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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853.

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dieser Vielseitigkeit mit Cicero als einer analogen Erscheinung
auf dem Gebiete der Literatur.

Statuarische Werke des Euphranor lernen wir fast aus-
schliesslich aus der folgenden Stelle des Plinius kennen 34, 77:
"Von Euphranor ist zu nennen Alexander Paris, an welchem
man lobt, dass sich in ihm alles zugleich erkennen lasse, der
Schiedsrichter der Göttinnen, der Liebhaber der Helena, und
doch auch wieder der Mörder des Achill. Von ihm ist ferner
eine Minerva in Rom, welche den Beinamen Catulina hat,
weil sie von Q. Lutatius Catulus unterhalb des Capitols ge-
weiht ist; sodann das Bild des Bonus eventus, welches in
der Rechten eine Schaale, in der Linken eine Aehre und Mohn
hält; ebenso Latona nach der Geburt, mit ihren Kindern
Apollo und Diana auf dem Arme, im Tempel der Concordia.
Er machte auch Vier- und Zweigespanne und eine Tem-
pelschliesserin
(cliduchon) von vorzüglicher Gestalt, eine
Virtus und Graecia 1), beide kolossal; eine bewundernde
und anbetende Frau; ferner Alexander und Philipp auf
Viergespannen." Ausser diesen Werken erwähnt Pausanias
I, 3, 3, eine Statue des Apollo Patroos im Kerameikos zu
Athen, und Dio Chrysostomus (or. 37, p. 466 C) einen He-
phaestos,
welcher sich durch den gelungenen Ausdruck des
Hinkens auszeichnete, wie ein ähnliches Verdienst an einem
Bilde dieses Gottes von Alkamenes schon früher erwähnt
wurde 2).

Euphranor war in der Malerei aus der Schule des Aristi-
des hervorgegangen, eines Künstlers, der in der Darstellung
von Stimmungen des Gemüthes und Gefühles von den zarte-
sten Regungen bis zu hohem pathetischen Affect Meister war.
Da aber die ganze Richtung dieses Künstlers besonders auf
einer vom feinsten Sinne geleiteten Beobachtung der Natur

1) "Virtutem et Graeciam", von Welcker (Schulzeit. 1831, N. 84) gegen
die Vulgate Virtutem egregiam vertheidigt, wird durch die Bamberger Hand-
schrift bestätigt.
2) Auch den Dionysos musste er gebildet haben, sofern
eine auf dem Aventin gefundene, aber jetzt verlorene Statue dieses Gottes auf
ein Original des berühmteu Euphranor wegen ihrer Inschrift bezogen werden
darf:
Fecerat Eufranor Bacchum quem Gallus honorat,
fastorum consul, carmine, ture, prece.

Dieser Gallus wird für den Consul des Jahres 298 n. Ch. G. gehalten: D'Orville
Sicula, p. 595, n. 87. Raoul-Rochette Lettre a Mr. Schorn, p. 309.

dieser Vielseitigkeit mit Cicero als einer analogen Erscheinung
auf dem Gebiete der Literatur.

Statuarische Werke des Euphranor lernen wir fast aus-
schliesslich aus der folgenden Stelle des Plinius kennen 34, 77:
„Von Euphranor ist zu nennen Alexander Paris, an welchem
man lobt, dass sich in ihm alles zugleich erkennen lasse, der
Schiedsrichter der Göttinnen, der Liebhaber der Helena, und
doch auch wieder der Mörder des Achill. Von ihm ist ferner
eine Minerva in Rom, welche den Beinamen Catulina hat,
weil sie von Q. Lutatius Catulus unterhalb des Capitols ge-
weiht ist; sodann das Bild des Bonus eventus, welches in
der Rechten eine Schaale, in der Linken eine Aehre und Mohn
hält; ebenso Latona nach der Geburt, mit ihren Kindern
Apollo und Diana auf dem Arme, im Tempel der Concordia.
Er machte auch Vier- und Zweigespanne und eine Tem-
pelschliesserin
(cliduchon) von vorzüglicher Gestalt, eine
Virtus und Graecia 1), beide kolossal; eine bewundernde
und anbetende Frau; ferner Alexander und Philipp auf
Viergespannen.” Ausser diesen Werken erwähnt Pausanias
I, 3, 3, eine Statue des Apollo Patroos im Kerameikos zu
Athen, und Dio Chrysostomus (or. 37, p. 466 C) einen He-
phaestos,
welcher sich durch den gelungenen Ausdruck des
Hinkens auszeichnete, wie ein ähnliches Verdienst an einem
Bilde dieses Gottes von Alkamenes schon früher erwähnt
wurde 2).

Euphranor war in der Malerei aus der Schule des Aristi-
des hervorgegangen, eines Künstlers, der in der Darstellung
von Stimmungen des Gemüthes und Gefühles von den zarte-
sten Regungen bis zu hohem pathetischen Affect Meister war.
Da aber die ganze Richtung dieses Künstlers besonders auf
einer vom feinsten Sinne geleiteten Beobachtung der Natur

1) „Virtutem et Graeciam”, von Welcker (Schulzeit. 1831, N. 84) gegen
die Vulgate Virtutem egregiam vertheidigt, wird durch die Bamberger Hand-
schrift bestätigt.
2) Auch den Dionysos musste er gebildet haben, sofern
eine auf dem Aventin gefundene, aber jetzt verlorene Statue dieses Gottes auf
ein Original des berühmteu Euphranor wegen ihrer Inschrift bezogen werden
darf:
Fecerat Eufranor Bacchum quem Gallus honorat,
fastorum consul, carmine, ture, prece.

Dieser Gallus wird für den Consul des Jahres 298 n. Ch. G. gehalten: D’Orville
Sicula, p. 595, n. 87. Raoul-Rochette Lettre à Mr. Schorn, p. 309.
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[315/0328] dieser Vielseitigkeit mit Cicero als einer analogen Erscheinung auf dem Gebiete der Literatur. Statuarische Werke des Euphranor lernen wir fast aus- schliesslich aus der folgenden Stelle des Plinius kennen 34, 77: „Von Euphranor ist zu nennen Alexander Paris, an welchem man lobt, dass sich in ihm alles zugleich erkennen lasse, der Schiedsrichter der Göttinnen, der Liebhaber der Helena, und doch auch wieder der Mörder des Achill. Von ihm ist ferner eine Minerva in Rom, welche den Beinamen Catulina hat, weil sie von Q. Lutatius Catulus unterhalb des Capitols ge- weiht ist; sodann das Bild des Bonus eventus, welches in der Rechten eine Schaale, in der Linken eine Aehre und Mohn hält; ebenso Latona nach der Geburt, mit ihren Kindern Apollo und Diana auf dem Arme, im Tempel der Concordia. Er machte auch Vier- und Zweigespanne und eine Tem- pelschliesserin (cliduchon) von vorzüglicher Gestalt, eine Virtus und Graecia 1), beide kolossal; eine bewundernde und anbetende Frau; ferner Alexander und Philipp auf Viergespannen.” Ausser diesen Werken erwähnt Pausanias I, 3, 3, eine Statue des Apollo Patroos im Kerameikos zu Athen, und Dio Chrysostomus (or. 37, p. 466 C) einen He- phaestos, welcher sich durch den gelungenen Ausdruck des Hinkens auszeichnete, wie ein ähnliches Verdienst an einem Bilde dieses Gottes von Alkamenes schon früher erwähnt wurde 2). Euphranor war in der Malerei aus der Schule des Aristi- des hervorgegangen, eines Künstlers, der in der Darstellung von Stimmungen des Gemüthes und Gefühles von den zarte- sten Regungen bis zu hohem pathetischen Affect Meister war. Da aber die ganze Richtung dieses Künstlers besonders auf einer vom feinsten Sinne geleiteten Beobachtung der Natur 1) „Virtutem et Graeciam”, von Welcker (Schulzeit. 1831, N. 84) gegen die Vulgate Virtutem egregiam vertheidigt, wird durch die Bamberger Hand- schrift bestätigt. 2) Auch den Dionysos musste er gebildet haben, sofern eine auf dem Aventin gefundene, aber jetzt verlorene Statue dieses Gottes auf ein Original des berühmteu Euphranor wegen ihrer Inschrift bezogen werden darf: Fecerat Eufranor Bacchum quem Gallus honorat, fastorum consul, carmine, ture, prece. Dieser Gallus wird für den Consul des Jahres 298 n. Ch. G. gehalten: D’Orville Sicula, p. 595, n. 87. Raoul-Rochette Lettre à Mr. Schorn, p. 309.

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen01_1853/328>, abgerufen am 25.11.2024.