Vollendung überraschte ihn der Tod, und niemand wagte, nach der vorhandenen Anlage den fehlenden Theil hinzuzufü- gen: Plin. 35, 92 u. 145; Cic. off. III, 2; ad div. I, 9, 4, aus welcher letzteren Stelle hervorgeht, dass Kopf und Brust voll- endet waren.
Charis, bekleidet dargestellt, im Odeum zu Smyrna, das einzige Werk des Apelles, welches Pausanias (IX, 35, 2) erwähnt.
Tyche, welche er sitzend bildete, indem er spöttisch bemerkte, dass das Glück doch nicht feststehe: Stob. floril. 106, 60; vgl. Libanius Ekphr.
Artemis unter den Chor opfernder Jungfrauen gemischt, durch welche er die Verse Homers besiegt zu haben schien, in denen diese Scene beschrieben wird; ein besonders von den Kennern gefeiertes Werk: Plin. 35, 96. Wenn man frü- her hier an die Schilderung der durch die Wälder streifen- den Artemis in der Odyssee (VI, 102) denken wollte, so fand dabei allerdings die Bezeichnung der Jungfrauen als opfernd keine Erklärung. Welcker (Nachtr. z. Tril. S. 158; ep. Cycl. S. 309) hat daher auf eine Scene der Kyprien hingewiesen, welche ja auch dem Homer beigelegt wurden. Danach wäre Artemis zu verstehen, wie sie beim Opfer der Iphigenie er- scheint, welches nicht von Kalchas, sondern von jungfräuli- chen Priesterinnen vollzogen wurde. Auffällig bleibt freilich auch hierbei, dass die Erwähnung der Hauptfigur, der Iphi- genie, von Plinius gänzlich sollte übergangen sein. Vgl. un- ten. -- In dieser oder einer verwandten Composition mochte das Reh seine Stelle gefunden haben, welches Aelian (h. a. XVII epil.) als besonders berühmt erwähnt. Aus der Heroen- mythologie scheint Apelles nur wenige Stoffe behandelt zu haben. Wir kennen:
einen nackten Heros, "mit welchem Gemälde er die Natur selbst zum Wettstreit herausforderte:" Plin. 35, 94. In schlechten Handschriften war aus heroa nudum die Les- art Hero et Leandrum entstanden, welche jedoch kritisch un- haltbar ist.
Dem Apelles beigelegt (also wohl nach inneren Gründen, nicht nach äusseren Zeugnissen) ward auch
Herakles, im Tempel der Anna (Perenna) zu Rom, "mit abgewendetem Gesicht, so dass, was äusserst schwierig ist,
Vollendung überraschte ihn der Tod, und niemand wagte, nach der vorhandenen Anlage den fehlenden Theil hinzuzufü- gen: Plin. 35, 92 u. 145; Cic. off. III, 2; ad div. I, 9, 4, aus welcher letzteren Stelle hervorgeht, dass Kopf und Brust voll- endet waren.
Charis, bekleidet dargestellt, im Odeum zu Smyrna, das einzige Werk des Apelles, welches Pausanias (IX, 35, 2) erwähnt.
Tyche, welche er sitzend bildete, indem er spöttisch bemerkte, dass das Glück doch nicht feststehe: Stob. floril. 106, 60; vgl. Libanius Ekphr.
Artemis unter den Chor opfernder Jungfrauen gemischt, durch welche er die Verse Homers besiegt zu haben schien, in denen diese Scene beschrieben wird; ein besonders von den Kennern gefeiertes Werk: Plin. 35, 96. Wenn man frü- her hier an die Schilderung der durch die Wälder streifen- den Artemis in der Odyssee (VI, 102) denken wollte, so fand dabei allerdings die Bezeichnung der Jungfrauen als opfernd keine Erklärung. Welcker (Nachtr. z. Tril. S. 158; ep. Cycl. S. 309) hat daher auf eine Scene der Kyprien hingewiesen, welche ja auch dem Homer beigelegt wurden. Danach wäre Artemis zu verstehen, wie sie beim Opfer der Iphigenie er- scheint, welches nicht von Kalchas, sondern von jungfräuli- chen Priesterinnen vollzogen wurde. Auffällig bleibt freilich auch hierbei, dass die Erwähnung der Hauptfigur, der Iphi- genie, von Plinius gänzlich sollte übergangen sein. Vgl. un- ten. — In dieser oder einer verwandten Composition mochte das Reh seine Stelle gefunden haben, welches Aelian (h. a. XVII epil.) als besonders berühmt erwähnt. Aus der Heroen- mythologie scheint Apelles nur wenige Stoffe behandelt zu haben. Wir kennen:
einen nackten Heros, „mit welchem Gemälde er die Natur selbst zum Wettstreit herausforderte:“ Plin. 35, 94. In schlechten Handschriften war aus heroa nudum die Les- art Hero et Leandrum entstanden, welche jedoch kritisch un- haltbar ist.
Dem Apelles beigelegt (also wohl nach inneren Gründen, nicht nach äusseren Zeugnissen) ward auch
Herakles, im Tempel der Anna (Perenna) zu Rom, „mit abgewendetem Gesicht, so dass, was äusserst schwierig ist,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0214"n="206"/>
Vollendung überraschte ihn der Tod, und niemand wagte,<lb/>
nach der vorhandenen Anlage den fehlenden Theil hinzuzufü-<lb/>
gen: Plin. 35, 92 u. 145; Cic. off. III, 2; ad div. I, 9, 4, aus<lb/>
welcher letzteren Stelle hervorgeht, dass Kopf und Brust voll-<lb/>
endet waren.</p><lb/><p><hirendition="#g">Charis</hi>, bekleidet dargestellt, im Odeum zu Smyrna,<lb/>
das einzige Werk des Apelles, welches Pausanias (IX, 35, 2)<lb/>
erwähnt.</p><lb/><p><hirendition="#g">Tyche</hi>, welche er sitzend bildete, indem er spöttisch<lb/>
bemerkte, dass das Glück doch nicht feststehe: Stob. floril.<lb/>
106, 60; vgl. Libanius Ekphr.</p><lb/><p><hirendition="#g">Artemis</hi> unter den Chor opfernder Jungfrauen gemischt,<lb/>
durch welche er die Verse Homers besiegt zu haben schien,<lb/>
in denen diese Scene beschrieben wird; ein besonders von<lb/>
den Kennern gefeiertes Werk: Plin. 35, 96. Wenn man frü-<lb/>
her hier an die Schilderung der durch die Wälder streifen-<lb/>
den Artemis in der Odyssee (VI, 102) denken wollte, so fand<lb/>
dabei allerdings die Bezeichnung der Jungfrauen als opfernd<lb/>
keine Erklärung. Welcker (Nachtr. z. Tril. S. 158; ep. Cycl.<lb/>
S. 309) hat daher auf eine Scene der Kyprien hingewiesen,<lb/>
welche ja auch dem Homer beigelegt wurden. Danach wäre<lb/>
Artemis zu verstehen, wie sie beim Opfer der Iphigenie er-<lb/>
scheint, welches nicht von Kalchas, sondern von jungfräuli-<lb/>
chen Priesterinnen vollzogen wurde. Auffällig bleibt freilich<lb/>
auch hierbei, dass die Erwähnung der Hauptfigur, der Iphi-<lb/>
genie, von Plinius gänzlich sollte übergangen sein. Vgl. un-<lb/>
ten. — In dieser oder einer verwandten Composition mochte<lb/>
das Reh seine Stelle gefunden haben, welches Aelian (h. a.<lb/>
XVII epil.) als besonders berühmt erwähnt. Aus der Heroen-<lb/>
mythologie scheint Apelles nur wenige Stoffe behandelt zu<lb/>
haben. Wir kennen:</p><lb/><p>einen nackten <hirendition="#g">Heros</hi>, „mit welchem Gemälde er die<lb/>
Natur selbst zum Wettstreit herausforderte:“ Plin. 35, 94.<lb/>
In schlechten Handschriften war aus heroa nudum die Les-<lb/>
art Hero et Leandrum entstanden, welche jedoch kritisch un-<lb/>
haltbar ist.</p><lb/><p>Dem Apelles beigelegt (also wohl nach inneren Gründen,<lb/>
nicht nach äusseren Zeugnissen) ward auch</p><lb/><p><hirendition="#g">Herakles</hi>, im Tempel der Anna (Perenna) zu Rom, „mit<lb/>
abgewendetem Gesicht, so dass, was äusserst schwierig ist,<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[206/0214]
Vollendung überraschte ihn der Tod, und niemand wagte,
nach der vorhandenen Anlage den fehlenden Theil hinzuzufü-
gen: Plin. 35, 92 u. 145; Cic. off. III, 2; ad div. I, 9, 4, aus
welcher letzteren Stelle hervorgeht, dass Kopf und Brust voll-
endet waren.
Charis, bekleidet dargestellt, im Odeum zu Smyrna,
das einzige Werk des Apelles, welches Pausanias (IX, 35, 2)
erwähnt.
Tyche, welche er sitzend bildete, indem er spöttisch
bemerkte, dass das Glück doch nicht feststehe: Stob. floril.
106, 60; vgl. Libanius Ekphr.
Artemis unter den Chor opfernder Jungfrauen gemischt,
durch welche er die Verse Homers besiegt zu haben schien,
in denen diese Scene beschrieben wird; ein besonders von
den Kennern gefeiertes Werk: Plin. 35, 96. Wenn man frü-
her hier an die Schilderung der durch die Wälder streifen-
den Artemis in der Odyssee (VI, 102) denken wollte, so fand
dabei allerdings die Bezeichnung der Jungfrauen als opfernd
keine Erklärung. Welcker (Nachtr. z. Tril. S. 158; ep. Cycl.
S. 309) hat daher auf eine Scene der Kyprien hingewiesen,
welche ja auch dem Homer beigelegt wurden. Danach wäre
Artemis zu verstehen, wie sie beim Opfer der Iphigenie er-
scheint, welches nicht von Kalchas, sondern von jungfräuli-
chen Priesterinnen vollzogen wurde. Auffällig bleibt freilich
auch hierbei, dass die Erwähnung der Hauptfigur, der Iphi-
genie, von Plinius gänzlich sollte übergangen sein. Vgl. un-
ten. — In dieser oder einer verwandten Composition mochte
das Reh seine Stelle gefunden haben, welches Aelian (h. a.
XVII epil.) als besonders berühmt erwähnt. Aus der Heroen-
mythologie scheint Apelles nur wenige Stoffe behandelt zu
haben. Wir kennen:
einen nackten Heros, „mit welchem Gemälde er die
Natur selbst zum Wettstreit herausforderte:“ Plin. 35, 94.
In schlechten Handschriften war aus heroa nudum die Les-
art Hero et Leandrum entstanden, welche jedoch kritisch un-
haltbar ist.
Dem Apelles beigelegt (also wohl nach inneren Gründen,
nicht nach äusseren Zeugnissen) ward auch
Herakles, im Tempel der Anna (Perenna) zu Rom, „mit
abgewendetem Gesicht, so dass, was äusserst schwierig ist,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brunn, Heinrich: Geschichte der griechischen Künstler. T. 2, Abt. 1. Braunschweig, 1856, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen0201_1856/214>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.