noch andere, als die folgenden Figuren: Hera, Zeus, die Göt- termutter, Hermes, Apollo und Artemis. Die Darstellung der Rückseite bezog sich auf die Kampfspiele (e diathesis tou ago- nos). Auf der einen Nebenseite sah man Asklepios und Hy- gieia, ferner Ares und die Personification des Wettkampfes; auf der andern Pluton, Dionysos, Persephone und zwei Nym- phen, von denen die eine eine Kugel oder einen Ball (sphairan), die andern einen Schlüssel, mit Rücksicht auf Pluton als Schlies- ser der Unterwelt, in der Hand trug.
Sonach erscheint Kolotes als einer der bedeutendsten Schü- ler namentlich in Hinsicht auf die Technik der Sculptur in Gold und Elfenbein. Von Werken in Erz erwähnt Plinius 1) nur allgemein Philosophen bilder.
Während also bis hierher alle Nachrichten sich auf das Beste vereinigen, haben die folgenden Worte des Pausanias 2) vielfachen Anstoss erregen müssen: "Kolotes soll aus Herakleia gebürtig sein. Die sorgfältigen Forscher über die Bildhauer dagegen bezeichnen ihn als einen Parier und Schüler des Pa- siteles; Pasiteles selbst aber soll ....... zum Lehrer gehabt haben", oder (mit Abänderung des auton didakhthenai in auto- didakhthenai) "soll sein eigener Lehrer gewesen sein." Der einzige Künstler Pasiteles, von dem wir sonst Nachricht ha- ben, blühte in der Zeit des Pompeius. Von diesem kann also hier unmöglich die Rede sein. Auch die Annahme, dass für Pasiteles der Name des Praxiteles zu lesen sei, hilft uns nicht über die chronologischcn Schwierigkeiten hinweg. So bleibt uns nichts übrig, als mit Sillig einen älteren Pasiteles als Zeit- genossen des Phidias anzunehmen, dessen Schüler Kolotes sein mochte, ehe er mit Phidias in Berührung kam.
Den Namen des Kolotes hat man durch Ergänzung auch in die Inschrift einer cannellirten Säule gesetzt, welche einst ein Weihgeschenk getragen haben muss: Artemi, soi tod' agalm' ieres' odisin [amoiben] Asphaliou meter Phersis, [Er]o thugater. to Pario poiema K[oloteo, ou n]ae pheugon 3). Die Schriftzüge passen in die Zeit des Phidias. Die Ergän- zung indessen erscheint immer noch gewagt.
1) 34, 87.
2) V, 20, 1.
3) C. I. G. n. 24; vgl. Revue arch. II. p. 694.
16*
noch andere, als die folgenden Figuren: Hera, Zeus, die Göt- termutter, Hermes, Apollo und Artemis. Die Darstellung der Rückseite bezog sich auf die Kampfspiele (ἡ διάϑεσις τοῦ ἀγῶ- νος). Auf der einen Nebenseite sah man Asklepios und Hy- gieia, ferner Ares und die Personification des Wettkampfes; auf der andern Pluton, Dionysos, Persephone und zwei Nym- phen, von denen die eine eine Kugel oder einen Ball (σφαῖραν), die andern einen Schlüssel, mit Rücksicht auf Pluton als Schlies- ser der Unterwelt, in der Hand trug.
Sonach erscheint Kolotes als einer der bedeutendsten Schü- ler namentlich in Hinsicht auf die Technik der Sculptur in Gold und Elfenbein. Von Werken in Erz erwähnt Plinius 1) nur allgemein Philosophen bilder.
Während also bis hierher alle Nachrichten sich auf das Beste vereinigen, haben die folgenden Worte des Pausanias 2) vielfachen Anstoss erregen müssen: „Kolotes soll aus Herakleia gebürtig sein. Die sorgfältigen Forscher über die Bildhauer dagegen bezeichnen ihn als einen Parier und Schüler des Pa- siteles; Pasiteles selbst aber soll ....... zum Lehrer gehabt haben”, oder (mit Abänderung des αὐτὸν διδαχϑῆναι in αὐτο- διδαχϑῆναι) „soll sein eigener Lehrer gewesen sein.” Der einzige Künstler Pasiteles, von dem wir sonst Nachricht ha- ben, blühte in der Zeit des Pompeius. Von diesem kann also hier unmöglich die Rede sein. Auch die Annahme, dass für Pasiteles der Name des Praxiteles zu lesen sei, hilft uns nicht über die chronologischcn Schwierigkeiten hinweg. So bleibt uns nichts übrig, als mit Sillig einen älteren Pasiteles als Zeit- genossen des Phidias anzunehmen, dessen Schüler Kolotes sein mochte, ehe er mit Phidias in Berührung kam.
Den Namen des Kolotes hat man durch Ergänzung auch in die Inschrift einer cannellirten Säule gesetzt, welche einst ein Weihgeschenk getragen haben muss: Ἄρτεμι, σοὶ τόδ᾽ ἄγαλμ᾽ ἱερῆσ᾽ ὠδῖσιν [ἀμοιβὴν] Ἀσφαλίου μήτηρ Φέρσις, [Ἔρ]ω ϑυγάτηρ. τῶ Παρίω ποίημα Κ[ολώτεω, οὗ ν]άε φεύγων 3). Die Schriftzüge passen in die Zeit des Phidias. Die Ergän- zung indessen erscheint immer noch gewagt.
1) 34, 87.
2) V, 20, 1.
3) C. I. G. n. 24; vgl. Revue arch. II. p. 694.
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νος). Auf der einen Nebenseite sah man Asklepios und Hy-
gieia, ferner Ares und die Personification des Wettkampfes;
auf der andern Pluton, Dionysos, Persephone und zwei Nym-
phen, von denen die eine eine Kugel oder einen Ball (σφαῖραν),
die andern einen Schlüssel, mit Rücksicht auf Pluton als Schlies-
ser der Unterwelt, in der Hand trug.
Sonach erscheint Kolotes als einer der bedeutendsten Schü-
ler namentlich in Hinsicht auf die Technik der Sculptur in Gold
und Elfenbein. Von Werken in Erz erwähnt Plinius 1) nur
allgemein Philosophen bilder.
Während also bis hierher alle Nachrichten sich auf das
Beste vereinigen, haben die folgenden Worte des Pausanias 2)
vielfachen Anstoss erregen müssen: „Kolotes soll aus Herakleia
gebürtig sein. Die sorgfältigen Forscher über die Bildhauer
dagegen bezeichnen ihn als einen Parier und Schüler des Pa-
siteles; Pasiteles selbst aber soll ....... zum Lehrer gehabt
haben”, oder (mit Abänderung des αὐτὸν διδαχϑῆναι in αὐτο-
διδαχϑῆναι) „soll sein eigener Lehrer gewesen sein.” Der
einzige Künstler Pasiteles, von dem wir sonst Nachricht ha-
ben, blühte in der Zeit des Pompeius. Von diesem kann also
hier unmöglich die Rede sein. Auch die Annahme, dass für
Pasiteles der Name des Praxiteles zu lesen sei, hilft uns nicht
über die chronologischcn Schwierigkeiten hinweg. So bleibt
uns nichts übrig, als mit Sillig einen älteren Pasiteles als Zeit-
genossen des Phidias anzunehmen, dessen Schüler Kolotes sein
mochte, ehe er mit Phidias in Berührung kam.
Den Namen des Kolotes hat man durch Ergänzung auch
in die Inschrift einer cannellirten Säule gesetzt, welche einst
ein Weihgeschenk getragen haben muss:
Ἄρτεμι, σοὶ τόδ᾽ ἄγαλμ᾽ ἱερῆσ᾽ ὠδῖσιν [ἀμοιβὴν]
Ἀσφαλίου μήτηρ Φέρσις, [Ἔρ]ω ϑυγάτηρ.
τῶ Παρίω ποίημα Κ[ολώτεω, οὗ ν]άε φεύγων 3).
Die Schriftzüge passen in die Zeit des Phidias. Die Ergän-
zung indessen erscheint immer noch gewagt.
1) 34, 87.
2) V, 20, 1.
3) C. I. G. n. 24; vgl. Revue arch. II. p. 694.
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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen01_1853/256>, abgerufen am 23.11.2024.
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