von den Enkausten angewendeten Glühstäbchen) als die Quelle dieser affectirten Vornehmheit. Dass er die erste Stelle in der Kunst für sich in Anspruch nahm, scheint seine besondere Veranlassung in der Rivalität mit Zeuxis gehabt zu haben, wenn wir die folgenden beiden Epigramme hören:
Ei khai apista khluousi, lego tade ; phemi gar ede tekhnes euresthai termata tesde saphe Kheiros uph emeteres ; anuperbletos de pepegen ouros; amometon d'ouden egento brotois.
Wogegen Zeuxis (Arist. or. peri tou paraphthegm. II, 386):
Erakhleia patris. Zeuxis d'onom'. ei de tis andron emeteres tekhnes peirata phesin ekhein, deixas nikhato. ....
Die Behauptung göttlichen Ursprungs, so wie des Umgangs mit Heroen würde bei einem Künstler der ältesten Zeit als mit tief religiösen Vorstellungen im Zusammenhange stehend wenig Anstoss erregen: bei Parrhasios kann sie nur als die höchste Selbstüberhebung gelten, wie sie nur in einer Zeit erklärlich ist, in welcher die alte Strenge der religiösen und sittlichen Vorstellungen bereits überall gelockert war. Nicht zu verkennen ist der Einfluss dieser Zeitrichtung auch in den obscönen Darstellungen des Parrhasios. Namentlich die Anwendung einer solchen Auffassung auf mythologische Ge- genstände, wie in dem Bilde des Meleager und der Atalante, deuten auf eine Frivolität der Gesinnung, welche auf die Kunst leicht eine um so verderblichere Wirkung ausüben konnte, je bedeutender sonst der Meister war, der sich ihrer schuldig machte. Trotzdem werden wir uns hüten müs- sen, ein allgemeines Verdammungsurtheil darauf begrün- den zu wollen. Denn eines Theils dürfen wir nicht über- sehen, dass Parrhasios nur zur Erholung in Mussestunden und in muthwilligem Scherze kleine Bildchen mit solchen Darstellungen malte. Sodann aber scheint selbst diese Ver- irrung in engem Zusammenhange mit dem ganzen Naturell des Künstlers zu stehen, auf dem doch wiederum seine übrigen Vorzüge beruhen. Theophrast 1) berichtet nemlich,
1) en to peri eudaimonias, bei Aelian und Athenaeus a. a. O.
von den Enkausten angewendeten Glühstäbchen) als die Quelle dieser affectirten Vornehmheit. Dass er die erste Stelle in der Kunst für sich in Anspruch nahm, scheint seine besondere Veranlassung in der Rivalität mit Zeuxis gehabt zu haben, wenn wir die folgenden beiden Epigramme hören:
Die Behauptung göttlichen Ursprungs, so wie des Umgangs mit Heroen würde bei einem Künstler der ältesten Zeit als mit tief religiösen Vorstellungen im Zusammenhange stehend wenig Anstoss erregen: bei Parrhasios kann sie nur als die höchste Selbstüberhebung gelten, wie sie nur in einer Zeit erklärlich ist, in welcher die alte Strenge der religiösen und sittlichen Vorstellungen bereits überall gelockert war. Nicht zu verkennen ist der Einfluss dieser Zeitrichtung auch in den obscönen Darstellungen des Parrhasios. Namentlich die Anwendung einer solchen Auffassung auf mythologische Ge- genstände, wie in dem Bilde des Meleager und der Atalante, deuten auf eine Frivolität der Gesinnung, welche auf die Kunst leicht eine um so verderblichere Wirkung ausüben konnte, je bedeutender sonst der Meister war, der sich ihrer schuldig machte. Trotzdem werden wir uns hüten müs- sen, ein allgemeines Verdammungsurtheil darauf begrün- den zu wollen. Denn eines Theils dürfen wir nicht über- sehen, dass Parrhasios nur zur Erholung in Mussestunden und in muthwilligem Scherze kleine Bildchen mit solchen Darstellungen malte. Sodann aber scheint selbst diese Ver- irrung in engem Zusammenhange mit dem ganzen Naturell des Künstlers zu stehen, auf dem doch wiederum seine übrigen Vorzüge beruhen. Theophrast 1) berichtet nemlich,
1) ἐν τῷ πεϱὶ εὐδαιμονίας, bei Aelian und Athenaeus a. a. O.
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von den Enkausten angewendeten Glühstäbchen) als die
Quelle dieser affectirten Vornehmheit. Dass er die erste
Stelle in der Kunst für sich in Anspruch nahm, scheint seine
besondere Veranlassung in der Rivalität mit Zeuxis gehabt
zu haben, wenn wir die folgenden beiden Epigramme hören:
Εἰ χαὶ ἄπιστα χλύουσι, λἐγω τάδε · φημὶ γὰϱ ἤδη
τέχνης εὑϱῆσϑαι τέϱματα τῆσδε σαφῆ
Χειϱὸς ὑφ̛ ἡμετέϱης · ἀνυπέϱβλητος δὲ πέπηγεν
οὖϱος· ἀμώμητον δ’οὐδὲν ἔγεντο βϱοτοῖς.
Wogegen Zeuxis (Arist. or. πεϱὶ τοῦ παϱαφϑέγμ. II, 386):
Ἡϱάχλεια πατϱίς. Ζεῦξις δ’ὄνομ’. εἰ δέ τις ἀνδϱῶν
ἡμετέϱης τέχνης πείϱατά φησιν ἔχειν,
δείξας νιχάτω. ....
Die Behauptung göttlichen Ursprungs, so wie des Umgangs
mit Heroen würde bei einem Künstler der ältesten Zeit als
mit tief religiösen Vorstellungen im Zusammenhange stehend
wenig Anstoss erregen: bei Parrhasios kann sie nur als die
höchste Selbstüberhebung gelten, wie sie nur in einer Zeit
erklärlich ist, in welcher die alte Strenge der religiösen und
sittlichen Vorstellungen bereits überall gelockert war. Nicht
zu verkennen ist der Einfluss dieser Zeitrichtung auch in
den obscönen Darstellungen des Parrhasios. Namentlich die
Anwendung einer solchen Auffassung auf mythologische Ge-
genstände, wie in dem Bilde des Meleager und der Atalante,
deuten auf eine Frivolität der Gesinnung, welche auf die
Kunst leicht eine um so verderblichere Wirkung ausüben
konnte, je bedeutender sonst der Meister war, der sich ihrer
schuldig machte. Trotzdem werden wir uns hüten müs-
sen, ein allgemeines Verdammungsurtheil darauf begrün-
den zu wollen. Denn eines Theils dürfen wir nicht über-
sehen, dass Parrhasios nur zur Erholung in Mussestunden
und in muthwilligem Scherze kleine Bildchen mit solchen
Darstellungen malte. Sodann aber scheint selbst diese Ver-
irrung in engem Zusammenhange mit dem ganzen Naturell
des Künstlers zu stehen, auf dem doch wiederum seine
übrigen Vorzüge beruhen. Theophrast 1) berichtet nemlich,
1) ἐν τῷ πεϱὶ εὐδαιμονίας, bei Aelian und Athenaeus a. a. O.
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Brunn, Heinrich: Geschichte der griechischen Künstler. T. 2, Abt. 1. Braunschweig, 1856, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen0201_1856/127>, abgerufen am 23.07.2024.
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