Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853.

Bild:
<< vorherige Seite

ist höchstens, dass Pausanias nicht sogleich bei der ersten Er-
wähnung von seinem Vaterlande und Geschlechte spricht: aber
er konnte dies des Zusammenhanges wegen bis zur Erwäh-
nung seiner Mitschüler aufschieben.

Zur bessern Uebersicht stellen wir noch einmal kurz die
Werke jedes Einzelnen zusammen: Wir fanden

von Theokles: Atlas mit der Kugel, Herakles und fünf
Hesperiden nebst dem Baume und dem Drachen;

von Dorykleidas: Themis als Mutter der Horen;

von Dontas, seinem Bruder: Zeus, Deianeira, Acheloos,
Herakles, Ares und Athene; dazu vielleicht im Heraeon Hera,
Zeus und Ares.

Ausser den Horen des Smilis lassen sich die sonst noch
angeführten Werke im Heraeon keinem bestimmten Künstler
beilegen. Alle aber haben unter sich eine gewisse Verwandt-
schaft, durch die sie sich namentlich den Erzarbeiten von Samos,
den Marmorarbeiten von Chios als eine selbstständige Klasse
zur Seite stellen. Sie gehören sämmtlich einer neuen Ent-
wickelung der Holzsculptur an, die schon unter Dipoenos und
Skyllis begonnen hatte, aber von diesen lakedaemonischen
Künstlern ausschliesslicher fortgeführt wurde. Das Wesen
derselben besteht in der Verbindung des gewöhnlichen Holzes
mit edlern Arten und überhaupt mit edlern Stoffen. Man ver-
bindet Cedern-, Ebenholz mit Elfenbein, mit Gold. Das Edle
und Kostbare, anfangs nur Schmuck einzelner Theile, breitet
sich immer mehr aus, bis zuletzt das Holz darauf beschränkt
erscheint, dem Gold und Elfenbein als Gerüst, als Unterlage
zu dienen. An den Rossen der Dioskuren zu Argos war nur
einiges von Elfenbein, Gold wird gar nicht erwähnt: Die Wer-
ke im Heraeon nennt Pausanias geradezu aus Gold und Elfen-
bein gemacht, wenn auch aus den zwei andern Stellen hervor-
geht, dass dies nicht ausschliesslich der Fall war.

Von einer Thätigkeit dieser Künstler in ihrem Vaterlande
haben wir keine Kunde. Wohl aber finden wir dort einen an-
deren Schüler des Dipoenos und Skyllis:
Klearchos
aus Rhegion in Unteritalien. "Zur Rechten des Tempels der
Athene Chalkioekos in Sparta steht ein Bild des Zeus Hypatos,
das älteste aller Erzwerke: denn es ist nicht aus einem Gan-
zen gemacht, sondern jeder der Theile ist besonders für sich

ist höchstens, dass Pausanias nicht sogleich bei der ersten Er-
wähnung von seinem Vaterlande und Geschlechte spricht: aber
er konnte dies des Zusammenhanges wegen bis zur Erwäh-
nung seiner Mitschüler aufschieben.

Zur bessern Uebersicht stellen wir noch einmal kurz die
Werke jedes Einzelnen zusammen: Wir fanden

von Theokles: Atlas mit der Kugel, Herakles und fünf
Hesperiden nebst dem Baume und dem Drachen;

von Dorykleidas: Themis als Mutter der Horen;

von Dontas, seinem Bruder: Zeus, Deïaneira, Acheloos,
Herakles, Ares und Athene; dazu vielleicht im Heraeon Hera,
Zeus und Ares.

Ausser den Horen des Smilis lassen sich die sonst noch
angeführten Werke im Heraeon keinem bestimmten Künstler
beilegen. Alle aber haben unter sich eine gewisse Verwandt-
schaft, durch die sie sich namentlich den Erzarbeiten von Samos,
den Marmorarbeiten von Chios als eine selbstständige Klasse
zur Seite stellen. Sie gehören sämmtlich einer neuen Ent-
wickelung der Holzsculptur an, die schon unter Dipoenos und
Skyllis begonnen hatte, aber von diesen lakedaemonischen
Künstlern ausschliesslicher fortgeführt wurde. Das Wesen
derselben besteht in der Verbindung des gewöhnlichen Holzes
mit edlern Arten und überhaupt mit edlern Stoffen. Man ver-
bindet Cedern-, Ebenholz mit Elfenbein, mit Gold. Das Edle
und Kostbare, anfangs nur Schmuck einzelner Theile, breitet
sich immer mehr aus, bis zuletzt das Holz darauf beschränkt
erscheint, dem Gold und Elfenbein als Gerüst, als Unterlage
zu dienen. An den Rossen der Dioskuren zu Argos war nur
einiges von Elfenbein, Gold wird gar nicht erwähnt: Die Wer-
ke im Heraeon nennt Pausanias geradezu aus Gold und Elfen-
bein gemacht, wenn auch aus den zwei andern Stellen hervor-
geht, dass dies nicht ausschliesslich der Fall war.

Von einer Thätigkeit dieser Künstler in ihrem Vaterlande
haben wir keine Kunde. Wohl aber finden wir dort einen an-
deren Schüler des Dipoenos und Skyllis:
Klearchos
aus Rhegion in Unteritalien. „Zur Rechten des Tempels der
Athene Chalkioekos in Sparta steht ein Bild des Zeus Hypatos,
das älteste aller Erzwerke: denn es ist nicht aus einem Gan-
zen gemacht, sondern jeder der Theile ist besonders für sich

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0061" n="48"/>
ist höchstens, dass Pausanias nicht sogleich bei der ersten Er-<lb/>
wähnung von seinem Vaterlande und Geschlechte spricht: aber<lb/>
er konnte dies des Zusammenhanges wegen bis zur Erwäh-<lb/>
nung seiner Mitschüler aufschieben.</p><lb/>
            <p>Zur bessern Uebersicht stellen wir noch einmal kurz die<lb/>
Werke jedes Einzelnen zusammen: Wir fanden</p><lb/>
            <p>von <hi rendition="#g">Theokles:</hi> Atlas mit der Kugel, Herakles und fünf<lb/>
Hesperiden nebst dem Baume und dem Drachen;</p><lb/>
            <p>von <hi rendition="#g">Dorykleidas:</hi> Themis als Mutter der Horen;</p><lb/>
            <p>von <hi rendition="#g">Dontas,</hi> seinem Bruder: Zeus, Deïaneira, Acheloos,<lb/>
Herakles, Ares und Athene; dazu vielleicht im Heraeon Hera,<lb/>
Zeus und Ares.</p><lb/>
            <p>Ausser den Horen des Smilis lassen sich die sonst noch<lb/>
angeführten Werke im Heraeon keinem bestimmten Künstler<lb/>
beilegen. Alle aber haben unter sich eine gewisse Verwandt-<lb/>
schaft, durch die sie sich namentlich den Erzarbeiten von Samos,<lb/>
den Marmorarbeiten von Chios als eine selbstständige Klasse<lb/>
zur Seite stellen. Sie gehören sämmtlich einer neuen Ent-<lb/>
wickelung der Holzsculptur an, die schon unter Dipoenos und<lb/>
Skyllis begonnen hatte, aber von diesen lakedaemonischen<lb/>
Künstlern ausschliesslicher fortgeführt wurde. Das Wesen<lb/>
derselben besteht in der Verbindung des gewöhnlichen Holzes<lb/>
mit edlern Arten und überhaupt mit edlern Stoffen. Man ver-<lb/>
bindet Cedern-, Ebenholz mit Elfenbein, mit Gold. Das Edle<lb/>
und Kostbare, anfangs nur Schmuck einzelner Theile, breitet<lb/>
sich immer mehr aus, bis zuletzt das Holz darauf beschränkt<lb/>
erscheint, dem Gold und Elfenbein als Gerüst, als Unterlage<lb/>
zu dienen. An den Rossen der Dioskuren zu Argos war nur<lb/>
einiges von Elfenbein, Gold wird gar nicht erwähnt: Die Wer-<lb/>
ke im Heraeon nennt Pausanias geradezu aus Gold und Elfen-<lb/>
bein gemacht, wenn auch aus den zwei andern Stellen hervor-<lb/>
geht, dass dies nicht ausschliesslich der Fall war.</p><lb/>
            <p>Von einer Thätigkeit dieser Künstler in ihrem Vaterlande<lb/>
haben wir keine Kunde. Wohl aber finden wir dort einen an-<lb/>
deren Schüler des Dipoenos und Skyllis:<lb/><hi rendition="#et"><hi rendition="#g">Klearchos</hi></hi><lb/>
aus Rhegion in Unteritalien. &#x201E;Zur Rechten des Tempels der<lb/>
Athene Chalkioekos in Sparta steht ein Bild des Zeus Hypatos,<lb/>
das älteste aller Erzwerke: denn es ist nicht aus einem Gan-<lb/>
zen gemacht, sondern jeder der Theile ist besonders für sich<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[48/0061] ist höchstens, dass Pausanias nicht sogleich bei der ersten Er- wähnung von seinem Vaterlande und Geschlechte spricht: aber er konnte dies des Zusammenhanges wegen bis zur Erwäh- nung seiner Mitschüler aufschieben. Zur bessern Uebersicht stellen wir noch einmal kurz die Werke jedes Einzelnen zusammen: Wir fanden von Theokles: Atlas mit der Kugel, Herakles und fünf Hesperiden nebst dem Baume und dem Drachen; von Dorykleidas: Themis als Mutter der Horen; von Dontas, seinem Bruder: Zeus, Deïaneira, Acheloos, Herakles, Ares und Athene; dazu vielleicht im Heraeon Hera, Zeus und Ares. Ausser den Horen des Smilis lassen sich die sonst noch angeführten Werke im Heraeon keinem bestimmten Künstler beilegen. Alle aber haben unter sich eine gewisse Verwandt- schaft, durch die sie sich namentlich den Erzarbeiten von Samos, den Marmorarbeiten von Chios als eine selbstständige Klasse zur Seite stellen. Sie gehören sämmtlich einer neuen Ent- wickelung der Holzsculptur an, die schon unter Dipoenos und Skyllis begonnen hatte, aber von diesen lakedaemonischen Künstlern ausschliesslicher fortgeführt wurde. Das Wesen derselben besteht in der Verbindung des gewöhnlichen Holzes mit edlern Arten und überhaupt mit edlern Stoffen. Man ver- bindet Cedern-, Ebenholz mit Elfenbein, mit Gold. Das Edle und Kostbare, anfangs nur Schmuck einzelner Theile, breitet sich immer mehr aus, bis zuletzt das Holz darauf beschränkt erscheint, dem Gold und Elfenbein als Gerüst, als Unterlage zu dienen. An den Rossen der Dioskuren zu Argos war nur einiges von Elfenbein, Gold wird gar nicht erwähnt: Die Wer- ke im Heraeon nennt Pausanias geradezu aus Gold und Elfen- bein gemacht, wenn auch aus den zwei andern Stellen hervor- geht, dass dies nicht ausschliesslich der Fall war. Von einer Thätigkeit dieser Künstler in ihrem Vaterlande haben wir keine Kunde. Wohl aber finden wir dort einen an- deren Schüler des Dipoenos und Skyllis: Klearchos aus Rhegion in Unteritalien. „Zur Rechten des Tempels der Athene Chalkioekos in Sparta steht ein Bild des Zeus Hypatos, das älteste aller Erzwerke: denn es ist nicht aus einem Gan- zen gemacht, sondern jeder der Theile ist besonders für sich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen01_1853
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen01_1853/61
Zitationshilfe: Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen01_1853/61>, abgerufen am 22.11.2024.