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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853.

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schrift gefunden ward, gleich neben der Statue des Diitrephes,
erwähnt aber Pausanias 1) zwei Statuen: der Hygiea und der
Athene mit dem Beinamen Hygiea. Da wir ferner nur von
diesem einen Bilde der Athene Hygiea auf der Akropolis Kunde
haben, so müssen wir auf dasselbe die folgende, bei Plutarch 2)
und Plinius 3) ziemlich gleichlautende Erzählung beziehen: Bei
dem Bau der Propylaeen stürzte einer der thätigsten und tüch-
tigsten Arbeiter, nach Plinius ein Lieblingssklave des Perikles,
als er über den Giebel klettern wollte, von der Höhe herab und
beschädigte sich dermassen, dass die Aerzte an seinem Aufkom-
men verzweifelten. Da soll dem Perikles in seiner Bekümmerniss
die Göttin im Traume erschienen sein und ihm als Heilmittel ein
an der Akropolis wachsendes und deshalb Parthenion genanntes
Kraut 4) angegeben haben, welches wirklich dem Arbeiter schnell
und leicht zur Genesung verhalf. Zum Danke dafür stellte Peri-
kles der Athene Hygiea ein ehernes Bild bei dem Altar auf, wel-
chen sie, wie man sagte, schon früher auf der Akropolis hatte.
-- Auf dieses Bild wird also die wiedergefundene Inschrift zu
beziehen sein. Dass in derselben nicht Perikles, sondern die
Athener als Weihende genannt werden, darf darum keinen
Anstoss erregen, weil Perikles auch die grösseren Werke der
Akropolis nicht in seinem, sondern im Namen der Stadt wei-
hete. Wenigstens liegt darin kein Grund zu der Annahme,
dass die Statue erst nach dem Tode des Perikles aufgestellt
sein müsse. Dass endlich die Basis nur Raum für eine Statue
gewährt, giebt uns nicht das Recht, bei Plinius Hygiam Mi-
nervam für Hygiam et Minervam zu schreiben. Pausanias
spricht von Statuen beider; und Ross schliesst gerade aus der
eigenthümlichen Umgebung der Basis, dass in ihrer Nähe eine
andere gestanden habe, welche meiner Meinung nach eben so
wohl für das Bild der Hygiea, als für den Splanchnoptes des
Styppax bestimmt sein konnte, von dem wir hier des Zusam-
menhanges wegen sogleich ausführlicher handeln wollen.

Styppax.

So, und nicht Stipax, ist der Name nach der Bamberger
Handschrift des Plinius zu schreiben, wie Bergk 5) nachge-
wiesen hat. Das Vaterland des Künstlers war die Insel Ky-

1) I, 23, 5.
2) Per. 13.
3) 22, 40.
4) Plut. Syll. 13.
5) Ztschr.
f. Altw. 1847, S. 177.

schrift gefunden ward, gleich neben der Statue des Diitrephes,
erwähnt aber Pausanias 1) zwei Statuen: der Hygiea und der
Athene mit dem Beinamen Hygiea. Da wir ferner nur von
diesem einen Bilde der Athene Hygiea auf der Akropolis Kunde
haben, so müssen wir auf dasselbe die folgende, bei Plutarch 2)
und Plinius 3) ziemlich gleichlautende Erzählung beziehen: Bei
dem Bau der Propylaeen stürzte einer der thätigsten und tüch-
tigsten Arbeiter, nach Plinius ein Lieblingssklave des Perikles,
als er über den Giebel klettern wollte, von der Höhe herab und
beschädigte sich dermassen, dass die Aerzte an seinem Aufkom-
men verzweifelten. Da soll dem Perikles in seiner Bekümmerniss
die Göttin im Traume erschienen sein und ihm als Heilmittel ein
an der Akropolis wachsendes und deshalb Parthenion genanntes
Kraut 4) angegeben haben, welches wirklich dem Arbeiter schnell
und leicht zur Genesung verhalf. Zum Danke dafür stellte Peri-
kles der Athene Hygiea ein ehernes Bild bei dem Altar auf, wel-
chen sie, wie man sagte, schon früher auf der Akropolis hatte.
— Auf dieses Bild wird also die wiedergefundene Inschrift zu
beziehen sein. Dass in derselben nicht Perikles, sondern die
Athener als Weihende genannt werden, darf darum keinen
Anstoss erregen, weil Perikles auch die grösseren Werke der
Akropolis nicht in seinem, sondern im Namen der Stadt wei-
hete. Wenigstens liegt darin kein Grund zu der Annahme,
dass die Statue erst nach dem Tode des Perikles aufgestellt
sein müsse. Dass endlich die Basis nur Raum für eine Statue
gewährt, giebt uns nicht das Recht, bei Plinius Hygiam Mi-
nervam für Hygiam et Minervam zu schreiben. Pausanias
spricht von Statuen beider; und Ross schliesst gerade aus der
eigenthümlichen Umgebung der Basis, dass in ihrer Nähe eine
andere gestanden habe, welche meiner Meinung nach eben so
wohl für das Bild der Hygiea, als für den Splanchnoptes des
Styppax bestimmt sein konnte, von dem wir hier des Zusam-
menhanges wegen sogleich ausführlicher handeln wollen.

Styppax.

So, und nicht Stipax, ist der Name nach der Bamberger
Handschrift des Plinius zu schreiben, wie Bergk 5) nachge-
wiesen hat. Das Vaterland des Künstlers war die Insel Ky-

1) I, 23, 5.
2) Per. 13.
3) 22, 40.
4) Plut. Syll. 13.
5) Ztschr.
f. Altw. 1847, S. 177.
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[265/0278] schrift gefunden ward, gleich neben der Statue des Diitrephes, erwähnt aber Pausanias 1) zwei Statuen: der Hygiea und der Athene mit dem Beinamen Hygiea. Da wir ferner nur von diesem einen Bilde der Athene Hygiea auf der Akropolis Kunde haben, so müssen wir auf dasselbe die folgende, bei Plutarch 2) und Plinius 3) ziemlich gleichlautende Erzählung beziehen: Bei dem Bau der Propylaeen stürzte einer der thätigsten und tüch- tigsten Arbeiter, nach Plinius ein Lieblingssklave des Perikles, als er über den Giebel klettern wollte, von der Höhe herab und beschädigte sich dermassen, dass die Aerzte an seinem Aufkom- men verzweifelten. Da soll dem Perikles in seiner Bekümmerniss die Göttin im Traume erschienen sein und ihm als Heilmittel ein an der Akropolis wachsendes und deshalb Parthenion genanntes Kraut 4) angegeben haben, welches wirklich dem Arbeiter schnell und leicht zur Genesung verhalf. Zum Danke dafür stellte Peri- kles der Athene Hygiea ein ehernes Bild bei dem Altar auf, wel- chen sie, wie man sagte, schon früher auf der Akropolis hatte. — Auf dieses Bild wird also die wiedergefundene Inschrift zu beziehen sein. Dass in derselben nicht Perikles, sondern die Athener als Weihende genannt werden, darf darum keinen Anstoss erregen, weil Perikles auch die grösseren Werke der Akropolis nicht in seinem, sondern im Namen der Stadt wei- hete. Wenigstens liegt darin kein Grund zu der Annahme, dass die Statue erst nach dem Tode des Perikles aufgestellt sein müsse. Dass endlich die Basis nur Raum für eine Statue gewährt, giebt uns nicht das Recht, bei Plinius Hygiam Mi- nervam für Hygiam et Minervam zu schreiben. Pausanias spricht von Statuen beider; und Ross schliesst gerade aus der eigenthümlichen Umgebung der Basis, dass in ihrer Nähe eine andere gestanden habe, welche meiner Meinung nach eben so wohl für das Bild der Hygiea, als für den Splanchnoptes des Styppax bestimmt sein konnte, von dem wir hier des Zusam- menhanges wegen sogleich ausführlicher handeln wollen. Styppax. So, und nicht Stipax, ist der Name nach der Bamberger Handschrift des Plinius zu schreiben, wie Bergk 5) nachge- wiesen hat. Das Vaterland des Künstlers war die Insel Ky- 1) I, 23, 5. 2) Per. 13. 3) 22, 40. 4) Plut. Syll. 13. 5) Ztschr. f. Altw. 1847, S. 177.

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Zitationshilfe: Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen01_1853/278>, abgerufen am 24.11.2024.