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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853.

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Der Künstler muss, als er dieses Werk begann, noch ziemlich
jung gewesen sein. Denn er war auch nach der Beendigung
des peloponnesischen Krieges noch am Leben, und lieferte zu
dem figurenreichen Weihgeschenke, welches die Lakedaemonier
wegen des Sieges von Aegospotamoi in Delphi aufstellten, eine
Statue des Hermon, des Steuermanns auf dem Schiffe des
Lysander. Die Wahl gerade dieser Person war darin begrün-
det, dass Megara, die Vaterstadt des Künstlers, dem Hermon
das Bürgerrecht verliehen hatte: Paus. X, 9, 4.

Neben dem Theokosmos erwähnen wir sogleich:

Kallikles,

seinen Sohn. Ausser Philosophenstatuen, von denen Pli-
nius (34, 87) spricht, und dem Bilde des Gnatho, welcher
im Faustkampfe der Knaben in unbekannter Olympiade gesiegt
hatte (Paus. VI, 7, 3), wird als sein Werk die Statue des
berühmten Rhodiers Diagoras angeführt (Paus. VI, 7, 1).
Da derselbe schon Ol. 79 im Faustkampfe siegte, Kallikles
aber erst nach Ol. 90 in der Kunst thätig sein konnte, so er-
giebt sich daraus, dass die Statue erst lange Zeit nach dem
Siege aufgestellt wurde. Nach dem Scholiasten des Pindar
(Olymp. 7 init.) war sie vier Ellen und fünf Finger hoch; und
Diagoras war dargestellt, wie er die rechte Hand emporstreckte,
die linke gegen sich anzog. Mit seinem Bilde vereinigt stan-
den in Olympia die seiner drei Söhne: Damagetos, Dorieus
und Akusilaos, und seines Enkels Peisirodos, welche sämmt-
lich in Olympia gesiegt hatten. Da indessen Pausanias nur
von dem des Diagoras als einem Werke des Kallikles spricht,
so wage ich nicht, auch die übrigen demselben Künstler bei-
zulegen.

Thrasymedes,

Sohn des Arignotos, aus Paros. Sein Werk war der Inschrift
zufolge das Bild des Asklepios zu Epidauros, aus Gold und
Elfenbein, und halb so gross, als das Bild des olympischen
Zeus zu Athen. Der Gott sass auf einem Throne, hielt in der
einen Hand den Stab und legte die andere auf den Kopf der
Schlange; neben ihm lagerte ein Hund. An dem Throne wa-
ren Thaten argivischer Heroen gebildet; der Kampf des Belle-
rophon gegen die Chimära, und Perseus, wie er der Medusa
den Kopf abschneidet: Paus. II, 27, 2. In Verbindung mit der
Schule des Phidias setze ich den Künstler deshalb, weil Athe-

Der Künstler muss, als er dieses Werk begann, noch ziemlich
jung gewesen sein. Denn er war auch nach der Beendigung
des peloponnesischen Krieges noch am Leben, und lieferte zu
dem figurenreichen Weihgeschenke, welches die Lakedaemonier
wegen des Sieges von Aegospotamoi in Delphi aufstellten, eine
Statue des Hermon, des Steuermanns auf dem Schiffe des
Lysander. Die Wahl gerade dieser Person war darin begrün-
det, dass Megara, die Vaterstadt des Künstlers, dem Hermon
das Bürgerrecht verliehen hatte: Paus. X, 9, 4.

Neben dem Theokosmos erwähnen wir sogleich:

Kallikles,

seinen Sohn. Ausser Philosophenstatuen, von denen Pli-
nius (34, 87) spricht, und dem Bilde des Gnatho, welcher
im Faustkampfe der Knaben in unbekannter Olympiade gesiegt
hatte (Paus. VI, 7, 3), wird als sein Werk die Statue des
berühmten Rhodiers Diagoras angeführt (Paus. VI, 7, 1).
Da derselbe schon Ol. 79 im Faustkampfe siegte, Kallikles
aber erst nach Ol. 90 in der Kunst thätig sein konnte, so er-
giebt sich daraus, dass die Statue erst lange Zeit nach dem
Siege aufgestellt wurde. Nach dem Scholiasten des Pindar
(Olymp. 7 init.) war sie vier Ellen und fünf Finger hoch; und
Diagoras war dargestellt, wie er die rechte Hand emporstreckte,
die linke gegen sich anzog. Mit seinem Bilde vereinigt stan-
den in Olympia die seiner drei Söhne: Damagetos, Dorieus
und Akusilaos, und seines Enkels Peisirodos, welche sämmt-
lich in Olympia gesiegt hatten. Da indessen Pausanias nur
von dem des Diagoras als einem Werke des Kallikles spricht,
so wage ich nicht, auch die übrigen demselben Künstler bei-
zulegen.

Thrasymedes,

Sohn des Arignotos, aus Paros. Sein Werk war der Inschrift
zufolge das Bild des Asklepios zu Epidauros, aus Gold und
Elfenbein, und halb so gross, als das Bild des olympischen
Zeus zu Athen. Der Gott sass auf einem Throne, hielt in der
einen Hand den Stab und legte die andere auf den Kopf der
Schlange; neben ihm lagerte ein Hund. An dem Throne wa-
ren Thaten argivischer Heroen gebildet; der Kampf des Belle-
rophon gegen die Chimära, und Perseus, wie er der Medusa
den Kopf abschneidet: Paus. II, 27, 2. In Verbindung mit der
Schule des Phidias setze ich den Künstler deshalb, weil Athe-

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[246/0259] Der Künstler muss, als er dieses Werk begann, noch ziemlich jung gewesen sein. Denn er war auch nach der Beendigung des peloponnesischen Krieges noch am Leben, und lieferte zu dem figurenreichen Weihgeschenke, welches die Lakedaemonier wegen des Sieges von Aegospotamoi in Delphi aufstellten, eine Statue des Hermon, des Steuermanns auf dem Schiffe des Lysander. Die Wahl gerade dieser Person war darin begrün- det, dass Megara, die Vaterstadt des Künstlers, dem Hermon das Bürgerrecht verliehen hatte: Paus. X, 9, 4. Neben dem Theokosmos erwähnen wir sogleich: Kallikles, seinen Sohn. Ausser Philosophenstatuen, von denen Pli- nius (34, 87) spricht, und dem Bilde des Gnatho, welcher im Faustkampfe der Knaben in unbekannter Olympiade gesiegt hatte (Paus. VI, 7, 3), wird als sein Werk die Statue des berühmten Rhodiers Diagoras angeführt (Paus. VI, 7, 1). Da derselbe schon Ol. 79 im Faustkampfe siegte, Kallikles aber erst nach Ol. 90 in der Kunst thätig sein konnte, so er- giebt sich daraus, dass die Statue erst lange Zeit nach dem Siege aufgestellt wurde. Nach dem Scholiasten des Pindar (Olymp. 7 init.) war sie vier Ellen und fünf Finger hoch; und Diagoras war dargestellt, wie er die rechte Hand emporstreckte, die linke gegen sich anzog. Mit seinem Bilde vereinigt stan- den in Olympia die seiner drei Söhne: Damagetos, Dorieus und Akusilaos, und seines Enkels Peisirodos, welche sämmt- lich in Olympia gesiegt hatten. Da indessen Pausanias nur von dem des Diagoras als einem Werke des Kallikles spricht, so wage ich nicht, auch die übrigen demselben Künstler bei- zulegen. Thrasymedes, Sohn des Arignotos, aus Paros. Sein Werk war der Inschrift zufolge das Bild des Asklepios zu Epidauros, aus Gold und Elfenbein, und halb so gross, als das Bild des olympischen Zeus zu Athen. Der Gott sass auf einem Throne, hielt in der einen Hand den Stab und legte die andere auf den Kopf der Schlange; neben ihm lagerte ein Hund. An dem Throne wa- ren Thaten argivischer Heroen gebildet; der Kampf des Belle- rophon gegen die Chimära, und Perseus, wie er der Medusa den Kopf abschneidet: Paus. II, 27, 2. In Verbindung mit der Schule des Phidias setze ich den Künstler deshalb, weil Athe-

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Zitationshilfe: Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen01_1853/259>, abgerufen am 24.11.2024.