgefunden hatte.
Hinsichtlich der Auffassung würden wir für unser Ur-
theil eine vortreffliche Grundlage gewinnen, sofern wir die
Erfindung der Gemälde des Hippolytos, welches der ältere
Philostrat, 4) und der Hesione, welches der jüngere 5) be-
schreibt, mit Sicherheit auf Antiphilos zurückführen dürften.
An Wahrscheinlichkeit für diese Annahme fehlt es nicht, in-
dem ja ein grosser Theil dieser Beschreibungen auf be-
rühmte Originale zurückgeht. Die Gegenstände der beiden
genannten Gemälde gehören überhaupt nicht zu den häufig
dargestellten, und unter den Werken bekannter Künstler
werden sie nicht weiter angeführt, so dass auch hierdurch
1) Progymn. I.
2) R. R. III, 2.
3) XII, 10.
4) II, 4.
5) 12.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brunn, Heinrich: Geschichte der griechischen Künstler. T. 2, Abt. 1. Braunschweig, 1856, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen0201_1856/257>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.