zählung angenommen, aus einer Kunstblüthe in Lydien noch nicht mit Sicherheit etwas über das eigentliche Griechenland zu schliessen sein. Somit stehen die Berechnungen des Plinius in der Luft; und etwa aus den Wanderungen korinthischer Künstler nach Italien die Chronologie bestimmen zu wollen, dürfen wir uns eben so wenig verleiten lassen. Dagegen müssen wir einen bestimmten Nachdruck darauf legen, dass die überlieferten Namen fast durchgängig nicht Gattungsnamen sind, wie die des Daedalos, Eucheir und Eugrammos, sondern bestimmte Individuen bezeichnen, dass sie uns also nicht auf eine sagenhafte, sondern auf eine streng historische Zeit hin- weisen. Hierzu kommt, dass zwischen ihnen und den unmit- telbar nach den Perserkriegen berühmt gewordenen Malern andere Namen fast gar nicht genannt werden. Eine völlige Lücke in der Ueberlieferung anzunehmen, werden wir aber um so weniger geneigt sein, als selbst Polygnot noch, aller- dings der eigentliche Begründer des Ruhmes der Malerei, von Theophrast 1) als Erfinder derselben angeführt wird. Viel- mehr müssen wir gerade hierdurch veranlasst werden, diese ersten Erwähnungen von Malern mit denjenigen Nachrichten parallel zu stellen, welche uns über die ältesten Bildhauer- schulen in dem Zeitraume etwa von der 40sten bis zur 60sten Olympiade erhalten sind.
Immer bleibt aber hinlänglicher Grund zu der Klage des Plinius, dass sich in diesem Theile der Kunstgeschichte die Sorgfalt der Griechen nicht gleichgeblieben sei. Denn was sollen wir aus Nachrichten folgern, die ihren Widerspruch in sich selbst tragen? Dass ein Lyder Gyges in Aegypten, dass ein Aegypter Philokles, der durch seinen Namen sich als Griechen ausweist, die Malerei erfunden habe? Anderes, wie die Erzählung von Saurias, steht zu vereinzelt, als dass wir weitere Folgerungen darauf bauen könnten, etwa von einer Berühmtheit alt-samischer Malerei, welche dem Ruhme der samischen Erzbildnerei entspräche. Grösserer Nachdruck scheint darauf gelegt werden zu müssen, dass mehrere Na- men uns auf Sikyon und Korinth hinweisen: auf Sikyon Kraton und Telephanes; auf Korinth von den mehr sagen- haften Eucheir und Eugrammos abgesehen, Kleanthes, Aridikes
1) Plin. 7, 205.
zählung angenommen, aus einer Kunstblüthe in Lydien noch nicht mit Sicherheit etwas über das eigentliche Griechenland zu schliessen sein. Somit stehen die Berechnungen des Plinius in der Luft; und etwa aus den Wanderungen korinthischer Künstler nach Italien die Chronologie bestimmen zu wollen, dürfen wir uns eben so wenig verleiten lassen. Dagegen müssen wir einen bestimmten Nachdruck darauf legen, dass die überlieferten Namen fast durchgängig nicht Gattungsnamen sind, wie die des Daedalos, Eucheir und Eugrammos, sondern bestimmte Individuen bezeichnen, dass sie uns also nicht auf eine sagenhafte, sondern auf eine streng historische Zeit hin- weisen. Hierzu kommt, dass zwischen ihnen und den unmit- telbar nach den Perserkriegen berühmt gewordenen Malern andere Namen fast gar nicht genannt werden. Eine völlige Lücke in der Ueberlieferung anzunehmen, werden wir aber um so weniger geneigt sein, als selbst Polygnot noch, aller- dings der eigentliche Begründer des Ruhmes der Malerei, von Theophrast 1) als Erfinder derselben angeführt wird. Viel- mehr müssen wir gerade hierdurch veranlasst werden, diese ersten Erwähnungen von Malern mit denjenigen Nachrichten parallel zu stellen, welche uns über die ältesten Bildhauer- schulen in dem Zeitraume etwa von der 40sten bis zur 60sten Olympiade erhalten sind.
Immer bleibt aber hinlänglicher Grund zu der Klage des Plinius, dass sich in diesem Theile der Kunstgeschichte die Sorgfalt der Griechen nicht gleichgeblieben sei. Denn was sollen wir aus Nachrichten folgern, die ihren Widerspruch in sich selbst tragen? Dass ein Lyder Gyges in Aegypten, dass ein Aegypter Philokles, der durch seinen Namen sich als Griechen ausweist, die Malerei erfunden habe? Anderes, wie die Erzählung von Saurias, steht zu vereinzelt, als dass wir weitere Folgerungen darauf bauen könnten, etwa von einer Berühmtheit alt-samischer Malerei, welche dem Ruhme der samischen Erzbildnerei entspräche. Grösserer Nachdruck scheint darauf gelegt werden zu müssen, dass mehrere Na- men uns auf Sikyon und Korinth hinweisen: auf Sikyon Kraton und Telephanes; auf Korinth von den mehr sagen- haften Eucheir und Eugrammos abgesehen, Kleanthes, Aridikes
1) Plin. 7, 205.
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zählung angenommen, aus einer Kunstblüthe in Lydien noch
nicht mit Sicherheit etwas über das eigentliche Griechenland
zu schliessen sein. Somit stehen die Berechnungen des Plinius
in der Luft; und etwa aus den Wanderungen korinthischer
Künstler nach Italien die Chronologie bestimmen zu wollen,
dürfen wir uns eben so wenig verleiten lassen. Dagegen
müssen wir einen bestimmten Nachdruck darauf legen, dass
die überlieferten Namen fast durchgängig nicht Gattungsnamen
sind, wie die des Daedalos, Eucheir und Eugrammos, sondern
bestimmte Individuen bezeichnen, dass sie uns also nicht auf
eine sagenhafte, sondern auf eine streng historische Zeit hin-
weisen. Hierzu kommt, dass zwischen ihnen und den unmit-
telbar nach den Perserkriegen berühmt gewordenen Malern
andere Namen fast gar nicht genannt werden. Eine völlige
Lücke in der Ueberlieferung anzunehmen, werden wir aber
um so weniger geneigt sein, als selbst Polygnot noch, aller-
dings der eigentliche Begründer des Ruhmes der Malerei, von
Theophrast 1) als Erfinder derselben angeführt wird. Viel-
mehr müssen wir gerade hierdurch veranlasst werden, diese
ersten Erwähnungen von Malern mit denjenigen Nachrichten
parallel zu stellen, welche uns über die ältesten Bildhauer-
schulen in dem Zeitraume etwa von der 40sten bis zur 60sten
Olympiade erhalten sind.
Immer bleibt aber hinlänglicher Grund zu der Klage des
Plinius, dass sich in diesem Theile der Kunstgeschichte die
Sorgfalt der Griechen nicht gleichgeblieben sei. Denn was
sollen wir aus Nachrichten folgern, die ihren Widerspruch in
sich selbst tragen? Dass ein Lyder Gyges in Aegypten, dass
ein Aegypter Philokles, der durch seinen Namen sich als
Griechen ausweist, die Malerei erfunden habe? Anderes, wie
die Erzählung von Saurias, steht zu vereinzelt, als dass wir
weitere Folgerungen darauf bauen könnten, etwa von einer
Berühmtheit alt-samischer Malerei, welche dem Ruhme der
samischen Erzbildnerei entspräche. Grösserer Nachdruck
scheint darauf gelegt werden zu müssen, dass mehrere Na-
men uns auf Sikyon und Korinth hinweisen: auf Sikyon
Kraton und Telephanes; auf Korinth von den mehr sagen-
haften Eucheir und Eugrammos abgesehen, Kleanthes, Aridikes
1) Plin. 7, 205.
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Brunn, Heinrich: Geschichte der griechischen Künstler. T. 2, Abt. 1. Braunschweig, 1856, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen0201_1856/14>, abgerufen am 23.11.2024.
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