bei Apelles eine vorwiegende Berücksichtigung erfahren hätte. Nehmen wir dagegen, um schnell zum Ziele zu gelangen, einmal an, dass Plinius Darstellungen, wie etwa einen ster- benden Alexander, im Auge habe, so würden sich dafür leicht Analogien in der modernen Kunst anführen lassen, in denen die psychologische Bedeutung des Gegenstandes hin- ter die historische Darstellung in dem Sinne jener oben be- trachteten Portraits gänzlich zurücktritt.
Blicken wir jetzt auf die bisherigen Bemerkungen zu- rück, so sind sie allerdings für die Erkenntniss der künst- lerischen Bedeutung des Apelles noch mehr von negativem, als von positivem Werthe. Sie zeigen uns vor allem, dass wir sein Verdienst nicht in dem poetischen und idealen Gehalte seiner Werke zu suchen haben. Auf einige oder wenige Figuren beschränkt gestatten sie meist eben so wenig Raum für die Entwickelung einer lebhaften und bewegten Handlung, als für ein Eingehen in die Tiefen des geistigen oder des Seelenlebens. Nicht minder vermissen wir dasjenige poetische Schöpfungs- vermögen, welches die erhabensten Ideen der Gottheit in künstlerischer Gestaltung aufzufassen und wiederzugeben vermochte; und doch finden wir auch nicht jenen Naturalis- mus, welcher durch die täuschendste Nachbildung aller Ein- zelnheiten des gerade vorliegenden Vorbildes sich in einen Wettstreit mit der Wirklichkeit einlassen zu wollen scheint. So sehen wir den Künstler auf das verhältnissmässig enge Gebiet der mehr oder weniger symbolischen und allego- rischen Darstellungen und auf Bildnisse beschränkt, welche aber mit jenen das gemein haben, dass sie nicht so- wohl um ihrer selbst willen da zu sein, als bestimmt schei- nen, durch ihre Persönlichkeit einen Gedanken allgemeiner abstracter Natur zur Anschauung zu bringen.
Wenn wir nun auf die Seite der Thätigkeit des Apelles näher eingehen, auf welcher wir nach dem Gesagten im Ge- gensatze zu dem poetischen und idealen Gehalte sein posi- tives Verdienst nothwendig suchen müssen, auf die künst- lerische Durchführung seiner Werke, so wird es freilich auffallen, wenn wir auch hier nochmals beginnen, in nega- tiver Weise sein Verdienst zu begrenzen. Allein wir thun dies mit um so grösserem Rechte, als er selbst uns darin vorangegangen ist: Melanthio de dispositione cedebat, Ascle-
bei Apelles eine vorwiegende Berücksichtigung erfahren hätte. Nehmen wir dagegen, um schnell zum Ziele zu gelangen, einmal an, dass Plinius Darstellungen, wie etwa einen ster- benden Alexander, im Auge habe, so würden sich dafür leicht Analogien in der modernen Kunst anführen lassen, in denen die psychologische Bedeutung des Gegenstandes hin- ter die historische Darstellung in dem Sinne jener oben be- trachteten Portraits gänzlich zurücktritt.
Blicken wir jetzt auf die bisherigen Bemerkungen zu- rück, so sind sie allerdings für die Erkenntniss der künst- lerischen Bedeutung des Apelles noch mehr von negativem, als von positivem Werthe. Sie zeigen uns vor allem, dass wir sein Verdienst nicht in dem poetischen und idealen Gehalte seiner Werke zu suchen haben. Auf einige oder wenige Figuren beschränkt gestatten sie meist eben so wenig Raum für die Entwickelung einer lebhaften und bewegten Handlung, als für ein Eingehen in die Tiefen des geistigen oder des Seelenlebens. Nicht minder vermissen wir dasjenige poetische Schöpfungs- vermögen, welches die erhabensten Ideen der Gottheit in künstlerischer Gestaltung aufzufassen und wiederzugeben vermochte; und doch finden wir auch nicht jenen Naturalis- mus, welcher durch die täuschendste Nachbildung aller Ein- zelnheiten des gerade vorliegenden Vorbildes sich in einen Wettstreit mit der Wirklichkeit einlassen zu wollen scheint. So sehen wir den Künstler auf das verhältnissmässig enge Gebiet der mehr oder weniger symbolischen und allego- rischen Darstellungen und auf Bildnisse beschränkt, welche aber mit jenen das gemein haben, dass sie nicht so- wohl um ihrer selbst willen da zu sein, als bestimmt schei- nen, durch ihre Persönlichkeit einen Gedanken allgemeiner abstracter Natur zur Anschauung zu bringen.
Wenn wir nun auf die Seite der Thätigkeit des Apelles näher eingehen, auf welcher wir nach dem Gesagten im Ge- gensatze zu dem poetischen und idealen Gehalte sein posi- tives Verdienst nothwendig suchen müssen, auf die künst- lerische Durchführung seiner Werke, so wird es freilich auffallen, wenn wir auch hier nochmals beginnen, in nega- tiver Weise sein Verdienst zu begrenzen. Allein wir thun dies mit um so grösserem Rechte, als er selbst uns darin vorangegangen ist: Melanthio de dispositione cedebat, Ascle-
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bei Apelles eine vorwiegende Berücksichtigung erfahren hätte.
Nehmen wir dagegen, um schnell zum Ziele zu gelangen,
einmal an, dass Plinius Darstellungen, wie etwa einen ster-
benden Alexander, im Auge habe, so würden sich dafür
leicht Analogien in der modernen Kunst anführen lassen, in
denen die psychologische Bedeutung des Gegenstandes hin-
ter die historische Darstellung in dem Sinne jener oben be-
trachteten Portraits gänzlich zurücktritt.
Blicken wir jetzt auf die bisherigen Bemerkungen zu-
rück, so sind sie allerdings für die Erkenntniss der künst-
lerischen Bedeutung des Apelles noch mehr von negativem,
als von positivem Werthe. Sie zeigen uns vor allem, dass
wir sein Verdienst nicht in dem poetischen und idealen Gehalte
seiner Werke zu suchen haben. Auf einige oder wenige Figuren
beschränkt gestatten sie meist eben so wenig Raum für die
Entwickelung einer lebhaften und bewegten Handlung, als für
ein Eingehen in die Tiefen des geistigen oder des Seelenlebens.
Nicht minder vermissen wir dasjenige poetische Schöpfungs-
vermögen, welches die erhabensten Ideen der Gottheit in
künstlerischer Gestaltung aufzufassen und wiederzugeben
vermochte; und doch finden wir auch nicht jenen Naturalis-
mus, welcher durch die täuschendste Nachbildung aller Ein-
zelnheiten des gerade vorliegenden Vorbildes sich in einen
Wettstreit mit der Wirklichkeit einlassen zu wollen scheint.
So sehen wir den Künstler auf das verhältnissmässig enge
Gebiet der mehr oder weniger symbolischen und allego-
rischen Darstellungen und auf Bildnisse beschränkt, welche
aber mit jenen das gemein haben, dass sie nicht so-
wohl um ihrer selbst willen da zu sein, als bestimmt schei-
nen, durch ihre Persönlichkeit einen Gedanken allgemeiner
abstracter Natur zur Anschauung zu bringen.
Wenn wir nun auf die Seite der Thätigkeit des Apelles
näher eingehen, auf welcher wir nach dem Gesagten im Ge-
gensatze zu dem poetischen und idealen Gehalte sein posi-
tives Verdienst nothwendig suchen müssen, auf die künst-
lerische Durchführung seiner Werke, so wird es freilich
auffallen, wenn wir auch hier nochmals beginnen, in nega-
tiver Weise sein Verdienst zu begrenzen. Allein wir thun
dies mit um so grösserem Rechte, als er selbst uns darin
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Brunn, Heinrich: Geschichte der griechischen Künstler. T. 2, Abt. 1. Braunschweig, 1856, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen0201_1856/228>, abgerufen am 28.11.2024.
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