Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853.

Bild:
<< vorherige Seite

erlitten 1). Allein wenn sich auch in der Weihinschrift eine
Hindeutung auf jene alte Begebenheit finden mochte, so ist es
doch nicht glaublich, dass die Statuen Jahrhunderte nach der-
selben errichtet seien, ohne dass eine bestimmte Veranlassung
dazu, eine Wiederholung einer ähnlichen Thatsache, vorhanden
gewesen wäre. Um aber den Zeitpunkt zu finden, wann dies
geschehen sein möge, hat Müller 2) auf die Statue des Triphy-
los hingewiesen, durch welche es wahrscheinlich werde, dass
das Weihgeschenk aufgestellt sei, als sich die Triphylier zu
Arkadien rechneten, nemlich nach Ol. 103. Allein wir ersehen
aus Diodor XV, 77 wohl, dass damals Triphylien zu Arkadien
gehörte, aber nicht, dass dies erst seit dieser Zeit der Fall
war, wo nur von Seiten der Eleer der Versuch gemacht ward,
es wieder loszureissen 3). Dagegen war es eine Hauptforde-
rung der Lakedaemonier in den Kriegen mit den Eleern gegen
das Ende der 94sten Olympiade, dass den triphylischen Städten
ihre Freiheit wiedergegeben werde; und diese Forderung wurde
auch schliesslich bewilligt 4). Der von Müller angenommenen
Zeit werden wir indessen durch andere Gründe wieder näher
geführt. Ol. 102, 4 nemlich befanden sich, wie wir aus Dio-
dor 5) wissen, die Arkader im Kriege mit den Lakedaemoniern,
und brachten ihnen unter Führung des Lykomedes, welcher
Mantineer oder Tegeat 6) genannt wird, bedeutende Verluste
bei. Sodann verwüsteten sie mit den Thebanern gemeinsam
Lakonien und überfielen nach deren Abzug Pellene in Lako-
nien 7). Diese günstigen Erfolge boten gewiss hinreichende
Veranlassung zur Aufstellung eines Weihgeschenkes in Delphi.
Freilich nahmen an diesen Kämpfen ausser den Tegeaten auch
die übrigen Arkader Theil: aber die Wahl der dargestellten
Heroen zeigt deutlich, dass das Weihgeschenk ebensowohl ein
arkadisches im Allgemeinen, als ein tegeatisches war; und die
Tegeaten waren vielleicht nur deshalb vorzugsweise genannt,
weil sie den Oberbefehl führten. -- Sind diese Vermuthungen
begründet, so müsste Antiphanes noch gegen Ol. 103 am Le-
ben gewesen sein; und diese Bestimmung bietet keine Schwie-
rigkeiten, sofern wir annehmen, dass das Ross der Argiver

1) Herod. I, 66; Paus. III, 7, 3; VIII, 5, 6; 48, 3.
2) Kl. Schr. II,
S. 372.
3) vgl. Xen. hist. gr. VI, 5, 2.
4) Xen. hist. gr. III, 2, 23 u.
30; Diod. XIII, 17 u. 34; Paus. III, 8, 2.
5) XV, 62; vgl. 59.
6) c. 59
u. 62.
7) c. 67.

erlitten 1). Allein wenn sich auch in der Weihinschrift eine
Hindeutung auf jene alte Begebenheit finden mochte, so ist es
doch nicht glaublich, dass die Statuen Jahrhunderte nach der-
selben errichtet seien, ohne dass eine bestimmte Veranlassung
dazu, eine Wiederholung einer ähnlichen Thatsache, vorhanden
gewesen wäre. Um aber den Zeitpunkt zu finden, wann dies
geschehen sein möge, hat Müller 2) auf die Statue des Triphy-
los hingewiesen, durch welche es wahrscheinlich werde, dass
das Weihgeschenk aufgestellt sei, als sich die Triphylier zu
Arkadien rechneten, nemlich nach Ol. 103. Allein wir ersehen
aus Diodor XV, 77 wohl, dass damals Triphylien zu Arkadien
gehörte, aber nicht, dass dies erst seit dieser Zeit der Fall
war, wo nur von Seiten der Eleer der Versuch gemacht ward,
es wieder loszureissen 3). Dagegen war es eine Hauptforde-
rung der Lakedaemonier in den Kriegen mit den Eleern gegen
das Ende der 94sten Olympiade, dass den triphylischen Städten
ihre Freiheit wiedergegeben werde; und diese Forderung wurde
auch schliesslich bewilligt 4). Der von Müller angenommenen
Zeit werden wir indessen durch andere Gründe wieder näher
geführt. Ol. 102, 4 nemlich befanden sich, wie wir aus Dio-
dor 5) wissen, die Arkader im Kriege mit den Lakedaemoniern,
und brachten ihnen unter Führung des Lykomedes, welcher
Mantineer oder Tegeat 6) genannt wird, bedeutende Verluste
bei. Sodann verwüsteten sie mit den Thebanern gemeinsam
Lakonien und überfielen nach deren Abzug Pellene in Lako-
nien 7). Diese günstigen Erfolge boten gewiss hinreichende
Veranlassung zur Aufstellung eines Weihgeschenkes in Delphi.
Freilich nahmen an diesen Kämpfen ausser den Tegeaten auch
die übrigen Arkader Theil: aber die Wahl der dargestellten
Heroen zeigt deutlich, dass das Weihgeschenk ebensowohl ein
arkadisches im Allgemeinen, als ein tegeatisches war; und die
Tegeaten waren vielleicht nur deshalb vorzugsweise genannt,
weil sie den Oberbefehl führten. — Sind diese Vermuthungen
begründet, so müsste Antiphanes noch gegen Ol. 103 am Le-
ben gewesen sein; und diese Bestimmung bietet keine Schwie-
rigkeiten, sofern wir annehmen, dass das Ross der Argiver

1) Herod. I, 66; Paus. III, 7, 3; VIII, 5, 6; 48, 3.
2) Kl. Schr. II,
S. 372.
3) vgl. Xen. hist. gr. VI, 5, 2.
4) Xen. hist. gr. III, 2, 23 u.
30; Diod. XIII, 17 u. 34; Paus. III, 8, 2.
5) XV, 62; vgl. 59.
6) c. 59
u. 62.
7) c. 67.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0297" n="284"/>
erlitten <note place="foot" n="1)">Herod. I, 66; Paus. III, 7, 3; VIII, 5, 6; 48, 3.</note>. Allein wenn sich auch in der Weihinschrift eine<lb/>
Hindeutung auf jene alte Begebenheit finden mochte, so ist es<lb/>
doch nicht glaublich, dass die Statuen Jahrhunderte nach der-<lb/>
selben errichtet seien, ohne dass eine bestimmte Veranlassung<lb/>
dazu, eine Wiederholung einer ähnlichen Thatsache, vorhanden<lb/>
gewesen wäre. Um aber den Zeitpunkt zu finden, wann dies<lb/>
geschehen sein möge, hat Müller <note place="foot" n="2)">Kl. Schr. II,<lb/>
S. 372.</note> auf die Statue des Triphy-<lb/>
los hingewiesen, durch welche es wahrscheinlich werde, dass<lb/>
das Weihgeschenk aufgestellt sei, als sich die Triphylier zu<lb/>
Arkadien rechneten, nemlich nach Ol. 103. Allein wir ersehen<lb/>
aus Diodor XV, 77 wohl, dass damals Triphylien zu Arkadien<lb/>
gehörte, aber nicht, dass dies erst seit dieser Zeit der Fall<lb/>
war, wo nur von Seiten der Eleer der Versuch gemacht ward,<lb/>
es wieder loszureissen <note place="foot" n="3)">vgl. Xen. hist. gr. VI, 5, 2.</note>. Dagegen war es eine Hauptforde-<lb/>
rung der Lakedaemonier in den Kriegen mit den Eleern gegen<lb/>
das Ende der 94sten Olympiade, dass den triphylischen Städten<lb/>
ihre Freiheit wiedergegeben werde; und diese Forderung wurde<lb/>
auch schliesslich bewilligt <note place="foot" n="4)">Xen. hist. gr. III, 2, 23 u.<lb/>
30; Diod. XIII, 17 u. 34; Paus. III, 8, 2.</note>. Der von Müller angenommenen<lb/>
Zeit werden wir indessen durch andere Gründe wieder näher<lb/>
geführt. Ol. 102, 4 nemlich befanden sich, wie wir aus Dio-<lb/>
dor <note place="foot" n="5)">XV, 62; vgl. 59.</note> wissen, die Arkader im Kriege mit den Lakedaemoniern,<lb/>
und brachten ihnen unter Führung des Lykomedes, welcher<lb/>
Mantineer oder Tegeat <note place="foot" n="6)">c. 59<lb/>
u. 62.</note> genannt wird, bedeutende Verluste<lb/>
bei. Sodann verwüsteten sie mit den Thebanern gemeinsam<lb/>
Lakonien und überfielen nach deren Abzug Pellene in Lako-<lb/>
nien <note place="foot" n="7)">c. 67.</note>. Diese günstigen Erfolge boten gewiss hinreichende<lb/>
Veranlassung zur Aufstellung eines Weihgeschenkes in Delphi.<lb/>
Freilich nahmen an diesen Kämpfen ausser den Tegeaten auch<lb/>
die übrigen Arkader Theil: aber die Wahl der dargestellten<lb/>
Heroen zeigt deutlich, dass das Weihgeschenk ebensowohl ein<lb/>
arkadisches im Allgemeinen, als ein tegeatisches war; und die<lb/>
Tegeaten waren vielleicht nur deshalb vorzugsweise genannt,<lb/>
weil sie den Oberbefehl führten. &#x2014; Sind diese Vermuthungen<lb/>
begründet, so müsste Antiphanes noch gegen Ol. 103 am Le-<lb/>
ben gewesen sein; und diese Bestimmung bietet keine Schwie-<lb/>
rigkeiten, sofern wir annehmen, dass das Ross der Argiver<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[284/0297] erlitten 1). Allein wenn sich auch in der Weihinschrift eine Hindeutung auf jene alte Begebenheit finden mochte, so ist es doch nicht glaublich, dass die Statuen Jahrhunderte nach der- selben errichtet seien, ohne dass eine bestimmte Veranlassung dazu, eine Wiederholung einer ähnlichen Thatsache, vorhanden gewesen wäre. Um aber den Zeitpunkt zu finden, wann dies geschehen sein möge, hat Müller 2) auf die Statue des Triphy- los hingewiesen, durch welche es wahrscheinlich werde, dass das Weihgeschenk aufgestellt sei, als sich die Triphylier zu Arkadien rechneten, nemlich nach Ol. 103. Allein wir ersehen aus Diodor XV, 77 wohl, dass damals Triphylien zu Arkadien gehörte, aber nicht, dass dies erst seit dieser Zeit der Fall war, wo nur von Seiten der Eleer der Versuch gemacht ward, es wieder loszureissen 3). Dagegen war es eine Hauptforde- rung der Lakedaemonier in den Kriegen mit den Eleern gegen das Ende der 94sten Olympiade, dass den triphylischen Städten ihre Freiheit wiedergegeben werde; und diese Forderung wurde auch schliesslich bewilligt 4). Der von Müller angenommenen Zeit werden wir indessen durch andere Gründe wieder näher geführt. Ol. 102, 4 nemlich befanden sich, wie wir aus Dio- dor 5) wissen, die Arkader im Kriege mit den Lakedaemoniern, und brachten ihnen unter Führung des Lykomedes, welcher Mantineer oder Tegeat 6) genannt wird, bedeutende Verluste bei. Sodann verwüsteten sie mit den Thebanern gemeinsam Lakonien und überfielen nach deren Abzug Pellene in Lako- nien 7). Diese günstigen Erfolge boten gewiss hinreichende Veranlassung zur Aufstellung eines Weihgeschenkes in Delphi. Freilich nahmen an diesen Kämpfen ausser den Tegeaten auch die übrigen Arkader Theil: aber die Wahl der dargestellten Heroen zeigt deutlich, dass das Weihgeschenk ebensowohl ein arkadisches im Allgemeinen, als ein tegeatisches war; und die Tegeaten waren vielleicht nur deshalb vorzugsweise genannt, weil sie den Oberbefehl führten. — Sind diese Vermuthungen begründet, so müsste Antiphanes noch gegen Ol. 103 am Le- ben gewesen sein; und diese Bestimmung bietet keine Schwie- rigkeiten, sofern wir annehmen, dass das Ross der Argiver 1) Herod. I, 66; Paus. III, 7, 3; VIII, 5, 6; 48, 3. 2) Kl. Schr. II, S. 372. 3) vgl. Xen. hist. gr. VI, 5, 2. 4) Xen. hist. gr. III, 2, 23 u. 30; Diod. XIII, 17 u. 34; Paus. III, 8, 2. 5) XV, 62; vgl. 59. 6) c. 59 u. 62. 7) c. 67.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen01_1853
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen01_1853/297
Zitationshilfe: Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen01_1853/297>, abgerufen am 23.11.2024.