dafür liefert sein Stieropfer, in welchem er den Stier von vorn, nicht von der Seite darstellte. Auch dafür wird man sich unter den erhaltenen Werken vergeblich nach zahl- reichen Analogien und Belegen umsehen. Denn die Vierge- spanne z. B., wie sie sich auf Vasen alten Styls oder auf einem der selinuntischen Reliefs in der Vorderansicht ge- bildet finden, wird man nicht als Beispiele kunstmässiger Verkürzungen anführen wollen. Und doch spricht Plinius gerade von einer solchen mit vollster Bestimmtheit, wenn er hinzufügt, dass man trotz dieser Anordnung die Länge des Stieres vollkommen erkannt habe. Hier müssen wir es nun einem besonders günstigen Geschicke Dank wissen, dass es uns ein Werk bewahrt hat, welches dem Alterthum ohne Widerrede das Verdienst sichert, die Kunst der Verkürzun- gen gekannt zu haben. Dieses Werk ist das Mosaik der Alexanderschlacht aus Pompei: das Pferd in der Mitte der Composition, welches von hinten gesehen wird, bildet das gerade Gegenstück zum Stier des Pausias. Wie aber da- durch auf der einen Seite der Ruhm dieses Künstlers als desjenigen gesichert wird, der es vermöge seiner wissen- schaftlichen Bildung zuerst verstanden, ein solches Problem zu lösen, so gewinnen wir auf der andern Seite für jenes Mosaik einen bestimmten Berührungspunkt mit der Entwicke- lungsgeschichte der griechischen Malerei, indem wir jetzt wenigstens nachzuweisen vermögen, wo und durch welche Mittel die Vorbedingungen für die Schöpfung dieses bis jetzt in der griechischen Malerei einzig dastehenden Werkes er- füllt waren. Ich will damit keineswegs behaupten, dass die Composition ein Werk der sikyonischen Schule sein müsse; wohl aber, dass so zu componiren erst möglich wurde, nach- dem die Malerei von Sikyon aus ihre theoretische und wis- senschaftliche Durchbildung erhalten hatte.
Doch wir kehren zu Pausias und seinem Stieropfer zu- rück, welches uns auch noch auf eine andere Eigenthümlich- keit des Künstlers hinweist, nemlich auf seine Art, die Farbe zu behandeln. Die Ausdrucksweise des Plinius ist zwar ge- rade an dieser Stelle besonders dunkel, vielleicht weil er selbst von der besondern Art der Technik keinen hin- länglich deutlichen Begriff hatte. Machen wir uns diese klar, so werden uns wenigstens in der Hauptsache keine Schwie-
dafür liefert sein Stieropfer, in welchem er den Stier von vorn, nicht von der Seite darstellte. Auch dafür wird man sich unter den erhaltenen Werken vergeblich nach zahl- reichen Analogien und Belegen umsehen. Denn die Vierge- spanne z. B., wie sie sich auf Vasen alten Styls oder auf einem der selinuntischen Reliefs in der Vorderansicht ge- bildet finden, wird man nicht als Beispiele kunstmässiger Verkürzungen anführen wollen. Und doch spricht Plinius gerade von einer solchen mit vollster Bestimmtheit, wenn er hinzufügt, dass man trotz dieser Anordnung die Länge des Stieres vollkommen erkannt habe. Hier müssen wir es nun einem besonders günstigen Geschicke Dank wissen, dass es uns ein Werk bewahrt hat, welches dem Alterthum ohne Widerrede das Verdienst sichert, die Kunst der Verkürzun- gen gekannt zu haben. Dieses Werk ist das Mosaik der Alexanderschlacht aus Pompei: das Pferd in der Mitte der Composition, welches von hinten gesehen wird, bildet das gerade Gegenstück zum Stier des Pausias. Wie aber da- durch auf der einen Seite der Ruhm dieses Künstlers als desjenigen gesichert wird, der es vermöge seiner wissen- schaftlichen Bildung zuerst verstanden, ein solches Problem zu lösen, so gewinnen wir auf der andern Seite für jenes Mosaik einen bestimmten Berührungspunkt mit der Entwicke- lungsgeschichte der griechischen Malerei, indem wir jetzt wenigstens nachzuweisen vermögen, wo und durch welche Mittel die Vorbedingungen für die Schöpfung dieses bis jetzt in der griechischen Malerei einzig dastehenden Werkes er- füllt waren. Ich will damit keineswegs behaupten, dass die Composition ein Werk der sikyonischen Schule sein müsse; wohl aber, dass so zu componiren erst möglich wurde, nach- dem die Malerei von Sikyon aus ihre theoretische und wis- senschaftliche Durchbildung erhalten hatte.
Doch wir kehren zu Pausias und seinem Stieropfer zu- rück, welches uns auch noch auf eine andere Eigenthümlich- keit des Künstlers hinweist, nemlich auf seine Art, die Farbe zu behandeln. Die Ausdrucksweise des Plinius ist zwar ge- rade an dieser Stelle besonders dunkel, vielleicht weil er selbst von der besondern Art der Technik keinen hin- länglich deutlichen Begriff hatte. Machen wir uns diese klar, so werden uns wenigstens in der Hauptsache keine Schwie-
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dafür liefert sein Stieropfer, in welchem er den Stier von
vorn, nicht von der Seite darstellte. Auch dafür wird man
sich unter den erhaltenen Werken vergeblich nach zahl-
reichen Analogien und Belegen umsehen. Denn die Vierge-
spanne z. B., wie sie sich auf Vasen alten Styls oder auf
einem der selinuntischen Reliefs in der Vorderansicht ge-
bildet finden, wird man nicht als Beispiele kunstmässiger
Verkürzungen anführen wollen. Und doch spricht Plinius
gerade von einer solchen mit vollster Bestimmtheit, wenn er
hinzufügt, dass man trotz dieser Anordnung die Länge des
Stieres vollkommen erkannt habe. Hier müssen wir es nun
einem besonders günstigen Geschicke Dank wissen, dass es
uns ein Werk bewahrt hat, welches dem Alterthum ohne
Widerrede das Verdienst sichert, die Kunst der Verkürzun-
gen gekannt zu haben. Dieses Werk ist das Mosaik
der Alexanderschlacht aus Pompei: das Pferd in der Mitte
der Composition, welches von hinten gesehen wird, bildet
das gerade Gegenstück zum Stier des Pausias. Wie aber da-
durch auf der einen Seite der Ruhm dieses Künstlers als
desjenigen gesichert wird, der es vermöge seiner wissen-
schaftlichen Bildung zuerst verstanden, ein solches Problem
zu lösen, so gewinnen wir auf der andern Seite für jenes
Mosaik einen bestimmten Berührungspunkt mit der Entwicke-
lungsgeschichte der griechischen Malerei, indem wir jetzt
wenigstens nachzuweisen vermögen, wo und durch welche
Mittel die Vorbedingungen für die Schöpfung dieses bis jetzt
in der griechischen Malerei einzig dastehenden Werkes er-
füllt waren. Ich will damit keineswegs behaupten, dass die
Composition ein Werk der sikyonischen Schule sein müsse;
wohl aber, dass so zu componiren erst möglich wurde, nach-
dem die Malerei von Sikyon aus ihre theoretische und wis-
senschaftliche Durchbildung erhalten hatte.
Doch wir kehren zu Pausias und seinem Stieropfer zu-
rück, welches uns auch noch auf eine andere Eigenthümlich-
keit des Künstlers hinweist, nemlich auf seine Art, die Farbe
zu behandeln. Die Ausdrucksweise des Plinius ist zwar ge-
rade an dieser Stelle besonders dunkel, vielleicht weil
er selbst von der besondern Art der Technik keinen hin-
länglich deutlichen Begriff hatte. Machen wir uns diese klar,
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Brunn, Heinrich: Geschichte der griechischen Künstler. T. 2, Abt. 1. Braunschweig, 1856, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen0201_1856/156>, abgerufen am 24.11.2024.
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