testen Werkes, des Zeus zu Olympia. Denn nach der Er- zählung olympischer Periegeten hatte Phidias am Throne des Gottes die Figur des Pantarkes angebracht, wie er sich die Siegesbinde anlegt: Pantarkes aber siegte Ol. 86 unter den Knaben 1). Gerade damals also wird Phidias an dem Bilde ge- arbeitet haben. Nur wenige Jahre später war es vollendet; denn schon Ol. 87, 1 ist Phidias wieder in Athen, und stirbt in demselben Jahre im Gefängnisse (s. unten).
Während sich nun gegen diese Sätze, so viel ich weiss, unter den Neueren kein Widerspruch erhoben hat, stehen sich hinsichtlich der Zeit der Geburt verschiedene Annahmen ge- genüber. Müller 2) setzt dieselbe etwa in Ol. 73, und lässt die künstlerische Tätigkeit gegen Ol. 80 beginnen. Nach Thiersch's 3) Ansicht dagegen müsste Phidias schon um die Zeit der Schlacht bei Marathon berühmt gewesen und demnach etwa Ol. 67--68 geboren sein. Die Wahrheit scheint mir auch hier in der Mitte zwischen beiden Annahmen zu liegen.
Müller 4) zieht, um den schwächsten seiner Gründe zuerst anzuführen, die Nachricht in Betracht, dass Phidias anfangs Maler gewesen sei 5). Da nun nach seiner Berechnung Po- lygnots Thätigkeit in Athen Ol. 79, 2 begann, so soll, durch dessen Ruhm oder geistige Bedeutung angeregt, Phidias ihm nachgeeifert haben. Ein historisches Zeugniss liegt für diese Behauptung nicht vor, sie hat also nur den Werth einer Ver- muthung, welcher aber in unserem Falle die Wahrscheinlich- keit abgeht. Man könnte z. B. erwiedern, dass Phidias, wäre er wirklich durch einen Polygnot in die Malerei eingeführt worden, sie nicht so bald mit der Bildhauerei vertauscht haben würde.
Einen zweiten Grund für seine Altersbestimmung will Müller 6) darin finden, dass die Lehrzeit des Phidias bei Agela- das nach Ol. 79, 3 falle. Aber auch diese Behauptung beruht nur darauf, dass Athen mit Argos im genannten Jahre ein Bündniss schloss, und dass in Folge dessen ein regerer Ver- kehr entstanden sein müsse, welcher den Ageladas nach Athen geführt habe. Wollen wir einmal Vermuthungen aufstellen,
1) Paus. V, 11, 2.
2) §. 18.
3) Ep. Not. S. 29.
4) §. 4.
5) Plin. 35, 54.
6) §. 7.
testen Werkes, des Zeus zu Olympia. Denn nach der Er- zählung olympischer Periegeten hatte Phidias am Throne des Gottes die Figur des Pantarkes angebracht, wie er sich die Siegesbinde anlegt: Pantarkes aber siegte Ol. 86 unter den Knaben 1). Gerade damals also wird Phidias an dem Bilde ge- arbeitet haben. Nur wenige Jahre später war es vollendet; denn schon Ol. 87, 1 ist Phidias wieder in Athen, und stirbt in demselben Jahre im Gefängnisse (s. unten).
Während sich nun gegen diese Sätze, so viel ich weiss, unter den Neueren kein Widerspruch erhoben hat, stehen sich hinsichtlich der Zeit der Geburt verschiedene Annahmen ge- genüber. Müller 2) setzt dieselbe etwa in Ol. 73, und lässt die künstlerische Tätigkeit gegen Ol. 80 beginnen. Nach Thiersch’s 3) Ansicht dagegen müsste Phidias schon um die Zeit der Schlacht bei Marathon berühmt gewesen und demnach etwa Ol. 67—68 geboren sein. Die Wahrheit scheint mir auch hier in der Mitte zwischen beiden Annahmen zu liegen.
Müller 4) zieht, um den schwächsten seiner Gründe zuerst anzuführen, die Nachricht in Betracht, dass Phidias anfangs Maler gewesen sei 5). Da nun nach seiner Berechnung Po- lygnots Thätigkeit in Athen Ol. 79, 2 begann, so soll, durch dessen Ruhm oder geistige Bedeutung angeregt, Phidias ihm nachgeeifert haben. Ein historisches Zeugniss liegt für diese Behauptung nicht vor, sie hat also nur den Werth einer Ver- muthung, welcher aber in unserem Falle die Wahrscheinlich- keit abgeht. Man könnte z. B. erwiedern, dass Phidias, wäre er wirklich durch einen Polygnot in die Malerei eingeführt worden, sie nicht so bald mit der Bildhauerei vertauscht haben würde.
Einen zweiten Grund für seine Altersbestimmung will Müller 6) darin finden, dass die Lehrzeit des Phidias bei Agela- das nach Ol. 79, 3 falle. Aber auch diese Behauptung beruht nur darauf, dass Athen mit Argos im genannten Jahre ein Bündniss schloss, und dass in Folge dessen ein regerer Ver- kehr entstanden sein müsse, welcher den Ageladas nach Athen geführt habe. Wollen wir einmal Vermuthungen aufstellen,
1) Paus. V, 11, 2.
2) §. 18.
3) Ep. Not. S. 29.
4) §. 4.
5) Plin. 35, 54.
6) §. 7.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0172"n="159"/>
testen Werkes, des Zeus zu Olympia. Denn nach der Er-<lb/>
zählung olympischer Periegeten hatte Phidias am Throne des<lb/>
Gottes die Figur des Pantarkes angebracht, wie er sich die<lb/>
Siegesbinde anlegt: Pantarkes aber siegte Ol. 86 unter den<lb/>
Knaben <noteplace="foot"n="1)">Paus. V, 11, 2.</note>. Gerade damals also wird Phidias an dem Bilde ge-<lb/>
arbeitet haben. Nur wenige Jahre später war es vollendet;<lb/>
denn schon Ol. 87, 1 ist Phidias wieder in Athen, und stirbt<lb/>
in demselben Jahre im Gefängnisse (s. unten).</p><lb/><p>Während sich nun gegen diese Sätze, so viel ich weiss,<lb/>
unter den Neueren kein Widerspruch erhoben hat, stehen sich<lb/>
hinsichtlich der Zeit der Geburt verschiedene Annahmen ge-<lb/>
genüber. Müller <noteplace="foot"n="2)">§. 18.</note> setzt dieselbe etwa in Ol. 73, und lässt<lb/>
die künstlerische Tätigkeit gegen Ol. 80 beginnen. Nach<lb/>
Thiersch’s <noteplace="foot"n="3)">Ep. Not. S. 29.</note> Ansicht dagegen müsste Phidias schon um die Zeit<lb/>
der Schlacht bei Marathon berühmt gewesen und demnach etwa<lb/>
Ol. 67—68 geboren sein. Die Wahrheit scheint mir auch hier<lb/>
in der Mitte zwischen beiden Annahmen zu liegen.</p><lb/><p>Müller <noteplace="foot"n="4)">§. 4.</note> zieht, um den schwächsten seiner Gründe zuerst<lb/>
anzuführen, die Nachricht in Betracht, dass Phidias anfangs<lb/>
Maler gewesen sei <noteplace="foot"n="5)">Plin.<lb/>
35, 54.</note>. Da nun nach seiner Berechnung Po-<lb/>
lygnots Thätigkeit in Athen Ol. 79, 2 begann, so soll, durch<lb/>
dessen Ruhm oder geistige Bedeutung angeregt, Phidias ihm<lb/>
nachgeeifert haben. Ein historisches Zeugniss liegt für diese<lb/>
Behauptung nicht vor, sie hat also nur den Werth einer Ver-<lb/>
muthung, welcher aber in unserem Falle die Wahrscheinlich-<lb/>
keit abgeht. Man könnte z. B. erwiedern, dass Phidias, wäre<lb/>
er wirklich durch einen Polygnot in die Malerei eingeführt<lb/>
worden, sie nicht so bald mit der Bildhauerei vertauscht haben<lb/>
würde.</p><lb/><p>Einen zweiten Grund für seine Altersbestimmung will<lb/>
Müller <noteplace="foot"n="6)">§. 7.</note> darin finden, dass die Lehrzeit des Phidias bei Agela-<lb/>
das nach Ol. 79, 3 falle. Aber auch diese Behauptung beruht<lb/>
nur darauf, dass Athen mit Argos im genannten Jahre ein<lb/>
Bündniss schloss, und dass in Folge dessen ein regerer Ver-<lb/>
kehr entstanden sein müsse, welcher den Ageladas nach Athen<lb/>
geführt habe. Wollen wir einmal Vermuthungen aufstellen,<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[159/0172]
testen Werkes, des Zeus zu Olympia. Denn nach der Er-
zählung olympischer Periegeten hatte Phidias am Throne des
Gottes die Figur des Pantarkes angebracht, wie er sich die
Siegesbinde anlegt: Pantarkes aber siegte Ol. 86 unter den
Knaben 1). Gerade damals also wird Phidias an dem Bilde ge-
arbeitet haben. Nur wenige Jahre später war es vollendet;
denn schon Ol. 87, 1 ist Phidias wieder in Athen, und stirbt
in demselben Jahre im Gefängnisse (s. unten).
Während sich nun gegen diese Sätze, so viel ich weiss,
unter den Neueren kein Widerspruch erhoben hat, stehen sich
hinsichtlich der Zeit der Geburt verschiedene Annahmen ge-
genüber. Müller 2) setzt dieselbe etwa in Ol. 73, und lässt
die künstlerische Tätigkeit gegen Ol. 80 beginnen. Nach
Thiersch’s 3) Ansicht dagegen müsste Phidias schon um die Zeit
der Schlacht bei Marathon berühmt gewesen und demnach etwa
Ol. 67—68 geboren sein. Die Wahrheit scheint mir auch hier
in der Mitte zwischen beiden Annahmen zu liegen.
Müller 4) zieht, um den schwächsten seiner Gründe zuerst
anzuführen, die Nachricht in Betracht, dass Phidias anfangs
Maler gewesen sei 5). Da nun nach seiner Berechnung Po-
lygnots Thätigkeit in Athen Ol. 79, 2 begann, so soll, durch
dessen Ruhm oder geistige Bedeutung angeregt, Phidias ihm
nachgeeifert haben. Ein historisches Zeugniss liegt für diese
Behauptung nicht vor, sie hat also nur den Werth einer Ver-
muthung, welcher aber in unserem Falle die Wahrscheinlich-
keit abgeht. Man könnte z. B. erwiedern, dass Phidias, wäre
er wirklich durch einen Polygnot in die Malerei eingeführt
worden, sie nicht so bald mit der Bildhauerei vertauscht haben
würde.
Einen zweiten Grund für seine Altersbestimmung will
Müller 6) darin finden, dass die Lehrzeit des Phidias bei Agela-
das nach Ol. 79, 3 falle. Aber auch diese Behauptung beruht
nur darauf, dass Athen mit Argos im genannten Jahre ein
Bündniss schloss, und dass in Folge dessen ein regerer Ver-
kehr entstanden sein müsse, welcher den Ageladas nach Athen
geführt habe. Wollen wir einmal Vermuthungen aufstellen,
1) Paus. V, 11, 2.
2) §. 18.
3) Ep. Not. S. 29.
4) §. 4.
5) Plin.
35, 54.
6) §. 7.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen01_1853/172>, abgerufen am 28.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.