Nationalfestes, der Ruhm und die Belohnung des Aetion durch den Hellanodiken, sich mit der Zeit des Hadrian und der An- tonine nicht vereinigen lässt, wo in Griechenland die panhel- lenischen Spiele zur blossen Tradition geworden waren. Der verfängliche Ausdruck "ta telentaia tauta" endlich braucht durchaus keine Zeitbestimmung zu enthalten, sondern soll nur die Erörterung zum Schluss führen. "Was halte ich mich lange bei Sophisten und Schriftstellern auf, da ja schliesslich Aetion, der Maler, von dem ich mir hier ausführlicher zu han- deln vorgesetzt habe, eben so, wie jene, sein Bild ausstellte?" Somit ist die letzte Schwierigkeit gehoben; und das Bild, welches Alexander verherrlicht, rückt in dessen Zeit zurück, in welche es ohne allen Zweifel auch am besten passt.
Gehen wir nun näher auf die Werke des Künstlers ein, so ist uns über seine statuarischen Arbeiten 1) nichts näheres bekannt. Von Gemälden führt Plinius 2) folgende an: "Dio- nysos, so wie die Tragoedie und Komoedie." Ob die beiden letztern auf einem oder zwei Bildern dargestellt wa- ren, lässt sich nicht ausmachen. Vielleicht standen sie in einer bestimmten Beziehung zum Bilde des Dionysos als des Beschützers der scenischen Spiele. "Semiramis, die, eine Magd, sich bis zur königlichen Würde emporschwingt, eine Alte, welche die Fackeln vorträgt und eine (oder die) durch sittsame Schaam ausgezeichnete Neuvermählte." Bei der schwankenden Ausdrucksweise des Plinius ist es schwierig, diese Sätze mit Sicherheit zu gliedern. Als erste Möglich- keit müssen wir zugeben, dass nur von einem einzigen Bilde die Rede sei, insofern nemlich das Gelangen zur Königs- würde durch die Hochzeit des Ninos und der Semiramis dar- gestellt werden konnte. In diesem Falle diente die Erwäh- nung der Alten und der Braut nur zur näheren Charakteri- sirung des Bildes. Dagegen haben Andere die beiden letz- teren Gestalten auf ein besonderes Gemälde beziehen wollen, was an sich eben so wohl möglich ist. Endlich könnte man sich durch die schamhafte Braut an Rhoxane erinnern las- sen, in welchem Falle aber wiederum die Alte von der Braut zu scheiden wäre. Da die Worte des Plinius, wie gesagt, keine bestimmte Entscheidung erlauben, so ist es
1) Plin. 34, 50.
2) 35, 78.
Nationalfestes, der Ruhm und die Belohnung des Aëtion durch den Hellanodiken, sich mit der Zeit des Hadrian und der An- tonine nicht vereinigen lässt, wo in Griechenland die panhel- lenischen Spiele zur blossen Tradition geworden waren. Der verfängliche Ausdruck „τὰ τελενταῖα ταῦτα“ endlich braucht durchaus keine Zeitbestimmung zu enthalten, sondern soll nur die Erörterung zum Schluss führen. „Was halte ich mich lange bei Sophisten und Schriftstellern auf, da ja schliesslich Aetion, der Maler, von dem ich mir hier ausführlicher zu han- deln vorgesetzt habe, eben so, wie jene, sein Bild ausstellte?“ Somit ist die letzte Schwierigkeit gehoben; und das Bild, welches Alexander verherrlicht, rückt in dessen Zeit zurück, in welche es ohne allen Zweifel auch am besten passt.
Gehen wir nun näher auf die Werke des Künstlers ein, so ist uns über seine statuarischen Arbeiten 1) nichts näheres bekannt. Von Gemälden führt Plinius 2) folgende an: „Dio- nysos, so wie die Tragoedie und Komoedie.“ Ob die beiden letztern auf einem oder zwei Bildern dargestellt wa- ren, lässt sich nicht ausmachen. Vielleicht standen sie in einer bestimmten Beziehung zum Bilde des Dionysos als des Beschützers der scenischen Spiele. „Semiramis, die, eine Magd, sich bis zur königlichen Würde emporschwingt, eine Alte, welche die Fackeln vorträgt und eine (oder die) durch sittsame Schaam ausgezeichnete Neuvermählte.“ Bei der schwankenden Ausdrucksweise des Plinius ist es schwierig, diese Sätze mit Sicherheit zu gliedern. Als erste Möglich- keit müssen wir zugeben, dass nur von einem einzigen Bilde die Rede sei, insofern nemlich das Gelangen zur Königs- würde durch die Hochzeit des Ninos und der Semiramis dar- gestellt werden konnte. In diesem Falle diente die Erwäh- nung der Alten und der Braut nur zur näheren Charakteri- sirung des Bildes. Dagegen haben Andere die beiden letz- teren Gestalten auf ein besonderes Gemälde beziehen wollen, was an sich eben so wohl möglich ist. Endlich könnte man sich durch die schamhafte Braut an Rhoxane erinnern las- sen, in welchem Falle aber wiederum die Alte von der Braut zu scheiden wäre. Da die Worte des Plinius, wie gesagt, keine bestimmte Entscheidung erlauben, so ist es
1) Plin. 34, 50.
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Nationalfestes, der Ruhm und die Belohnung des Aëtion durch
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lenischen Spiele zur blossen Tradition geworden waren. Der
verfängliche Ausdruck „τὰ τελενταῖα ταῦτα“ endlich braucht
durchaus keine Zeitbestimmung zu enthalten, sondern soll nur
die Erörterung zum Schluss führen. „Was halte ich mich lange
bei Sophisten und Schriftstellern auf, da ja schliesslich
Aetion, der Maler, von dem ich mir hier ausführlicher zu han-
deln vorgesetzt habe, eben so, wie jene, sein Bild ausstellte?“
Somit ist die letzte Schwierigkeit gehoben; und das Bild,
welches Alexander verherrlicht, rückt in dessen Zeit zurück,
in welche es ohne allen Zweifel auch am besten passt.
Gehen wir nun näher auf die Werke des Künstlers ein,
so ist uns über seine statuarischen Arbeiten 1) nichts näheres
bekannt. Von Gemälden führt Plinius 2) folgende an: „Dio-
nysos, so wie die Tragoedie und Komoedie.“ Ob die
beiden letztern auf einem oder zwei Bildern dargestellt wa-
ren, lässt sich nicht ausmachen. Vielleicht standen sie in
einer bestimmten Beziehung zum Bilde des Dionysos als des
Beschützers der scenischen Spiele. „Semiramis, die, eine
Magd, sich bis zur königlichen Würde emporschwingt, eine
Alte, welche die Fackeln vorträgt und eine (oder die) durch
sittsame Schaam ausgezeichnete Neuvermählte.“ Bei der
schwankenden Ausdrucksweise des Plinius ist es schwierig,
diese Sätze mit Sicherheit zu gliedern. Als erste Möglich-
keit müssen wir zugeben, dass nur von einem einzigen Bilde
die Rede sei, insofern nemlich das Gelangen zur Königs-
würde durch die Hochzeit des Ninos und der Semiramis dar-
gestellt werden konnte. In diesem Falle diente die Erwäh-
nung der Alten und der Braut nur zur näheren Charakteri-
sirung des Bildes. Dagegen haben Andere die beiden letz-
teren Gestalten auf ein besonderes Gemälde beziehen wollen,
was an sich eben so wohl möglich ist. Endlich könnte man
sich durch die schamhafte Braut an Rhoxane erinnern las-
sen, in welchem Falle aber wiederum die Alte von der
Braut zu scheiden wäre. Da die Worte des Plinius, wie
gesagt, keine bestimmte Entscheidung erlauben, so ist es
1) Plin. 34, 50.
2) 35, 78.
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Brunn, Heinrich: Geschichte der griechischen Künstler. T. 2, Abt. 1. Braunschweig, 1856, S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen0201_1856/253>, abgerufen am 22.11.2024.
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