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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853.

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ten. Freilich ist auch in diesem Kriege von einer Schlacht
bei dem argivischen Orte Oenoe nichts überliefert; und was
ich früher 1) darüber vermuthete, muss ich nach genauerer
Würdigung der Nachrichten Xenophons 2) selbst in Zweifel
ziehen 3). Doch ist wenigstens so viel sicher, dass in diesem
Kriege das Glück nicht immer auf Seiten der Lakedaemonier
war. Ausserdem ist es in diesem Falle erklärlich, nicht nur,
weshalb die Argiver thebanischen Künstlern das Werk auf-
trugen, sondern auch weshalb ein Gegenstand gewählt wurde,
welcher dem thebanischen und argivischen Sagenkreise ge-
meinsam war: der Zug der Sieben, durch welchen die Argiver
nach ihrer Auffassung den rechtmässigen Herrn von Theben in
sein Recht einzusetzen beabsichtigten.

Ob Aristogeiton, der bei Pausanias und in der delphischen
Inschrift an zweiter Stelle genannt wird, Genosse oder Schü-
ler des Hypatodoros war, lässt sich nicht ausmachen. Der
letztere scheint indessen der berühmtere gewesen zu sein.
Plinius nennt ihn allein; und ihm ward auch sonst noch ein
berühmtes Werk beigelegt: das eherne Bild der Athene zu
Aliphera in Arkadien "sehenswerth wegen der Grösse und
wegen der Kunst", wie Pausanias sagt: VIII, 26, 4. Auch
Polybius 4) preist es wegen seiner Schönheit und Grösse und
nennt es eines der grossartigsten und kunstvollsten Werke.
Bei ihm wird der Künstler, wohl nur durch ein Versehen in
den Handschriften, Hekatodoros genannt, der es in Gemein-
schaft mit Sostratos gemacht habe. Unter den verschiedenen
Künstlern dieses Namens werden wir zunächst an den Chier
denken, welcher als einer der späteren Nachfolger des Aristo-
kles von Sikyon angeführt wurde und zwischen Ol. 90 und 100
lebte. Denn später als diese Zeit wird auch das Bild der
Athene nicht gemacht sein, da Ol. 102, 2 ein grosser Theil
der Bewohner von Aliphera nach Megalopolis übersiedelte, und
der Ort dadurch zur Unbedeutendheit herabsank. Doch müs-
sen wir auch zugeben, dass Sostratos ein uns unbekannter
thebanischer Künstler sein kann; und es ist z. B. in der the-
banischen Künstlerinschrift von einem Nikon als Sohne eines
Sostrotos die Rede, welcher letztere ebenfalls Künstler sein

1) Art. lib. Gr. temp. p. 26.
2) IV, 5.
3) vgl. Bull. dell' Inst. 1851,
p. 134.
4) IV, 78.

ten. Freilich ist auch in diesem Kriege von einer Schlacht
bei dem argivischen Orte Oenoë nichts überliefert; und was
ich früher 1) darüber vermuthete, muss ich nach genauerer
Würdigung der Nachrichten Xenophons 2) selbst in Zweifel
ziehen 3). Doch ist wenigstens so viel sicher, dass in diesem
Kriege das Glück nicht immer auf Seiten der Lakedaemonier
war. Ausserdem ist es in diesem Falle erklärlich, nicht nur,
weshalb die Argiver thebanischen Künstlern das Werk auf-
trugen, sondern auch weshalb ein Gegenstand gewählt wurde,
welcher dem thebanischen und argivischen Sagenkreise ge-
meinsam war: der Zug der Sieben, durch welchen die Argiver
nach ihrer Auffassung den rechtmässigen Herrn von Theben in
sein Recht einzusetzen beabsichtigten.

Ob Aristogeiton, der bei Pausanias und in der delphischen
Inschrift an zweiter Stelle genannt wird, Genosse oder Schü-
ler des Hypatodoros war, lässt sich nicht ausmachen. Der
letztere scheint indessen der berühmtere gewesen zu sein.
Plinius nennt ihn allein; und ihm ward auch sonst noch ein
berühmtes Werk beigelegt: das eherne Bild der Athene zu
Aliphera in Arkadien „sehenswerth wegen der Grösse und
wegen der Kunst”, wie Pausanias sagt: VIII, 26, 4. Auch
Polybius 4) preist es wegen seiner Schönheit und Grösse und
nennt es eines der grossartigsten und kunstvollsten Werke.
Bei ihm wird der Künstler, wohl nur durch ein Versehen in
den Handschriften, Hekatodoros genannt, der es in Gemein-
schaft mit Sostratos gemacht habe. Unter den verschiedenen
Künstlern dieses Namens werden wir zunächst an den Chier
denken, welcher als einer der späteren Nachfolger des Aristo-
kles von Sikyon angeführt wurde und zwischen Ol. 90 und 100
lebte. Denn später als diese Zeit wird auch das Bild der
Athene nicht gemacht sein, da Ol. 102, 2 ein grosser Theil
der Bewohner von Aliphera nach Megalopolis übersiedelte, und
der Ort dadurch zur Unbedeutendheit herabsank. Doch müs-
sen wir auch zugeben, dass Sostratos ein uns unbekannter
thebanischer Künstler sein kann; und es ist z. B. in der the-
banischen Künstlerinschrift von einem Nikon als Sohne eines
Sostrotos die Rede, welcher letztere ebenfalls Künstler sein

1) Art. lib. Gr. temp. p. 26.
2) IV, 5.
3) vgl. Bull. dell’ Inst. 1851,
p. 134.
4) IV, 78.
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[295/0308] ten. Freilich ist auch in diesem Kriege von einer Schlacht bei dem argivischen Orte Oenoë nichts überliefert; und was ich früher 1) darüber vermuthete, muss ich nach genauerer Würdigung der Nachrichten Xenophons 2) selbst in Zweifel ziehen 3). Doch ist wenigstens so viel sicher, dass in diesem Kriege das Glück nicht immer auf Seiten der Lakedaemonier war. Ausserdem ist es in diesem Falle erklärlich, nicht nur, weshalb die Argiver thebanischen Künstlern das Werk auf- trugen, sondern auch weshalb ein Gegenstand gewählt wurde, welcher dem thebanischen und argivischen Sagenkreise ge- meinsam war: der Zug der Sieben, durch welchen die Argiver nach ihrer Auffassung den rechtmässigen Herrn von Theben in sein Recht einzusetzen beabsichtigten. Ob Aristogeiton, der bei Pausanias und in der delphischen Inschrift an zweiter Stelle genannt wird, Genosse oder Schü- ler des Hypatodoros war, lässt sich nicht ausmachen. Der letztere scheint indessen der berühmtere gewesen zu sein. Plinius nennt ihn allein; und ihm ward auch sonst noch ein berühmtes Werk beigelegt: das eherne Bild der Athene zu Aliphera in Arkadien „sehenswerth wegen der Grösse und wegen der Kunst”, wie Pausanias sagt: VIII, 26, 4. Auch Polybius 4) preist es wegen seiner Schönheit und Grösse und nennt es eines der grossartigsten und kunstvollsten Werke. Bei ihm wird der Künstler, wohl nur durch ein Versehen in den Handschriften, Hekatodoros genannt, der es in Gemein- schaft mit Sostratos gemacht habe. Unter den verschiedenen Künstlern dieses Namens werden wir zunächst an den Chier denken, welcher als einer der späteren Nachfolger des Aristo- kles von Sikyon angeführt wurde und zwischen Ol. 90 und 100 lebte. Denn später als diese Zeit wird auch das Bild der Athene nicht gemacht sein, da Ol. 102, 2 ein grosser Theil der Bewohner von Aliphera nach Megalopolis übersiedelte, und der Ort dadurch zur Unbedeutendheit herabsank. Doch müs- sen wir auch zugeben, dass Sostratos ein uns unbekannter thebanischer Künstler sein kann; und es ist z. B. in der the- banischen Künstlerinschrift von einem Nikon als Sohne eines Sostrotos die Rede, welcher letztere ebenfalls Künstler sein 1) Art. lib. Gr. temp. p. 26. 2) IV, 5. 3) vgl. Bull. dell’ Inst. 1851, p. 134. 4) IV, 78.

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Zitationshilfe: Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853, S. 295. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen01_1853/308>, abgerufen am 22.11.2024.