in der Fremde fand; ja, da Seltenheit und ein theurer Preis den Werth eines Kunstwerkes in den Augen der Römer zu erhöhen schien, so suchte man bald mehr die Werke früherer, als noch lebender Künstler. Die persönliche Stellung der Letz- teren im Leben musste unter solchen Verhältnissen eine sehr untergeordnete bleiben; und daher mag es kommen, dass wir nur aus der ersten Zeit der vorliegenden Periode, als das Fremde für sich noch einigermassen ein selbstständiges An- sehen behauptete, einige spärliche Nachrichten über Künstler in der Litteratur besitzen, sowie, dass wir dem Gebrauche der Inschriften mit Angabe des Namens und Vaterlandes der Künstler damals noch häufiger begegnen. Später fehlen uns diese Quellen unserer Erkenntniss bis auf unbedeutende Aus- nahmen gänzlich. Am meisten Anerkennung bei den auf das Praktische gerichteten Römern scheinen noch die Architekten gefunden zu haben. Von Bildhauern dagegen, deren Ruhm sich an bedeutendere, namentlich öffentliche Werke geknüpft hätte, erfahren wir nicht einmal die Namen: der Weihende nahm den ganzen Ruhm für sich allein in Anspruch. Ja, woll- ten wir die Quellen der Künstlergeschichte als allein mass- gebend anerkennen, so müsste man beinahe annehmen, dass die Bildhauerei nicht zu den Künsten gehört habe, welche eines freigeborenen Römers für würdig gehalten wurden. Denn wer wagt zu entscheiden, ob nicht Decius und Coponius, die einzigen etwas bedeutenderen Künstler mit römischen Na- men, Freigelassene waren, wie Cincius Salvius und Avianius Euander?
Unter solchen Umständen leuchtet die Schwierigkeit, in der Geschichte der Künstler die Grundlagen für die Geschichte der Kunst zu finden, von selbst ein. Noch dazu aber besteht unsere Hauptquelle für die erstere in den mit Inschriften ver- sehenen Werken, welche eine durchaus andere Behandlung erheischen, als die Quellen der Litteratur. Wir hatten nicht mehr die Bedeutung der Urtheile des Alterthums zu erforschen, sondern aus eigener Anschauung überhaupt erst ein Urtheil aufzustellen. Der Weg dazu war mühsamer und verlangte häufig ein längeres Verweilen bei Erörterungen, welche fast noch mehr der Kunstgeschichte, als der Künstlergeschichte in dem von uns bezeichneten Umfange angehören. Doch möge man nicht nach dem Wege urtheilen, sondern auf das sehen,
in der Fremde fand; ja, da Seltenheit und ein theurer Preis den Werth eines Kunstwerkes in den Augen der Römer zu erhöhen schien, so suchte man bald mehr die Werke früherer, als noch lebender Künstler. Die persönliche Stellung der Letz- teren im Leben musste unter solchen Verhältnissen eine sehr untergeordnete bleiben; und daher mag es kommen, dass wir nur aus der ersten Zeit der vorliegenden Periode, als das Fremde für sich noch einigermassen ein selbstständiges An- sehen behauptete, einige spärliche Nachrichten über Künstler in der Litteratur besitzen, sowie, dass wir dem Gebrauche der Inschriften mit Angabe des Namens und Vaterlandes der Künstler damals noch häufiger begegnen. Später fehlen uns diese Quellen unserer Erkenntniss bis auf unbedeutende Aus- nahmen gänzlich. Am meisten Anerkennung bei den auf das Praktische gerichteten Römern scheinen noch die Architekten gefunden zu haben. Von Bildhauern dagegen, deren Ruhm sich an bedeutendere, namentlich öffentliche Werke geknüpft hätte, erfahren wir nicht einmal die Namen: der Weihende nahm den ganzen Ruhm für sich allein in Anspruch. Ja, woll- ten wir die Quellen der Künstlergeschichte als allein mass- gebend anerkennen, so müsste man beinahe annehmen, dass die Bildhauerei nicht zu den Künsten gehört habe, welche eines freigeborenen Römers für würdig gehalten wurden. Denn wer wagt zu entscheiden, ob nicht Decius und Coponius, die einzigen etwas bedeutenderen Künstler mit römischen Na- men, Freigelassene waren, wie Cincius Salvius und Avianius Euander?
Unter solchen Umständen leuchtet die Schwierigkeit, in der Geschichte der Künstler die Grundlagen für die Geschichte der Kunst zu finden, von selbst ein. Noch dazu aber besteht unsere Hauptquelle für die erstere in den mit Inschriften ver- sehenen Werken, welche eine durchaus andere Behandlung erheischen, als die Quellen der Litteratur. Wir hatten nicht mehr die Bedeutung der Urtheile des Alterthums zu erforschen, sondern aus eigener Anschauung überhaupt erst ein Urtheil aufzustellen. Der Weg dazu war mühsamer und verlangte häufig ein längeres Verweilen bei Erörterungen, welche fast noch mehr der Kunstgeschichte, als der Künstlergeschichte in dem von uns bezeichneten Umfange angehören. Doch möge man nicht nach dem Wege urtheilen, sondern auf das sehen,
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in der Fremde fand; ja, da Seltenheit und ein theurer Preis
den Werth eines Kunstwerkes in den Augen der Römer zu
erhöhen schien, so suchte man bald mehr die Werke früherer,
als noch lebender Künstler. Die persönliche Stellung der Letz-
teren im Leben musste unter solchen Verhältnissen eine sehr
untergeordnete bleiben; und daher mag es kommen, dass wir
nur aus der ersten Zeit der vorliegenden Periode, als das
Fremde für sich noch einigermassen ein selbstständiges An-
sehen behauptete, einige spärliche Nachrichten über Künstler
in der Litteratur besitzen, sowie, dass wir dem Gebrauche
der Inschriften mit Angabe des Namens und Vaterlandes der
Künstler damals noch häufiger begegnen. Später fehlen uns
diese Quellen unserer Erkenntniss bis auf unbedeutende Aus-
nahmen gänzlich. Am meisten Anerkennung bei den auf das
Praktische gerichteten Römern scheinen noch die Architekten
gefunden zu haben. Von Bildhauern dagegen, deren Ruhm
sich an bedeutendere, namentlich öffentliche Werke geknüpft
hätte, erfahren wir nicht einmal die Namen: der Weihende
nahm den ganzen Ruhm für sich allein in Anspruch. Ja, woll-
ten wir die Quellen der Künstlergeschichte als allein mass-
gebend anerkennen, so müsste man beinahe annehmen, dass
die Bildhauerei nicht zu den Künsten gehört habe, welche
eines freigeborenen Römers für würdig gehalten wurden. Denn
wer wagt zu entscheiden, ob nicht Decius und Coponius, die
einzigen etwas bedeutenderen Künstler mit römischen Na-
men, Freigelassene waren, wie Cincius Salvius und Avianius
Euander?
Unter solchen Umständen leuchtet die Schwierigkeit, in
der Geschichte der Künstler die Grundlagen für die Geschichte
der Kunst zu finden, von selbst ein. Noch dazu aber besteht
unsere Hauptquelle für die erstere in den mit Inschriften ver-
sehenen Werken, welche eine durchaus andere Behandlung
erheischen, als die Quellen der Litteratur. Wir hatten nicht
mehr die Bedeutung der Urtheile des Alterthums zu erforschen,
sondern aus eigener Anschauung überhaupt erst ein Urtheil
aufzustellen. Der Weg dazu war mühsamer und verlangte
häufig ein längeres Verweilen bei Erörterungen, welche fast
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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853, S. 617. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen01_1853/630>, abgerufen am 22.11.2024.
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