1850, p. 223--251) besitzen wir wahrscheinlich eine Copie dieses Originals von Lysipp.
Eine trunkene Flötenspielerin: Plin. 34, 63.
Hunde und eine Jagd (von der des Alexander geson- dert angeführt): ib. Zu einer ähnlichen Composition mochte ursprünglich der gefallene Löwe gehört haben, den Agrippa aus Lampsakos weggeführt und in dem Haine metaxu tes limnes kai tou Euripou (wo?) aufgestellt hatte: Strabo XIII, p. 590.
Ein ungezäumtes Pferd von besonders lebendigem Ausdrucke, wie es die Ohren spitzt und einen Vorderfuss hebt, beschreibt ein Epigramm des Philippus (Anall. II, p. 225, n. 50). Auf dasselbe bezieht sich wahrscheinlich auch ein anderes Epi- gramm des Michael Psellus (Anall. III, p. 127), dem zufolge es später im Hippodrom zu Constantinopel aufgestellt war, wo es 1202 bei der Eroberung durch die Lateiner zu Grunde ging: Nicet. Chon. p. 861 ed. Bonn.
Von einer Statue mit dem Namen des Lysipp (wohl einer Copie), welche in Siena gefunden, viel bewundert, aber bald aus Aberglauben vernichtet wurde, findet sich eine kurze Nach- richt bei Ghiberti: Bull. dell' Inst. 1837, p. 69. Ueber den Ge- genstand der Darstellung sagt er nichts, als dass sie auf dem Fusse, auf welchem sie ruhete, einen Delphin (?uno alfino) hatte.
Was an der verwirrten Nachricht des Cedrenus (ann. p. 322) wahr sein mag, dass im Palast des Lausos zu Con- stantinopel sich die samische Hera von Lysipp und dem Chier Bupalos befunden habe, sind wir ausser Stande zu beurtheilen.
Falsch ist die Inschrift einer weiblichen Gewandfigur: MYRRI. LINI. LYSIPPI: Boissard ant. IV, 122. Winckelm. VI, 1, 100 und die Noten.
Unter den Werken des Lysipp muss, selbst wenn wir uns die sämmtlichen Leistungen der griechischen Kunst bis auf seine Zeit ins Gedächtniss zurückrufen, eines als durchaus neu und fremdartig erscheinen: der Kairos. Er ist das erste durchaus unzweideutige Beispiel einer reinen Allegorie. Zwar stellte schon Polygnot in seiner Nekyia einen Begriff, das Zaudern, durch den Oknos bildlich dar: aber er malt einen Mann, welcher ein Strohseil dreht, und dazu einen Esel, wel- cher dasselbe in demselben Maasse, wie es gedreht wird, wie- der aufzehrt, also eine Handlung. Diesen Oknos dürfen wir
1850, p. 223—251) besitzen wir wahrscheinlich eine Copie dieses Originals von Lysipp.
Eine trunkene Flötenspielerin: Plin. 34, 63.
Hunde und eine Jagd (von der des Alexander geson- dert angeführt): ib. Zu einer ähnlichen Composition mochte ursprünglich der gefallene Löwe gehört haben, den Agrippa aus Lampsakos weggeführt und in dem Haine μεταξὺ τῆς λίμνης καὶ τοῦ Εὐρίπου (wo?) aufgestellt hatte: Strabo XIII, p. 590.
Ein ungezäumtes Pferd von besonders lebendigem Ausdrucke, wie es die Ohren spitzt und einen Vorderfuss hebt, beschreibt ein Epigramm des Philippus (Anall. II, p. 225, n. 50). Auf dasselbe bezieht sich wahrscheinlich auch ein anderes Epi- gramm des Michael Psellus (Anall. III, p. 127), dem zufolge es später im Hippodrom zu Constantinopel aufgestellt war, wo es 1202 bei der Eroberung durch die Lateiner zu Grunde ging: Nicet. Chon. p. 861 ed. Bonn.
Von einer Statue mit dem Namen des Lysipp (wohl einer Copie), welche in Siena gefunden, viel bewundert, aber bald aus Aberglauben vernichtet wurde, findet sich eine kurze Nach- richt bei Ghiberti: Bull. dell’ Inst. 1837, p. 69. Ueber den Ge- genstand der Darstellung sagt er nichts, als dass sie auf dem Fusse, auf welchem sie ruhete, einen Delphin (?uno alfino) hatte.
Was an der verwirrten Nachricht des Cedrenus (ann. p. 322) wahr sein mag, dass im Palast des Lausos zu Con- stantinopel sich die samische Hera von Lysipp und dem Chier Bupalos befunden habe, sind wir ausser Stande zu beurtheilen.
Falsch ist die Inschrift einer weiblichen Gewandfigur: MYRRI. LINI. LYSIPPI: Boissard ant. IV, 122. Winckelm. VI, 1, 100 und die Noten.
Unter den Werken des Lysipp muss, selbst wenn wir uns die sämmtlichen Leistungen der griechischen Kunst bis auf seine Zeit ins Gedächtniss zurückrufen, eines als durchaus neu und fremdartig erscheinen: der Kairos. Er ist das erste durchaus unzweideutige Beispiel einer reinen Allegorie. Zwar stellte schon Polygnot in seiner Nekyia einen Begriff, das Zaudern, durch den Oknos bildlich dar: aber er malt einen Mann, welcher ein Strohseil dreht, und dazu einen Esel, wel- cher dasselbe in demselben Maasse, wie es gedreht wird, wie- der aufzehrt, also eine Handlung. Diesen Oknos dürfen wir
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1850, p. 223—251) besitzen wir wahrscheinlich eine Copie
dieses Originals von Lysipp.
Eine trunkene Flötenspielerin: Plin. 34, 63.
Hunde und eine Jagd (von der des Alexander geson-
dert angeführt): ib. Zu einer ähnlichen Composition mochte
ursprünglich der gefallene Löwe gehört haben, den Agrippa
aus Lampsakos weggeführt und in dem Haine μεταξὺ τῆς λίμνης
καὶ τοῦ Εὐρίπου (wo?) aufgestellt hatte: Strabo XIII, p. 590.
Viergespanne (quadrigae multorum generum): Plin. 34, 64.
Ein ungezäumtes Pferd von besonders lebendigem
Ausdrucke, wie es die Ohren spitzt und einen Vorderfuss hebt,
beschreibt ein Epigramm des Philippus (Anall. II, p. 225, n. 50).
Auf dasselbe bezieht sich wahrscheinlich auch ein anderes Epi-
gramm des Michael Psellus (Anall. III, p. 127), dem zufolge
es später im Hippodrom zu Constantinopel aufgestellt war, wo
es 1202 bei der Eroberung durch die Lateiner zu Grunde ging:
Nicet. Chon. p. 861 ed. Bonn.
Von einer Statue mit dem Namen des Lysipp (wohl einer
Copie), welche in Siena gefunden, viel bewundert, aber bald
aus Aberglauben vernichtet wurde, findet sich eine kurze Nach-
richt bei Ghiberti: Bull. dell’ Inst. 1837, p. 69. Ueber den Ge-
genstand der Darstellung sagt er nichts, als dass sie auf dem
Fusse, auf welchem sie ruhete, einen Delphin (?uno alfino) hatte.
Was an der verwirrten Nachricht des Cedrenus (ann.
p. 322) wahr sein mag, dass im Palast des Lausos zu Con-
stantinopel sich die samische Hera von Lysipp und dem Chier
Bupalos befunden habe, sind wir ausser Stande zu beurtheilen.
Falsch ist die Inschrift einer weiblichen Gewandfigur:
MYRRI. LINI. LYSIPPI: Boissard ant. IV, 122. Winckelm.
VI, 1, 100 und die Noten.
Unter den Werken des Lysipp muss, selbst wenn wir
uns die sämmtlichen Leistungen der griechischen Kunst bis
auf seine Zeit ins Gedächtniss zurückrufen, eines als durchaus
neu und fremdartig erscheinen: der Kairos. Er ist das erste
durchaus unzweideutige Beispiel einer reinen Allegorie. Zwar
stellte schon Polygnot in seiner Nekyia einen Begriff, das
Zaudern, durch den Oknos bildlich dar: aber er malt einen
Mann, welcher ein Strohseil dreht, und dazu einen Esel, wel-
cher dasselbe in demselben Maasse, wie es gedreht wird, wie-
der aufzehrt, also eine Handlung. Diesen Oknos dürfen wir
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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853, S. 366. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen01_1853/379>, abgerufen am 25.11.2024.
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