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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853.

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kes nicht als Eigenthum gehört. An dem Relief der Apo-
theose gewährt es dagegen bei längerer Betrachtung einen be-
sonderen Reiz, den Künstler in seinem Streben und Ringen
mit Schwierigkeiten zu beobachten, und den Gründen nachzu-
gehen, welche ihn in der Anlage und Ausführung aller Ein-
zelnheiten geleitet haben. Bei einem solchen Studium des
Werkes aber, welches dem des Künstlers selbst verwandt
ist, vermögen wir schliesslich aus den Fehlern nicht weniger,
als aus den Verdiensten, noch reiche Belehrung zu schöpfen.

Bei dem Zusammenhange, welchen wir zwischen der Apo-
theose, der Tabula Iliaca und den mit dieser verwandten
Werken angenommen haben, würde es keineswegs unange-
messen erscheinen können, wenn wir auch über diese hier aus-
führlich handelten, selbst wenn der Theodoros, von dessen
tekhne die Rede ist, nicht der Künstler, sondern nur der Gram-
matiker war, welcher die Disposition dieser Werke angegeben
hatte. Es würden sich dabei noch manche Analogien mit der
Apotheose herausstellen: sowohl äusserlich in der Anordnung
in übereinanderstehenden Feldern, als hinsichtlich der geistigen
Auffassung: so z. B. darin, dass der Ruhm Alexanders, der
Schild mit der Schlacht bei Arbela, von den Figuren Europa's
und Asiens getragen wird, gerade wie die Zeit und die be-
wohnte Erde den Ruhm Homers bezeugen. Lehrreich würde
namentlich auch eine genaue Untersuchung darüber sein, in
wie weit, und unter welchen Modificationen in der Darstellung
der einzelnen Scenen schon vorhandene Compositionen auf-
genommen worden sind. Auf jeden Fall haben jedoch diese
Monumente eine höhere Wichtigkeit vom Standpunkte der Lit-
teratur-, als von dem der Kunstgeschichte; und es wird daher
vortheilhafter sein, litterarische Erörterungen im grösseren Zu-
sammenhange, als sie bis jetzt gegeben sind, abzuwarten, und
erst dann auf ihrer Grundlage die Untersuchung der künstleri-
schen Fragen wieder aufzunehmen.

Das nächste Jahrhundert, wie es uns überhaupt die dürf-
tigsten Nachrichten über die Künstler bietet, giebt uns auch
über die weitere Entwickelung der kleinasiatischen Kunst kei-
nen directen Aufschluss. Erst aus der Zeit Hadrians sind uns
einige Werke erhalten, welche auf die Existenz einer Kunst-
schule in Aphrodisias hindeuten, der Hauptstadt von Karien,
wie wir oben vermutheten. Wir nennen an erster Stelle die

kes nicht als Eigenthum gehört. An dem Relief der Apo-
theose gewährt es dagegen bei längerer Betrachtung einen be-
sonderen Reiz, den Künstler in seinem Streben und Ringen
mit Schwierigkeiten zu beobachten, und den Gründen nachzu-
gehen, welche ihn in der Anlage und Ausführung aller Ein-
zelnheiten geleitet haben. Bei einem solchen Studium des
Werkes aber, welches dem des Künstlers selbst verwandt
ist, vermögen wir schliesslich aus den Fehlern nicht weniger,
als aus den Verdiensten, noch reiche Belehrung zu schöpfen.

Bei dem Zusammenhange, welchen wir zwischen der Apo-
theose, der Tabula Iliaca und den mit dieser verwandten
Werken angenommen haben, würde es keineswegs unange-
messen erscheinen können, wenn wir auch über diese hier aus-
führlich handelten, selbst wenn der Theodoros, von dessen
τέχνη die Rede ist, nicht der Künstler, sondern nur der Gram-
matiker war, welcher die Disposition dieser Werke angegeben
hatte. Es würden sich dabei noch manche Analogien mit der
Apotheose herausstellen: sowohl äusserlich in der Anordnung
in übereinanderstehenden Feldern, als hinsichtlich der geistigen
Auffassung: so z. B. darin, dass der Ruhm Alexanders, der
Schild mit der Schlacht bei Arbela, von den Figuren Europa’s
und Asiens getragen wird, gerade wie die Zeit und die be-
wohnte Erde den Ruhm Homers bezeugen. Lehrreich würde
namentlich auch eine genaue Untersuchung darüber sein, in
wie weit, und unter welchen Modificationen in der Darstellung
der einzelnen Scenen schon vorhandene Compositionen auf-
genommen worden sind. Auf jeden Fall haben jedoch diese
Monumente eine höhere Wichtigkeit vom Standpunkte der Lit-
teratur-, als von dem der Kunstgeschichte; und es wird daher
vortheilhafter sein, litterarische Erörterungen im grösseren Zu-
sammenhange, als sie bis jetzt gegeben sind, abzuwarten, und
erst dann auf ihrer Grundlage die Untersuchung der künstleri-
schen Fragen wieder aufzunehmen.

Das nächste Jahrhundert, wie es uns überhaupt die dürf-
tigsten Nachrichten über die Künstler bietet, giebt uns auch
über die weitere Entwickelung der kleinasiatischen Kunst kei-
nen directen Aufschluss. Erst aus der Zeit Hadrians sind uns
einige Werke erhalten, welche auf die Existenz einer Kunst-
schule in Aphrodisias hindeuten, der Hauptstadt von Karien,
wie wir oben vermutheten. Wir nennen an erster Stelle die

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[592/0605] kes nicht als Eigenthum gehört. An dem Relief der Apo- theose gewährt es dagegen bei längerer Betrachtung einen be- sonderen Reiz, den Künstler in seinem Streben und Ringen mit Schwierigkeiten zu beobachten, und den Gründen nachzu- gehen, welche ihn in der Anlage und Ausführung aller Ein- zelnheiten geleitet haben. Bei einem solchen Studium des Werkes aber, welches dem des Künstlers selbst verwandt ist, vermögen wir schliesslich aus den Fehlern nicht weniger, als aus den Verdiensten, noch reiche Belehrung zu schöpfen. Bei dem Zusammenhange, welchen wir zwischen der Apo- theose, der Tabula Iliaca und den mit dieser verwandten Werken angenommen haben, würde es keineswegs unange- messen erscheinen können, wenn wir auch über diese hier aus- führlich handelten, selbst wenn der Theodoros, von dessen τέχνη die Rede ist, nicht der Künstler, sondern nur der Gram- matiker war, welcher die Disposition dieser Werke angegeben hatte. Es würden sich dabei noch manche Analogien mit der Apotheose herausstellen: sowohl äusserlich in der Anordnung in übereinanderstehenden Feldern, als hinsichtlich der geistigen Auffassung: so z. B. darin, dass der Ruhm Alexanders, der Schild mit der Schlacht bei Arbela, von den Figuren Europa’s und Asiens getragen wird, gerade wie die Zeit und die be- wohnte Erde den Ruhm Homers bezeugen. Lehrreich würde namentlich auch eine genaue Untersuchung darüber sein, in wie weit, und unter welchen Modificationen in der Darstellung der einzelnen Scenen schon vorhandene Compositionen auf- genommen worden sind. Auf jeden Fall haben jedoch diese Monumente eine höhere Wichtigkeit vom Standpunkte der Lit- teratur-, als von dem der Kunstgeschichte; und es wird daher vortheilhafter sein, litterarische Erörterungen im grösseren Zu- sammenhange, als sie bis jetzt gegeben sind, abzuwarten, und erst dann auf ihrer Grundlage die Untersuchung der künstleri- schen Fragen wieder aufzunehmen. Das nächste Jahrhundert, wie es uns überhaupt die dürf- tigsten Nachrichten über die Künstler bietet, giebt uns auch über die weitere Entwickelung der kleinasiatischen Kunst kei- nen directen Aufschluss. Erst aus der Zeit Hadrians sind uns einige Werke erhalten, welche auf die Existenz einer Kunst- schule in Aphrodisias hindeuten, der Hauptstadt von Karien, wie wir oben vermutheten. Wir nennen an erster Stelle die

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Zitationshilfe: Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853, S. 592. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen01_1853/605>, abgerufen am 22.11.2024.