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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853.

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Alkamenes.

Plinius 1) nennt Alkamenes einen Athener, und bestätigt
diese Angabe durch die Erzählung, dass die Athener in einem
künstlerischen Wettstreite für ihn als ihren Landsmann gegen
den Parier Agorakritos Parthei genommen hätten. Suidas 2)
dagegen spricht von einem Lemnier Alkamenes; und bei der
Berühmtheit des Künstlers wird es kaum erlaubt sein, an einen
andern, als gerade diesen zu denken. Um daher Suidas mit
Plinius in Einklang zu bringen, hat Is. Vossius vorgeschlagen,
Lemnios in Limnios zu verändern, und Sillig glaubte eine Be-
stätigung dieser Conjectur darin zu finden, dass Alkamenes
für das athenische Stadtviertel Limnae eine Statue des Diony-
sos gemacht hatte. Allein die Form Limnios anstatt der regel-
mässigen Limnaios ist nicht nachzuweisen. Da nun auch bei
Tzetzes 3) Alkamenes genei nesiotes heisst, so hat man in
neuerer Zeit die verschiedenen Angaben durch die wahrschein-
liche Annahme erklärt, dass er zwar Lemnier von Geburt, aber
als Nachkomme athenischer Kleruchen auf dieser Insel auch
Bürger in Athen gewesen sei.

Die Zeit seiner Thätigkeit lässt sich durch zwei seiner
Werke genau bestimmen. Von seiner Hand waren die Statuen
im hinteren Giebel des Zeustempels zu Olympia 4), deren
Ausführung ihm doch gewiss zu derselben Zeit, als sein Leh-
rer Phidias an dem Bilde des Gottes beschäftigt war, also
Ol. 86, übertragen ward. Das Weihgeschenk aber, welches
Thrasybul wegen der Befreiung Athens von den dreissig Ty-
rannen von Alkamenes fertigen liess 5), lehrt uns, dass er
noch Ol. 94, 2 am Leben war. Die Angabe des Plinius 6), der
ihn in die 84ste Olympiade setzt, muss also etwa auf den Be-
ginn seiner Künstlerlaufbahn bezogen werden. Neben diesen
festen Bestimmungen erscheint die Bemerkung des Pausanias 7),
dass Praxiteles im dritten Menschenalter nach Alkamenes ge-
lebt habe, von geringem Werthe; und aus demselben Grunde
können wir die Vermuthung Müller's 8) auf sich beruhen las-
sen, dass Alkamenes einen Asklepios für Mantinea 9) nach
Ol. 89, 4 gearbeitet habe, weil damals zwischen dieser Stadt und

1) 36, 16.
2) s. v. Alkamenes.
3) Chil. VIII, 193.
4) Paus. V,
10, 2.
5) Paus. IX, 11, 4.
6) 34, 49.
7) VIII, 9, 1.
8) de Phid.
§. 19.
9) Paus. l. l.

Alkamenes.

Plinius 1) nennt Alkamenes einen Athener, und bestätigt
diese Angabe durch die Erzählung, dass die Athener in einem
künstlerischen Wettstreite für ihn als ihren Landsmann gegen
den Parier Agorakritos Parthei genommen hätten. Suidas 2)
dagegen spricht von einem Lemnier Alkamenes; und bei der
Berühmtheit des Künstlers wird es kaum erlaubt sein, an einen
andern, als gerade diesen zu denken. Um daher Suidas mit
Plinius in Einklang zu bringen, hat Is. Vossius vorgeschlagen,
Λήμνιος in Λίμνιος zu verändern, und Sillig glaubte eine Be-
stätigung dieser Conjectur darin zu finden, dass Alkamenes
für das athenische Stadtviertel Limnae eine Statue des Diony-
sos gemacht hatte. Allein die Form Λίμνιος anstatt der regel-
mässigen Λιμναῖος ist nicht nachzuweisen. Da nun auch bei
Tzetzes 3) Alkamenes γένει νησιώτης heisst, so hat man in
neuerer Zeit die verschiedenen Angaben durch die wahrschein-
liche Annahme erklärt, dass er zwar Lemnier von Geburt, aber
als Nachkomme athenischer Kleruchen auf dieser Insel auch
Bürger in Athen gewesen sei.

Die Zeit seiner Thätigkeit lässt sich durch zwei seiner
Werke genau bestimmen. Von seiner Hand waren die Statuen
im hinteren Giebel des Zeustempels zu Olympia 4), deren
Ausführung ihm doch gewiss zu derselben Zeit, als sein Leh-
rer Phidias an dem Bilde des Gottes beschäftigt war, also
Ol. 86, übertragen ward. Das Weihgeschenk aber, welches
Thrasybul wegen der Befreiung Athens von den dreissig Ty-
rannen von Alkamenes fertigen liess 5), lehrt uns, dass er
noch Ol. 94, 2 am Leben war. Die Angabe des Plinius 6), der
ihn in die 84ste Olympiade setzt, muss also etwa auf den Be-
ginn seiner Künstlerlaufbahn bezogen werden. Neben diesen
festen Bestimmungen erscheint die Bemerkung des Pausanias 7),
dass Praxiteles im dritten Menschenalter nach Alkamenes ge-
lebt habe, von geringem Werthe; und aus demselben Grunde
können wir die Vermuthung Müller’s 8) auf sich beruhen las-
sen, dass Alkamenes einen Asklepios für Mantinea 9) nach
Ol. 89, 4 gearbeitet habe, weil damals zwischen dieser Stadt und

1) 36, 16.
2) s. v. Ἀλκαμένης.
3) Chil. VIII, 193.
4) Paus. V,
10, 2.
5) Paus. IX, 11, 4.
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[234/0247] Alkamenes. Plinius 1) nennt Alkamenes einen Athener, und bestätigt diese Angabe durch die Erzählung, dass die Athener in einem künstlerischen Wettstreite für ihn als ihren Landsmann gegen den Parier Agorakritos Parthei genommen hätten. Suidas 2) dagegen spricht von einem Lemnier Alkamenes; und bei der Berühmtheit des Künstlers wird es kaum erlaubt sein, an einen andern, als gerade diesen zu denken. Um daher Suidas mit Plinius in Einklang zu bringen, hat Is. Vossius vorgeschlagen, Λήμνιος in Λίμνιος zu verändern, und Sillig glaubte eine Be- stätigung dieser Conjectur darin zu finden, dass Alkamenes für das athenische Stadtviertel Limnae eine Statue des Diony- sos gemacht hatte. Allein die Form Λίμνιος anstatt der regel- mässigen Λιμναῖος ist nicht nachzuweisen. Da nun auch bei Tzetzes 3) Alkamenes γένει νησιώτης heisst, so hat man in neuerer Zeit die verschiedenen Angaben durch die wahrschein- liche Annahme erklärt, dass er zwar Lemnier von Geburt, aber als Nachkomme athenischer Kleruchen auf dieser Insel auch Bürger in Athen gewesen sei. Die Zeit seiner Thätigkeit lässt sich durch zwei seiner Werke genau bestimmen. Von seiner Hand waren die Statuen im hinteren Giebel des Zeustempels zu Olympia 4), deren Ausführung ihm doch gewiss zu derselben Zeit, als sein Leh- rer Phidias an dem Bilde des Gottes beschäftigt war, also Ol. 86, übertragen ward. Das Weihgeschenk aber, welches Thrasybul wegen der Befreiung Athens von den dreissig Ty- rannen von Alkamenes fertigen liess 5), lehrt uns, dass er noch Ol. 94, 2 am Leben war. Die Angabe des Plinius 6), der ihn in die 84ste Olympiade setzt, muss also etwa auf den Be- ginn seiner Künstlerlaufbahn bezogen werden. Neben diesen festen Bestimmungen erscheint die Bemerkung des Pausanias 7), dass Praxiteles im dritten Menschenalter nach Alkamenes ge- lebt habe, von geringem Werthe; und aus demselben Grunde können wir die Vermuthung Müller’s 8) auf sich beruhen las- sen, dass Alkamenes einen Asklepios für Mantinea 9) nach Ol. 89, 4 gearbeitet habe, weil damals zwischen dieser Stadt und 1) 36, 16. 2) s. v. Ἀλκαμένης. 3) Chil. VIII, 193. 4) Paus. V, 10, 2. 5) Paus. IX, 11, 4. 6) 34, 49. 7) VIII, 9, 1. 8) de Phid. §. 19. 9) Paus. l. l.

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Zitationshilfe: Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen01_1853/247>, abgerufen am 22.11.2024.