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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853.

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Die eben zusammengestellten Nachrichten sind augen-
scheinlich so dürftig, dass wir nicht wagen könnten, etwas
über die Eigenthümlichkeiten dieser Künstler auch nur zu
vermuthen, wenn sich nicht eine dieser Angaben mit anderen
historischen Thatsachen vereinigen und dadurch eine bestimm-
tere Grundlage für weitere Untersuchungen gewinnen liesse:
die Angabe, dass sie die Siege des Attalos und Eumenes über
die Gallier durch Kunstwerke verherrlichten. Plinius theilt
uns freilich nichts als die nackte Thatsache mit. Aber gerade
diese Allgemeinhelt giebt uns wieder das Recht, andere Nach-
richten, welche sich auf die künstlerische Feier jener gallischen
Niederlagen beziehen, mit den Worten des Plinius in Verbin-
dung zu setzen. So dürfen wir als ein Werk dieser Kunst-
schule die Darstellung derselben (Galaton ten en Musia phthoran)
betrachten, welche, zusammen mit denen der Kämpfe gegen
die Giganten, die Amazonen und die Meder bei Marathon, auf
der Akropolis von Athen aufgestellt waren: denn sie waren
dorthin von Attalos geschenkt worden 1). So konnten auch
die elfenbeinernen Thüren des palatinischen Apollotempels zu
Rom mit der Darstellung des Todes der Niobiden und der
Niederlage der Gallier bei Delphi, als eines Vorspiels der spä-
teren Kämpfe, recht wohl Werke dieser Schule sein 2): denn
der römische Staat war der Erbe der attalischen Schätze, und
die Arbeit in Elfenbein würde einem Künstler wie Stratonikos
wohl anstehen, welcher in der Kunst der Caelatur eine der
ersten Stellen einnimmt. Doch auch diese Werke sind uns
im Einzelnen zu wenig bekannt, als dass sie unser Wissen
über das künstlerische Verdienst ihrer Urheber irgend zu er-
weitern vermöchten. Dies geschieht erst dadurch, dass zwei
noch jetz erhaltene Werke sich mit hinlänglicher Sicherheit
als Originale dieser Schule nachweisen lassen, der sogenannte
sterbende Fechterdes capitolinischen Museums und die früher
unter dem Namen Arria und Paetus bekannte Gruppe der Villa
Ludovisi 3).

Einen Gallier in dem sterbenden Fechter erkannt zu haben,
ist das Verdienst Nibby's. Seine in einer wenig verbreiteten
Zeitschrift 4) versteckte Arbeit über diese Statue überrascht

1) Paus. I, 25, 2; cf. Plut. Anton. 60.
2) Properz II, 31, 11 sqq.
3) Müll. u. Oest. D. a. K. I, 48, Fig. 217. 218.
4) Effemeridi letterarie
di Roma. 1821. April. p. 49 sqq.

Die eben zusammengestellten Nachrichten sind augen-
scheinlich so dürftig, dass wir nicht wagen könnten, etwas
über die Eigenthümlichkeiten dieser Künstler auch nur zu
vermuthen, wenn sich nicht eine dieser Angaben mit anderen
historischen Thatsachen vereinigen und dadurch eine bestimm-
tere Grundlage für weitere Untersuchungen gewinnen liesse:
die Angabe, dass sie die Siege des Attalos und Eumenes über
die Gallier durch Kunstwerke verherrlichten. Plinius theilt
uns freilich nichts als die nackte Thatsache mit. Aber gerade
diese Allgemeinhelt giebt uns wieder das Recht, andere Nach-
richten, welche sich auf die künstlerische Feier jener gallischen
Niederlagen beziehen, mit den Worten des Plinius in Verbin-
dung zu setzen. So dürfen wir als ein Werk dieser Kunst-
schule die Darstellung derselben (Γαλατῶν τὴν ἐν Μυσίᾳ φϑορὰν)
betrachten, welche, zusammen mit denen der Kämpfe gegen
die Giganten, die Amazonen und die Meder bei Marathon, auf
der Akropolis von Athen aufgestellt waren: denn sie waren
dorthin von Attalos geschenkt worden 1). So konnten auch
die elfenbeinernen Thüren des palatinischen Apollotempels zu
Rom mit der Darstellung des Todes der Niobiden und der
Niederlage der Gallier bei Delphi, als eines Vorspiels der spä-
teren Kämpfe, recht wohl Werke dieser Schule sein 2): denn
der römische Staat war der Erbe der attalischen Schätze, und
die Arbeit in Elfenbein würde einem Künstler wie Stratonikos
wohl anstehen, welcher in der Kunst der Caelatur eine der
ersten Stellen einnimmt. Doch auch diese Werke sind uns
im Einzelnen zu wenig bekannt, als dass sie unser Wissen
über das künstlerische Verdienst ihrer Urheber irgend zu er-
weitern vermöchten. Dies geschieht erst dadurch, dass zwei
noch jetz erhaltene Werke sich mit hinlänglicher Sicherheit
als Originale dieser Schule nachweisen lassen, der sogenannte
sterbende Fechterdes capitolinischen Museums und die früher
unter dem Namen Arria und Paetus bekannte Gruppe der Villa
Ludovisi 3).

Einen Gallier in dem sterbenden Fechter erkannt zu haben,
ist das Verdienst Nibby’s. Seine in einer wenig verbreiteten
Zeitschrift 4) versteckte Arbeit über diese Statue überrascht

1) Paus. I, 25, 2; cf. Plut. Anton. 60.
2) Properz II, 31, 11 sqq.
3) Müll. u. Oest. D. a. K. I, 48, Fig. 217. 218.
4) Effemeridi letterarie
di Roma. 1821. April. p. 49 sqq.
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[444/0457] Die eben zusammengestellten Nachrichten sind augen- scheinlich so dürftig, dass wir nicht wagen könnten, etwas über die Eigenthümlichkeiten dieser Künstler auch nur zu vermuthen, wenn sich nicht eine dieser Angaben mit anderen historischen Thatsachen vereinigen und dadurch eine bestimm- tere Grundlage für weitere Untersuchungen gewinnen liesse: die Angabe, dass sie die Siege des Attalos und Eumenes über die Gallier durch Kunstwerke verherrlichten. Plinius theilt uns freilich nichts als die nackte Thatsache mit. Aber gerade diese Allgemeinhelt giebt uns wieder das Recht, andere Nach- richten, welche sich auf die künstlerische Feier jener gallischen Niederlagen beziehen, mit den Worten des Plinius in Verbin- dung zu setzen. So dürfen wir als ein Werk dieser Kunst- schule die Darstellung derselben (Γαλατῶν τὴν ἐν Μυσίᾳ φϑορὰν) betrachten, welche, zusammen mit denen der Kämpfe gegen die Giganten, die Amazonen und die Meder bei Marathon, auf der Akropolis von Athen aufgestellt waren: denn sie waren dorthin von Attalos geschenkt worden 1). So konnten auch die elfenbeinernen Thüren des palatinischen Apollotempels zu Rom mit der Darstellung des Todes der Niobiden und der Niederlage der Gallier bei Delphi, als eines Vorspiels der spä- teren Kämpfe, recht wohl Werke dieser Schule sein 2): denn der römische Staat war der Erbe der attalischen Schätze, und die Arbeit in Elfenbein würde einem Künstler wie Stratonikos wohl anstehen, welcher in der Kunst der Caelatur eine der ersten Stellen einnimmt. Doch auch diese Werke sind uns im Einzelnen zu wenig bekannt, als dass sie unser Wissen über das künstlerische Verdienst ihrer Urheber irgend zu er- weitern vermöchten. Dies geschieht erst dadurch, dass zwei noch jetz erhaltene Werke sich mit hinlänglicher Sicherheit als Originale dieser Schule nachweisen lassen, der sogenannte sterbende Fechterdes capitolinischen Museums und die früher unter dem Namen Arria und Paetus bekannte Gruppe der Villa Ludovisi 3). Einen Gallier in dem sterbenden Fechter erkannt zu haben, ist das Verdienst Nibby’s. Seine in einer wenig verbreiteten Zeitschrift 4) versteckte Arbeit über diese Statue überrascht 1) Paus. I, 25, 2; cf. Plut. Anton. 60. 2) Properz II, 31, 11 sqq. 3) Müll. u. Oest. D. a. K. I, 48, Fig. 217. 218. 4) Effemeridi letterarie di Roma. 1821. April. p. 49 sqq.

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Zitationshilfe: Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853, S. 444. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen01_1853/457>, abgerufen am 25.11.2024.